Assetto Corsa - Test, Rennspiel, PC, PlayStation4, XboxOne
Die gute Nachricht zuerst: Hinsichtlich der grandiosen Physik sind die italienischen Simulations-Experten keine Kompromisse eingegangen! Assetto Corsa begeistert daher auch auf den beiden Konsolen mit dem gleichen traumhaften Fahrgefühl, das man vom PC-Vorbild kennt und das von dem exzellenten Force Feedback getragen wird. Selbst ein Forza Motorsport oder Project Cars vermögen es trotz ihrer unbestreitbaren Qualitäten nicht, die Faszination hinter dem Steuer so authentisch wirken zu lassen – sofern man sich mit einem guten Force-Feedback-Lenkrad auf die Pisten begibt.
Wie auf dem PC – mit Abstrichen
Kaum Aussicht auf Erfolg
Da sitzen aber auch ein paar abgezockte und überragende KI-Piloten hinter dem Steuer… Ich zähle zwar nicht unbedingt zu den schnellsten Fahrern auf diesem Planeten, bin in der Regel aber schon relativ flott unterwegs – vor allem auf meinen Haus- und Hofstrecken wie dem Nürburgring, Spa oder Monza. Hier sehe ich dagegen schon auf der zweiten von vier Stufen kein Land mehr gegen die übermächtige KI-Konkurrenz und fahre nur noch hinterher. Mit der Einstellung auf den niedrigsten Schwierigkeitsgrad habe ich dann meinen Stolz über Bord geworfen und die bittere Pille geschluckt. Jetzt musste sich das Blatt doch endlich zu meinen Gunsten wenden, oder? Denkste! Trotz der fummeligen Controller-Steuerung ging es zwar etwas nach vorne, doch das Führungs-Duo, das sich generell sehr oft vom Rest absetzt, lag immer noch in weiter Ferne. Erst mit dem Lenkrad konnte ich auf dem einfachsten (!) Schwierigkeitsgrad erste Erfolge feiern, für die ich aber genauso hart kämpfen musste, wie auf den höchsten Stufen von Forza & Co.
Wie im falschen Film
Keine eigene Lobby
Dafür profitiert die Umsetzung von den stetigen Weiterentwicklungen der PC-Version, denn seit unserem damaligen Test hat sich inhaltlich viel getan: Fuhrpark und Streckenauswahl sind deutlich gewachsen, auch wenn das Angebot verglichen mit der Konkurrenz immer noch überschaubar bleibt. Im Gegensatz zum PC wurde außerdem die Auswahl an verschiedenen Streckenbedingungen hinsichtlich des Grip-Niveaus gestrichen, warum auch immer. Regen- und Nachtrennen sucht man ebenfalls weiter vergeblich. Dafür fasziniert mich immer noch das individuelle Fahrgefühl jedes einzelnen Autos und ich feiere bis heute die Möglichkeit, auf Wunsch die Werkseinstellungen bei den Fahrhilfen aktivieren zu dürfen. Darüber hinaus wurden die Boliden ansehnlich modelliert und bieten meist diverse vorgefertigte Lackierungen. Schade, dass man keine eigenen Designs entwerfen darf und der Showroom sowie der damit verbundene Fotomodus der Schere zum Opfer fielen. Bei der Qualität der Motorenklänge bin ich zwiegespalten: Bei manchen Modelle röht es herrlich aus den Lautsprechern, bei anderen glaubt man, hinter dem Lenkrad eines Staubsaugers zu sitzen. Schön ist, dass die Boxenstopps mittlerweile auch den Weg von Mehrspieler-Rennen in Solo-Veranstaltungen gefunden haben, auch wenn die
Handhabung und Umsetzung sehr gewöhnungsbedürftig erscheint. Erst wenn man bei seinem Mechaniker anhält, poppt ein Menü mit möglichen Anweisungen auf. Dagegen sind die Strategieplanung und Kommunikationsoptionen eines F1 2016 purer Luxus.Mehr Inhalt, weniger Fahrzeuge in der Startaufstellung
Kompromisse waren offenbar beim Starterfeld nötig: Während am PC 20 und mehr Fahrzeuge ihre Runden drehen, reicht es auf den Konsolen nur noch für maximal 15 KI-Piloten. Auch bei Online-Rennen ist bei 16 Teilnehmern Schluss. Und trotz der Zugeständnisse sieht man der Engine an, wie sehr sie auf beiden Konsolen zu kämpfen hat, um die anvisierte Darstellung von konstanten 60 Bildern pro Sekunde aufrecht zu halten. Das gelingt leider nicht immer – vor allem, wenn sich viele Flitzer im Pulk auf dem Bildschirm tummeln, geht die Bildrate spürbar in die Knie. Zwischendurch fällt außerdem immer wieder auf, wie man mit dem Verzicht auf eine vertikale Synchronisation (V-Sync) die Hardware etwas entlasten will. Als Folge dessen tritt häufiger der unschöne Tearing-Effekt in Erscheinung. Zusätzlich muss man sich lange bis zum Rennstart gedulden, denn die Ladezeiten fallen je nach Strecke und Gegneranzahl mitunter extrem lang aus.
