Sherlock Holmes: The Devil's Daughter - Test, Adventure, PC, XboxOne, PlayStation4

Sherlock Holmes: The Devil's Daughter
27.06.2016, Jens Bischoff

Test: Sherlock Holmes: The Devil's Daughter

Krimi-Abenteuer in London

Mit The Devil's Daughter geht Frogsters Sherlock-Holmes-Reihe nun schon in die achte Runde - und das endlich wieder komplett auf Deutsch. Zudem ist die Adoptivtochter des Meisterdetektivs mit von der Partie. Was einen sonst noch alles in dem von Bigben Interactive vertriebenen Krimi-Adventure erwartet, klärt der Test.

Wie zuletzt in Crimes & Punishments ermittelt Sherlock Holmes auch in The Devil's Daughter episodisch. Insgesamt fünf Fälle, die nur indirekt etwas miteinander zu tun haben, gilt es dieses Mal zu knacken. Unterstützt wird Londons Meisterdetektiv dabei wie immer von Dr. Watson, den man gelegentlich sogar direkt kontrollieren kann. Auch Jungassistent Wiggins und Hund Toby treten nicht nur passiv in Erscheinung. Zudem stattet Sherlocks Adoptivtochter Katelyn der Baker Street 221B einen Besuch ab.

Ermittlung in Episoden

Viel Zeit für familiäre Aktivitäten bleibt aber nicht, denn schon im ersten Fall muss Sherlock um sein Leben bangen. Eingeflochtene Actionsequenzen sollen dabei für zusätzliche Spannung sorgen, wirken aber nicht immer rund. Auch werden Spielmechaniken oft nur halbherzig oder gar nicht erklärt.

Sherlock Holmes' Ermittlungen führen ihn u. a. auf den örtlichen Friedhof.
Frust kommt dank automatischer Speicherung, regelmäßiger Kontrollpunkte und beliebig vieler Neuversuche allerdings nicht auf. Wer will, kann Reaktionstests, Rätsel oder Minispiele sogar jederzeit überspringen - nur Trophäen gibt’s dann keine.

Echte Herausforderungen sind allerdings selbst auf höchster Schwierigkeitsstufe selten. In der Regel bekommt man dann nur weniger, der ohnehin viel zu vielen, Hinweise serviert und steht gelegentlich unter moderatem Zeitdruck, wenn es um Charakteranalysen geht, bei denen man äußere Merkmale entdecken und zum Teil richtig zuordnen muss. Mehr als zwei mögliche Einschätzungen gibt es allerdings nie. Auch beim Herleiten von Tatbeständen gibt es nie mehr als zwei Wahlmöglichkeiten.

Zu leicht gemacht

Zudem kann man vorhandene Hinweise so lange kombinieren bis die Zusammenhänge passen und Entscheidungen beliebig oft revidieren und schauen, welche Konsequenzen einem letztendlich am liebsten sind.

Die Spielwelt ist sehr offen gestaltet und lässt einen zum Teil auch zu Fuß ans Ziel gelangen.
Selbst finale Urteile können nach Einsicht der Folgen, nochmals völlig umgekrempelt werden. Dadurch wirken die Fallabschlüsse einerseits sehr willkürlich, erlauben auf der anderen Seite aber verschiedene Ausgänge, die mitunter sogar Einfluss auf das Spielende haben.

Während der Ermittlungen kann man aber nicht nur gefundene Hinweise und  Charaktereinschätzungen sowie archivierte Dokumente und Gesprächsprotokolle, heranziehen, sondern auch übernatürliche Fähigkeiten bzw. Talente nutzen. So kann Sherlock jederzeit auf Knopfdruck seine Detektivsicht aktivieren, um versteckte Spuren zu enttarnen. Ein Kunststück ist das aber nicht, da man stets automatisch auf die Nutzung der Spezialsicht hingewiesen wird und die grellgelben Spuren kaum zu übersehen sind.

Übersinnliche Kräfte

Eine weitere Sonderfähigkeit ist Sherlocks Visualisierungstalent, dessen Nutzung zumindest etwas Kombinationsgabe verlangt, da man hier vergangene Abläufe nicht automatisch erkennt, sondern manuell in die richtige Reihenfolge bringen muss - im Fall "Kettenreaktionen", wo es darum geht einen Unfallhergang zu rekonstruieren, ein durchaus kniffliges, aber dafür um so motivierenderes Unterfangen. Andernorts geht es wiederum geradezu mystisch und okkult zu. Aber auch Humor kommt in den nach Abschluss einzeln wiederholbaren Krimi-Episoden nicht zu kurz.

