Ratchet & Clank - Test, Action-Adventure, PlayStation2, PlayStation4, PlayStation5

Ratchet & Clank
12.04.2016, Mathias Oertel

Test: Ratchet & Clank

Alte Helden mit neuer Qualität

Auf der PlayStation 2 haben vor allem zwei Duos das Action-Adventure neu definiert. Das eine kam aus dem Hause Naughty Dog: Jak & Daxter. Und das andere, Ratchet & Clank (ab 18,52€ bei kaufen), wurde von den Spyro-Machern Insomniac Games auf eine lange Reise geschickt, die bis heute andauert. Denn jetzt sind der Lombax und sein Roboter-Kumpan wieder zurück. Im Kino. Und als Spiel zum Film zum Spiel. Im Test verraten wir, was die PS4-Premiere der beiden auf dem Kasten hat.

Moment mal. Diesen Abschnitt kenne ich doch. Natürlich sah er vor 14 Jahren anders aus. Nicht so prall gefüllt. Nicht so detailliert. Und natürlich nicht so hoch aufgelöst. Doch wenn ich mich an dieser Stelle umdrehe, habe ich die Höhle mit dem Fluss vor mir, die ich damals auf der Suche nach Schrauben und Muttern durchquert habe. Dort ist die Plattform, die mich auf die darunter liegende Ebene befördert, die heute stärker umkämpft ist als seinerzeit. Aber es ist zweifelsfrei der gleiche Abschnitt. Dieses Déjà-vu soll mir im Verlauf von Ratchet & Clank noch häufig begegnen. Doch das ist keine Überraschung. Denn letztlich basiert das Spiel auf dem gleichnamigen Film, der sich wiederum erzählerisch an dem PS2-Klassiker aus dem Jahre 2002 entlanghangelt. Dementsprechend hat sich Insomniac als ursprünglicher Schöpfer der Serie der alten Levelgeometrie angenommen und vieles davon in ein hochmodernes Gewand gehüllt, das einen sehr guten Eindruck hinterlässt.

Mehr als ein Remake?

Angesichts der hohen Qualität der audiovisuellen Umsetzung, fällt es häufig schwer, zwischen Spiel und Film zu unterscheiden.
Bei den Explosionen und Rauchentwicklungen könnten die Details zwar ebenso wie bei der Lava etwas höher sein. Doch ansonsten ist Ratchet & Clank ein Augenschmaus. Es gibt stets farbenfrohe futuristische Umgebungen mit enormer Weitsicht und viel Bewegung in den Hintergründen zu bestaunen. Die Animationen sind butterweich. Das Gegnerdesign hat den Sprung in die Gegenwart ebenfalls optimal überstanden. Und die Anzahl der sichtbaren Schrauben und Muttern, die man als Belohnung für die Zerstörung von Kisten bzw. das Erledigen von Feinden bekommt und die als Hauptwährung eingesetzt werden, wurde massiv aufgestockt, so dass ein Geldregen wirklich als solcher zu spüren ist. Trotz der vielen Bezüge, die bei älteren Spielern wie mir, aber wohl auch bei Jüngeren, die schon mit dem Duo auf der PS2 Bekanntschaft gemacht haben, geht die Neuauflage von Ratchet & Clank jedoch über den Status eines bloßen Remakes hinaus.

Die Abschnitte sind vergleichsweise klein und linear, aber prall gefüllt mit Action und Plattform-Elementen.
Zum einen wird das, was man in Superhelden-Filmen und –Büchern so gerne als "Origins"-Story verkauft, also die Geschichte, wie z.B. Peter Parker seine Spinnenkräfte bekam, bei den beiden modifiziert und neu interpretiert. Es bleibt dabei, dass der als Mechaniker arbeitende Lombax Ratchet und der eigentlich als Produktionsfehler klassifizierte Roboter Clank durch einen Zufall zusammenkommen und dann schließlich die Galaxie vor dem bösen Großindustriellen Drek retten. Doch in Anlehnung an den Film, der in Ausschnitten wunderbar integriert wurde, um die Story voranzutreiben und die teils kaum von den folgenden Spielszenen zu unterscheiden sind, wurden ein paar neue Einstiegs-Abschnitte hinzugefügt, die es seinerzeit noch nicht gab und die auch Tutorial-Funktionen erfüllen, bevor es in die "bekannten" Gebiete geht. Dass sich das Abenteuer trotz aller Anleihen oder Orientierung am Ursprung zwar nicht unverbraucht, aber dennoch frisch spielt, liegt an einigen Änderungen, die hier vorgenommen wurden. Diese betreffen gelegentlich den Levelaufbau, bei dem man hier auf neue oder andere Hindernisse während der zwar weitgehend linearen, aber dennoch umfangreichen Erforschung stößt. Doch noch stärker sind die Mechaniken betroffen, die massiv aufpoliert wurden und dabei von Fortschritten profitieren, die das Action-Adventure im Allgemeinen als auch die Fortsetzungen der Serie im Besonderen gemacht haben.

