Battlefleet Gothic: Armada - Test, Taktik & Strategie, PC

Battlefleet Gothic: Armada
13.05.2016, Marcel Kleffmann

Test: Battlefleet Gothic: Armada

Schiffe versenken: Warhammer-Edition

In Battlefield Gothic: Armada fechten großartig nachgebildete Warhammer-40.000-Raumschiffe taktische Echtzeit-Schlachten im Weltraum aus. Ikonische Schiffe beharken sich mit Breitseiten von Mako-Kanonen und Torpedos fliegen bedrohlich auf den Gegner zu - man fühlt sich wie ein Admiral seiner eigenen Warhammer-Flotte. Doch trotz der tollen Schlachten wird enorm viel Potenzial verschenkt. Warum? Das klärt der Test.

Nein! Abaddon der Vernichter hat "die Hand der Finsternis" nicht bekommen und er wird auch "das Auge der Nacht" nicht erhalten. Im letzten Zug konnte ich das besagte Artefakt den gierigen Klauen meines Gegenspielers entreißen und muss nun das wertvolle Stück - mit unbekannter Macht - in Sicherheit bringen, was natürlich Inquisitor Horst höchstpersönlich übernehmen möchte. Mit meiner kleinen Flotte muss ich also das dicke Admiralsschiff des Inquisitors durch ein Asteroidenfeld geleiten und es vor Angreifern schützen - wie immer im übersichtlichen, zweidimensionalen Weltraum auf einem viel zu kleinen Schlachtfeld.

Feldzug gegen Abaddon den Vernichter

Die Mission beginnt und Horst tuckert gleich mit Maximalgeschwindigkeit zur ersten Wegmarke der vorhersehbaren Zick-Zack-Route. Ich schicke meine Flotte hinterher. Prompt und wenig überraschend tauchen Chaos-Schiffe aus dem Nichts auf und nehmen das dicke Schiff unter Beschuss. Ich schicke meine Firestorm-Fregatten mit Frontalangriffsbefehl auf die Störenfriede und lasse meine Schlachtkreuzer Breitseitenangriffe auf Kreisbahnen (um die Feinde herum) fliegen.

Meine Flotte bestehend aus vier Schiffen muss Inquisitor Horsts Raumschiff durch das Asteroidenfeld eskortieren.
Dabei nehme ich kurzzeitige, radikale Kurskorrekturen mit Boostern vor, um etwaigen Schadensflächen auszuweichen, denn die großen Schiffe sind wirklich träge. Ausweichmanöver müssen manuell vorgenommen werden. Zudem sind Kurskorrekturen oftmals notwendig, damit die Torpedos ins Ziel treffen, weil sie über keine automatische Zielaufschaltung verfügen. Ich muss also abschätzen, wo die Feinde in mehreren Sekunden sein werden und dann abdrücken. Fire and forget! Ich fühle mich wie auf dem Kommandostand eines U-Bootes und generell erinnern die Gefechte in Battlefield Gothic: Armada an Seeschlachten.

Während meine Flotte weiter die Gegner beharkt, fliegt Horst weiter. Warum sollte er auch Ketzer zerstören? Mittendrin zündet er seine Spezialaktionen, die sinnlos im Nichts verpuffen. Kaum ist Horst am nächsten Wegpunkt angekommen, spawnen neue Gegner, während der Geleitschutz weiter hinten noch mit der ersten Welle beschäftigt ist. Also hinterher. Warten oder gar im Kampf helfen, ist für den Inquisitor ein Fremdwort. Der Admiral fliegt einfach stumpf weiter, um das „gefährliche“ Asteroidenfeld schnell zu durchqueren. Und für meine Flotte reicht es tatsächlich aus, mit Maximalgeschwindigkeit bzw. Boostern zu den gegnerischen Schiffen zu fliegen und diese ein bisschen abzulenken und in Kämpfe zu verwickeln, damit der Admiral mit Scheuklappen weiter zum Ziel tuckern kann. Zack! Mission siegreich. Meine Flotte kämpft zwar noch, aber die Mission habe ich  irgendwie gewonnen …

Diese stellenweise merkwürdig gestaltete Mission aus der ersten Hälfte der Einzelspieler-Kampagne ist schon eine der besseren Einsätze aus dem Weltraum-Taktikspiel

Die vier Fraktionen im Überblick. In der Story-Kampagne kann nur das Imperium gespielt werden. Die Balance der Rassen ist zudem noch ziemlich wackelig.
von Tindalos Interactive und Focus Home Interactive. Generell geht es darum, den Gothic-Sektor als Flottenkommandant des Imperiums vor einer Chaos-Invasion zu beschützen und dabei die marodierenden Orks und Eldar in Schach zu halten. Andere Fraktionen außer dem Imperium darf man in der Kampagne nicht spielen. Anders sieht es in Einzelgefechten- und im Mehrspieler-Modus aus. Doch erstmal weiter zur Kampagne, die von sehr stimmungsvollen Zwischensequenzen im Comicstil (zeitlupenartig animierte Bilder) zusammengehalten wird.

