Sonic Boom: Feuer & Eis - Test, Plattformer, 3DS
Bevor Missverständnisse aufkommen: Für den Totalschaden auf Wii U war Sanzaru nicht verantwortlich. Das Team lieferte seinerzeit den 3DS-Ableger Sonic Boom: Der Zerbrochene Kristall ab, der mit seiner etwas hakeligen Steuerung ebenfalls zu den schwachen Teilen der Seriengeschichte zählt, allerdings deutlich weniger enttäuschte als das Wii-U-Desaster. Offenbar hatten Sega und Nintendo keine Lust auf weitere Image-Schäden: Das Ergebnis wirkt zumindest so, als hätte Sanzaru diesmal deutlich mehr Zeit für Level-Design und Polishing bekommen, um ein ordentlich flutschendes Sonic-Spiel auf die Beine zu stellen. Schon die Steuerung geht von Beginn an etwas entspannter von der Hand und wurde besser auf das Level-Design abgestimmt. Wenn ein Spiel eine Zeichentricktrickserie zum Vorbild hat, sollte man eigentlich davon ausgehen, dass auch die Zwischensequenzen halbwegs professionell wirken.
Beim zweiten Mal wird alles besser?
Als Dauerschurke Dr. Eggman vom gefährlichen neuen Element erfährt, macht er sich das Ragnium natürlich zunutze, um sich eine Armee aus äußerst flinken Robotern zu erschaffen, die selbst Segas blauen Blitz überholen können. Außerdem hat sich „D-Fekt“, einer von Dr. Eggmans Ragnium-Dieben, selbständig gemacht und zerstört die idyllische Spielwelt, in der plötzlich überall bedrohliche Strahlenwirbel aus der Erde zwirbeln. Sonic und seine Freunde müssen der Zerstörung ein Ende setzen und den Frieden auf der Insel Ragnarück wiederherstellen.
Strahlende Aussichten
Der überschaubare Mix aus Spezialaktionen sorgt innerhalb der Levels meist für einen schönen Spielfluss: Zuerst geht es mit Sonic in die Luft, dann schwebe ich mit Tails auf eine entfernte Plattform, um von dort aus mit Sticks' Bumerang einen verborgenen Schacht zu öffnen und mich schließlich mit Knuckles durch einen Erdtunnel zu buddeln. Da sich der Ameisenigel unaufhörlich voran gräbt, ist auch hier das passende Timing nötig. Eine zentrale Technik ist zudem der stetige Wechsel zwischen Feuer und Eis-Zustand. Da auch Sonic und sein Freunde sich die Macht des neuen Elements zunutze machen, sprinten sie entweder lodernd oder mit alles gefrierenden Eiskräften durch die Levels. Ich zische über einen See mit tödlichen Stachel-Algen? Schnell R drücken und schon schliddere ich sicher über die schockgefrostete Eisfläche. Sogar Fontänen lassen sich in nützliche Rampen verwandeln. Andersherum ramme ich im Feuerzustand mit dem passenden Timing durch Eisblöcke in versperrte oder verborgene Bereiche.
Wilder Wechsel
Richtig toll zur Geltung kommt übrigens der 3D-Effekt: Trotz der seitlichen Sicht ranken exotische Pflanzen durch den Hintergrund und lassen den blitzschnellen Ausflug schön plastisch erscheinen. Beim Posieren nach dem Level ragen Sonic & Co manchmal sogar ein wenig aus dem Gerät heraus. Es gibt allerdings einen störenden Haken an der Räumlichkeit: Ist die 3D-Darstellung aktiv, sinkt die Bildrate. Sie bleibt zwar auch mit aufgedrehtem Effekt konstant, das Spiel fühlt sich aber weniger flüssig an, was bei der hohen Geschwindigkeit die Augen strapaziert. Nachgemessen haben wir den Unterschied nicht, er ist aber ähnlich deutlich wie auf stationären Konsolen zwischen 60 und 30 Bildern pro Sekunde. Ob es auf dem New 3DS in 3D flüssiger läuft, konnten wir nicht überprüfen. Wir haben das Spiel auf einem klassischen Gerät getestet. Eine willkommene Abwechslung bieten die seitlichen Wettrennen gegen einen von Eggmans Renn-Robos und die Reaktionstests in 3D. In Letzteren düst man in berauschend flottem Tempo aus der Schulterperspektive an Seilbahnen entlang und an Fallen vorbei. Ab und zu kommt auch hier die Feuer- und Eisfähigkeit zum Einsatz, um ein schockgefrostetes Wasserbecken zu überqueren oder mit dem flammenden Igel eine Eiswand zu durchbrechen. Der Großteil des Spiels läuft allerdings aus einer seitlichen Perspektive ab.
3D-Effekt mit Problemen
Enttäuschende Obermotze
Fazit
Schön, dass Sanzaru mit seinem zweiten Sonic-Boom-Spiel noch die Kurve gekriegt hat. Der Titel gehört zwar nicht zu den Highlights der Serie, ist aber auch meilenweit von einem Totalschaden wie Sonic Boom: Lyrics Aufstieg entfernt. Die Entwickler verknüpfen die Charakterfähigkeiten schön mit dem Grundprinzip und haben auf dem kleinen 3DS-Screen einen unterhaltsamen Kompromiss aus Geschwindigkeit und Übersicht gefunden. Vor allem der ständige Wechsel zwischen Feuer und Eis sorgt für einen passenden Spielfluss. Es gibt nach wie vor deutliche Dämpfer wie leichte Präzisionsmängel bei der Steuerung, öde Bosskämpfe oder peinliche Zwischensequenzen. Trotzdem bemerkt man, dass diesmal mehr Zeit und Muße ins Leveldesign geflossen ist. Im Vergleich zu Sonics Absturz in den vergangenen Jahren ist das Spiel also eine positive Überraschung, selbst wenn unterm Strich nur ein solides Jump-n-Run dabei herausgekommen ist.
Pro
- Leveldesign gut auf Spezialfähigkeiten abgestimmt
- guter Kompromiss aus Geschwindigkeit, Übersicht und Spielfluss
- idyllische farbenfrohe Schauplätze mit viel Abwechslung
- plastische Kulisse profitiert stark von 3D-Effekt...
- schwungvoller Soundtrack mit vielen Ohrwürmern
- motivierende High-Speed-Rennen aus seitlicher und 3D-Perspektive
Kontra
- Steuerung und Kamera in hektischen Momenten nicht immer verlässlich genug
- monotone Bosskämpfe gegen hässlich designte Endgegner
- marginales Upgrade-System und Oberwelt wirken unausgegoren
- ...aktivierter 3D-Effekt senkt die Bildrate etwas (die aber weiterhin stabil bleibt)
- schwach inszenierte Zwischensequenzen voller bemüht komischer Peinlichkeiten
- keine Online-Modi, -Geister oder weltweite Bestenlisten