Ashes of the Singularity: Escalation - Test, Taktik & Strategie, PC

Ashes of the Singularity: Escalation
18.11.2016, Marcel Kleffmann

Test: Ashes of the Singularity: Escalation

Große Strategie, kleine Verbesserungen

Ashes of the Singularity ist erst vor siebeneinhalb Monaten veröffentlicht worden und schon steht mit Ashes of the Singularity: Escalation die erste eigenständige Erweiterung bereit. Keine Frage: Stardock Entertainment und Oxide Games haben das Echtzeit-Strategiespiel mit sinnvollen Verbesserungen und einer Supreme-Commander-Übersicht ergänzt, aber warum eigentlich nicht gleich so? Mehr dazu im Test.

Auch bei Ashes of the Singularity: Escalation stehen große Massenschlachten auf gigantischen Karten mit strategischen Entscheidungen im Vordergrund - wie schon bei Ashes of the Singularity, das am 31. März 2016 nach einem halben Early-Access-Jahr veröffentlicht wurde. Ganz im Gegensatz zu StarCraft und Konsorten geht es mehr um die strategischen Dimensionen einer Schlacht und weniger um kurzfristige Taktiken oder möglichst viele Aktionen-pro-Minute. Während bei anderen Echtzeit-Strategiespielen in der Regel die Zusammenstellung der Einheiten und die richtige Kontertaktik elementar wichtig sind, dreht sich Ashes of the Singularity eher um das große Ganze, längerfristige Planung und Überlegungen, von wo man was wie angreifen soll. Diese Ausrichtung schlägt sich in einem bewusst langsameren Spieltempo nieder. Die Einheiten bewegen sich ziemlich gemächlich, fast schon träge, über die Karte - so dass immer genug Zeit bleibt, sich Gedanken machen und reagieren zu können. Schlecht ist das nicht, aber für alle Fälle gibt es eine Zeitbeschleunigungsfunktion.

Massenschlachten auf XXL-Karten

Der letzte Angriff auf Rygos wird mit Dreadnoughts und Kreuzern geführt.
Generell baut man zunächst eine Basis auf, sammelt die zwei Ressourcen (Metall und Radioaktivität) und erobert miteinander verbundene Sektoren auf den Karten. Mit zunehmender Sektorenzahl können mehr Rohstoffe gefördert und somit eine größere Armee finanziert werden. Man gewinnt eine Partie, in dem man den Gegner auslöscht, genügend Siegpunkte durch die Inbesitznahme von Turinium-Generatoren generiert oder die Missionsziele in der Kampagne erfüllt. Grundlegend kann das Spielgeschehen und die Ausrichtung mit Supreme Commander verglichen werden.

Mikro-Management der Einheiten ist kaum nötig, da sie weitgehend autark ihren Dienst verrichten. Beispiel: Wenn ich Lufteinheiten wie Bomber, Gunships und Luftüberlegenheitsjäger zum Gegner schicke, greifen sie - sobald Sichtkontakt besteht - die für sie gefährlichsten Ziele (Luftabwehr) selbstständig an. Die meisten Truppen stellen sich erstaunlich clever an, aber nicht alle. So reagieren manche Einheiten seltsam bei Artilleriebeschuss. Es klingt zwar clever, dass sich Einheiten bei Beschuss aus einem nicht sichtbaren Kartenbereich ein bisschen zurückziehen, aber nach kurzer Wegstrecke bleiben sie stehen und lassen sich wieder beschießen. Sie werden so stetig zurückgedrängt und weiter beschädigt. Auch bei den dicken und mit Erfahrungspunkten aufwertbaren Dreadnoughts ist mir dieses Verhalten aufgefallen. Feuerkraft zum Gegenschlag wäre mehr als genug vorhanden. Für weitere Details zum Spielprinzip verweise ich auf den Test von Ashes of the Singularity. Ich werde mich nun eher auf die Neuerungen, Verbesserungen und Schwachstellen von Escalation konzentrieren.

Autarke Einheiten

Mit der neuen Zoom-Funktion erhält man einen wesentlich besseren Überblick über das Schlachtfeld.
Die größte und auffälligste Neuerung ist die Einführung einer Zoom-Funktion, die schwer an Supreme Commander erinnert. Scrollt bzw. zoomt man weit heraus, werden Einheiten, Fabriken und Co. mit charakteristischen Icons dargestellt. Alle Truppen lassen sich aus der Perspektive befehligen. Dadurch hat man als virtueller Kommandant eine weitaus bessere Übersicht, was auf den stellenweise gigantischen Karten dringend nötig war. Bei der Einheiten-Symbolik und der Einbeziehung der topographischen Kartengegebenheiten hat Supreme Commander dennoch die Nase vorn.

