Doom - Test, Shooter, Switch, PC, PlayStation4, XboxOne

Doom
13.05.2016, Mathias Oertel

Test: Doom

Alte Ballerschule, moderne Dynamik

Während Bethesda verzweifelt versucht, die Tester bis zum offiziellen Release von Doom (ab 3,85€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) fernzuhalten, stellt der eine oder andere Händler schon vorab die Versionen in die Regale. Dementsprechend sind wir losgezogen und haben die deutsche Wirtschaft unterstützt, um euch vor dem Wochenende im ersten Teil des Test unsere Eindrücke bis zum Zeitpunkt etwa in der Hälfte der Kampagne anbieten zu können. Nächste Woche finalisieren wir dann mit dem Kompletterlebnis inklusive Editor und Mehrspielermodus.

Es beginnt verheißungsvoll: Man wacht auf einer merkwürdigen Steinbahre auf, hat eine düstere Vision, kämpft mit einer Pistole gegen erste Dämonen und bekommt schließlich seine Rüstung, den so genannten Prätorenanzug. Untermalt von schweren Gitarren wird man auf die vor einem liegende Aufgabe eingestimmt, während eine dunkle Stimme einen kleinen Überblick über die Situation gibt und man mit der Schrotflinte eine zweite Wumme erhält. Man befindet sich auf dem von Dämonen überrannten Mars und muss die höllische Brut auf dem roten Planeten eindämmen. Das folgt einem Schema alter Schule: Man geht durch einen Gang und findet dort meistens Munition, blaue Gesundheitspacks oder grüne Aufladung für den Schild, bevor es in eine Arena geht, die man erst wieder verlassen darf, wenn alle Gegner erledigt sind. Obwohl die menschliche Bevölkerung auf dem Mars, von deren Schicksal man nur über Hologramme oder Fundstücke erfährt, bereits ausgelöscht ist, sorgen die automatischen Sicherheitssysteme dafür, dass sich die Türen erst öffnen, wenn die Dämonenpräsenz samt Blutnestern erledigt ist.

Kein Heavy Metal, sondern Plastik-Pop

Doom 3 war düster und bedrohlich. Auf dem Mars ist die Jagd auf die Kreaturen aus der Hölle jetzt mehr auf Action denn auf Spannung getrimmt.
Doom hat sich zwar nie durch seine ausgefeilte Kampagnen-Erzählung definiert, doch was id hier anbietet, ist supermager: Ein Versatzstückchen hier, ein kleiner gesprochener Text dort - das war es auch schon. Keine Hinweise auf die Figur oder ihre Vergangenheit oder wieso sie mit einem merkwürdigen Zeichen versehen ist. Ich erwarte keine epische Story, aber ein bisschen mehr dürfte es schon sein. Zumal andere Horror-Shooter wie Dead Space oder die letzten Teile der Resident-Evil-Serie wesentlich mehr anboten. Und nicht zuletzt hat das von Machine Games entwickelte Wolfenstein: The New Blood aus gleichem Hause gezeigt, wie man eine "alte" Marke auch erzählerisch gut in die Gegenwart bringen kann. Vielleicht hätte id bei den Schweden etwas Story-Nachhilfe nehmen sollen - und nicht nur da.

Denn auch den Horror und die Spannung, den ich mit der Serie assoziiere und der bei Doom 3 dazu geführt hat, dass Kollege Marcel trotz spielerischer Schwächen gegen Ende seinerzeit einen Gold-Award zückte, sucht man hier vergebens. Über einen Großteil der Anfangsphase findet man nichts Düsteres, es gibt keine grundsätzliche bedrohliche Atmosphäre, mitunter wird anfangs sogar von den treibenden Schwermetall-Riffs auf so etwas wie elektronische Fahrstuhlmusik in den Gefechten umgeschaltet. Und bedingt durch die schnell vorhersehbare Dramaturgie der Action, die bis auf sehr wenige Ausnahmen dem ständig aufs Neue abgespulten Schema "Ruhephase/Erforschung-Gang-Arena" folgt, fehlt auch hier die situative Spannung, die zumindest in der ersten Hälfte von Doom 3 für Schweißperlen auf der Stirn gesorgt hat. Diese tauchen zwar schließlich auch hier auf, sind aber nicht durch Spannung oder Horror begründet, sondern vornehmlich darin, dass die Gegnergrüppchen immer fieser (andere nennen es fordernder) zusammengestellt sind. Wenn man zuerst ein paar Höllenritter beschäftigen muss, die dann von zwei bis drei

