Battleborn - Test, Shooter, PC, PlayStation4, XboxOne
Hmmm, auch nach dem elendig langen Zeichentrick-Intro mit seinem ungewöhnlich drögen Schnarch-Soundtrack und dem anschließenden Tutorial fällt es schwer, einen echten Durchblick bei der Hintergrundgeschichte zu bekommen. Wer kämpft da eigentlich gegen wen? Und was hat es mit den verschiedenen Fraktionen auf sich? Warum raufen sich Feinde zusammen, um dann doch gemeinsam loszuziehen? Am Anfang wird man sich vielleicht noch bemühen, einen Sinn in der Handlung und den Dialogen zu suchen. Aber irgendwann realisiert man, es zu akzeptieren, dass die Story bei Battleborn (ab 1,17€ bei
Kein Durchblick, aber abwechslungsreiche Charaktere
Voll auf Koop getrimmt
Die meiste Zeit ist man allerdings damit beschäftigt, die Horden an Gegnern zu eliminieren, die von einfachem Kanonen- bzw. Schnetzelfutter über gepanzerte Exemplare bis hin zu fetten End- und Zwischenbossen reichen. So schön es auch ist, dass man es auf Wunsch auch alleine mit ihnen aufnehmen kann, stellt man als Solist aber schnell ernüchtert fest, dass die Kampagne voll auf Koop getrimmt ist: Erst in einem Team, in dem die Helden und deren Fähigkeiten im Optimalfall sinnvoll kombiniert werden, verwandeln sich die meist zähen Solo-Gefechte zu einer spaßigen Koop-Schlacht im Comic-Look, bei der man sich gegenseitig unterstützt und durch Wiederbelebung wieder auf die Beine helfen darf, um keines der rar gesäten Extraleben für den Wiedereinstieg zu verschwenden. Wie bei Left 4 Dead bleibt aber auch hier ein kompetitiver Gedanke erhalten, denn in der Endabrechnung werden Spieler mit den meisten Punkten, Kills, Assists oder Wiederbelebungen nicht nur hervorgehoben, sondern auch entsprechend belohnt.
Allerdings geht im Getümmel schon mal die Übersicht verloren, wenn die fünf Koop-Spieler aufeinander hocken, gleichzeitig ihre effektvollen Spezialkräfte zünden und dabei von zig Gegnern umzingelt sind. Immerhin erleichtert eine Mini-Karte mit markierten Hauptzielen die Orientierung und auch die Position der Mitstreiter ist dank Silhouetten selbst dann noch erkenntlich, wenn sie mal weiter vorgeprescht sind oder hinterher hängen. Außerdem besteht die Möglichkeit, wichtige Punkte oder Gegner für alle sichtbar zu markieren – eine Funktion, die sich auch dann als nützlich erweist, um Mitspieler darauf hinzuweisen, dass sie sich an eine bestimmte Position begeben müssen, damit es weitergeht. So macht das kollektive Geschnetzel ordentlich Laune, zumal zwischendurch immer wieder ein dummer Spruch fällt, ein cooler XL-Zwischengegner auftritt oder der Spielablauf anderweitig variiert, auch wenn sich dieses Muster irgendwann wiederholt. Nicht zu vergessen, dass die Online-Performance überzeugt: Ich hatte bisher weder einen Verbindungsabbruch noch störende Lags. Hinzu kommen die verschiedenen Charakter-Kombinationen, die zum Experimentieren einladen und verschiedene Spielstile fördern. Das alles ist schön und gut – bis zu dem Moment, in dem man zum ersten Mal gemeinsam versagt, weil man es nicht geschafft hat, ein Ziel zu verteidigen und nach dessen Zerstörung ins Hauptmenü zurückbefördert wird. Moment mal: Wozu gibt es denn dann die Checkpunkte? Die