Technische Kompromisse
Grausige Aufmachung
Fazit
Was für ein Drama: Mit einem guten Lenkrad begeistert Assetto Corsa auch auf den beiden Konsolen mit der traumhaften Fahrphysik, die schon die PC-Version ausgezeichnet hat. Die Wagen fühlen sich fantastisch an und ihre individuellen Eigenschaften kommen authentisch rüber, wobei das exzellente Force Feedback ebenfalls seinen Teil dazu beiträgt. Wer vornehmlich mit dem Controller fährt, sei dagegen gewarnt: Mit der übersensiblen Steuerung will einfach kein Fahrspaß aufkommen und es wird noch schwieriger bzw. unmöglich bei den übermächtigen KI-Fahrern mitzuhalten. Diese sorgen nicht nur aufgrund ihres überlegenen Tempos, sondern auch mit unfairen Rempelattacken für jede Menge Frust. Controller-Piloten dürfen deshalb von dieser Kompromiss-Wertung nochmal gut zehn bis 20 Prozent abziehen. Abseits der grandiosen Fahrphysik innerhalb des ordentlichen Fuhrparks, lasergescannten Pisten und den detaillierten Setup-Optionen hat Assetto Corsa leider nicht viel zu bieten: Die schlecht ausbalancierte und öde designte Karriere ist ein Krampf, die Präsentation lieblos und auch Faktoren wie Schadensmodell, Strafsystem oder Witterungsbedingungen lassen noch einige Wünsche offen. Hinzu kommen technische Kompromisse wie das geschrumpfte Starterfeld, lange Ladezeiten und Darstellungsprobleme, die vom lästigen Tearing bis zu Einbrüchen der Bildrate reichen. Nichtsdestotrotz bin ich sehr froh, dass es Assetto Corsa auf die Konsolen geschafft hat, denn was das reine Fahrgefühl (mit Wheel) angeht, stellt die Rennsimulation von Kunos Simulazioni die neue Referenz auf PS4 und Xbox One dar. Und wo sonst darf ich sogar die Touristenfahrten auf der Nordschleife absolvieren und dank des guten Online-Angebots einen virtuellen Trackday erleben? Aber das alleine reicht leider nicht aus, um als Gesamtpaket ganz vorne mitzufahren.
Pro
- fantastische Fahrphysik
- hervorragendes Force Feedback
- gut modellierte Fahrzeuge verschiedener Klassen
- überwiegend überzeugende Motorenklänge
- umfangreiche Setupmöglichkeiten
- ordentliche Auswahl an Boliden mit individuellen Fahreigenschaften
- (optionaler) Benzinverbrauch
- verschiedene Tageszeiten (inkl. Zeitrafferfunktion)...
- volles Schadensmodell
- nützliche Fahrhilfen und "Werksausstattungen"
- abwechslungsreiche Veranstaltungen (Drift, Hotlapping)
- verschiedene Leistungsstufen bei ausgewählten Fahrzeugen
- (optionaler & skalierbarer) Reifenverschleiß
- lasergescannte Strecken
- Sichtfeld lässt sich anpassen
- ansehnliche Kulisse mit sehenswerten Lichteffekten
- komplette Rennwochenenden möglich
- saubere Performance bei Online-Rennen
- speicherbare Wiederholungen
Kontra
- dröge, schlecht ausbalancierte Karriere ohne Motivation
- kein Aufsetzen eigener Meisterschaften möglich
- häufige KI-Rempler und vereinzelte Aussetzer
- verkorkste Controller-Steuerung
- frustrierend hoher Schwierigkeitsgrad bei Rennen gegen die KI
- keine wechselnden oder verschiedenen Witterungsbedingungen
- keine (Online-)Bestenlisten
- ...aber keine Nachtrennen
- ...das nicht immer nachvollziehbar ist
- überschaubare Streckenauswahl
- unberechenbares Strafsystem, das meist zu lasch ausfällt
- keine Siegerehrungen, nur öde Ergebnistabellen
- vereinzelte Einbrüche der Bildrate und Tearing
- verschiedene Streckencharakteristiken der PC-Version gestrichen
- kein (optionaler) Boxenfunk
- umständliche Boxenstopps
- lieblose Präsentation
- Aufsetzen eigener Online-Lobby nicht möglich, nur Beitritt
- furchtbare Menüstruktur und Navigation
- keine Detaileinstellungen mehr für (Lenkrad-)Steuerung möglich
- sehr lange Ladezeiten
- geschrumpftes Starterfeld (max. 15 KI-Fahrer)
- keine Unterstützung (mehr) für Fanatec-Lenkräder (PS4)
- keine Splitscreen-Rennen