Lego Harry Potter Collection - Test, Action-Adventure, Switch, XboxOne, PlayStation4

Lego Harry Potter Collection
24.10.2016, Mathias Oertel

Test: Lego Harry Potter Collection

Die Rückkehr des Zauberlehrlings

Während Harry Potter dank des Theaterstücks rund um "Das verwunschene Kind" nach einer längeren Auszeit wieder in aller Munde ist, hat der beliebte Zauberer in Spieleform seine besten Jahre hinter sich. Warner Bros. möchte mit der exklusiv auf PS4 erscheinenden Lego Harry Potter Collection (ab 15,95€ bei kaufen) Abhilfe schaffen. Ob die Remaster-Versionen der Spiele aus den Jahren 2010 sowie 2011 immer noch faszinieren, klären wir im Test.

Ist es wirklich schon gut sechs Jahre her, dass ich mit Harry Potter als Lego-Figur durch Hogwarts wanderte? Sind tatsächlich schon fünf Jahre seit der Fortsetzung ins Land gezogen? Nun, die Kulisse der Lego Harry Potter Collection, die exklusiv auf PlayStation 4 veröffentlicht wurde und die beiden Spiele zu einem attraktiven Paket bündelt, lügt nicht. Zwar hat das Team von Double Eleven, das auch für die PS4- bzw. One-Umsetzung von Prison Architect verantwortlich zeichnet, die aktuelle Hardware genutzt, um ein blitzsauberes Bauklotz-Abenteuer abzuliefern. Doch das Alter des Quellmaterials von Traveller’s Tales kann man dadurch nicht verschleiern. Nimmt man aktuelle Lego-Spiele wie Das Erwachen der Macht, Avengers oder einzelne Dimensions-Episoden als Maßstab, ist die Welt von  J.K. Rowlings Zauberlehrling visuell nicht so detailverliebt. Doch da das Design mit den Plastiksteinen seine Zeitlosigkeit bewahrt hat, fällt dies nicht so schwer ins Gewicht, wie ich nach den ersten Minuten befürchtet habe.

Ein anderes Lego-Zeitalter

Der Kulisse merkt man das Alter der Originale an.
Zumal akustisch ein viel größerer Schock wartete. Traveller’s Tales hat die Fans von Lego-Spielen in den letzten Jahren mit zunehmend besserer und teilweise direkt aus den Filmen gesampelter Sprachausgabe verwöhnt. Und natürlich hat man dies auch gezielt genutzt, um den typischen Humor der Bauklotz-Spiele zu transportieren, wenn man etwa einen ernsten Dialog zu vollkommen absurden Szenen abspielte. Durch die Lego Harry Potter Collection wurde ich mitunter schmerzhaft daran erinnert, dass man die Lizenzen nicht immer so freizügig nutzen konnte und die Lego-Spiele anfänglich ohne Sprachausgabe in irgendeiner Form auskamen. Doch das hat auch etwas Positives: Als man sich nicht auf das gesprochene Wort verlassen konnte, um den Humor darauf aufzubauen, behalf man sich noch stärker der Bilder, um den Witz zu transportieren. Und das funktionierte bei den ersten Lego Star Wars ebenso gut wie bei Indiana Jones, Fluch der Karibik und eben Harry Potter. Die augenzwinkernden Persiflagen auf die bekannten Filmszenen sind auch ohne Sprachausgabe gelungen und ein weiteres gutes Beispiel für den in den meisten Fällen zündenden Witz, den man mit den Lego-Spielen assoziiert.

Mechanisch hat der Kampf gegen Voldemort nichts eingebüßt und unterhält so gut wie eh und je.
Die meisten Baustein-Spiele von Traveller’s Tales bauen seit Jahr und Tag auf den gleichen Prinzipien auf: Levelerforschung, Zerstörung von Lego-Bauten, meist zu leichte  Umgebungsrätsel und Kämpfe – allerdings immer in unterschiedlicher Konzentration. Dieses Konzept wurde von dem zwischen den beiden Harry-Potter-Ablegern veröffentlichten Pirates of the Caribbean seinerzeit mit einer sehr ausgewogenen Mischung  auf ein zwischenzeitiges Hoch gebracht. Das hat den Hogwarts-Abenteuern aber nicht geschadet. Denn hier hat man sich weniger auf Kampf, sondern mehr auf Erforschung der Umgebung und Puzzle festgelegt. Zum einen passte dies sehr gut zum geheimnisvollen Flair, das die Zauberschule verströmt. Zum anderen wurde das Wirken der Magie in ihren unterschiedlichen Ausprägungen gut integriert. Zwar waren die Rätsel zumeist immer noch zu leicht. Doch Hogwarts als weitgehend frei zu erforschender Spielplatz, der unzählige Geheimnisse zu verbergen schien, die man erst mit fortgeschrittenen Zaubersprüchen erkunden konnte, war und ist bis heute eine der stimmungsvollsten Welten, die Traveller’s Tales um die Bausteine herum aufgebaut hat.

