Dead Effect 2 - Test, Shooter, PC, XboxOne, PlayStation4

Dead Effect 2
17.01.2017, Mathias Oertel

Test: Dead Effect 2

Shooter-Qualen im All

Für PC-Spieler ist das zuerst auf Mobilgeräten gestartete Dead Effect 2 kein Neuland - auf Steam ist der Horror-Shooter bereits seit Mai letzten Jahres erhältlich. Vor kurzem wurde die schnörkellose Action auch auf der Xbox One veröffentlicht. Ob sich der splatternde Projektilhagel im All lohnt, verraten wir im Test.

Dead Effect 2 spielt mit allerlei Elementen, die entweder aus Science-Fiction-Filmen oder in diesem Bereich angesiedelten Spielen entliehen wurden. Man wird in der Haut einer von drei Figuren (allesamt genetisch bzw. durch Implantate veränderte Supersoldaten) mit leicht unterschiedlichen Eigenschaften und Fähigkeiten unsanft aus einem Kryo-Schlaf geweckt. Das Kolonieschiff, mit dem man unterwegs war, scheint menschenleer. Beim ersten Auftrag muss man allerdings feststellen, dass es auf dem Raumtransporter überall von Zombies wimmelt. Und nicht nur das: Soldaten verfolgen ebenfalls ihre eigene Agenda an Bord. Dass der Held bzw. die Heldin trotz ihrer Modifizierung nicht vor einem Virus gefeit ist, der den schleichenden Tod bringt, erleichtert die Situation ebenfalls nicht.  

Weltall-Eintopf mit alter Engine

Die Splatter-Action wird brachial inszeniert, ist aber ansonsten gewöhnlich.
Mit dieser Mischung aus Alien, Dead Space und einigen anderen bekannten Marken gewinnt Dead Effect 2 zwar keinen Innovationspreis und wirkt auch nicht wirklich eigenständig, aber durch die zahlreichen Déjà-vus fühlt man sich trotzdem wohl. Zumindest, bis die zwar hinsichtlich der Bildrate stabile, aber mit fiesen Kanten um sich werfende Kulisse einen immer wieder aus der Spielwelt reißt. Das ist insofern schade, da selbst die PC-Version, die allerdings im September 2016 auf die Unity-Version 5.3.5 umgestellt wurde, mit geringen Details einen besseren Eindruck hinterlässt. Und am Rechenknecht ist der mobile Ursprung auch nur noch anhand der Levelgröße auszumachen, die weder mit Doom noch Dead Space oder ähnlicher Horror-Action mithalten kann. Dass BadFly Interactive auf der Xbox One eine Version aus dem August letzten Jahres anbietet (V160914.1725), während man am Rechner brandaktuell (V170106.1208) unterwegs ist, macht das Dilemma deutlich. Man wird hier mit einer vergleichsweise "alten" Version abgespeist - einer auch abseits der Kulisse kaum optimierten noch dazu.

Die zig Waffen in zahlreichen Kategorien können meist in mehreren Stufen aufgerüstet werden.
Die Ladezeiten bewegen sich zwar in einem gerade noch akzeptablen Bereich, sind aber deutlich länger als am PC. Die Benutzerführung in den Menüs wurde überhaupt nicht angefasst. Die von NPCs betriebenen Geschäfte, in denen man sich mit neuen Waffen eindecken, sie aufrüsten oder sich mit Rüstung oder neuen Implantaten ausstatten kann, haben immer noch die auf Mausbetrieb ausgerichtete Struktur, die nur nach einer gewissen Gewöhnung mit dem Pad navigierbar ist. Und dass die Mehrspieler-Modi der Rechner, bei denen man sowohl kooperativ als auch in einer separaten Spielform gegeneinander antreten konnte, wegrationalisiert wurden, ist das eine. Dass aber immer noch die Level über einen Druck auf die „Play Solo“-Taste gestartet werden und damit suggerieren, es gäbe eine Alternative, ist das andere. Hier wurde schlichtweg unsauber gearbeitet. Immerhin: Die schwache Inszenierung der Geschichte, die sehr oberflächliche Charakterzeichnung, die nur von der teils schwachen (englischen) Sprachausgabe übertroffen wird und die größtenteils marode Kanonenfutter-KI sind keine Nebeneffekte der Konsolenentwicklung – diese Mankos gab es auch schon am PC und stören hier wie da.