Pures Warhammer-40.000-Flair

Okay, die Story rund um den 12. Schwarzer Kreuzzug ist jetzt nicht der Knaller, aber dank herausragenden (englischen) Sprechern und einem detailverliebten Artdesign wirkt die Warhammer-40.000-Atmosphähre beinahe erdrückend. Bisher haben nur wenige Spiele die Stimmung und das Flair des brachialen Universums so gut eingefangen. Doch leider kann die tolle Stimmung nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Missionsdesign ziemlich durchwachsen ist und die Aufwertungsmöglichkeiten der eigenen Flotte zunächst völlig überfrachtet wirken, bevor deutlich wird, dass das nicht der Fall ist.

Ganz allgemein unterteilt sich der Feldzug in zwei Teile. Es gibt einerseits die Sternenkarte auf der die Missionen ausgewählt und die eigene Flotte verwaltet werden und andererseits die Echtzeit-Schlachten auf kleinen Weltraumkarten. Auf der Sternenkarte darf man pro Runde mehrere Einsätze (je nach erreichter Ruhmstufe) angehen. Neben storyrelevanten Missionen sind oft diverse andere Nebeneinsätze zu absolvieren, wobei es meist mehr Aufträge gibt, als Züge in der Runde zur Verfügung stehen. Ungewöhnlich aber gut: Eine verlorene (selbst eine storyrelevante) Mission bedeutet nicht, dass der Feldzug vorbei ist. Vielmehr muss man dann mit den Konsequenzen (stärkerer Gegner, Minuspunkte für verlorene Planetensysteme) leben.

Durchwachsene Kampagne

Die Sektorkarte nach der zehnten Runde.
Neben der Missionsauswahl darf man auf der Sektorkarte bzw. in Port Maw die eigene Flotte verwalten. So kann man gegen Ruhmpunkte, die man logischerweise im Kampf verdient, Slots für neue Raumschiffe freikaufen, bestehende Schiffe mit neuen Fähigkeiten versehen und die Crew der Vehikel aufwerten. Doch so vielfältig die Optionen auf den ersten Blick ausfallen, so richtig nützlich sind nur wenige Optionen, wie z.B. die Verbesserung des Meisterschützen oder des Kapitäns (verringert Meuterei-Gefahr) oder die Schildüberladung (kurzzeitig stärkerer Schutzschild) oder den Mini-Warpsprung für spontane Kursänderungen. Wirklich schade ist, dass man an der Bewaffnung und der Ausstattung der Raumschiffe kaum direkte Änderungen vornehmen kann. Die Anpassung beschränkt sich auf vorgegebene Spezialfähigkeiten, Crewtalente und Co. pro Erfahrungsstufe des Vehikels.

Vor einer Schlacht dürfen die Positionen der Schiffe festgelegt werden. Auf die automatische Platzierungsfunktion sollte man sich jedoch nicht verlassen.

Bei den Missionstypen weiß vor allem der "Kreuzer-Kampf" zu gefallen. Hierbei treten einfach zwei Flotten auf - in der Regel zu kleinen Schlachtfeldern - gegeneinander an. In dieser Variante kommen die taktischen Kämpfe im zweidimensionalen Weltall mit den trägen Raumschiffen am besten zur Geltung. Dicke Pötte feuern Breitseiten in vorgegebenen Abständen ab, Spezialfähigkeiten werden aktiviert, Unterbereiche (z.B. Generator oder Antriebe) von feindlichen Schiffen werden anvisiert und Torpedos abgefeuert.

Packende Kämpfe im Weltraum

Auch wenn die Duelle zwischen den Schiffen - je nach Gruppenkonstellation - einige Minuten dauern können und stellenweise wenig Eingriffsmöglichkeiten bieten, gibt es immer wieder Momente, in denen man exzessives Mikromanagement leisten und schnell Ausweichmanöver einleiten, einen meuternden Kapitän exekutieren oder den Warpsprung eines anderen Schiff verhindern muss. Für solche Momente gibt es eine praktische „Zeitverlangsamung“. Problematisch ist aber die Transparenz des Kampfablaufs, denn im Gegensatz zu anderen Strategiespielen ist es schwer ersichtlich, ob meine Flotte nun den Sieg davongetragen hat, weil die Schiffe gut ausgewählt waren, die Ziele richtig gewählt wurden,

Zwischensequenzen in der Kampagne werden mithilfe animierter Bilder dargestellt.
die Kampfbefehle sinnvoll, die Spezialaktionen gut eingesetzt waren oder nicht.

