Ashes of the Singularity - Test, Taktik & Strategie, PC
Wenn Hunderte von Einheiten über das Schlachtfeld wuseln, Raketen und Laser die Umgebung erhellen und im Hintergrund ein gigantisches Kampfschiff heranschwebt, werden gleich Erinnerungen an Supreme Commander wach. Aber nein, diesmal werden die Massenschlachten von Ashes of the Singularity entfacht und es geht eher um die strategische Ausrichtung der Kriegsführung. Aufgrund der Größendimensionen des Schlachtfeldes und der nicht gerade zügigen Fortbewegungsgeschwindigkeit der meisten Einheiten (außer Flugeinheiten), muss man sich genau überlegen, welche Einheiten man als Feldherr wann und vor allem wohin schickt. Das Planungselement und das große Ganze stehen stärker im Vordergrund.
Das große Ganze
Grundsätzlich geht es darum, auf der Karte verteilte Kontrollpunkte à la Company of Heroes zu erobern - wohlgemerkt mit Bodeneinheiten. Ein übernommener Kontrollpunkt erlaubt Zugang zu Rohstoffquellen und durch die stets sichtbaren Verbindungslinien ergibt sich ein kartenweites Netzwerk zur Rohstoffsammlung, da nur mit der Hauptbasis verbundene Sektoren tatsächlich Ressourcen produzieren. Metall und Uran gilt es an stationären Punkten mit Gebäuden abzubauen. Neben diesen beiden Rohstoffen, die wie bei
Supreme Commander laufend generiert und in Echtzeit bei der Einheiten-Produktion angezapft werden, gibt es die Turinium-Generatoren, die sich ebenfalls erobern lassen. Je nach Inhaberschaft steigern diese Generatoren die Siegpunkte für die jeweilige Fraktion. Erreicht eine Partei das Turinium-Maximum, hat diese sofort gewonnen.Trotz der Größendimensionen der Karten, der Langsamkeit vieler Einheiten und dem entstehenden Druck durch das Turinium setzt Ashes of the Singularity auf stetige und aggressive Expansion. Man kann die eigene Basis zwar mit Flugabwehr- und anderen Formen von Geschützen halbwegs absichern, aber im Grunde genommen geht es um die massenhafte Produktion von Einheiten und die funktioniert nur mit dem andauernden Drang sich irgendwie auszudehnen, um Ressourcenquellen und die Turinium-Generatoren zu erobern.
Ohne Mikro-Management
Mikro-Management der Einheiten (z.B. in Form von Spezialfähigkeiten wie bei StarCraft 2) ist nahezu nicht vorhanden. Die Truppen agieren weitgehend selbstständig und lediglich bei den großen Dreadnoughts (Experimentaleinheiten) darf man die Weiterentwicklung eigenhändig beeinflussen, denn im Gegensatz zu allen anderen Truppen sammeln nur sie Erfahrung im Kampf. Und nach jedem Level-Up können Eigenschaften verbessert werden, z.B. Erhöhung der Panzerung oder eine Vampir-Fähigkeit. So schlagfertig die Dreadnoughts auch sind,
man muss sich bewusst sein, dass die Gegner mit entsprechenden Dreadnought-Killern zurückschlagen können und die dicken Dinger keinesfalls übermächtig sind. Ein Dreadnought ohne Geleitschutz ist leichte Beute und daher schickt man am besten mehrere unterschiedliche Typen mit. Neben Artillerie sollten Reparatur-Einheiten und Flugabwehr dabei sein. Damit sich alle Kampfeinheiten mit einer einheitlichen Geschwindigkeit bewegen, lässt sich eine automatische Formation festlegen, die die Einheiten einnehmen und halten.Ashes of the Singularity punktet in einem Bereich, der bei vielen Echtzeit-Strategiespielen in der Regel vernachlässigt wird, und zwar bei der Computerintelligenz. Die eigenen Einheiten verhalten sich im Kampf sehr clever, suchen sich basierend auf der eigenen Stärke (meistens) sinnvolle Ziele und attackieren selbstständig, selbst wenn der Feind noch weit weg ist - stellenweise sind sie sogar ein bisschen zu aggressiv. Vordefinierte Kampfhaltungen wie „Aggressiv“ oder „Passiv“ fehlen aber. So greift die Raketenartillerie z.B. selbstständig durch Radaranlagen enthüllte Wärmesignaturen an, obgleich diese gar nicht im aktiven Sichtfeld sind.