Licht und Schatten

Die Probleme sind umso bedauerlicher, da sowohl Grundkonzept als auch Artdesign prinzipiell gelungen sind. Die Shooter-Mechanik, bei der sich die zig Schießprügel  in verschiedenen Gattungen angenehm unterschiedlich anfühlen, ist solide. Die düsteren Gänge liefern mit ihren Licht- und Schattenspielereien eine eigentlich passable Kulisse und erinnern in besonderen Momenten an EAs Dead-Space-Serie – wenn nur die vermaledeiten Kanten nicht wären. Zugegeben: Beim Gegnerdesign hätte man abseits der Bosse etwas mehr Abwechslung einbringen können. Doch unter dem Strich zeigt der Kern dieser Splatter-Ballerei viel Potenzial. Denn man überschreitet mit ein paar Elementen sogar die Grenze zum Action-Rollenspiel à la Borderlands. Man hat zwar nicht so viele Knarren zur Verfügung und deren Eigenheiten werden auch nicht per Zufall zusammengestellt. Dennoch freut man sich, wenn man als Belohnung eine neue potente Wumme von einem getöteten Boss bekommt und so den nächsten Abschnitt gestärkt angehen kann. Oder wenn man im Shop sein mühsam Erspartes oder beim Verkauf nicht mehr benötigter Knarren erworbenes Kleingeld gegen eine schicke neue Waffe eintauschen kann.

Nichts für Zartbesaitete: Die Zombies zeigen sich auch gerne mal kopflos...
Alternativ kann man seine Blei- oder Energiespritze bzw. die Nahkampfwaffe auch über Upgrades verstärken – was im Zweifelsfall allerdings günstiger sein kann als einen frischen Schießprügel zu erstehen. In diesem Zusammenhang schade ist allerdings, dass die Wahl der mitgeführten Waffen relativ eingeschränkt ist. Ich hätte z.B. gerne ein Sturmgewehr, eine Pistole und eine Schrotflinte dabei und würde dafür auch auf eine Nahkampfattacke verzichten. Aber es fallen z.B. Katanas auch unter die Sekundärwaffen-Kategorie, die man normalerweise mit einer Pistole oder Schrotflinte besetzen kann. Es wäre komfortabler gewesen, wenn man die drei Waffenslots (plus einem für Sprengstoffe) frei belegen könnte. Bei den Waffen hört der Action-Rollenspiel-Einfluss aber noch nicht auf. Auch die Eigenschaften und Fähigkeiten des Helden lassen sich nach Levelaufstieg in diversen Kategorien verbessern, die teils von der gewählten Klasse abhängen. Zudem kann man neue Implantate finden oder kaufen und einbauen lassen, die z.B. dafür sorgen, dass die Schussgenauigkeit zunimmt, man schneller nachlädt, mehr Ausdauer hat oder man mehr Munition mitschleppen kann, von der man in den Abschnitten normalerweise immer genug findet. Abgerundet wird der Ausrüstungswahn durch die Rüstung, die es wie fast alles, nicht nur in unterschiedlichen Varianten, sondern auch Seltenheitsstufen von „Gewöhnlich“ bis „Mythisch“ gibt. Selbstverständlich gibt es für ein volles Set einen Bonus. Und natürlich kann man auch hier durch die sogenannten Codex-Einschübe weitere Verbesserungen einsetzen.