An fiesen Gegner mangelt es nicht.
Mancubus mit zwei Höllenbaronen im Schlepptau abgelöst werden und man gleichzeitig versäumt hat, die Hand voll Revenants mit ihren potenten Raketenwerfern auszuschalten, hat man ein Problem, das für schweißnasse Finger und einen erhöhten Adrenalinspiegel sorgt.

Wo ist Doom?

Glücklicherweise sind die stets komplizierter werdenden Auseinandersetzungen zwar mitunter knüppelhart, aber nie unfair. Kennt man die Abschnitte, die sich hier als offener und weitläufiger präsentieren, als man es von Doom bislang kannte, kann man sich im richtigen Moment zurückziehen, auf eine geeignetere der aufrüstbaren Waffen von Pistole über Schrotflinte oder Gauss-Gewehr bis hin zur schweren Gatling, die langsam anläuft, aber auf Hochtouren eine Todespuste sondergleichen ist (aber dann auch grandios Munition verschlingt), umschalten und die nächsten Gegner ins Visier nehmen. Munition gibt es meist ausreichend, es muss nicht (!) nachgeladen werden: Die atemlose Action steht im Vordergrund, verläuft aber dafür meist zu gleichförmig und verlässt sich zu sehr auf die durchschaubare Ansammlung von immer mehr Gegnern. Neu im Doom-Universum sind übrigens auch Elemente wie Doppelsprung oder die so genannten "Glory Kills": Hat man einen Gegner in einen kritischen Zustand geballert, beginnt er, kurzzeitig zu glühen. Dies ist das Zeichen dafür, einen tödlichen Nahkampf-Angriff, eben besagten Glory Kill durchzuführen. Der ist visuell nicht nur herrlich "In-your-face", sondern bringt einem auch Lebensenergie und mit etwas Glück Munition zurück. Das Problem: Zwar kann man die Feinde aus verschiedenen Winkeln und auch von oben mit einem Glory Kill beglücken, an den sich nur selten ändernden Animationen hat man sich aber schnell sattgesehen. Da aber die gewonnene Gesundheit essenzieller Bestandteil der Mechanik ist, kommt man gar nicht umhin, sich hunderte Male die gleiche Ablebeanimation antun zu müssen. Immerhin reihen sich diese Kills nahtlos in den schnellen Spielfluss ein.

Erst nachdem man einen kurzen Abstecher in die Hölle gemacht hat und wieder auf den Mars zurückkehrt, kippt die Stimmung: Jetzt wird es tatsächlich düsterer und damit doomiger, auf echten Horror und Spannung warte ich aber immer noch, obwohl die Gefechte weiter an Intensität und Anforderungsprofil zunehmen - aber dennoch im Kern nicht herausragend sind. Wenn jetzt, nach etwa sieben bis acht Stunden, der Schwierigkeitsgrad schon auf diesem Niveau ist, wie soll es dann gegen Ende werden? Au Backe! Dennoch bin ich gespannt darauf. Denn vielleicht überrascht id ja doch noch und kriegt die Kurve hin zum echten Horror-Shooter, den ich hier eigentlich erwartet habe. Doch stattdessen fühlt sich der Ballerausflug auf den Mars eher an wie eine Mischung aus zwei anderen id-Spielen: Rage und Quake. Während man von einigen Panoramen häufig an Erstgenanntes erinnert wird, sorgen Farbgebung, die allgemeine hohe Spielgeschwindigkeit und der Fokus auf Action (weg vom Horror) dafür, dass sich dieser Höllenausflug eher wie Quake 5 als Doom 4 anfühlt. Selbst beim Gegnerdesign bleibt das Gefühl zurück, dass die fantasievollen Monster auch im Quake-Universum Platz finden würden. Die Illusion ist spätestens dann beinahe perfekt, wenn man ein "Quad-Damage"-Bonus aufsammelt, das wie Hast (erhöhte Geschwindigkeit), Berserker (Nahkampf-Instakills) oder Unverwundbarkeit an strategischen Punkten in den Abschnitten verteilt sein kann.