Zudem sind die Fälle meist spannend und wendungsreich inszeniert, die Schauplätze abwechslungsreich. Auch manche Rätsel und Minispiele sind durchaus unterhaltsam. Es wird belauscht, beschattet, geflüchtet und sogar geschossen. Darüber hinaus müssen Schlösser geknackt, Fallen umgangen oder Apparaturen in Gang gesetzt werden.

Im Fall "Kettenreaktionen" gilt es einen folgenschweren Verkehrsunfall aufzuklären.
Zuhause stehen Sherlock zudem Archive, Analysetisch und Landkarten zur Verfügung, um Recherchen zu betreiben, Beweisstücke zu untersuchen oder bestimmte Lokalitäten zu finden.

Gelungene Mischung

Selbst vor Ort muss man in der recht offen gestalteten Spielwelt gesuchte Personen oder Adressen oft erst einmal anhand von Straßenschildern, Hausnummern oder anderen Merkmalen ausfindig machen. Gelegentlich muss man sich sogar verkleiden, um nicht erkannt zu werden oder vorgegebene Rollen zu erfüllen. Wer will, kann Kleiderschrank und Schminktisch aber auch einfach zur Charakterindividualisierung nutzen. Ein Sherlock mit Glatze, Brille und Vollbart - kein Problem!

Charaktere und Schauplätze sind insgesamt sehr detailliert, manche Effekte wirken allerdings eher sonderbar. So werden beleuchtete Ohren beispielsweise wie in Wirklichkeit rötlich transparent.

Die Charaktermodelle sind sehr detailliert, die Technik hat aber auch ihre Schattenseiten.
Allerdings tritt dieser Effekt auch immer wieder im Dunkeln auf, wo die Ohren dann fast wie Laternen erscheinen. Auch bei den Schattenwürfen gibt es hin und wieder sehr merkwürdige Ergebnisse zu beobachten. Hinzu kommen Einbrüche bei der Bildrate, Tearing sowie unschöne Textur- und Objekt-Pop-Ups.

Licht und Schatten

Auch die Ladezeiten fallen ungemein lang aus. Immerhin können während Ortswechseln interaktive Kutschfahrten anstelle statischer Ladebildschirme aktiviert werden, während derer man u. a. Zugriff auf Sherlocks Notizbuch hat und so aktuelle Hinweise, Fundstücke und andere Aufzeichnungen studieren kann. Die Lokalisierung ist dabei endlich auch wieder komplett auf Deutsch verfügbar und weiß dank hochwertiger Übersetzung inklusive stimmiger Reimformen sowie professioneller Sprecher zu gefallen.

Fazit

Der episodische Aufbau hatte schon in Crimes & Punishments überzeugt und so gilt es für Sherlock Holems auch in The Devil's Daughter fünf spannend konzipierte Einzelfälle zu lösen, die nur indirekt miteinander verwoben sind. Als Spieler muss man neben reinem Kalkül auch wieder übersinnliche Hilfen wie Sherlocks entlarvende Detektivsicht oder dessen Visualisierungstalent nutzen, um Spuren zu finden, Abläufe zu rekonstruieren, Täter zu überführen und Urteile zu fällen. Da oftmals verschiedene Deutungen und Ausgänge möglich sind, ist auch ein gewisser Wiederspielwert geboten. Neueinsteiger dürften sich zudem über die im Gegensatz zum Vorgänger wieder komplett deutsche und insgesamt gelungene Lokalisierung freuen. Die oft mangelnden Spielerläuterungen sind hingegen abermals zu kritisieren. Zudem sind die Ladezeiten trotz paralleler Recherchemöglichkeiten sehr lang, die technische Umsetzung sowie die implementierten Minispiele durchwachsen. Auch der Schwierigkeitsgrad ist selbst auf höchster Stufe nur selten fordernd. Unterm Strich haben mich die Ermittlungen in Londons Unterwelt aber trotzdem gut unterhalten.

Pro

  • fünf spannend konzipierte Fälle
  • abwechslungsreiche Verbrechen & Schauplätze
  • variable Deutungsmöglichkeiten & Enden
  • gute deutsche Übersetzung & Vertonung

Kontra

  • lange Ladezeiten
  • fehlende Spielerläuterungen
  • kaum fordernde Schwierigkeitsgrade
  • durchwachsene Technik & Minispiele

Wertung

PlayStation4

Spannende und abwechslungsreiche, aber nur selten fordernde Detektivarbeit, die endlich auch wieder komplett auf Deutsch erlebt werden kann.