Doom - Test, Shooter, XboxOne, PC, PlayStation4, Switch

Doom
13.11.2017, Mathias Oertel

Test: Doom

Oldschool-Action mit halber Kraft

Wenn man an Titel denkt, die perfekt zu Nintendos Switch passen, dürfte einem primär nicht unbedingt Doom (ab 9,23€ bei kaufen) einfallen. Nicht nur, dass die dargestellte Gewalt so gar nicht zu dem Familienimage von Nintendo passen mag, die schnelle Action scheint auf den ersten Blick auch eine hohe Hürde für die deutlich schwächere Hardware zu sein. Im Test überprüfen wir, wie sich die dynamische Old-School-Ballerei auf dem Hybridsystem präsentiert.

Ich habe mit Doom bei seiner Erstveröffentlichung im Mai letzten Jahres Spaß gehabt – obwohl es einige Schwächen mitbrachte, die ich ihm nicht so einfach verzeihen konnte. Auf der einen Seite gab es herrlich brachiale und mitunter rasend schnelle Baller-Action, die meist in mehr oder minder weitläufigen Arenen mit harschen Dämonengruppen forderte. Auch die klassischen Gesundheitspacks, das konservative Schildsystem und vieles mehr erinnerte positiv an die gute alte Shooter-Zeit, in der id beinahe im Alleingang mit Serien wie Doom und Quake regierte. Andererseits gab es eine nur plakative Story, eine vorhersehbare Dramaturgie, bei der sich Ruhephasen und Arena-Action bis auf wenige Ausnahmen akribisch ablösten und zu selten situative Spannung.

Zuneigung auf den zweiten Blick

Bis auf den Editor sind alle wesentlichen Inhalte auch auf Switch vorhanden. Man muss sich allerdings zwangsläufig mit technischen Einschränkungen abfinden.
Zudem stellte sich irgendwann bei mir das Gefühl ein, dass der falsche Name auf dem Cover prangte – mit "Quake" wäre man besser bedient gewesen. Sprich: Andere Shooter wie Shadow Warrior oder Bulletstorm, die ebenfalls im Kern auf die alte Ballerschule setzten, konnten mich mehr begeistern – auch weil sie es geschafft haben, abseits der Kulisse mit modernen Elementen zu kokettieren und damit die konservative Action aufgewertet haben. Auch die Horror- bzw. Spannungs-Elemente, die ich nicht nur mit Teil 3, sondern vor allem mit den Klassikern und ihrer grenzgenialen akustischen Untermalung assoziierte, wurden in der Neuauflage nur noch für einfache und vorhersehbare Jumpscare-Momente genutzt.  Dazu gab es einen Karteneditor, bei dem man einfach Versatzstücke aneinander reihen und damit eigene Level erstellen konnte sowie einen Mehrspieler-Modus, der trotz der bunteren Kulisse und dämonischen Verwandlungen ebenfalls stark an Quake erinnerte.

Die Essenz der Oldschool-Action zeigt sich von den Mankos unbeeindruckt.
Bis auf den Karteneditor gibt es auf Switch das gleiche Actionpaket wie in den aktuellen Versionen für die High-End-Konsolen bzw. –PC. Sprich: Man kann auch hier im Arcade-Modus, der in den anderen Versionen erst mit Update 4 ergänzt wurde, über Kombos etc. versuchen, Höchstpunktzahlen zu ergattern und in den internationalen Ranglisten aufzutauchen. Und man darf sich im weitgehend lagfreien Online-Spiel mit und gegen andere Joycon-Artisten beweisen, falls man von der umfangreichen Kampagne genug hat. Das für die Umsetzung verantwortliche Team von Panic Button hat in diesem Bereich ganze Arbeit geleistet. Bei der Kulisse hingegen macht sich im Detail die schwächere Hardware bemerkbar. Vergleicht man die PS4- oder One-Version mit der Switch-Variante im stationären Betrieb, fällt zuerst die deutlich geringere Auflösung auf, die naturgemäß zu verwaschenen Texturen führt und weniger Entfernungsdetails führt. Gleichzeitig wurde allerdings auch die Bildrate von den krispen 60 Bildern der anderen Systeme auf 30 Bilder halbiert.

Gewalt (auch) für unterwegs

Diesen Unterschied spürt man wiederum in der direkten Gegenüberstellung – das Zielen geht nicht ganz so locker von der Hand wie bei anderen Konsolen. Dafür allerdings bleibt die Spielgeschwindigkeit mit dieser Einschränkung angenehm stabil. Auch bei zig Monstern, die einen unter Beschuss nehmen, den dazugehörigen Effekten sowie den obligatorischen Blutfontänen, die bestimmte Waffen nach sich ziehen, gibt es in diesem Bereich nichts zu beanstanden. Dementsprechend wird auch der sehr dynamische Wechsel zwischen brutalen Nah- und Distanzangriffen nicht beeinflusst.  Und während die schwachen Texturdetails an einem HD- bzw. UHD-Fernseher natürlich umso stärker auffallen, hinterlässt der mobile Betrieb mit dem kleinen Bildschirm einen richtig guten Eindruck – zumal sich die Ladezeiten in ähnlichen Bereichen aufhalten wie bei PS4 oder One, so dass auch das Weglassen der Sichtfeldeinstellung nur Puristen wirklich stören dürfte.