Doom = Quake 5?

Die ansehnliche Kulisse wird mit der aktuellen Version der hauseigenen Technologie von id auf Konsolen mit blitzsauberen 60 Bildern pro Sekunde abgespult.
Überhaupt wird das Erforschen der Gebiete auch in die Vertikale in diesem Doom mehr belohnt: Man kann Upgrades und Erweiterungen für die Waffen finden oder Speicherkarten, die man in den Prätorenanzug einsetzen und ihn damit aufwerten kann. Besonders lohnenswert sind die häufig gut versteckten Argent-Energiekugeln, mit denen man den Anzug so modifizieren kann, dass man mehr Lebensenergie, eine höhere Schild- oder Munitionskapazität hat. Über Runensteine wiederum kann man ähnlich wie z.B. bei Bayonetta besondere Herausforderungslevel betreten, die bei Erfolg eine Rune spendieren, von denen man ebenfalls bis zu drei in den Anzug einbauen darf, um seine Fähigkeiten zu verbessern und seine Überlebenschancen zu erhöhen. Doch irgendwie passt es nicht so richtig, es bleibt dabei: Man möchte Doom in die Neuzeit bringen, hat aber als Ergebnis etwas, das deutlich stärker dem Beben von id ähnelt. Das macht den Shooter jetzt nicht zwangsläufig schlecht, ist aber so etwas wie ein Etikettenschwindel. Wenn Doom draufsteht, möchte man auch Doom haben und keinen Arena-Shooter von der Stange, dessen Kampagne trotz aller Bemühungen nur wenig mehr als ein ausgedehntes sowie in Kapitel unterteiltes Übungsareal für den Mehrspieler-Modus ist.

Ballern bis der Arzt kommt statt atemloser Spannung: Doom ist mehr Quake als id lieb sein kann.
id hat seine Spiele immer genutzt, um die Möglichkeiten der hauseigenen Technologie zu präsentieren. Das war bei Doom 3 so, hat sich bei Rage fortgesetzt und ist auch hier der Fall, wobei ich nachfolgend nur auf die Xbox-One-Version eingehen werde - die Evaluation der PS4- sowie der PC-Version mit ggf. vorhandenen Vor- und Nachteilen folgt im zweiten Teil des Tests. Und zumindest auf der Microsoft-Konsole hat es die id-Technologie in sich: Die Action mit all ihren gleißenden Explosionen, gesprengten Körpern (die allerdings irgendwann verschwinden) und überzeugenden Effekten wird jederzeit flüssig und in schicken 60 Bildern pro Sekunde auf den Bildschirm gebracht. Allerdings sind die Ladezeiten beim Spielstart sowie beim Neustart nach einem Ableben bzw. Levelwechsels (z.B. in die Challenge-Abschnitte) nicht ohne und kratzen immer wieder an der Geduldsgrenze entlang - ohne sie jedoch zu überschreiten. Interessant: Man kann auch auf der Konsole das Sichtfeld einstellen.

Sauber

Was allerdings auffällt, ist ein Problem, das man sich mit älteren Ausgaben der id-Technologie, aber auch der Konkurrenz aus dem Hause Epic teilt: Mitunter kann es beim (Neu-)Start eines Abschnitts vorkommen, dass die Detailtexturen eine bis zwei Sekunden auf sich warten lassen, bis sie in ihrer vollen Pracht erstrahlen. Allerdings ist die Frequenz dieses deutlich sichtbaren Texturnachladens deutlich geringer als seinerzeit bei Gears of War, Rainbow Six Vegas oder Mass Effect, so dass man sich nur selten daran stört. Etwas gravierender hingegen könnte sein, dass die Kulisse bis hierhin zwar einen edlen und stimmigen Eindruck hinterlässt, aber abseits der beachtlich stabilen Bildrate keinesfalls außergewöhnlich wirkt. Im Gegenzug kann man aber sagen, dass dies die Grundlage war, um mit den aktuellen Engines von Crytek, Epic und Dice wieder gleichziehen zu können. Und das scheint den Texaner gelungen zu sein.