Welche Zusätze bringt die Erweiterung?

Kleine Schritte in die richtige Richtung haben die Entwickler beim Einheiten-Design und bei den beiden Fraktionen gemacht. So gibt es leichte Unterschiede zwischen den "Post-Humanen" und dem "Substrate". Die fast schon transzendental wirkenden "Super-Menschen" müssen stetig ihr Ressourcen-Limit mit Quantum-Upgrades erhöhen, während das Maschinenvolk quasi unendlich viele Ressourcen anhäufen kann. Außerdem brauchen die Maschinen weniger unterschiedliche Gebäude, um ihre Einheiten aus den Klassen Fregatten, Kreuzer, Dreadnought und Luft zu bauen. Dafür setzen die Menschen eher auf Artillerie und die Anderen auf Drohnen (keine Flugdrohnen). Diese Unterschiede wirken sich auf die grundlegende Spielweise jedoch kaum aus. Beide Fraktionen spielen sich ziemlich ähnlich und erst mit den Orbitalfähigkeiten (Spezialfähigkeiten) und einigen Spezialeinheiten kommt etwas mehr Abwechslung ins Spiel.

Etwas kreativer und mutiger fällt diesmal das Einheiten-Design aus; die Optik ist nicht gemeint. So gibt es z.B. einen Bomber, der nur Gebäude angreifen kann. Oder eine Einheit, die von gegnerischen Sektoren gewisse Ressourcen abzwacken kann. Oder eine Einheit, die mehr Schaden anrichtet, umso mehr Schaden sie erlitten hat. Defensiv-Gebäude wie Geschützturm, Luft-Abwehr und Co. können fortan stufenweise ausgebaut werden. Dadurch lassen sich gewisse Punkte auf der Karte besser verteidigen, vor allem gegen Lufteinheiten - und selbst gegen einzelne Dreadnoughts sind manche Türme überraschend effektiv. Superwaffen wie Atombomben und entsprechende Abwehrmechanismen à la Supreme Commander können nicht eingebaut. Im Vergleich zum normalen Ashes of the Singularity ist hier definitiv eine Verbesserung zu beobachten.

Einheiten mit mehr Finesse

Leider nicht angefasst wurde das Upgrade-System. Wie schon beim Vorgänger können nur "globale Upgrades" wie alle Gebäude halten mehr aus, alle Waffen richten mehr Schaden an, Radarreichweite wird erhöht etc. erforscht werden. Die Entwickler haben es dadurch verpasst, dass man seine Streitkräfte spezialisieren kann.

Große Schlachten sind die Stärke von Ashes of the Singularity: Escalation.
Anstatt gezielt Lufteinheiten oder Einheiten mit bestimmten Waffentypen zu verstärken, kann nur pauschal alles verstärkt werden. Schade! Ähnlich rückständig zeigen sich die Karten. Zwar gibt es mit "vulkanisch" und "kristallin" zwei neue Kartenlayouts mit gelegentlichen Wettereffekten, aber so richtig interaktiv, dynamisch und überraschend fallen die Schauplätze nicht aus - vor allem in der Kampagne.
Neue Kampagnen 

Apropos Kampagne bzw. Ascendancy Wars: Hier hat sich einiges getan. Während es im Grundspiel nur eine Kampagne gab, die im Patch-Nachgang optimiert wurde, bietet Escalation insgesamt drei Feldzüge. Der 13 Missionen lange Feldzug "Imminent Crisis" entspricht dem Bekannten. Neu sind der drei Missionen umfassende Mini-Feldzug "Memories" und die neun Einsätze lange Kampagne "Escalation". Beide sind besser inszeniert, kommen mit (englischer) Sprachausgabe und einigen eher belanglosen Zwischensequenzen mit Charakterporträts daher. In den Missionen selbst sind die Story-Aspekte kaum vorhanden - höchstens zu Beginn und am Ende. Die grundlegende Sci-Fi-Geschichte geht in Ordnung, ist aber kein Grund, die Kampagne weiterzuspielen, da es an relevanten Charakteren, Identifikationspersonen und Spannung fehlt.

Die Karten sind stellenweise gigantisch groß.
Es motivieren eher die großen Schlachten und nicht das Drumherum. Die deutsche Übersetzung (Sprachausgabe und Text) soll übrigens mit Patch 2.1 folgen.