sind leider nur für den Wiedereinstieg gedacht, wenn es den Helden erwischt hat und er nicht (rechtzeitig) wiederbelebt werden konnte. Nicht aber, wenn ein solches Dilemma passiert. Entsprechend hoch steigt der Frust, wenn man kurz vor dem Ende versagt und die Mission komplett neu starten muss, um später vielleicht wieder an der gleichen Stelle zu scheitern. Nein, so macht das keinen Spaß! Für solche Fälle hätte man entweder die normalen Checkpunke weiter nutzen oder separate Speicherpunkte schaffen sollen. Hinzu kommt, dass sich manche Bosskämpfe ziehen wie Kaugummi: Obwohl man die Angriffsmuster mangels Variationen schnell durchschaut und genau weiß, was zu tun ist, zieht man diese Begegnungen durch plötzliche Regenerationsfähigkeiten des Gegners oder einen weiten Weg bis zur Öffnung der Schwachstelle künstlich in die Länge. Was schon im Team zu einer zähen Angelegenheit wird, kratzt beim Spielen als Solist sogar an der Grenze zur Unerträglichkeit. Klar: Ein Bosskampf sollte eine Herausforderung darstellen! Aber diese Herausforderung sollte nicht darin bestehen, in einer Art Dauerschleife die ewig gleichen Muster abzuspulen, bis man endlich am Ende der Energieleiste angekommen ist.Checkpunkt-Dilemma und Übersichtsprobleme
Willkommen in der Kommandozentrale
Obwohl es schon der normale Schwierigkeitsgrad zumindest ab der vierten Mission durchaus in sich hat, darf die Herausforderung weiter gesteigert werden. Zum einen stecken die Gegner auf dem fortgeschrittenen Schwierigkeitsgrad mehr ein. Zum anderen gibt es für die beiden Stufen jeweils einen Hardcore-Modus, in dem man keine Extraleben bekommt. Zur Erinnerung: Wird ein Mitstreiter nicht mehr rechtzeitig wiederbelebt oder entscheidet sich eigenständig für einen Wiedereintritt, wird ein Leben abgezogen, Kommt man als Solist in die unglückliche Lage, wird mangels Teamkollegen beim Neuversuch so oder so ein Leben abgezogen.
Wer nicht gerne online spielen will, sich auf der anderen Seite aber auch nur ungern alleine durch die Kampagne quälen will, für den hat Gearbox zumindest auf den Konsolen einen schönen Kompromiss zur Hand, der auch schon bei Borderlands gezogen hat. Die Zauberworte lauten einmal mehr „lokaler Koop am geteilten Bildschirm“! Das gilt sowohl für die Kampagne als auch die Mehrspieler-Modi. Doch während bei der Handsome Collection sogar bis zu vier Leute gemeinsam losziehen konnten, ist man hier leider auf ein Duo beschränkt, wobei die Kartenansicht noch einen guten Teil des Bildausschnitts für sich beansprucht. Im Gegenzug halten sich die grafischen Abstriche aber in Grenzen und auch die Bildrate bleibt meist stabil – in manch hektischen Szenen traten allerdings spürbare Einbrüche auf. Für die PC-Version wird die Option leider überhaupt nicht angeboten.
Ein schlagkräftiges Duo
Teamwork ist Pflicht
Gerade beim Überfall-Modus steht und fällt der Spaß mit den Mitspielern. Werden sie ihrer Rolle gerecht? Geht man clever als Team vor und spricht sich ab? In der freien Online-Wildbahn hatte ich nicht immer das Gefühl, dass die Zusammenarbeit gut funktioniert – vielleicht auch deshalb, weil viele Spieler das relativ komplexe System mit Schergen, Konstruktionen und Söldnern noch nicht ganz verinnerlicht haben.
Eine Frage der Balance
Doch es gibt auch ganz andere Gründe, warum es in manchen Teams manchmal nicht ganz rund läuft. Einer von ihnen ist das automatische Matchmaking: Zum einen dauert die Mitspielersuche oft unglaublich lange. Zum anderen erkennt man bereits in der Zusammenstellung, dass die Balance ziemlich aus den Fugen gerät, wenn die eigenen Mitspieler einen maximalen Rang von 15 haben, sich auf der Gegenseite aber schon zwei Leute jenseits von Stufe 30 tummeln. Hinzu kommt, dass manche Charaktere den Eindruck erwecken, als wären sie deutlich überlegen. Das mag je nach Konstellation täuschen, aber ich hatte gerade bei manchen Nahkämpfern wie Rath das Gefühl, ihnen in Zweikämpfen selbst mit Shooter-Figuren wie Montana oder Oscar Mike hilflos ausgeliefert zu sein.