Aufrüsten ist angesagt

Kleinere Schalterrätsel wie dieses (Sinuswellen müssen aufeinander abgestimmte werden) lockern den Balleralltag auf.
Mit diesen Elementen hätte Dead Effect 2 trotz aller Vorbehalte wie mobiler Ursprung oder schwacher KI durchaus das Zeug zu einem kompetenten Run&Gun mit Splatterbonus gehabt. Zumal auch einige interessante Minispiele integriert wurden, um bestimmte Vorrichtungen zu hacken oder zu öffnen. Zusätzlich zur banalen Story darf man sich auch an alternativen Nebenmissionen versuchen, bei denen man zwar keine neuen Abschnitte oder Gegner zu Gesicht bekommt, die aber dennoch wegen der ausgeschütteten Beute und der gewonnenen Erfahrung ans Pad locken können. Die Gegner skalieren hier mit dem Spielerlevel und sorgen so dafür, dass man stets gefordert ist – aber auch entsprechend belohnt wird. Schade:  Egal, ob man z.B. die Lone-Wolf-Missionen, den Biohazard-Modus (Wellen) oder Survival (gegen die Zeit) wählt, läuft vieles zu gleichförmig. Hier würde der wegrationalisierte Koop-Modus Wunder wirken – ganz zu schweigen von einer Splitscreen-Option. Die wiederum würde die ohnehin spröde Kulisse vermutlich in die Tiefe reißen. Und so ist der geheime Star von Dead Effect 2 tatsächlich die Musikuntermalung, die mit ihren stimmungsvollen, meist energiegeladenen, aber gelegentlich auch an Phillip Glass erinnernden Kompositionen so etwas wie Filmflair schafft.

Fazit

Man spürt an beinahe jeder Ecke den guten Willen und die Intention des Teams von BadFly Interactive. In seinen besseren Momenten ist Dead Effect 2 daher ein solider Shooter mit leichtem Horror- und großem Splatter-Faktor sowie passabel eingestreuten Elementen aus dem Action-Rollenspiel. Aber auch der Ursprung auf Mobilgeräten ist häufig greifbar – vor allem, wenn es um die überschaubare Größe der Abschnitte geht. Und während die durch Unity befeuerte Kulisse am PC durchaus ordentlich ist, fehlt der Xbox-One-Umsetzung in jedem Bereich der Feinschliff. Insbesondere die Kantenglättung sorgt zusammen mit der niedrigen Auflösung immer wieder dafür, dass sich die Sci-Fi-Ballerei wie ein Überbleibsel der mittlerweile schon ein paar Jahre zurück liegenden letzten Konsolen-Generation anfühlt. Auch mit diesem Manko sorgt die stumpfe Action unterstützt von einem durch die Bank stimmigen Soundtrack sowie einer sauberen Schuss-Mechanik zwar für interessante Momente. Doch dann stellt sich der Spaß selbst ein Bein, wenn es zurück in die magere Inszenierung mit ihrer teils grottigen Sprachausgabe und die krude, in keiner Form für Konsolen optimierte Benutzerführung geht. Schade: Dead Effect 2 ist günstig, aber wirkt in einigen Bereichen zu billig und muss zudem auf den Mehrspieler-Modus der PC-Fassung verzichten.

Pro

  • drei Spielfiguren
  • Charakter-Entwicklung
  • haufenweise Ausrüstungsgegenstände zu erbeuten/kaufen
  • Waffen meist in mehreren Stufen aufrüstbar
  • ordentliche Schuss-Mechanik
  • zahlreiche Nebenmissionen
  • Ändern der Fähigkeitspunkte gegen Gebühr zwischen den Missionen möglich
  • stimmungsvoller Soundtrack
  • gut gelöste und integrierte Minispiele (z.B. beim Hacken)

Kontra

  • madige KI
  • schwache Inszenierung
  • mitunter Nerv tötende Sprachausgabe
  • gelegentlich schwache Ton-Abmischung
  • unhandliche, nicht für Pad optimierte Benutzerführung
  • technisch teils sehr unsauber (Kanten)
  • wegrationalisierter Mehrspieler-Modus

Wertung

XboxOne

Ambitionierte, aber in vielerlei Hinsicht nicht für Konsole optimierte Weltraum-Ballerei mit Splatter-Faktor, Anleihen beim Action-Rollenspiel sowie einem stimmungsvollen Soundtrack.