Im zweiten Teil des Tests, der aller Voraussicht nach am Dienstag, allerspätestens am Mittwoch zu erwarten ist, werden wir nicht nur die Wertung sowie die Pro- und Kontra-Punkte präsentieren, sondern u.a. auch auf die grafischen bzw. mechanischen Unterschiede der drei Versionen eingehen. Zusätzlich werden wir überprüfen, ob die zweite Hälfte der Kampagne mit Überraschungen punkten kann und was es mit den Mehrspieler-Modi sowie dem "SnapMap" getauften Editor auf sich hat.

Fortsetzung folgt...

Lange war ich mir nicht sicher, was mich am meisten stört. Doch irgendwann ist es mir bewusst geworden. Doom fühlt sich in der Kampagne nicht mehr so düster, verstörend und bedrohlich an wie früher. Es ist nicht mehr "doomig", wobei die schwach inszenierte Geschichte das kleinste Übel darstellt, aber auch deutlich macht, wo Defizite zu anderen Horror-Shootern wie Resident Evil 4/5 oder Dead Space liegen. Doch schaue ich auf Geschwindigkeit, Atmosphäre oder Farbgebung fühlt sich alles mehr nach Quake an - inklusive "Quad Damage". Und als solches funktioniert es tatsächlich: Die Ballermechanik ist gelungen, die Waffen klingen herrlich brachial, man hat zahlreiche Aufrüstungsoptionen, die großräumiger und gelegentlich verschachtelt angelegten Abschnitte bergen viele Geheimnisse. Allerdings muss man auf Horror und Spannung wie noch in Doom 3 in der ersten Spielhälfte fast komplett verzichten. Kompensiert wird dies durch hektische sowie nach den ersten Stunden zunehmend fordernde ballistische Gefechte mit Adrenalin-Garantie, bei denen die Glory Kills überraschenderweise nicht aus dem Spielfluss reißen, aber auf Dauer mangels Variation an Reiz verlieren. Zudem wird die Action-Dramaturgie schnell durchschaut: Auf einen ruhigen Gang, in dem man sich mit Munition beladen darf, folgt eine Arena, die man erst verlassen kann, wenn alle Gegner erledigt sind. Danach kommt ein ruhiger Gang, der schließlich von einer Arena mit noch mehr Dämonen in noch fieserer Kombination gefüllt ist - undsoweiter in Dauerschleife, unterbrochen von gelegentlicher Gebiets-Erforschung. Als Nonstop-Action mit blitzsauberer Kulisse, die primitive Baller-Bedürfnisse befriedigt, kann sich die erste Hälfte der Kampagne von Quake 5, pardon: Doom sehen lassen. Auch wenn es sich nicht richtig entscheiden kann, ob es modern oder altmodisch sein möchte. Ich bin zwar skeptisch, gebe aber die Hoffnung nicht auf, dass die Kampagne in der zweiten Hälfte noch die Kurve kriegt und sich vielleicht über den befriedigenden Eindruck hinaus empfiehlt, der bis jetzt entsteht. Die Neuauflage von Wolfenstein war samt Fortsetzung zu einem ähnlichen Zeitpunkt allerdings bereits ungleich interessanter. Aber zusätzlich warten ja noch der Mehrspieler-Modus sowie der Editor, die die Skala noch nach oben treiben können. Das alles werden wir nächste Woche nach einem Pfingstwochenende in der Hölle beleuchten, wenn wir den Test finalisieren.

