Transport Fever - Test, Simulation, Linux, PC, Mac
Lange mussten Spieler mit Hang zu logistischem Mikromanagement auf eine zeitgemäße Neuinterpretation von Spielen wie Transport Tycoon, Railroad Tycoon oder Industriegigant warten.Doch nachdem Cities in Motion von Colossal Order vor allem hinsichtlich des öffentlichen Nahverkehrs interessante Aufbau-Strategie mit wirtschaftlichen Aspekten über zwei Teile hinweg anbot, war es vor allem das 2014 erschienene Train Fever, das sich in die Herzen der Fans spielen konnte. Dabei war das von einem kleinen Team entwickelte Projekt vor allem in der Anfangsphase von zahlreichen Bugs geplagt, während inhaltlich vor allem das auf wenige Rohstoffe ausgelegte Warensystem und die geringen wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten störend auffielen. Das änderte jedoch nichts daran, dass sich eine interessierte (Modding-)Community um das Spiel scharte.
Die Fehler der Vergangenheit
Flacher Wirtschaftsteil
So lässt man hier wie gehabt eine Menge Potential ungenutzt. Transport Fever ist dabei aber weit von einem niedrigen Anforderungsprofil entfernt. Vor allem in der Anfangsphase ist das Geld knapp und bis die ersten per Transportweg erschlossenen Rohstoffe bzw. Warenketten Gewinne ausschütten, ist penible Planung angesagt. Irgendwann stellt sich zwar eine gewisse Routine beim Streckenbau und dem Verwalten der Transportlinien ein, dennoch muss man auch profitable Routen immer im Auge behalten und evtl. modernisieren bzw. optimieren. Apropos Optimierung: Das Verlegen von Straßen und noch mehr das von Schienen geht komfortabler als noch im Vorgänger, wobei man nach wie vor gut damit beraten ist, seine Streckenvorstellungen nur in kleinen Etappen umzusetzen, da bei längeren Pfaden mitunter ungewöhnlich kostspielige Kurven gezogen werden. Und trotz aller Verbesserungen und gelegentlicher Auto-Optimierung kann das korrekte Anlegen von kreuzenden Schienen zum Erstellen einer Weiche immer noch zu einer kleinen Tortur werden. Schade, wenngleich auf lange Sicht natürlich sinnvoll ist, dass man keine gemischten Bahnhöfe bauen kann, an denen sowohl Passagiere als auch Fracht verladen werden können, so dass man vor allem in der Anfangsphase der eisernen Rösser keine Möglichkeit der Profitoptimierung hat, indem man z.B. Eisenerz und Passagiere mit einem Mischzug transportiert – hierfür müssen hintereinander liegende unterschiedliche Bahnhöfe gebaut werden.
Lernen leicht gemacht
Allerdings neigt Transport Fever zu Hardware-Hunger – obwohl man weiterhin auf unterschiedliche Wetterbedingungen und Tageszeiten verzichtet. Aber hat man erst einmal ein paar Dutzend Linien im Betrieb, die sich womöglich über einen Großteil der Karte erstrecken, beginnt das Geschehen zu stottern und zu lahmen. Und macht man den Fehler, eine große Karte ohne einen halbwegs potenten Rechner zu starten, nagt nicht nur die Erstellung der Landschaft an der Geduld, sondern auch das sich bald einstellende Dauerruckeln, das im späteren Verlauf zu einer Diashow wird.
Fazit
Transport Fever ist ein ungewöhnlicher Titel. Einerseits schafft es die Aufbaustrategie/Wirtschaftssimulation, nahezu alles zu verbessern, was den Vorgänger Train Fever auszeichnete. Das hohe Modellbahnflair bleibt erhalten und wird durch den enorm gewachsenen Fuhrpark mit seinen sich erkennbar abnutzenden Fahrzeugen verstärkt, während der Schienen-/Straßenbau optimiert wurde, allerdings gelegentlich immer noch Probleme macht. Bei der Ausmerzung der Schwächen ist man allerdings weit weniger konsequent. Zwar darf man sich hier auf zwei Kampagnen sowie mehr zu transportierende Rohstoffe freuen, die das weiterhin im Fokus liegende Sandkasten-Spiel auf zufällig generierten Karten ergänzen. Doch hinsichtlich der wirtschaftlichen Inhaltskomponente kocht man weiterhin auf Sparflamme: Die Transportpreise sind immer noch vorgegeben, man hat keinerlei Möglichkeiten, durch Kniffe wie Lohneinsparungen etc. seine Bilanzen aufzubessern. Und Gegner, die einem das Leben schwer machen, sucht man wie im Vorgänger vergebens. Dennoch ist Urban Games ein wichtiger Schritt nach vorne gelungen. Denn selbst mit all seinen Mankos können Hobby-Spediteure Stunde um Stunde in die logistische Strategie investieren und sich an der ansehnlichen Kulisse erfreuen – müssen sich aber auch bewusst sein, dass für die großen Karten ein potenter PC notwendig ist, wenn man nicht irgendwann bei einer Diashow landen will.
Pro
- ansehnliche Kulisse
- zwei Kampagnen (Europa/USA)
- verbesserter Straßenbau/Verlegung von Schienen
- Endlosmodus auf Zufallskarten
- über 120 Fahrzeuge (u.a. Bahn, Schiff, Flugzeug)
- nachvollziehbares Städtewachstum
- gelungener Zeitenwandel (Fuhrpark, Umgebung, Bevölkerung)
- Alter/Zustand der Fahrzeuge auch visuell erkennbar (Abnutzungsmerkmale)
- Anbindung an Steam Workshop, hohe Modifikations-Fähigkeit
Kontra
- die sich auf großen Karten allerdings als hardwarehungrig präsentiert
- oberflächliches Wirtschaftssystem
- der mitunter im Detail immer noch frickelig ist
- keine eigenen Produktionsstätten
- keine gegnerischen Transport-Firmen
- auf Dauer nervige Musik