Unravel - Test, Plattformer, XboxOne, PC, PlayStation4, Switch
Unravel ist eines dieser Spiele, die man einfach mag - oder auch nicht. Es gibt keine Sprachausgabe. Es lässt sich mitunter viel Zeit, um die kryptische Geschichte über die Landschaft, die stimmungsvolle Musik oder die subtilen Animationen der roten Hauptfigur Yarny zu erzählen, einem Männchen, das aus Strickwolle besteht. Seine Suche nach Erinnerungen, die man nach Abschluss eines Abschnitts in einem Fotoalbum anschauen kann und die sich sprichwörtlich als roter Faden durch zehn Abschnitte erstreckt, ist gespickt mit Rätseln und Gefahren, die durch den fotorealistischen Ansatz des Artdesigns nur noch bedrohlicher erscheinen. Wenn Yarny durch tiefen, fantastisch aussehenden, in der skandinavischen Sonne glitzernden Schnee stapft und versucht, sich mit seinen kleinen Wollarmen warm zu halten, möchte man ihn am liebsten aus dem Bildschirm herausnehmen und vor einen wärmenden Ofen setzen.
Der rote Faden
Durch dick und dünn
Und ganz nebenbei muss er mit Steinschlägen fertig werden, versuchen, in einem Gewitter zu überleben, einen Schneesturm bewältigen, sich heftigen Wellengangs erwehren, Stromschlägen entkommen und vielem mehr. Über die zehn Abschnitte hinweg hat man gut zu tun, um Yarny am Leben zu halten. Und man muss die clever konstruierten Umgebungsrätsel bewältigen, die dafür sorgen, dass sich Tore öffnen, Maschinen starten oder man weggeworfene Dosen als Trittleiter verwendet, um sich zum nächsten Kontrollpunkt zu retten. Das Besondere: Yarny lässt stets einen roten Faden zurück. Der wiederum rollt sich von seinem Körper ab. Und das bedeutet, dass Yarny nur begrenzt Wolle zur Verfügung hat, bevor er abgemagert und halbdurchsichtig nicht mehr weiter kann und zurück muss, um seinen "Körper" wieder zu stopfen. Auffüllen kann er seine Wolle nur an einem der Kontrollpunkte - an den jeweils letzten kann man übrigens jederzeit komfortabel zurückkehren, wenn man sich verfranst haben sollte.
Knoten, Lassos, Wollbrücken
Man kann allerdings den Faden an einigen Punkten verknoten und sich dann z.B. abseilen -€“ auch das Befestigen an mobilen Gegenständen ist möglich. Eine weitere Option, die sich durch die Knoten
ergibt: Man kann "žSeilrampen"€œ bauen, über die man dann Gegenstände zieht bzw. schiebt, die es einem ermöglichen, höher gelegene Gebiete zu erreichen oder anderen Gefahren aus dem Weg zu gehen. Diese Rampen oder Brücken kann man allerdings auch als Sprungrampen nutzen, die Yarny mitunter gefährlich hoch in die Luft katapultieren. Allerdings muss man aufpassen: Viele Knoten und Rampen bedeutet, dass man evtl. nicht mehr genug Wolle zur Verfügung hat, um den nächsten Kontrollpunkt zu erreichen. Das wiederum hat zur Folge, dass man entweder die Rücksetzfunktion nutzt, um einen erneuten, besser geplanten Versuch zu unternehmen. Oder aber man geht all seine Schritte zurück, löst die nicht mehr benötigten Knoten, Brücken und Rampen und hofft, dass man sich dabei nicht gleichzeitig den Weg zum Ziel weggenommen hat. Problematisch wird es in jenen Fällen, wenn man erst kurz vor dem Levelausgang feststellt, was eigentlich gefordert ist und man seine gesamte Puzzle-Strategie über den Haufen werfen muss. Diese Momente sind zwar innerhalb der zehn Abschnitte spärlich gesät, bergen aber dennoch Frustpotenzial. Doch dann schaue ich Yarny an, der verloren und frierend in der Landschaft steht und der Frust wird in geregelte Bahnen gelenkt.Fazit
Wer auch immer bei Electronic Arts dafür verantwortlich war, diesen charnmanten Puzzle-Plattformer unter Vertrag zu nehmen, kann sich auf die Schulter klopfen. Mit seiner Ruhe, dem gemächlichen Erzähltempo, der Macht der Bilder und dem herrlich liebenswerten Yarny als leidensfähigem Protagonisten scheint dieses Indie-Projekt so gar nicht in das sonst so laute sowie auf Action fokussierte Portfolio des Branchenriesen zu passen. Hinzu kommt, dass Unravel mit seinen abwechslungsreichen Landschaften, den überzeugenden Animationen sowie realistisch wirkender Physik jederzeit einen visuell sehr sauberen und stimmungsvollen Eindruck hinterlässt. Auch mechanisch ist die Reduktion auf nur wenige Elemente, die aber dennoch zu anspruchsvollen Umgebungsrätseln verknüpft werden müssen, eine angenehme Abwechslung vom Plattformeinerlei und am ehesten mit A Boy and His Blob zu vergleichen. Mitunter ist der Weg zum Ziel zwar nicht mit Logik, sondern nur mit manchmal überstrapaziertem Trial-and-Error zu erreichen. Doch man will dem niedlichen Wollknäuel bei seiner emotionalen Reise in die Vergangenheit einfach helfen.
Pro
- physikalische Rätsel und Plattform-Herausforderungen
- ansehnliche Animationen
- wunderschöne idyllische Kulisse mit vielen Details
- faire Speicherpunkte
- akkurate Kollisionsabfrage
- stimmungsvolle Musikuntermalung
- ruhige, emotionale Erzählung
Kontra
- mitunter Trial-and-Error
- gelegentlich Backtracking nötig
- Musik reagiert nicht dynamisch