Oculus Touch - Test, Hardware, PC, VirtualReality, OculusRift
Es ist schon ein erstaunlich cooles Gefühl, wenn man die kleinen Controller zum ersten Mal in den Händen hält und in der mitgelieferten Einstiegs-Demo im Roboter-Labor herumpfuscht. Zuerst ist es gar nicht so leicht, das richtige Exemplar für die rechte bzw. linke Hand zu finden, doch dann versteht man ihren Zweck auf Anhieb: Da sie locker und sehr natürlich in der Handfläche liegen, ist es tatsächlich, als würde ich in der virtuellen Welt meine eigene Hand vor den Augen umher bewegen. Als sich der verängstigte Roboter in einer Ecke versteckt, winke ich ihm einfach zu, um sein Vertrauen zu gewinnen und ihn zu mir zu locken. Danach wird das Greifen zur wichtigsten Funktion, die sich dank zwei Triggern und Fingertracking bemerkenswert intuitiv anfühlt: Drücke ich sie zusammen, greife ich zu und hebe z.B. eine Karte auf. Oder ich balle meine Hand zu einer Faust und boxe eine Dose vom Tisch.
Endlich frei!
Ein Vorteil gegenüber den Vive-Controllern sind neben der anschmiegsameren Ergonomie auch die übrigen Bedienelemente. Während sich das Touchpad und die flachen Knöpfe bei HTC ein wenig billig anfühlen, wirken X und Y auf den Touch-Controllern runder, robuster und bieten einen besseren Druckpunkt. Der Analogstick fühlt sich ebenfalls stabil an, lässt sich per Klick als zusätzlicher Knopf nutzen und erweist sich in ersten Spielen als nützliche Ergänzung. Ein verhältnismäßig kleiner Kritikpunkt betrifft die Größe der Bedienelemente.
Robuste Verarbeitung
Neben The Unspoken bekommen Vorbesteller die Minispielsammlung VR Sports von Sanzaru Games (Sly Cooper: Jagd durch die Zeit). Auch hier lassen sich Objekte wie der Schläger eine Hockey-Torwarts exakt bewegen. Die kleinen Prüfungen motivieren aber nur wenige Minuten lang und verwirren mitunter mit plötzlichen Perspektivwechseln: Mal wirft man während eines wichtigen Spielzugs einen Football und fängt ihn kurz danach in der Rolle des nächsten Spielers auf, die dritte Disziplin versetzt den Spieler vor einen Basketballkorb. Wer sich geschickt anstellt, kann sich aber immerhin in den weltweiten Bestenlisten nach oben arbeiten. Mitgeliefert werden neben den zwei Controllern mit Sicherheitsschlaufe und einer Tracking-Kamera mit Sockel und Kabel auch ein Adapter für ein später geplantes Rock-Band-Spiel („Rock Band Connector“). Die zwei Controller werden jeweils von einer handelsüblichen AA-Batterie (oder einem entsprechendem Akku) versorgt, die offenbar lange durchhält: Die zwei mitgelieferten Batterien mussten wir nach über zehn Spielstunden noch nicht wechseln - obwohl sogar ein kleiner Vibrationsmotor für fühlbares Feedback eingebaut ist.
Was liegt bei?
Wer das Setup mit zwei frontalen Kameras (oder einer davon seitlich) wählt, bekommt unseren Erfahrungen nach eine recht ordentliche Roomscale-Erfassung auf kleinerem Raum - laut offiziellem Factsheet ist das System dann auf eine Fläche von 1,5 mal 1,5 Meter ausgelegt (oder sogar 2 x 2 Metern bei Titeln, die sich frontal vorm Nutzer abspielen). Wer sich umdreht, läuft allerdings Gefahr, ab und zu mit den Händen in den toten Winkel zu geraten, den die Kameras nicht erkennen können. Das Problem wird softwareseitig zwar ein wenig mit Hilfe der im Controller eingebauten Sensoren ausgeglichen (Gyroskop und Beschleunigungssensor), trotzdem muss man im kritischen Bereich damit leben, dass kurzzeitig der Controller davonschwebt oder anderweitig herumzuckt. In seltenen Momenten kann es am Rande des Bereichs auch vorkommen, dass das komplette Spielfeld leicht wackelt und man ein wenig ins Schwanken gerät. Wer keine toten Winkel, mehr Genauigkeit sowie eine größere Fläche möchte, sollte zu weiteren Tracking-Kameras greifen. Die Einbindung in Steam hat bereits verraten, dass insgesamt bis zu vier Exemplare unterstützt werden.