Zwischenfazit vom 13.05.2016

Der Nahkampf wurde wie das Springen überraschend gut in die Kampfmechanik integriert und sorgt für eine gelungene Dynamik.
So. Das Höllentor auf dem Mars ist geschlossen, die dämonische Bedrohung nach einem alle Ressourcen fressenden Bosskampf gegen eine moderne Variante eines alten Bekannten erledigt. Satte 18 Stunden habe ich bis zum Abspann benötigt. Aber nicht nur, weil ich einige der mörderischen Arena-Gefechte gegen immer wilder zusammengestellte Feindgruppen nicht überlebt habe und mitunter oft vom letzten der größtenteils gut gesetzten Speicherpunkte neustarten musste. Sondern auch, weil id in den großräumigen Verbindungsarealen zwischen den Arenen viel versteckt hat, was Einfluss auf das Spiel hat und was mich mit meiner notorischen Sammelwut lockte. Die Herausforderungen z.B., mit denen man Runen freischaltet, die wiederum Buffs bzw. leichte Modifikationen mit sich bringen, von denen man aber nur maximal drei aktivieren kann.  

Einschätzung: befriedigend

Test, Teil 2: Update vom 17.05.2016

Der Rest vom Gore-Fest

Oder die Roboter, mit denen man Waffenmods freischaltet, die man sogar über Punkte und später durch Aktionen aufrüsten kann und die als Alternativfeuerfunktion zur Verfügung stehen. Auch die Kerne, mit denen man den Prätorenanzug aufrüstet, sind später immer besser in den Gebieten versteckt. Nicht zuletzt findet man nach dem Bewältigen des letzten Gegners und damit dem Öffnen der Tür ein wichtiges Gut: Ruhe. Denn man weiß, dass die nächste Arena schon wartet und kann die Zeit nutzen, um kurz durchzuatmen. Denn auch das ist eine Konstante, die sich in der ersten Kampagnen-Hälfte schon angedeutet hat und bis zum Schluss beibehalten wird: Die Dramaturgie der Action ist bis auf ganz wenige Ausnahmen zu vorhersehbar. Auf die Ruhe folgt der Sturm. Auf eine frisch geöffnete Tür folgt zumeist ein Gang, in dem man Munition und Panzerung auffüllen kann, bevor man schließlich auch die Lebensenergie wieder auf Vordermann bringt. Und dann geht es wieder in die nächste Arena.

Mit der BFG hat man Gänge und Arenen im Nu leergefegt.
Da hilft es mir auch nicht, dass id die Dynamik der Gefechte im Stile der alten Dooms oder Quakes, bei denen man sich in vielerlei Hinsicht bedient, punktgenau orchestriert. Um auch nur ansatzweise eine Chance zu haben, muss man ständig in Bewegung bleiben und die in den Arenen zur Verfügung stehenden Hilfsmittel nutzen. Damit meine ich nicht nur die ausliegende Munition für die nicht nachzuladenden, sondern wild feuernden Waffensysteme, Panzerung oder Energie. Sondern vor allem Teleportsysteme oder Sprunghilfen, mit denen man den nur auf Krawall und Angriff gebürsteten Dämonengegnern im letzten Moment aus der Angriffsbahn rutschen kann. Doch so gut und auf den Punkt sich der Shooter mit seiner brachialen Waffenakustik sowie den harmonisch in die Kampfmechanik integrierten Sprung- und Nahkampfoptionen auch anfühlt, vermisse ich etwas. Klar: Die Nutzung der BFG, die als Wellen-Smartbomb durch die Arena rauscht, ist befriedigend. Sie lässt sich aber mit der richtigen Rune auch häufiger als für die Spannung zuträglich verwenden und lässt sich ausnutzen, indem man im Kampfgebiet die gesamten Gegner hinter sich herlaufen lässt (wobei die stets mit ihren Flammenbällen nervenden Imps die Polonäse nur selten mitmachen) und dann abdrückt.

