The Brookhaven Experiment - Test, Action-Adventure, VirtualReality, PlayStation4, HTCVive, PlayStationVR, PC
Dass PlayStation VR trotz guter Ansätze von Bewegung im Raum wie z.B. in Batman: Arkham VR oder zumeist akkurater Erkennung der Move-Controller keine Chance hat, mit dem 360-Grad-Roomscaling von Vive mitzuhalten, ist klar. Die Gründe liegen v.a. in der Technik, da die Kamera die Eingabegeräte schlichtweg nicht erfassen kann, wenn man sie z.B. mit dem Körper verdeckt – was durchaus passieren kann, wenn man hinter einem angreifende Gegner anvisieren möchte. Wenn jetzt aber ein Spiel wie The Brookhaven Experiment, das mit seinem Rundum-Angriffsradius des auf der Stelle festgenagelten Protagonisten perfekt auf Vive abgestimmt scheint, auf Sonys VR-System veröffentlicht wird, sind Abstriche hinsichtlich der optimalen Kontrolle unvermeidbar.
Kein Vive und was jetzt?
Und warum das alles? Weil ein paar Wissenschaftler in bester Black-Mesa-Manier ein Portal in eine andere Dimension geöffnet haben – und dabei nicht bedacht haben, dass dieses Portal nicht nur ein Fenster in eine andere Welt darstellt, sondern eine Tür. Ein bilateraler Durchgang, der dafür gesorgt hat, dass die Erdbevölkerung von der Auslöschung durch Monster bedroht ist, wenn es nicht gelingt, dieses Tor wieder zu verriegeln. In der Rolle des namenlosen Helden muss man sich über zehn mit aktueller Unreal Engine angetriebene, zumeist düstere, aber stimmungsvoll designte Abschnitte der Gegnerwellen erwehren, die auf einen zurollen. Bekommt man es anfangs noch mit harmlosen Kontrahenten zu tun, die nach einem Kopfschuss zu Boden gehen und auch sonst nicht viele Treffer benötigen, haben die späteren Feinde ein deutlich dickeres Fell und variantenreiche Angriffsmuster. Hier müssen mitunter mehrere Kopftreffer oder ein ganzes in den Körper gejagtes Magazin herhalten. Glücklicherweise kann man weitere Waffen, Granaten und nützliches Zubehör wie ein Laservisier, Panzer brechende Kugeln oder eine an der Knarre montierte Taschenlampe freischalten – wenn man in der Hektik des Gefechts die teils gut versteckten Kisten nicht übersieht. Zwischen jeder Welle kann man seine Ausrüstung modifizieren, muss aber beachten, dass pro Kategorie nur eine Auswahl erlaubt ist. Oder um beim obigen Beispiel zu bleiben: Man muss sich zwischen Laser und Taschenlampe entscheiden. Gleiches gilt für die Granaten oder die Art der Munition, die man mit sich führt und die zwischen den Wellen wieder aufgestockt werden kann – es sei denn, man hat so viel Lebensenergie verloren, dass man statt des Munitions- das Gesundheitspaket auswählen muss.
Ein bisschen Half-Life und viel Ballern
Denn nicht immer kann das Ableben dem Spieler zu 100 Prozent in die Schuhe geschoben werden. Sicherlich: Wenn man panisch wird, überhört man gerne mal das leise Schrubben der Riesenraupen, die an Albino-Varianten der Würmer aus "Tremors" erinnern und findet sich dann in ihrem Maul wieder. Doch in der Hektik gerät man auch sehr gerne mal aus dem idealen Erfassungswinkel für die Move-Controller, der zwar auf 180 Grad ausgelegt ist, aber in den äußeren zehn bis 15 Prozent unsauber wird. Und geht man im Eifer des Gefechtes darüber hinaus, verzieht die Waffe schnell, bevor man daran denkt, per Taste die Drehung zu machen. Das wiederum birgt die Gefahr der
Re-Orientierung, da man seine Schussrichtung ändern muss – und das schnell. Und damit nimmt die Panik zu, denn man hört schon wieder neue Gegner aus einer ganz anderen Richtung kommen.Mein Fehler?