Roomscale mit Tücken?
Wir haben es mit drei Kameras ausprobiert, die wir am Rande des Spielfelds auf selbstgebastelte Sockel oder stabile Kartons gestellt haben, in etwa auf Höhe der Controller. Das ermöglicht eine empfohlene Fläche von rund 2,5 mal 2,5 Metern. Das Experiment funktionierte: Wenn wir uns umdrehten, kam es seltener zu Fehlern oder Controllerzucken.
Wer direkt vorm Monitor das bestmögliche Tracking haben möchte, sollte die zwei frontalen Kameras allerdings nicht zu weit auseinander stellen und stattdessen lieber mit einem etwas kleineren Bereich Vorlieb nehmen. Je weiter die Controller von den Infrarot-Kameras mit ihrer begrenzten Auflösung entfernt sind, desto ungenauer wird schließlich auch das Tracking – anders als bei den präzisen Lasern der Vive. Ihr solltet übrigens mindestens zwei USB-3.0-Buchsen für den Anschluss des Headsets und des ersten Sensors reservieren. Für weitere Kameras langt laut Oculus auch der 2.0-Standard. Empfohlen werden dabei aber ebenfalls 3.0-Buchsen, die auch von uns benutzt wurden.
An der Leine
Preis: 199 Euro (inclusive Tracking-Kamera)Damit man nicht gegen den Tisch oder andere Hindernisse kracht, hat Oculus ein ähnliches Warnsystem wie beim HTC Vive eingebaut. Bei der Einrichtung geht der Spieler die Ränder seines Spielfelds mit dem Controller ab und legt so die leuchtenden Gitter-Grenzen des „Guardian“-Systems fest. Nähert man sich in einem Spiel dem Rand, wird plötzlich das leuchtende Gitter eingeblendet. So schützt man sich beim Spielen im Stehen effektiv vor Kollisionen. Im Sitzen kann das Gitter allerdings auch stören – z.B., wenn man zwischendurch mal kurz die Maus oder die Tastatur bedienen will und man die penetrant leuchtende Grenze an der Schreibtischkante direkt vor Augen hat. Bei bewegungsintensiven Spielen machte sich manchmal das etwas zu kurze Kabel der Oculus Rift bemerkbar: Wer mit mehreren Kameras die vollen 2,5 Meter Fläche nutzen möchte, muss den PC schon exakt am Rand der Spielfläche platzieren – und zwar so, dass auch die USB-Buchsen in die richtige Richtung zeigen. Andernfalls kann es passieren, dass man wie ein angeleinter Hund an seine Grenzen stößt.
Fazit
Schön, dass auch Oculus Rift endlich im Zeitalter von Bewegungssteuerung angelangt ist – und dann gleich mit derart gelungenen Controllern! Vor allem in Demos von Shootern wie Superhot VR oder Epics „Robo Recall“ sorgen die natürlichen Bewegungen für ein frisches Spielgefühl. Die Gebilde aus Griff und Ringen liegen sehr bequem in der Hand und bieten einen idealen Kompromiss aus Bewegungsfreiheit und Feedback durch Trigger, Knöpfe sowie den Analogstick. Oculus schafft es tatsächlich, diesen Spagat deutlich eleganter hinzulegen als frühe Datenhandschuhe, klassische Gamepads, Move oder die Vive-Controller. Sogar Roomscale-Spiele werden möglich - die sich meist aber auf eine etwas kleinere Fläche und die Ausrichtung nach vorne beschränken. Wer möchte, kann mit weiteren Tracking-Kameras nachhelfen, trotzdem bleiben die Roomscale-Möglichkeiten hinter dem großflächig konzipierten Laser-System der HTC Vive zurück – zumal jede weitere Kamera den Kabelsalat vergrößert. Die Touch-Controller sind also eine nicht ganz billige, aber gute Ergänzung für Oculus Rift, welche dessen Möglichkeiten bis hin zu akkuraten Faustschlägen oder Fingergesten erweitern.
Einschätzung: gut