The Turing Test - Test, Logik & Kreativität, PC, PlayStation4, Switch, XboxOne, Stadia
Der Turing Test ist für Informatiker mit Schwerpunkt KI-Forschung kein Unbekannter: Die von Alan Turing 1950 vorgestellten Aufgaben sollten aufzeigen, ob eine Maschine über ein dem Menschen gleichwertiges Denkvermögen verfügen kann. Da verwundert es kaum, dass auch das Spiel die Thematik aufgreift und sich die philosophisch angehauchten Dialoge mit der omnipräsenten KI namens TOM oft darum drehen, wo die Grenzen der Maschinen hinsichtlich kreativer Lösungsansätze sowie menschlicher Denkweisen und Emotionen liegen.
Die freundliche Stimme aus dem Nichts
EMT statt Portal-Gun
Die Testkammern sind nahezu perfekt auf die verfügbaren Spielmechaniken zugeschnitten – Sackgassen muss man hier nicht befürchten. Nur ab und zu nerven pixelgenaue Ausrichtungen, um die Sichtlinie zu bewahren oder vereinzelte Trial&Error-Passagen, wenn etwa ein Cubus nach einem weiten Wurf auf einem Schalter am Boden landen muss. Solche Frustmomente bilden allerdings die Ausnahme.
Gut designte Testkammern
Da die Kammern allesamt recht übersichtlich ausfallen, halten sich gleichzeitig auch die Aktionsmöglichkeiten in Grenzen. Meist hat man schnell eine Vorstellung davon, was zu tun ist, obwohl es hin und wieder auch die erfreulichen Aha-Momente gibt, wenn man nicht sofort auf die Lösung kommt. Trotzdem ist der Schwierigkeitsgrad eher niedrig angesetzt – vor allem Spieler mit Erfahrung aus Portal oder The Talos Principle dürften relativ schnell durchmarschieren und nur selten richtig gefordert werden. Zumal sich auch der Anspruch bei den eingestreuten Geschicklichkeitspassagen im unteren Bereich bewegt und im Gegensatz zu anderen Puzzle-Vertretern auch keine
Gefahren wie tödliche Laserstrahlen, Stürze in die Tiefe oder fiese Fallen drohen. So knobelt man sich recht entspannt durch die Räume, die hin und wieder von kleinen Erkundungsmomenten unterbrochen werden, in denen man keine Rätsel lösen muss.Schade nur, dass man von Europa als fremder Welt so wenig zu sehen bekommt – die Testkammern könnten genauso gut auf jedem anderen Planeten oder irgendwo auf der Erde aufgebaut worden sein. Dabei hätten potenzielle Außenabschnitte nicht nur mehr Abwechslung fürs Auge geboten, sondern vielleicht auch die Tür für Situationen mit Einbeziehung der Schwerkraft oder Sauerstoffmangel geöffnet.
Wenig „Weltraum-Flair“
Technisch wäre ebenfalls mehr drin gewesen: Die sterile und für Rätselspiele dieser Art oft typische Präsentation der Testkammern geht zwar in Ordnung, aber die Bildrate hat auf der Xbox One an manchen Stellen zu kämpfen. Zudem stören mitunter lange Ladezeiten zwischen den Räumen den Spielfluss – auch weil dadurch teilweise Dialoge aufgrund der Zwangspausen mittendrin unterbrochen werden. Ebenfalls ärgerlich, dass man den Turing Test nur auf Englisch absolvieren darf. Zwar leisten die Sprecher gute Arbeit, doch nicht einmal deutsche Untertitel werden geboten und auch die wenigen Dokumente wurden leider nicht übersetzt.
Mittlerweile konnten wir auch die PC-Version des Puzzlers spielen, die inhaltlich identisch zur Konsolenfassung ist, aber deren technische Kritikpunkte nahezu komplett ausradiert: Man kann nicht nur die native Auflösung jenseits von 1080p nach oben schrauben, sondern auch die Bildrate liegt deutlich höher und die Darstellung wirkt entsprechend flüssiger. Weitere Vorteile verbucht die PC-Version bei den Ladezeiten, denn wo man sich auf der Konsole beim Übergang zwischen den Räumen oft ein wenig gedulden muss, darf man hier innerhalb eines Areals meist direkt und ohne Warten durchmarschieren. Darüber hinaus darf man alternativ zum Controller auch mit Maus und Tastatur die Tests absolvieren.
Update PC-Version
Fazit
The Turing Test hat mir richtig gut gefallen. Der Rätselanspruch hält sich zwar in Grenzen und dürfte für Knobel-Experten bis auf wenige Ausnahmen keine allzu großen Hürden darstellen. Trotzdem sind die meisten Testkammern ansprechend designt und prima auf die Möglichkeiten der gelungenen Spielmechanik zugeschnitten, auch wenn Kleinigkeiten wie die fummelige Positionierung von Objekten hin und wieder nerven. Aber ich mag die Atmosphäre und die philosophisch angehauchten Dialoge zwischen Ava und der KI, die mich bis zum Ende gut unterhalten haben. Die stärksten Momente bleiben wie immer solche, in denen man erst ideenlos und fast schon verzweifelt Dinge ausprobiert, bis irgendwann der Groschen mit dem Aha-Erlebnis fällt. Diese sind leider etwas zu selten und auch das Fehlen einer Bedrohung macht The Turing Test eher zu einem entspannten Rätselspaziergang durch die Basis auf dem Saturnmond Europa, wobei der interessante Schauplatz kaum zur Geltung kommt. Zusammen mit der ausbaufähigen Technik und fehlenden Lokalisierung ist der Weg zum Award damit zwar versperrt, aber wer eine kleine Beschäftigung für seine grauen Zellen sucht oder erste Knobel-Erfahrungen im Stil von Portal & Co sammeln möchte, bekommt mit The Turing Test ein durchaus unterhaltsames Rätselspiel.
Pro
- viele clever designte Rätselräume ohne Sackgassen
- interessante Story mit philosophischen Ansätzen
- nette Atmosphäre
- eingestreute Geschicklichkeits- und Erkundungspassagen
- gelungene Spielmechaniken
Kontra
- die sich meist recht einfach lösen lassen
- mitunter fummelige Positionierung von Objekten nötig
- schwankende Anforderungen
- keine Bedrohung oder Gefahren
- z.T. lange Ladezeiten (Xbox One)
- vereinzelte Bildratenprobleme (Xbox One)
- keine deutsche Lokalisierung