Mehr als ein Best-of?

So steigen die abwechslungsreichen Waffensysteme, die aus einer durchdachten Mischung bekannter und neuer Knarren bestehen nicht nur mit Benutzung nach und nach im Level auf, was wiederum zu verbesserter Durchschlagskraft führt. Mein persönlicher Favorit ist der Pixelator, der die Feinde nicht nur wie eine Schrotflinte zurück wirft, sondern in grobe Pixelfiguren verwandelt, die nach dem Ableben in pixelierter Form auf dem Boden zurückbleiben und schließlich mit einem 16-Bit-Jingle in ihre Pixelteile zerfallen. Zusätzlich kann man wie im Ableger "Tools of Destruction" für die mitunter gut versteckten Raritanium-Splitter weitgehend frei auf verbundenen und für jede Waffe individuellen Hexfeldern weitere Fortschritte wie höhere Reichweite oder Munitionskapazität freischalten. Schafft man  es, die Fragezeichen komplett mit freigeschalteten Feldern zu umzingeln, werden besondere Boni freigeschaltet. Vor allem diese Freischaltungsoption hat für mich schon bei Tools of Destruction immer wieder für Gewissenskonflikte gesorgt: Eigentlich bräuchte ich beim Flammenwerfer mehr Munition, aber wenn ich drei Splitter beim Groovitron investiere, kann ich die vermaledeiten Fragezeichen aufdecken. Und der Flammenwerfer steigt ohnehin bald im Level auf, so dass er mehr Durchschlagskraft hat - die Entscheidung ist gefallen. Und das Beispiel der zum Tanzen anregenden  Groovitron-Discokugeln zeigt nebenbei, dass sich Insomniac für den Reboot (die Neuauflage? das Remake?) bei der kompletten Serienhistorie bedient. Denn erst in "A Crack in Time" wurden sie zu Waffen, während sie bei Tools of Destruction noch eines der Gadgets waren.

Hinter fast jeder Ecke wartet Action.
Doch egal ob man die PS4-Premiere von Ratchet, Clank, Captain Qwark und all den anderen liebenswerten Figuren als Director’s Cut, Reboot, Remake, Neuauflage oder was auch immer bezeichnet, hat Insomniac ganze Arbeit geleistet: Die Steuerung ist punktgenau. Bei den Sprungsequenzen gibt sich die Kollisionsabfrage keine Blöße. Und die schnell intensiv werdenden Gefechte gehen ebenso locker von der Hand wie die gelegentlichen Interaktionen mit der Umgebung. Mit einer neuen, frei belegbaren Schnellauswahl auf dem Digipad hat man nun sogar eine noch komfortablere Möglichkeit, zwischen seinen favorisierten Waffensystemen zu wechseln als das bewährte Radialmenü. Das steht natürlich weiterhin zur Verfügung, um zwischen den abgefahrenen Knarren, Granaten usw. zu wechseln, die mittlerweile bis hin zu Sunset Overdrive auf der Xbox One zu einem Markenzeichen der Mannen um Ted Price geworden sind. Doch es gibt ein paar Kleinigkeiten, die ich den Kaliforniern ankreide, wie z.B.die fehlende Innovation. Bis auf den kleinen Fortschritt „Digipad-Schnellauswahl“ und dem einen oder anderen Waffensystem ist dies Ratchet & Clank wie immer – mit all seinen abwechslungsreichen Elementen wie Hoverboard-Rennen, die Physik sowie Ansicht auf den Kopf stellenden Magnetschuhe, Dogfights, in denen die Steuerung dank Übersensibilität nicht so sehr überzeugt wie am Boden mit der überbordenden Plattform-Action.

Mehr als eine Neuinterpretation?