Mechanisch ein anderer Fokus

Natürlich wird auch in Lego-Form gequidditcht.
Nicht zu vergessen die linearen, auf Schlüsselszenen der Filme aufbauenden Abschnitte, die sich hinter den Lego Harry "Jahren 1 bis 4“ (Wertung 2010: 83%) sowie den Lego Harry „Jahren 5 bis 7“ (Wertung 2011: 76%) verbergen und in denen man sich jeweils gut acht bis zehn Stunden vergnügen sowie den überschaubaren Kopfnüssen stellen darf. Selbstverständlich gilt, dass Komplettierer noch ein paar Stunden pro Spiel draufschlagen können. Sehr schön: Wer angesichts des Forscherdrangs vergessen hat, welche Mission er als nächste erledigen muss, und vom Weg abgedriftet ist, kann einfach dem Hausgeist folgen, der einen zum entsprechenden Leveleinstieg lotst. Und wie man es von den Lego-Spielen der jüngeren Vergangenheit kennt, darf man auch zu zweit die Zauberschule durchstreifen – und das selbstverständlich in dem dynamischen Splitscreen, der seit Lego Indiana Jones 2 zum Standard sowie Aushängeschild der Reihe wurde.

Fazit

Der Zahn der Zeit hat vor allem in audiovisueller Hinsicht an den kompletten Lego-Schuljahren von Harry Potter genagt. Nachdem man mit Jurassic World, Avengers und Das Erwachen der Macht hinsichtlich Sprachausgabe bzw. Einbettung von Original-Filmsamples kontinuierlich die Atmosphäre-Messlatte nach oben geschraubt hat, wirkt hier das Summen und Brummeln als Kommunikation in den Zwischensequenzen merkwürdig anachronistisch. Und trotz schärferer Texturen können die Schauplätze nicht mit den aktuellen Lego-Ablegern mithalten. Dennoch bleibt die grundsätzliche Qualität von Lego Harry Potter natürlich erhalten. Die Gags zünden, der dynamische Zwei-Spieler-Splitscreen ist ein Spaßgarant und Hogwarts als halboffener Abenteuerspielplatz war und ist eine der stimmungsvollsten sowie interaktivsten Hub-Welten, die man in der gut zwölf Jahre alten Historie der Bauklotzspiele durchstreifen durfte. Angesichts der deutlich auf Zaubereinsatz sowie Umgebungsrätsel fokussierten Mechanik, die vergleichsweise selten auf Kämpfe baut,  bietet die Lego Harry Potter Collection dennoch eine interessante Spielerfahrung, die Fans der Lego-Spiele nicht enttäuschen wird. Wer allerdings schon auf PS3 oder einer anderen Konsole den Kampf gegen den Bauklotz-Voldemort aufgenommen hat, wird hier absolut nichts Neues entdecken.

Pro

  • saubere Präsentation
  • typischer Lego-Humor mit herrlich albernen Zwischensequenzen
  • interessante Bosskämpfe
  • enormer Umfang
  • Bauklotz-Design ist zeitlos
  • Hogwarts eine der interessantesten Lego-Verteilerwelten
  • viel zu entdecken und freizuschalten
  • dynamischer Splitscreen-Modus
  • präzise Steuerung

Kontra

  • der Kulisse merkt man das Alter an
  • fehlende Sprachausgabe nach heutigem Lego-Maßstab altbacken
  • kein Online-Modus
  • mitunter sehr einfach
  • Erzählung immer wieder sehr fragmenthaft

Wertung

PlayStation4

Während man der audiovisuellen Umsetzung das Alter der Originale anmerkt, hat der Bauklotz-Zauberlehrling inhaltlich nichts von seinem Unterhaltungswert eingebüßt.