Dynamisch, praktisch, gut

Ich will mehr als nur eine Arena nach der anderen, bei der Spannung nur dadurch aufgebaut wird, dass man nicht weiß, ob in der nächsten Welle vier oder fünf Revenants von zwei oder drei Höllenlords sowie drei oder vier Mancubus ergänzt werden. Eine halbwegs interessante Story wäre nett gewesen. Was das bewirken kann, hat man nicht nur bei Wolfenstein gesehen, sondern auch bei Titeln wie BioShock Infinite, das eine ähnliche Bewegungsdynamik mitbringt. Auch Shadow Warrior als in die Moderne gebrachtes Retro-Ballerei hatte keine Pulitzerpreis-verdächtige Geschichte und war technisch eine Nummer schlechter, hat über die Dramaturgie aber punkten können. Als Arcade-Shooter schließlich hat Bulletstorm für mich frischere Impulse gesetzt. Hier hat sich id nur auf einen Aspekt gestürzt, den die alten Dooms, die ich zuerst auf der PlayStation (und später nochmals auf Xbox Live Arcade) erlebt habe: Die Action. Immerhin haben sie die beinahe vorbildlich modernisiert.

Die andere wesentliche Essenz haben sie dafür beinahe komplett vernachlässigt: Atmosphäre und Spannung. Ja: Die Abschnitte sehen richtig schnieke aus. Auf allen Systemen kann man sich auf ansehnliche Partikeleffekte, prächtige Panoramen, gut aussehenden Nebel und fette Explosionen freuen. Auf Konsolen bei supersauberen 60 Bildern pro Sekunde, am PC mit seinen auch auf schwächeren Systemen gut abstimmbaren Skalierungsoptionen gibt es ebenfalls keine Klage. Dank der geringeren Ladezeiten sowie der akkurateren Steuerung sowie Waffenauswahl sehe ich die PC-Version unter dem Strich sogar leicht vorne. Doch egal ob auf Konsole oder PC zeigt id letztlich nur, dass sie es technisch nicht verlernt haben. Ganz böse Zungen könnten behaupten, dass die Kampagne von Doom eine der längsten und fordernsten Tech-Demos aller Zeiten ist. Erst spät, etwa im letzten Viertel, kommt nicht nur durch den an früher erinnernden Einsatz von Lichteffekten und der gezielt eingesetzten Akustik mehr Bedrohung in die Erforschung – auch wenn am Ende meist gar nichts passiert. Mitunter kann es aber auch vorkommen, dass man auf der Suche nach einem Geheimnis von einem kleinen Dämon angegriffen wird. Und genau auf diesen Momenten hätte id auch in der Anfangsphase aufbauen können. Man hätte dieses Doom mit nur geringem Aufwand an einen Punkt bringen können, in dem man nicht nur eine fette Ballerei ohne Sinn und Verstand inszeniert.

Die Krux mit der Atmosphäre

Die Kulisse ist schick und zeigt, dass id Tech wieder in der Lage ist, mit den Großen der Zunft mitzuhalten.
Man hat die Chance verstreichen lassen, den Spieler über das vorhersehbare Arena-Anforderungsprofil hinaus zu bedrohen. Und genau das haben Doom 1 und 2 seinerzeit mit mir gemacht. Kulisse und Akustik haben für damalige Verhältnisse ein spannendes Gesamtpaket ergeben, das hier zu kurz kommt und stattdessen durch temporär atemlose Action ersetzt wird. Etwas mehr Zutaten aus Doom 3 hätten Wunder gewirkt. Und damit lässt mich Doom in der Kampagne kälter als es eigentlich sollte. Zumal ich für mich in einigen Situation immer wieder entdeckt habe, dass die Serious-Sam-Mechanik des „Rückwärtsstrafens“ mitunter erfolgreicher ist als die eigentlich von id angepeilte und mit der Nachkampfmechanik sowie der Kettensäge unterstrichene aggressive Spielweise.

Dass Doom Anno 2016 auf Mod-Tools verzichtet, soll durch den integrierten

Der Baukasten ist komfortabel zu bedienen und liefert ansehnliche Ergebnisse.
Editor namens SnapMap kompensiert werden. Mit diesem komfortabel zu bedienenden Tool kann man ähnlich einfach wie bei den Streckenteilen von Anki Overdrive eine breit angelegte Auswahl an Räumen miteinander verknüpfen, um einen Level zu bauen. Man kann Lichtstimmungen ändern, kosmetische und bedienbare Elemente einsetzen und natürlich auch Gegenstände, Waffen und Monster platzieren.  Über Schalter und Auslöser kann man Logikketten aufbauen, die dafür sorgen, dass bestimmte Ereignisse dieses oder jenes Ergebnis zur Folge haben. Zudem kann man die Gesundheit der platzierten Feinde manipulieren. Und selbstverständlich kann man jederzeit den Level auf Herz und Nieren testen, bevor man ihn der Community zur Verfügung stellt. Es gibt zahlreiche Vorgaben, an denen man sich entlanghangeln kann, ein ausführliches Tutorial und sogar ein paar Puzzle-Abschnitte, in denen man seine Kenntnisse im Umgang mit SnapMap unter Beweis stellen darf.