Die neuen Kampagnen zeigen sich vom Missionsdesign her deutlich abwechslungsreicher als vorher, nur muss man für meinen Geschmack zu viele Missionen der Marke "halte einfach durch und erfülle mit Ach und Krach das Ziel" absolvieren. Dafür werden die neuen Einheiten und ihre Einsatzzwecke fast schon zu akribisch eingeführt. Etwas wankelmütig zeigt sich der Schwierigkeitsgrad. So gibt es eine Mission, in der ich zusammen mit einer verbündeten KI spielen und gegen fünf Feinde gleichzeitig antreten darf, was aber praktisch überhaupt kein Problem ist. Danach folgt ein Einsatz, bei dem ich nur fünf Forschungsanlagen zerstören muss, mich die KI aber mit permanenten Luftangriffen und einer Dauerberieselung an Einheiten heftig unter Druck setzt.

Zwischen den Missionen in der Kampagne wird die Geschichte mit minimalistischen Zwischensequenzen und Charakter-Porträts fortgeführt.
Schön ist jedenfalls, dass die Siegpunkt-Mechanik mit den Turinium-Generatoren, die zu sehr auf Tempo setzte, in der neuen Kampagne weitgehend entfernt wurde.

Ansonsten darf man sich im Gefecht-Modus auf Karten für bis zu 14 Teilnehmern (KI-Gegner und -Verbündete) oder im Mehrspieler-Modus mit allerlei Einstellungsmöglichkeiten austoben. Es können sogar die "neutralen Einheiten" ausgeschaltet werden, die normalerweise besiegt werden müssen, wenn man neue Sektoren erobern möchte. Die Kartenauswahl ist reichhaltig und bietet sowohl symmetrisch als auch asymmetrisch gestaltete Schauplätze.

Fazit

Ashes of the Singularity: Escalation spielt sich wie eine besser durchdachte und weiterentwickelte Version von Ashes of the Singularity. "Warum nicht gleich so?", möchte man Stardock Entertainment und Oxide Games fragen. Zumindest dürfen Ashes-Käufer zu einem reduzierten Preis (20 Euro) auf Escalation umsteigen. Vor allem mit der Einführung der globalen Zoomfunktion und dem damit einhergehenden Schlachtfeldüberblick kann das Echtzeit-Strategiespiel punkten. Gut ist zudem, dass nicht mehr so oft auf das Konzept mit den Siegpunkten gesetzt wird - das harmonierte nicht wirklich gut mit den großen Schlachten. Auch die neuen spezialisierteren Einheiten und der Fokus auf strategische Entscheidungen verbunden mit dem relativ langsamen Spieltempo wissen zu gefallen. Die Computerintelligenz der eigenen und der feindlichen Einheiten spielt meistens ebenfalls mit. Doch trotz neuer Einheiten sind die ziemlich langweiligen und sterilen Sci-Fi-Fraktionen nicht wirklich das Gelbe vom Ei. Ihnen fehlt es an Persönlichkeit und Identifikationsmöglichkeiten, abgesehen davon, dass die meisten Truppentypen sich optisch nur marginal voneinander unterscheiden. Auch die besser, aber längst nicht überzeugend gestaltete Kampagne schafft es nicht, die Kriegsparteien interessant wirken zu lassen - zu schwach sind Geschichte und Inszenierung. Es sind letztendlich die ansehnlichen Massenschlachten auf den großen Schlachtfeldern und die vorgenommenen Verbesserungen, durch die sich Ashes of the Singularity: Escalation unterm Strich noch auf ein gutes Niveau retten kann - erneut mit viel Potenzial nach oben.

Pro

  • ansehnliche Massenschlachten auf großen Karten
  • strategische Planung steht im Vordergrund
  • sehr gute Übersicht dank Zoom-Funktion
  • spezialisiertere Einheiten
  • aufwertbare Verteidigungsanlagen
  • autark handelnde Einheiten (fast kein Mikromanagement)
  • gute Computerintelligenz
  • drei Kampagnen (davon eine sehr kurze)
  • besseres Missionsdesign und mehr Abwechslung in der Escalation-Kampagne
  • Zeitbeschleunigung
  • viele Karten
  • guter Soundtrack

Kontra

  • nur leichte Unterschiede zwischen den langweiligen Fraktionen
  • wenig fesselnde Hintergrundgeschichte und Inszenierung in der Kampagne
  • weitgehend statische Schlachtfelder
  • oberflächliches Upgradesystem
  • Einheiten unterscheiden sich optisch kaum

Wertung

PC

Besser als Ashes of the Singularity: Große Schlachten und viel strategische Übersicht stehen schwachen Fraktionen und einer mauen Inszenierung gegenüber.