Dafür jedoch muss man unterwegs mit Steuerungsdefiziten leben. Egal, ob man die Joycons nun rechts und links am Bildschirm verankert lässt oder sie losgelöst nutzt: Sie sind nur eingeschränkt für Shooter geeignet – für einen derart flinken wie Doom noch weniger, auch wenn der kurze Weg der Trigger für Schuss-Stakkatos etwas besser funktioniert

Die Dynamik der explosiven Gefechte macht auch mobil eine Menge Spaß.
als die analogen Schultertasten auf PS4 oder One. Dementsprechend spielt sich der Shooter am besten mit dem Pro-Controller, der allerdings im direkten Vergleich mit den Pads von Sony oder Microsoft immer noch den leicht Kürzeren zieht. Und ob man für Doom die Zusatzhardware in die Bahn oder den Flieger mitschleppt, steht wieder auf einem anderen Blatt. Dementsprechend steht man im Prinzip vor einem Dilemma: Entweder mit dem Pro-Pad in der gedockten Version über die visuellen Schwächen hinwegsehen oder mobil die Joycon-Defizite ertragen. Dennoch bleibt festzuhalten, dass die Switch-Umsetzung von Doom unter dem Strich überraschend gut gelungen ist. Keines der angesprochenen Mankos, sei es nun hinsichtlich der Visualisierung oder bei der Steuerung kommt unerwartet. Und dass Bethesda bzw. id zusammen mit Panic Button eine Portierung abzuliefern, die trotz der Schwächen gelungen ist, ist bemerkenswert.

Nichts Halbes oder Ganzes

Denn es beweist zum einen, dass schnelle Shooter und Nintendos Hybrid sich nicht zwangsläufig ausschließen müssen. Und zum anderen halte ich es für enorm wichtig, dass auf der "Familien"-Konsolen Switch auch mal ein Spiel die Gewalt zelebriert. Nintendo wollte mit dem System auch Hardcore-Spieler ansprechen. Doch erst mit einem Doom wird eines der klassischsten Spielprinzipien schlechthin für eine erwachsene Zielgruppe angeboten.  Dazu eines, bei dem die Gegner nach allen Regeln der Kunst ihre Gliedmaßen verlieren, in Nahaufnahme mit einer Kettensäge zerteilt werden, wofür man zusätzliche Bonus-Munition erhält oder in einer riesigen roten Fontäne ihr Leben verlieren. Wo Wii U in der Startphase mit Titeln wie Zombi U  versuchte, die älteren Zocker mit ins Boot zu holen, dauerte es bei der Switch etwas länger. Und obwohl Doom im Gegensatz zum Wii-U-Beispiel weder exklusiv noch besonders neu ist, bleibt die Hoffnung, dass in Zukunft auch auf Switch mehr Shooter sowie "gewaltbereite" Spiele erscheinen.

Fazit

Natürlich kann die in einigen Bereichen an die schwächere Hardware angepasste Kulisse nicht mit den Versionen für PS4, One oder dem PC mithalten. Doch was die prinzipielle Dynamik der Ballerei alter Schule betrifft, zeigt sich Doom so gut wie auf den anderen Konsolen. Die brachiale Action mit ihrem ständigen Wechsel aus Nah-, Fernkampf und Sprüngen funktioniert auch mit der auf 30 Bilder pro Sekunde halbierten Bildrate, bei der allerdings enorme Auflösungsanpassungen nötig waren, um diese stabil zu halten. Dementsprechend sieht die Dämonenjagd am HD- bzw. UHD-Fernseher entsprechend schwammig aus, während der mobile Betrieb einen ordentlichen Eindruck hinterlässt, bei dem die Auflösungsdefizite nicht so stark ins Gewicht fallen. Was die Spielmodi betrifft, bekommt man sowohl on- als auch offline bis auf die Unterstützung des SnapMap-Editors ebenfalls alles, was auf den "großen" Systemen für gewalthaltige Unterhaltung gesorgt hat. Allerdings muss man vor allem mit den Joycons, aber auch bei Nutzung des Pro-Controllers mit leichten Steuerungs-Defiziten leben. Dennoch muss man Bethesda bzw. dem für die Portierung verantwortlichen Team von Panic Button ein Kompliment machen. Es schien eine aussichtlose Aufgabe zu sein, einen der schnellsten Shooter dieser Konsolengeneration für Nintendos Hybrid-System aufzubereiten. Und allen technischen Einschränkungen zum Trotz hat sich die Essenz des Oldschool-Shooters schadlos gehalten.

Pro

  • schnelle brachiale Action
  • weitgehend stabile Bildrate...
  • gelungene Dynamik, bei der Ballern, Sprünge und Nahkampf gut zusammengeführt werden
  • viele Geheimnisse in den zumeist großräumigen Abschnitten
  • explosive Akustik
  • nette Panoramen, saubere Effekte
  • umfangreiche Personalisierung im Mehrspieler-Modus
  • gute Lokalisierung

Kontra

  • zu starker Fokus auf Arena-Kämpfe
  • ... die allerdings bei 30 Bildern/Sekunde liegt (Original: 60)
  • visuell mit starken Abstrichen bei Auflösung
  • Spannung Fehlanzeige
  • schwache Story
  • schwache Action-Dramaturgie (Ruhe-Arena-Ruhe-Arena
  • usw.)
  • vieles erinnert an Quake
  • Ladezeiten
  • keine Unterstützung des SnapMap-Editors
  • keine Sichtfeld-Einstellung

Wertung

Switch

Die dynamische Action zeigt sich auch ohne Editor ebenso gut wie auf den Highend-Konsolen. In technischer Hinsicht müssen allerdings Abstriche bei Auflösung und Bildrate gemacht werden.