Clevere Einheiten und Gegner
Die eigenen Einheiten stellen sich im Kampf überraschend gut an und sogar die Wegfindung weiß trotz Truppenmassen auf den stellenweise gigantischen Karten zu überzeugen. Ähnlich gelungen sieht es beim Computergegner aus, der überraschend stark, kompromisslos und aggressiv agiert. Gerade schlecht oder kaum bewachte Kontrollpunkte bzw. Rohstoffanlagen werden bevorzugt attackiert und
wenn in der eigenen Basis nur ein Gebäude von der Luftverteidigung nicht geschützt wird, ist die Chance sehr hoch, dass der KI-Gegner dieses Ziel bombardieren wird. Doch trotz der Vehemenz der KI-Attacken hatte ich manchmal das Gefühl, dass die Gegner nicht alle möglichen Routen zum Angriff nutzten. Trotzdem bleibt festzuhalten, dass ich in den Echtzeit-Strategiespielen der letzten Jahre keine annährend so gute Computerintelligenz wie in Ashes gesehen habe.Moment Mal! Große Schlachtfelder, strategisches Vorgehen, stetiger Expansionsdrang, ausbaubare Dreadnoughts und clevere Einheiten sowie Gegner - das klingt doch alles ziemlich gut. Stimmt schon, aber leider verbaut sich Ashes of the Singularity selbst den Weg. Denn abgesehen von den weitgehend interaktivlosen und uninteressanten Schlachtfeldern (StarCraft ist da meilenweit voraus) sind es vor allem das biedere Einheitendesign, die langweiligen Fraktionen, die generischen Upgrades und die schlechte Kampagne, die dem Spiel schaden.
Tolle Grundlage, aber …
Auch bei den Upgrades und den Orbitalfähigkeiten wird eher an der Oberfläche gekratzt. Für beides sind "Quantenpunkte" erforderlich, die ein Quantengenerator (Gebäude) erzeugt. Bei den Upgrades kann man die Lagerkapazitäten für Metalle und Uran erhöhen oder Waffen, Panzerung und Radar verbessern - wohlgemerkt von allen Einheiten gleichzeitig. Schade! Hier wäre es interessanter gewesen, Einheitentypen gezielt stärken zu können, anstatt pauschal alle zu verbessern. Zudem kann man Quantenpunkte in Orbitalfähigkeiten (globale Aktionen mit Abklingzeit) stecken, um die Karte aufzudecken, einen Einsatztrupp anzufordern, einen EMP abzufeuern oder Einheiten zu reparieren. Mehr als der bekannte Genre-Standard wird nicht geboten, aber zumindest unterscheiden sich die Spezialfähigkeiten bei den beiden Fraktionen. Da die Quantenpunkte zusätzlich in die Erhöhung des Truppenlimits gesteckt werden müssen, muss man mit ihnen haushalten und entscheiden, ob Upgrades, Orbitalfähigkeiten oder mehr Einheiten im Augenblick sinnvoller sind.