SnapMap: Baukasten mit Potenzial?

Hinsichtlich des Potenzials und der Einfachheit der Bedienung ist der Editor in jedem Fall interessant. Und es gibt bereits jetzt ein paar Level, die andeuten, was mit etwas

Sehr schön: Die erstellten SnapMap-Level kann man von jedem System anwählen.
Fantasie möglich ist. Neben den üblichen Doom-Revival-Abschnitten finden sich auch Reaktionstests, Bossmarathons oder Sprungherausforderderungen – und das systemübergreifend. Die hergestellten SnapMap-Karten, die je nach Einstellung nicht nur Solo-, sondern auch kooperatives Spiel erlauben, sind sowohl vom PC als auch von PS4 oder Xbox One zu erreichen. Allerdings ist man bei der Erstellung auf Innenräume angewiesen. Höllenpanoramen wie in der Kampagne werden zumindest aktuell nicht vom Editor unterstützt. Gleiches gilt für den Import eigener Texturen. Man ist auf die Vorlagen angewiesen. Ob die Community ähnlich kreativ wie bei LittleBigPlanet versucht, zunehmend die Genre-Grenzen zu sprengen, lässt sich natürlich noch nicht absehen. Dennoch ist SnapMap eine interessante Ergänzung der Doom-Erfahrung, auch wenn ich sie nicht wie Bethesda als gleichberechtigt zur Kampagne oder zum Mehrspieler-Modus sehe.

Doch nicht nur der Editor wird neben der Kampagne von Bethesda als eine der drei Säulen der Doom-Erfahrung gesehen. Auch der Mehrspielermodus spielt eine große Rolle. Und obwohl er unter dem Strich nicht viel anders macht als andere moderne Online-Auseinandersetzungen, fühle ich mich hier wohler als bei einem Star Wars Battlefront oder dem letzten Call of Duty – vielleicht, weil ich im Gegensatz zu den genannten Titeln tatsächlich mehr Erfolge verbuche als üblich.

Der Mehrspielermodus profitiert von der sauberen Kulisse, der Dynamik und der BFG...
Vielleicht, weil man hier als Dämon für massiven Schaden sorgen kann. Aber auch, weil mich die Dynamik ebenso wie in der Kampagne in das Geschehen zieht. Man muss ständig in Bewegung bleiben, wenn man auch nur den Hauch einer Überlebenschance haben will, so dass Sniper und Camper kaum triumphieren können. Hier wie da gibt es umfangreiche Personalisierung, die von Rüstungsteilen bis Einfärbung von Panzerung und Waffen reicht.

Ab ins Chaos

Selbstredend gibt es ein Levelsystem, das nach und nach neue Freischaltungen nicht nur kosmetischer Natur, sondern auch für Perks, Gimmicks und eigens konfigurierte Waffensets beinhaltet. Bei den Spielmodi gibt es neben den Standards wie Team-Deathmatch oder Vorherrschaft (auch als mobile Variante mit einer ständig in Bewegung bleibenden Verteidigungszone) wenig Überraschungen. Selbst die Seelenernte, bei der man die Gegner nicht nur töten, sondern auch ihre zurückgelassenen Seelen aufsammeln muss, erinnert an „Kill Confirmed“ aus Call of Duty. Zudem ist der Spaß hinsichtlich des Umfangs überschaubar: Sechs Modi auf neun Karten ist nicht die Welt. Hier ist erst mit den drei im Season Pass enthaltenen Add-On-Packs Aussicht auf Besserung. Dennoch wird Doom für mich als Gelegenheits-Online-Spieler erst einmal das präferierte Spiel sein – auch wenn die Lobby oberflächlich ist und einem nicht die Möglichkeit gibt, eigene Spiele zu erstellen...

