Until Dawn: Rush of Blood - Test, Action-Adventure, PlayStation4, VirtualReality, PlayStationVR
Schon das Intro, in dem man im Schneckentempo in einem Wagen auf Schienen durch ein düsteres Gemäuer kutschiert wird, macht klar, auf was Rush of Blood setzt: Düstere Atmosphäre, eine dichte sowie verstörende Akustik und Schreckmomente, die man neudeutsch so gerne als "Jumpscares" bezeichnet. Und im Wesentlichen hält der VR-Ableger von Until Dawn bis zum Ende der insgesamt sieben Kapitel dauernden Reise an diesen Elementen fest, reichert diese aber noch durch ein flaues Magengefühl induzierende Achterbahnfahrten an. Hier und da wird zwar an der Intensitätsschraube gedreht, so dass das Tempo der einzelnen Elemente stets variiert und man immer wieder überrascht wird. Doch Supermassive Games setzt hier nur selten auf subtilen Horror wie im "Hauptspiel", sondern eher auf ein paar Monster, die einem gezielt ins Gesicht springen. Und natürlich auf haufenweise Futter für die zwei Knarren, die man auf seiner Geister- bzw. Achterbahntour gegen die auf einen zustürmenden oder mit Säure oder Feuer bewerfenden Gegner einsetzt.
Betreten auf eigene Gefahr
Unterstützt von der gut reagierenden Steuerung und eingebunden in eine Kulisse, bei der beinahe aus fast jeder Richtung Feinde auf einen zustürzen können, kommt schnell eine angenehme Hektik auf, die weit über das hinausgeht, was man bei "klassischen" Lightgun-Ballereien wie Time Crisis oder House of the Dead erleben kann. Man schaut sich panisch um, weil Geräusche suggerieren, dass die nächste Welle von rechts kommt, nur um dann festzustellen, dass sich zwei Killerclowns von links angeschlichen haben. Besonders fies sind auch die Spinnen im fünften Abschnitt, die von den Decken hängen können, urplötzlich neue Wege durch Dachluken usw. finden oder deren Miniversionen im Dutzend auf den Wagen zu krabbeln – für jemanden mit Spinnenphobie ist Rush of Blood
ungeeignet. Es sei denn, man hat sich die Pistolen mit der Leuchtmunition aus den zahlreichen an der Strecke verteilten Kisten mit temporären Upgrades gesichert. Dann nämlich kann man die vermaledeite achtbeinige Brut gleich gruppenweise ausräuchern – herrlich.Schnell, wuchtig, schnörkellos
Allerdings hält sich abseits von ein paar Bossen, die sich an den Gegnern aus dem "großen" Until Dawn orientieren, die Variation der Kontrahenten in Grenzen. Vor allem bei den längeren der sieben Abschnitte, die teils alternative Routen bereithalten, hätten mehr Feindtypen oder andere Zusammenstellungen Wunder gewirkt. Dafür jedoch begegnet man immer wieder Situationen, in denen man auf dem Wagen sitzend Hindernissen aus dem Weg gehen muss. Blutbedeckte Felsen z.B. zeigen an, wo sich vorherige Gäste verletzt haben. Und um diesem Schicksal zu entgehen, sollte man schleunigst den Kopf bzw. Oberkörper bewegen – manchmal muss man sich auch unter Vorsprünge, wild schwingende Haken oder Sägen retten bzw. von oben tropfender Säure aus dem Weg gehen. Wenn man dazu gerade noch im Augenwinkel eines der zahlreichen abzuschießenden Geheimnisse entdeckt, feuert was das Zeug hält, dann wieder nach vorne schaut, nur um in eine hässliche Fratze zu starren, die einen mit einem schrillen Schrei anbrüllt und man schließlich flucht, weil man das Magazin nachladen muss und einem wertvolle Zehntelsekunden fehlen, macht Rush of Blood vieles richtig.
Achterbahnfahrt der Technik
Anders sieht es bei Lichteffekten aus. Mit den Taschenlampenkegeln, deren Zentrum gleichzeitig das Ziel der Schusswaffen darstellt, hat man eine überzeugende dynamische Lichtquelle, um die immer wieder erdrückende Dunkelheit zu zerschneiden. Und häufig kann man erst mit der Beleuchtung bestimmte Hindernisse sehen, bevor man sich an ihnen den virtuellen Schädel stößt. Und selbst mit den angesprochenen Schwächen im visuellen Detail schafft es Supermassive Games, hinter dem Headset eine bedrückende Atmosphäre aufzubauen, die einen letztlich immer wieder auf die Achterbahn zerrt und auch für Zuschauer am „Social Screen“ spannend ist.
Fazit
Dank der Schreckmomente, die allerdings nach dem in dieser Hinsicht starken vierten (von insgesamt sieben) Kapitel gegen Ende vorhersehbar werden, ist Until Dawn: Rush of Blood nichts für schwache Nerven. Die saubere, aber unter dem Strich nur selten überdurchschnittliche Kulisse sorgt zusammen mit der gelungenen Akustik, die auch die dritte Dimension herrlich fies nachstellt, für zahlreiche Augenblicke, in denen einem das Herz in die Hose rutscht, während der Adrenalinspiegel nach oben geht. Und nachdem man sich auf diese Jumpscares eingestellt hat, kann man sich auch auf die gelungene Lightgun-Ballerei einlassen, die den Begriff "Rail-Shooter" mit dem Achterbahn- bzw. Geisterbahn-Konzept wortwörtlich interpretiert. Verschiedene Waffen, spannende Panik-Momente samt Schnappatmung, Situationen, in denen man mit dem Kopf Hindernissen ausweichen muss, einige Geheimnisse sowie leicht alternierende Routen sorgen für rundum gute Unterhaltung, die allerdings visuell nicht immer überzeugt. Dass man allerdings unter bestimmten Lichtverhältnissen die Move-Controller mitunter innerhalb eines Abschnitts neu konfigurieren muss, drückt den Spaß ein wenig. Dessen ungeachtet hatte ich seit dem mittlerweile indizierten House of the Dead Overkill nicht mehr so viel Spaß mit einem Lightgun-Shooter.
Pro
- fiese 3D-Akustik
- zielsicher gesetzte Jumpscares...
- alternierende Routen
- akkurate Kollisionsabfrage
- sauberer Light-Shooter alter Schule
Kontra
- je nach Lichtverhältnissen wird Nachjustieren der Move-Controller nötig
- ... die nach dem vierten Level vorhersehbar werden und an Intensität verlieren
- visuell mitunter bieder