Die spannend inszenierten Bosskämpfe gehören zu den Höhepunkten der angenehm klassischen Plattform-Action.
Das alles allerdings in superschick und unterhaltsam wie eh und je. Aber unter dem Strich wie immer, selbst wenn man mit den versteckten Sammelkarten, deren Sets Boni wie z.B. erhöhte Schraubenausschüttung freischalten, den Anreiz zur Levelerforschung erhöht. Erzählerisch kann man keine neuen Wege gehen, da man sich hier an den Film halten muss – auch wenn hier Captain Qwark als Kommentator aus dem Off immer wieder seinen Senf dazu gibt. Die Zeiträtsel aus "A Crack in Time" kann man bedingt durch die inhaltlichen Einschränkungen ebenfalls nicht durch etwas Neues ersetzen. Dennoch: Es soll ja Spieler geben, die noch nichts oder nur wenig von Ratchet & Clank gehört haben. Und nicht nur für die ist dieses Action-Adventure, das im Kern so klassisch ist, dass es fast schon altmodisch anmutet und damit eigentlich zu einer ausgestorbenen Art zu gehören scheint, ein unterhaltsames Erlebnis. Immerhin darf man sich auch auf ein paar neue Planeten oder frische Bosse freuen, die sowohl visuell als auch hinsichtlich der Geschichte gut in das neue, alte Abenteuer des sympathischen Duos eingearbeitet wurden. Schade ist allerdings, dass man die Größe der Abschnitte nicht an die Fähigkeiten des neuen Zuhauses von Ratchet & Clank angepasst. Sehr häufig bleiben die weitgehend linearen Abschnitte sehr überschaubar. War das der Preis, den man für die außerordentliche Kulisse zahlen musste? Man kann zwar hier und da auch Kleinigkeiten entdecken, doch Jak & Daxter hatten bereits zur PS2-Premiere des Duos bei der  Levelerforschung die Nase vorn. In diesem Bereich haben der Lombax und sein Roboter erst mit den letzten Ausgaben auf der PS3 dazugelernt – nur um jetzt wieder einen Schritt zurück zu machen.

Fazit

Hmm. Wie kann man den ersten PS4-Ausflug von Ratchet & Clank in einem Begriff zusammenfassen? Reboot? Remake? Director’s Cut? Neuinterpretation? Best-of? Alles passt, wird dem Spielerlebnis in der Summe seiner Einzelteile aber doch nicht gerecht. Zumal man nicht vergessen darf, dass es unter dem Strich auch eine Filmumsetzung ist - die beste ihrer Art seit Rockstars The Warriors. Insomniac hat das Kunststück geschafft, das sich Ratchet & Clank im positiven Sinne altmodisch als auch modern anfühlt. Man baut auf das Fundament des 14 Jahren alten PS2-Klassikers, fügt Versatzstücke aus Tools of Destruction sowie A Crack in Time hinzu und schafft es dabei sogar noch, die Filmbezüge überzeugend einzubauen. Und das alles in einer makellosen audiovisuellen Umsetzung mit flüssigen Übergängen zwischen Spiel- und Filmsequenzen. Schade ist allerdings, dass bei der Rückbesinnung auf auch an Rätseln gespart wurde, die Abschnitte meist linear und überschaubar gestaltet wurden und die Flugsteuerung etwas zu sensibel reagiert. Doch selbst wenn Veteranen abseits der neuen Bosse kaum überrascht werden, ist das eine sehr gute PS4-Premiere. Aufgrund der eher unrühmlichen Premiere von Knack und spärlicher Konkurrenz ist Ratchet & Clank zudem der beste Plattformer dieser Konsolengeneration.

Pro

  • fantastisches visuelles Design
  • über ein Dutzend abwechslungsreiche Waffensysteme
  • Waffen können auf zwei Arten verbessert werden
  • akkurate Steuerung
  • saubere Kollisionsabfrage
  • netter Humor
  • sehr gut inszenierte Bosskämpfe
  • Sammelkarten als zusätzlicher Anreiz zur Levelerforschung
  • gute Mischung aus alten Inhalten in neuem Design sowie frischen Planeten, Waffen oder Bossen

Kontra

  • inhaltlich sowie mechanisch für Veteranen kaum Überraschungen
  • Abschnitte meist recht klein
  • Flugsteuerung meist übersensibel
  • nur wenige Rätsel

Wertung

PlayStation4

Audiovisuell ist die PS4-Premiere des Duos ein Hochgenuss, spielerisch eine gelungene Mischung aus alten und neuen Elementen, aber ohne große Überraschungen.