Fazit

Einerseits stellt id mit Doom endlich wieder eindrucksvoll seine Kernkompetenz unter Beweis: Schnelle, brachiale Action mit beeindruckender Technik. In dieser Hinsicht ist es punktuell ein packendes Shooter-Erlebnis. Doch bei dem Versuch, die Doom-Essenz aus dem Jahr 1993 in die Moderne zu hieven und sie mit einer neuen sowie gelungenen Bewegungsmechanik zu verbinden, hat man einen erheblichen Teil dessen vernachlässigt, was für mich Doom ausmacht. Denn mir reichen die aneinandergereihten Arena-Schlachten nicht. Ja: Sie sehen gut aus, sind intensiv und klingen mitunter fantastisch. Aber die gesamte Action-Dramaturgie ist mit dem über weite Strecken vorherrschenden Arena-Fokus zu vorhersehbar und büßt dadurch massiv von der Spannung ein, die seinerzeit nicht nur durch die Ballereien, sondern auch durch ein geschicktes Zusammenspiel von Akustik und Kulisse für Bedrohung sorgte. Hier hat id trotz großräumiger Abschnitte und zahlreicher Geheimnisse zu sehr reduziert – und darüber hinaus die ohnehin stets eng zusammen liegenden Serien Doom und Quake in vielerlei Hinsicht zu einem Best-of-id-Amalgam geformt, das manchmal seine Identität aufs Spiel setzt und zu häufig wie eine sehr ausgefeilte Techdemo wirkt. Dank der außergewöhnlichen Dynamik hebt sich allerdings auch der inhaltlich weitgehend Standards erfüllende Mehrspielermodus aus der Shooter-Masse heraus und lockt mich mehr ans Pad bzw. ans Keyboard als andere. Unter dem Strich ein gutes Gesamtpaket.

Pro

  • schnelle brachiale Action
  • gelungene Dynamik, bei der Ballern, Sprünge und Nahkampf gut kombiniert werden
  • sehr schicke saubere Kulisse mit stets flüssigen 60 Bildern pro Sekunde
  • diverse Upgrades für Waffen und Spielfigur
  • viele Geheimnisse in den zumeist großräumigen Abschnitten
  • Kulisse auf PC gut skalierbar
  • auch auf Konsolen mit Sichtfeld-Einstellung
  • explosive Akustik
  • grandiose Panoramen, ansehnliche Effekte
  • SnapMap: Editor im Baukastenprinzip mit zahlreichen Einstellmöglichkeiten
  • SnapMap-Karten sind auf allen Systemen nutzbar
  • umfangreiche Personalisierung im Mehrspieler-Modus
  • gute Lokalisierung

Kontra

  • zu starker Fokus auf Arena-Kämpfe
  • Spannung Fehlanzeige
  • schwache Story
  • schwache Action-Dramaturgie (Ruhe-Arena-Ruhe-Arena
  • usw.)
  • Vieles erinnert an Quake
  • Ladezeiten (vor allem Konsolen)
  • nur sechs Standard-Modi, neun Karten im Mehrspieler-Modus
  • schwaches Lobbysystem

Wertung

PC

Dank optimierter Ladezeiten, leicht besserer Maus/Tastatur-Steuerung sowie skalierbaren Grafikoptionen ist die PC-Hölle den Konsolen-Kollegen etwas voraus.

PlayStation4

Die Kampfdynamik ist gelungen und fühlt sich frisch an, die Akustik ist ebenso brachial wie die Kulisse. Doch der Reduktion auf Arena-Ballereien fehlen Spannung, Atmosphäre sowie eine stringente Dramaturgie.

XboxOne

Die Kampfdynamik ist gelungen und fühlt sich frisch an, die Akustik ist ebenso brachial wie die Kulisse. Doch der Reduktion auf Arena-Ballereien fehlen Spannung, Atmosphäre sowie eine stringente Dramaturgie.