Bei diesen puren Schiffskämpfen kann Battlefield Gothic: Armada überzeugen, sofern man sich von dem Gedanken verabschiedet, große Flottenverbände zu steuern. Aufgrund der allgegenwärtigen und überzogen limitierten Flottenpunktebeschränkung beim Missionsstart ist man darauf angewiesen, eine Auswahl aus dem Flottenrepertoire zu treffen. Meistens ist man mit einer überschaubaren Flotte unterwegs.

Generell ist festzuhalten, dass der Schwierigkeitsgrad der Missionen in der Kampagne eher "knackig" ist. Das ist nicht nur der fehlenden Kampftransparenz geschuldet, sondern dem rudimentären Tutorial, manchen Hauruck-Erklärungen, rasant entbrennenden Gefechten und einem vom Zufallsfaktor kritisch getroffenem Missionsdesign. Neben dem Kreuzer-Kampf gibt es Einsätze bei denen man Raumstationen zerstören oder beschützen, Transporter beschützen oder zerstören, ein bestimmtes Schiff eliminieren oder verteidigen oder Planeten bombardieren bzw. dies verhindern muss. Viele Elemente der Missionen sind zufallsbasiert.

Macken beim Missionsdesign

Bombardierungsmissionen erfordern beispielsweise, dass man mit größeren Schiffen innerhalb eines meist kleinen Zeitfensters zu einem (zufällig ausgewählten) Punkt auf der Karte fliegen muss. Und mit etwas Pech ist der nächste Bombardierungspunkt auf der anderen Seite der Karte, wo es ziemlich schwer ist, mit einem dicken Pott in der Zeit hinzukommen, schließlich sind ja auch Gegner unterwegs - die Fähigkeit Kurzstrecken-Warpsprung hilft hier, sofern keine Feinde in der Nähe sind. Der Zufall sorgt ebenfalls dafür, dass die gegnerische Flotte beim Neustart einer Mission völlig anders zusammengestellt ist (Art und Anzahl der Schiffe)

Eindrucksvolle Schiffsmodelle lenken meist vom kargen Hintergrund ab. Die Nahansicht der Schiffe sieht man meistens nur zu Beginn oder am Ende einer Schlacht, wobei die Kamera am Gefechtsende meist Probleme hat, sinnvolle Dinge einzufangen. Das Spiel basiert übrigens auf der Unreal Engine 4.
und sie zudem ganz woanders auf der Karte herumlungern. Nach einem Neustart einer Mission bzw. dem erneuten Laden eines Speicherstandes, weil es keine Option zur Wiederholung gibt, kann die gleiche Mission bedeutend einfacher oder schwerer ausfallen.  

Häufig ist es so, dass nicht das schlagkräftigste Schiff die beste Wahl für eine Mission ist, sondern die schnellsten Gefährten - gerade bei den Eskort- oder Abfangeinsätzen. Bei den Eliminierungen reicht es oft aus, so schnell wie möglich zum Ziel zu fliegen, es mit allem zu beharken und fertig. Zumal der Missionstimer kaum Spielraum für andere Vorgehensweisen bietet. Länger als 20 Minuten dauern die Kämpfe übrigens nie. Meistens ist nach der Hälfte der Zeit alles gelaufen.

Wirft man abseits der Kampagne einen Blick auf den Modus rund um individuelle Partien, wird schnell klar, dass alle Einsätze in der Kampagne im Prinzip nur aneinandergereihte Gefechte mit unterschiedlichen Zielen sind. Auch die Story-Einsätze entpuppen sich bloß als leicht modifizierte Versionen bekannter Schemata mit Sprachausgabe und Textfenstern. Aufgrund der störenden Zufallsfaktoren in den Kampagne, nicht wirklich gut ausbalancierten Fraktionen (die Eldar-Schiffe sind zu schnell), nach Schema F gestalteten Story-Missionen, einem oberflächlichen Tutorial und fehlenden Optionen wirkt es so, dass Battlefield Gothic: Armada von Focus Home Interactive zu früh aus dem Raumhafen geschickt wurde.

Nur eine Aneinanderreihung von Gefechten

Neben der Einzelspieler-Kampagne, die es nur auf Seiten des Imperiums gibt, darf man die Orks, die Eldar und die Chaos-Truppen in Solo-Gefechten und individuellen Partien sowie dem Mehrspieler-Modus befehligen -

Torpedos abgefeuert! Jetzt muss aber schnell ein Ausweichmanöver durchgeführt werden, da die Orks eine Spezialfähigkeit aktiviert haben (roter Kreis).
jeweils mit einem eigenen Admiral, der in diesen Spielvarianten wieder Ruhm sammelt und damit die Flotte aufwertet. Im Mehrspieler-Modus dürfen 1-gegen-1- oder 2-gegen-2-Schlachten ausgefochten werden, wobei gerade in dieser Variante die bereits angesprochenen Balance-Macken schon eher auffallen. Das viel zu strikte Flottenpunktelimit verhindert hier ebenfalls größere Schlachten.