Das letzte große Problem in den Versus-Begegnungen ist der Umfang, der mit mageren zwei Karten pro Spielmodus alles andere als üppig ausfällt. Zwar sind die Schauplätze relativ groß angelegt und pressen den Spieler dank vieler alternativer Routen nicht so stark in die üblichen MOBA-Lanes, aber trotzdem hätte eine größere Auswahl an Karten drin sein müssen. So bilden das Freischalten weiterer Helden und der Gewinn neuer Ausrüstung schnell die tragende
Säule, um die Motivation aufrecht zu halten. Eine Säule, die leider früh anfängt zu bröckeln: Zum einen hält sich der Sammelwahn beim recht gewöhnlichen Equipment in Grenzen. Zum anderen entpuppt sich das Freischalten weiterer Figuren zur müßigen Fleißarbeit, bei der leider immer wieder die redundante Struktur der Kampagne sowie die Probleme bei den Mehrspielermodi vor Augen geführt werden. Trotzdem muss man Gearbox für das mitunter ausgefallene Design der Helden und ihre coolen Fähigkeiten loben. Sie bilden das Herz von Battleborn und dank der breit gefächterten Auswahl dürfte jeder Spieler mindestens einen Charakter für sich entdecken, der dem eigenen Stil zusagt.Mangelnde Abwechslung?
Fazit
Es ist zwar nett, dass man bei Gearbox zumindest noch die Möglichkeit einräumt, die Kampagne von Battleborn alleine zu spielen, aber mehr als ein kleines Trostpflaster ist das nicht: Stürzt man sich als Solist in den Kampf um Solis, gestalten sich die Gefechte gegen die unzähligen Gegnerhorden extrem zäh und je nach gewähltem Helden hält sich der Spaß extrem in Grenzen – zumal auch die konfuse Hintergrundgeschichte trotz des eingestreuten Humors nicht viel hergibt. Als Quintett macht der Ritt durch die Comic-Welt dagegen richtig Laune, zumal hier Teamwork und die verschiedenen Fähigkeiten der Truppe zur Geltung kommen. Der zweifelhafte Umgang mit den Checkpunkten kann allerdings für Frust sorgen, wenn ein Verteidigungsobjekt zerstört und man deshalb nicht zum letzten Speicherpunkt, sondern wieder komplett an den Anfang der Mission zurückbefördert wird. Betrachtet man Battleborn als Solo-Spieler schwankt das Erlebnis je nach gewählter Figur zwischen Ernüchterung, Frust und solider Action, während man im Koop durchaus gemeinsam Spaß haben kann – sei es online oder an den Konsolen sogar am geteilten Bildschirm. Die kompetitiven Modi Überfall und Schmelze zeichnen sich abseits des klassisch unterhaltsamen Capture zwar mit einem interessanten Konzept aus, kranken derzeit aber vor allem an der geringen Kartenauswahl, fehlendem Teamwork und Balance-Problemen, die nicht nur anhand überlegener Figuren, sondern auch dem schlechten Matchmaking entstehen. Unterm Strich bleibt ein Helden-Shooter, der für Solo-Spieler wenig zu bieten hat, im Koop sowie Versus-Partien aber solide unterhält und sich vor allem durch seine breite Auswahl an Charakteren auszeichnet.
Pro
- 25 Helden mit individuellen Fähigkeiten
- unterschiedliche Spielstile möglich
- zahlreiche Ausrüstungsgegenstände, alternative Outfits und Embleme
- simples Helix-System bei Aufstiegen
- schicke Comic-Kulisse
- unterhaltsame (Koop-)Kampagne
- Hardcore-Varianten beim Schwierigkeitsgrad
- Bau von Geschützen und Kauf von Begleit-Drohnen
- interessante Mehrspieler-Modi mit Fokus auf Teamwork
- mitunter netter Humor
- gelungene Lokalisierung
- taktische Mechaniken für Rückzug und Respawn
- sehr gute Verbindungsqualität
- lokaler Koop am geteilten Bildschirm möglich (nur Konsolen)
Kontra
- kurze Spielzeit (Kampagne)
- wenige Mehrspieler-Karten
- Kampagne voll auf Koop getrimmt, für Solisten teilweise frustrierend
- Übersichtsprobleme
- Checkpunkte in manchen Situationen unbrauchbar
- stupide Moorhuhn-KI
- Bosskämpfe künstlich in die Länge gestreckt (vor allem im Solospiel)
- konfuse Hintergrundgeschichte, die kaum eine Rolle spielt
- keine freie Missionswahl bei öffentlichem Spiel
- Kapitel der privaten Kampagne müssen separat freigeschaltet werden
- mitunter lange Wartezeiten vor Spielstart
- lokaler Koop-Partner muss für Charakterwahl Tutorial-Mission absolviert haben
- oft fragwürdiges Matchmaking (Balance)
- kein Splitscreen am PC
- viele (Überfall-)Partien enden durch vorzeitige Aufgabe