Ausfechten darf man die Massenschlachten in einer Einzelspieler-Kampagne, im Gefecht-Modus (Skirmish) und im Multiplayer (inkl. gewerteten Spielen). Die Schlachten im Gefecht-Modus machen aufgrund der starken Computerintelligenz (inkl. einstellbarem Schwierigkeitsgrad) durchaus Spaß, könnten aber von mehr Einheiten, mehr Abwechslung, mehr Kartenideen und mehr Tiefe profitzieren -
gleiches gilt für die Multiplayer-Kämpfe, an denen bis zu sechs Personen teilnehmen dürfen. In den Sand gesetzt wurde hingegen die Kampagne, allen voran die Inszenierung. Während zwischen manchen Missionen überhastet geschnittene Renderfilmchen laufen, die den Konflikt zwischen den beiden Parteien thematisieren, sind in den Missionen bloß schnöde Textpassagen in Dialogfenstern zu lesen, bei denen nicht einmal das Spielgeschehen pausiert wird. Unwichtige und austauschbare Charaktere führen uninteressante Gespräche und erzählen eine Geschichte, die weder neugierig macht noch sonst wie fesseln könnte - dann doch lieber "keine Story" als dieser Murks. Nicht viel besser ist das Missionsdesign. Die übliche Mischung aus Basis verteidigen, Generatoren übernehmen, Gegner zerstören und Co. wird verlangt und mit Tutorial-Erklärungen angereichert. Klar macht die Computerintelligenz in der Kampagne eine gute Figur, sogar aber auch dafür, dass manche Missionen durch ihre unpräzise Beschreibung von "super-einfach" bis wirklich "hart" schwanken. Und wie gut ist bitte eine Mission gestaltet, in der man beigebracht bekommen soll, sein Dreadnought im Kampf gegen andere auf der Karte verteilte Dreadnoughts zu verbessern, nur um zu merken, dass man nach 25 Minuten die feindliche Hauptbasis überstürzt angreifen muss, da sonst der Gegner durch Siegpunkte gewinnt.Gefechte, Multiplayer und Kampagne
Fazit
Ashes of the Singularity hatte das Zeug dazu, ein grandioses Echtzeit-Strategiespiel zu werden. Gerade die großen Dimensionen der Massenschlachten, die eher strategischen Entscheidungen aufgrund der Weitläufigkeit der Karten sowie die überraschend starke Computerintelligenz entfachten anfänglich eindrucksvolle Schlachten. Doch das Hitpotenzial schmolz auf lange Sicht dahin: Während die technischen Disziplinen (inkl. Wegfindung und KI) mit Bravour gemeistert werden, erreicht das dahinter verborgene Spieldesign samt der lieblos wirkenden Kampagne nur durchschnittliches Niveau. Die beiden Fraktionen unterscheiden sich ebensowenig wie die Einheitentypen - nur die dicken Dreadnoughts ragen heraus. Neben dem oberflächlichen Upgradesystem ernüchtert das Siegpunktsystem unnötig mit Zeitdruck. All das ist ärgerlich, denn dieses Echtzeit-Strategiespiel erinnert mich angenehm an Supreme Commander und trumpft mit einer Computerintelligenz auf, die kein anderer Titel der letzten Jahre in diesem Genre gezeigt hat. Ich mag mir gar nicht vorstellen, welches Potenzial das Spiel gehabt hätte, wenn Einheiten, Fraktionen, Upgrades und Karten mehr Vielfalt geboten hätten! Aber in dieser Form reicht es nicht mehr für eine gute Wertung.
Pro
- ansehnliche Massenschlachten auf großen Karten
- strategische Planung ist erforderlich
- aggressives Vorgehen wird vorausgesetzt
- autark handelnde Einheiten (fast kein Mikromanagement)
- sinnvoller Formationsbefehl
- gute Computerintelligenz
- ordentliche Technik
- Zeitbeschleunigung
- viele (meistens symmetrische) Karten
- gute Übersicht durch Zoom-Funktion
- guter Soundtrack
Kontra
- langweilige und viel zu wenige Einheiten
- kaum Unterschiede zwischen den beiden Fraktionen
- ziemlich öde und statische Schlachtfelder
- Siegpunkte verhelfen zu schnell zum Sieg
- problematisches Konzept: große Karten und kurze Gefechte
- schlecht inszenierte und gestaltete Solo-Kampagne
- zu niedriges (normales) Spieltempo
- deutsche Sprachausgabe
- Zoom reicht nicht aus