Gefechte und Multiplayer-Duelle

So richtig bugfrei ist Battlefield Gothic: Armada auch mehrere Wochen nach Veröffentlichung nicht. Innerhalb mancher Mission ist mein Mauszeiger nach einer Zwischensequenz einfach verschwunden, was ziemlich blöd ist, wenn man Befehle geben möchte. Manchmal haben meine Schiffe auch gar nicht auf Bewegungs- oder Angriffsbefehle reagiert. Zugleich präsentiert sich der Mehrspieler-Modus mit Verbindungsproblemen und -abbrüchen noch als Baustelle. Der bereits beschriebene Eindruck der zu frühen Veröffentlichung wird auch von der bekanntgegebenen Roadmap für die nächsten Wochen und Monate unterstützt. So wollen die Entwickler u.a. zwei weitere Flotten (Space Marines und Tau), ein ELO-Matchmakingsystem, kompetitive Rangduelle, Verbesserungen am 2-vs-2-System, ein Elite-System (vgl. Horde-Modus) und neue Fähigkeiten hinzufügen. Klingt eher nach einem Early-Access-Fahrplan …

Fazit

Es ist zum Mäusemelken! Die tollen Weltraum-Schlachten von Battlefield Gothic: Armada bleiben hinter ihren Möglichkeiten zurück. Dabei ist das Spiel von Tindalos Interactive und Focus Home Interactive keinesfalls schlecht - ganz im Gegenteil. Die Echtzeit-Schlachten im Gothic-Sektor bieten taktisch packende Gefechte mit stellenweise hohem Mikromanagement-Anteil, die oftmals an Seekämpfe bzw. U-Boot-Gefechte erinnern. Dabei sorgen das detailverliebte Schiffdesign und die einmaligen (englischen) Sprecher in der Kampagne dafür, dass die Schlachten vor Warhammer-Atmosphäre nur so triefen. Selten wurde das Flair so gut eingefangen! Auf den ersten Blick macht Battlefield Gothic: Armada viel richtig, aber zu schnell stellen sich Wiederholungen ein, die Story-Einsätze sind nur Variationen bekannter Typen und das Design wirkt nicht rund. Die Karten sind zu klein, die Einsätze zu sehr auf Tempo getrimmt, die Balance wackelig und man ist meist mit zu kleinen Flotten unterwegs. Selbst das motivierende Raumschiffausbau- und Verbesserungssystem suggeriert nur Tiefgang, bietet aber nur wenige sinnvolle Optionen. Haarig wird es vor allem, wenn die Zufallselemente die Missionen in der Kampagne torpedieren oder Bugs die Missionen unnötig erschweren - zumal man sich sowieso erst durchbeißen muss, was mit einem schwachen Einstieg und mangelnder Transparenz der Gefechte nicht sonderlich gut einhergeht. Alles in allem sind die Grundlage und das Warhammer-Flair großartig, aber das Drumherum wirkt zu fahrig, zu übereilt und zu generisch. Battlefield Gothic: Armada hätte eine Early-Access-Phase zur Verbesserung wirklich gut getan ...

Pro

  • tolle, taktische Weltraumschlachten
  • Strategie-Ebene zwischen den Missionen
  • stetiger Ausbau und Verbesserung der Flotte
  • auch nach verlorenen Missionen geht die Kampagne weiter
  • Zeitverlangsamung für hektische Momente
  • hervorragende Warhammer-Atmosphäre
  • akkurat nachgebildete Schiffe
  • stellenweise großartige englische Sprecher
  • vier Schwierigkeitsgrade; Spiel ist tendenziell eher schwer

Kontra

  • verbesserungsbedürftige Balance der Fraktionen
  • störender Zufallsfaktor in manchen Missionen (Eskorte, Bombardierung)
  • meist kleine Karten und Einsätze für kleine Flotten
  • harter Einstieg, schwaches Tutorial, wenig Hilfestellung
  • Auswahl an Fertigkeiten und Co. wirkt nur groß
  • Individualisierung der Schiffe könnte viel weiter gehen (Waffen, Bauteile etc.)
  • Textfenster-Inszenierung
  • Bugs und Absturzmacken

Wertung

PC

Die Weltraum-Schlachten und das Warhammer-Flair sind großartig, aber das Drumherum wirkt zu fahrig, zu übereilt und zu generisch.