Zudem ist der Schaden, den man selbst erleidet, inkonsistent. Mal reichen zwei Schläge des "Stampfers" aus, um das Sichtfeld als Zeichen des Ablebens komplett rot einzufärben. Dann wiederum stehen er und drei bis vier andere Viecher um einen herum und man kommt noch mit 40 Prozent der Lebensenergie wieder heraus, nachdem man wie wild mit dem Messer gefuchtelt und Granaten auf die eigene Position geschmissen hat. Die nämlich richten bei einem selbst keinerlei Schaden an. Diese Probleme warten übrigens auch im zweiten Spielmodus, dem Survival. Hier kann man in diversen der Hauptkampagne entnommenen Arealen versuchen, Welle an Welle abzuarbeiten, wobei das durch Zielsicherheit und Effektivität eingenommene Geld in neue Ausrüstung und ganz wichtig: Munition investiert werden darf. Schon doof, wenn man sich eine Schrotflinte anschafft und dann mitten in der Welle die großkalibrigen Patronen zur Neige gehen.
Fazit
Als ich The Brookhaven Experiment im PlayStation Store entdeckt habe, war ich skeptisch: Wie soll ein für die 360-Grad-Raumerfassung von Vive optimierter Titel auf PlayStation VR funktionieren und welche spielerischen Abstriche muss man dafür in Kauf nehmen? Für die Antwort hat das Team von Phosphor einen guten Kompromiss gefunden: Die 180 Grad vor einem kann man ganz normal ins Visier nehmen, wobei die Ungenauigkeit der Erfassung nach außen hin zunimmt. Und um auf alles zu zielen, was hinter einem steht, kann man per Knopfdruck seine Figur komplett umdrehen. Zwar gibt es dann eine gewisse Desorientierung, da dann natürlich die Seiten, aus denen die Angriffe kommen, vertauscht werden. Doch daran kann man sich gewöhnen, obwohl man im Zweifelsfall in extrem hektischen Phasen nicht mehr rechtzeitig von links nach rechts kommt. Doch ansonsten hat sich der thematisch mit seinem Dimensionsloch leicht an Half-Life erinnernde Horror-Shooter mit seinen düsteren Kulissen und ansprechender Gegnerauswahl beim Wechsel von Vive auf PlayStation VR schadlos gehalten. Das Anforderungsprofil ist hoch, die aufkommende Spannung wird vor allem von der in jeder Hinsicht überzeugenden Akustik aufgebaut. Diese sollte man bevorzugt mit Kopfhörer genießen, da sich ausnahmslos jeder Feind über ein bestimmtes Geräusch ankündigt und auch seine Richtung zweifelsfrei bestimmt werden kann. Dass man sich nur drehen, aber sonst in keiner Form bewegen oder ausweichen kann, ist schade. Doch wer nach Gurken wie Ace Banana oder Pixel Gear wieder Lust auf eine solide Ballerbude mit gelegentlicher Gänsehaut hat, wird mit The Brookhaven Experiment eine unterhaltsame Zeit erleben.
Pro
- nett inszenierte Horror-Schießbude
- stimmungsvolle Abschnitte
- Zielerfassung über einen 180-Grad-Radius...
- passable Gegner-Vielfalt
- sehr gute Soundkulisse
- diverse Waffen sowie Upgrades
- Feinde greifen aus allen Richtungen an, ggf. auch von oben
Kontra
- keinerlei räumliche Bewegung möglich, kein Ausweichen
- 360-Grad Blick
- und Schusswinkel nur durch 180-Grad-Drehung des Sichtfelds möglich
- ... bei den äußeren zehn bis 15 Grad kann es zu Ungenauigkeiten kommen
- Inkonsistenzen beim erlittenen Schaden
- Move-Controller zwingend erforderlich