The Walking Dead: Michonne - Test, Adventure, 360, PS_Vita, PlayStation3, PlayStation4, iPhone, PC, Android, iPad, XboxOne, Mac

The Walking Dead: Michonne
26.04.2016, Michael Krosta

Test: The Walking Dead: Michonne

Auge um Auge

Zum Abschluss von Telltales Miniserie The Walking Dead: Michonne ist die Bühne für das Finale und die letzte Konfrontation bereitet: Gibt es nach den dramatischen Ereignissen noch einen friedlichen Ausgang für den Konflikt zwischen der Monroe-Gruppe und der Schwert-Lady samt ihren Mitstreitern? Oder muss noch mehr Blut vergossen werden?

Die Zeiten der Sicherheit für Sam und ihre Familie im abgelegenen Anwesen sind endgültig vorbei – das ist bereits seit dem Ende der zweiten Episode klar. Und in bester Serientradition bleiben die Walker weiter nur fauliges Beiwerk: Die größte Gefahr geht einmal mehr von den Menschen aus, die in dieser Apokalpyse um Ressourcen und Macht kämpfen. Dabei sind Michonne und ihre Crew durch die voran gegangenen Ereignisse zwischen die Fronten zweier Gruppen geraten. Es gab schmerzliche Verluste auf beiden Seiten, die den Hass und die Gewaltbereitschaft zwischen ihnen weiter befeuerten. Gibt es im Finale überhaupt noch eine Chance, den bevorstehenden Gefangenenaustausch mit diplomatischen Mitteln über die Bühne zu bringen? Oder wurde aufgrund der getroffenen Entscheidungen bereits jegliches Vertrauen verspielt und es läuft zwangsläufig auf einen blutigen Showdown mit Norma und den rachesüchtigen Leuten der Monroe-Gemeinschaft hinaus?

Leben oder sterben

Auge um Auge, Zahn um Zahn, Geisel für Geisel.
Auf dem Weg nach Antworten müssen nicht nur mitunter emotionale Dialoge geführt werden, sondern es gilt auch weiterhin schwierige Entscheidungen zu treffen und die Reaktionsfähigkeit in Action-Sequenzen unter Beweis zu stellen. Letztere werden hier aber gerade im Vergleich zur ersten Episode zugunsten der Gespräche und Erkundung etwas zurückgeschraubt. Hinsichtlich der Entscheidungen zeigt sich wieder das übliche Telltale-Bild: Manche von ihnen haben große Auswirkungen, beeinflussen mitunter sogar, wer lebt und wer stirbt. Auf der anderen Seite wird man spätestens beim zweiten Durchspielen erkennen, dass viele von ihnen kaum von Bedeutung sind, auch wenn es zunächst vielleicht den Anschein gemacht haben mag. So spielt es z.B. Eine untergeordnete Rolle, ob man eine Figur in der ersten Episode beim Feind gelassen hat oder nicht. Das ist nur ein Beispiel, bei dem ich dramaturgisch am Ende etwas mehr erwartet hätte. Außerdem wird erneut klar, dass das gelungene Drehbuch trotz der suggerierten Alternativen weiter in ein recht enges Korsett geschnürt ist. Es wird immer auf bestimmte Situationen hinauslaufen – selbst wenn man alles versucht und sich manchmal wünscht, gewisse Ereignisse verhindern zu können. Schön dagegen, wie man selbst als Spieler immer wieder auf die Probe gestellt wird, wie viel Vertrauen man dem Gegenüber engegen bringt oder inwiefern man angesichts der drastischen Situationen dazu bereit ist, moralische Grenzen zu überschreiten.   

Suche nach Antworten

Die Zombies haben selbstverständlich auch im Finale nochmal einen Auftritt.
Leider fällt der Umfang der finalen Episode ebenfalls knapp aus: Selbst wenn man sich die Zeit nimmt, um alle Zimmer des Anwesens zu erkunden und sämtliche Hinweise, Gespräche sowie Hintergrundinfos mitnimmt, erreicht man das Ende bereits unter 90 Minuten. Immerhin liefert Telltale eine gute Mischung der verschiedenen Spielelemente ab und überzeugt am Ende mit Spannung sowie Dramatik. Trotz packender Momente wird die Emotionalität der ersten Staffel von The Walking Dead aber nicht erreicht. Tatsächlich übertreibt man es hier teilweise mit Michonnes Visionen rund um den Verlust ihrer beiden Töchter, da sie zu häufig eingestreut werden. Trotzdem geht von dieser Erzählebene vermutlich der größte Reiz aus, um Antworten zu finden und Michonne als Charakter besser verstehen zu können.

Fazit

Mit der Miniserie The Walking Dead: Michonne liefert Telltale einen soliden Ableger der Hauptreihe, deren Niveau aber nicht erreicht wird. Denn abseits der bekannten Protagonistin fällt es angesichts der kurzen Episoden deutlich schwerer, die Figuren besser kennenzulernen und eine Bindung aufzubauen. Entsprechend belanglos wirkt so mancher Verlust, weil mir die Leute einfach nicht so sehr ans Herz gewachsen sind. Das war in den „großen“ Teilen im Comic-Universum von Robert Kirkman noch anders. Trotzdem versuchen die Entwickler in der Kürze der Zeit, neben mitunter harten Splatter-Szenen alle emotionalen Register zu ziehen und rufen sogar die Crew ins Gedächtnis zurück. Schade nur, dass man den Verlauf und Ausgang der Geschichte nicht so maßgeblich beeinflussen kann, wie es zunächst den Anschein erweckt. Aber das gehört mittlerweile genauso zur Telltale-Formel wie die starken englischen Sprecher und der Verzicht auf Rätseleinlagen sowie das Fehlen größerer Areale. Am Ende bleibt die Miniserie ein kurzer, aber unterhaltsamer Abstecher rund um die Schwert-Lady, der ein paar interessante Einblicke in die Figur erlaubt und trotz des Metzel-Auftakts und dem etwas gehetzten Erzähltempo in einem dramatischen Finale mündet.

[Ab diesem Jahr werden wir bei Episoden-Spielen für die ersten Teile im Test zunächst nur Schulnoten vergeben; erst mit dem finalen Teil und Test werden wir auch eine abschließende Prozentwertung für die komplette Reihe vergeben. Anm.d.Red.]

Pro

  • bekannter und beliebter Charakter aus der Comic-Reihe und TV-Serie
  • Entscheidungen beeinflussen Handlung...
  • interessante Nebenfiguren und Antagonisten
  • Einblicke in Michonnes Gedankenwelt
  • unterhaltsame Dialoge (und Verhandlungen)
  • ansprechendes Artdesign
  • großartige (englische) Sprecher
  • gelungene Inszenierung
  • zusammenfassende Spieler-Statistik

Kontra

  • kurze Spielzeit (ca. 60-80 Minuten)
  • ...aber Folgen entpuppen sich mitunter als geskriptet
  • keine anspruchsvollen Rätsel
  • z.T. unschöne, plötzliche Übergänge bei Gestik und Mimik
  • deutsche Untertitel mit einigen (Rechtschreib-)Fehlern
  • keine tiefere Bindung zu Charakteren möglich (aufgrund der kurzen Spielzeit)
  • kleine Areale, kaum Erkundung
  • Halluzinationen treten etwas zu häufig auf

Wertung

PC

Ein kurzer, aber solider Ableger der Hauptreihe mit einer interessanten Protagonistin. Das Niveau der großen Serie wird aber nicht erreicht.