1-2-Switch! - Test, Musik & Party, Switch

1-2-Switch!
07.03.2017, Michael Krosta

Test: 1-2-Switch!

Abstieg in die Minispielhölle

Seit dem Start der Wii gehören Minispiele zur Einführung einer neuen Konsole von Nintendo einfach dazu. Nach Wii Sports (Wii) und Nintendo Land (Wii U) soll es auf der Switch die Sammlung 1-2-Switch! (ab 39,99€ bei kaufen) richten, um Käufer von den Fähigkeiten und der Partytauglichkeit der neuen Plattform zu überzeugen. Allerdings liegt die Software dieses Mal nicht direkt der Hardware bei, sondern muss separat zu einem recht stolzen Preis von 40 Euro erworben werden. Warum sich die Investition nicht lohnt, klärt der Test...

Was hatte ich damals Spaß an Wii Sports! Ich griff immer wieder gerne zur Remote, um einen Abstecher auf den Tennis-Court, den Golfplatz, in den Boxring oder ins Bowling-Center zu unternehmen. Die magere Präsentation und ziemlich bescheidene Grafik? Völlig egal! Vor allem mit mehreren Leuten rockte das Ding einfach die Hütte mit seinem frischen Spielgefühl, von dem später auch Ubisofts durchgeknallte Rabbids profitierten. Diese Sammlung an Minispielen, die der Konsole beilag, konnte die „Faszination Wii“ bereits prima einfangen – und einige weitere Beispiele folgten. Ähnlich erging es mir bei der Wii U: Das beigelegte Nintendo Land hatte zwar viele Schwächen und für Solisten nicht besonders viel zu bieten, aber vor allem Mario Chase und Animal Crossing Sweet Day werden selbst heute noch bei Spieleabenden mit Freunden immer wieder hervorgekramt, weil der asymmetrische Mehrspieler-Ansatz immer noch eine gewisse Frische mitbringt und in dieser Form einfach wunderbar funktioniert. Game & Wario ist trotz des insgesamt mageren Aufgebots ebenfalls ein Dauergast, wenn es lustig werden soll, denn das Schießen

Beim Safeknacken ist viel Feingefühl gefragt - manchmal auch etwas zu viel.


Damals und heute

Und jetzt ist da 1-2-Switch, das mit knapp 30 Minispielen die neuen Joy-Con-Controller zu Partygeräten umfunktionieren und für den ganz großen Spaß mit der neuen Konsole sorgen will. Tatsächlich gelingt es der Sammlung in manchen Disziplinen ganz gut, die Fähigkeiten der neuen Eingabegeräte zu demonstrieren. So muss man in einem Spiel z.B. die fiktiven Murmeln abschätzen, die sich im Controller bewegen, was dank des gelungenen und neuartigen HD-Rumbles beim ersten Mal durchaus Laune macht und sogar ein bisschen beeindruckt. Beim Duell rund um das Öffnen eines Safes stehen die Vibrationen ebenfalls im Fokus, auch wenn wir hier manchmal Probleme hatten, während des Drehens die zum Sieg nötigen Unterschiede innerhalb der Rumble-Effekte zu erfassen. Der Rest des Aufgebots dreht sich überwiegend um flotte Reaktionen, das Einnehmen von Posen oder das Schütteln der Joy-Cons, so etwa beim Kühemelken, einem klassisches Wild-West-Duell (wer zieht schneller?) oder einem Gang über den Catwalk. Was auffällt: Die Bewegungen der Joy-Cons werden insgesamt präziser erfasst als damals bei der Remote. Trotzdem gibt es hin und wieder Probleme bei manchen Disziplinen. So wird beim Wettessen der Abstand des Infrarot-Sensors zum Mund nicht immer erkannt und auch beim Minispiel „Rasieren“ scheint nicht immer alles glatt zu laufen, was die Positionserkennung angeht, wenn man mit dem Controllern vor seinem Gesicht herum fuchtelt. Bei Joy-Con-Einsätzen als Luftgitarre oder einem ziemlich bescheuerten Gorilla-Tanz ist es zudem bedauerlich, dass das richtige Taktgefühl und Timing trotz der Ansage für die Wertung keine sonderlich große Rolle zu spielen scheint. Stattdessen führt ein wildes, unkoordiniertes Rumwedeln häufiger zu hohen Punktzahlen.

der Fronks beim Minispiel Islands und der Pictionary-Verschnitt „Sketch“ entschädigen in der Gruppe für das eher durchschnittliche Restprogramm.  

Eine Einstimmung für Red Dead Redemption 2? Wohl eher nicht. Dabei zählt das Revolver-Duell sogar noch zu den besseren Vertretern innerhalb der Auswahl.


Wo hat sich der Spaß versteckt?

Das große Hauptproblem von 1-2-Switch ist aber, dass es einfach kaum Spaß bereitet – das K.O.-Kriterium für eine Minispiel-Sammlung! Stattdessen fragt man sich, was sich Nintendo dabei gedacht hat, für diese simpel gestrickten Techdemo-Häppchen so unfassbar viel Geld zu verlangen. Hier ist schneller die Luft raus als beim Ziehen des Joy-Cons beim Pistolen-Duell. Das geht bei den peinlichen Tutorial-Videos los, die sich beim ersten Mal nicht abbrechen lassen und in denen die gut gelaunten Akteure seltsamerweise all die Freude versprühen, die man selbst vergeblich sucht. Dass Grafik und Präsentation bei solchen Sammlungen eine untergeordnete Rolle, haben schon Wii Sports & Co gezeigt. Aber was hier auf der Mattscheibe während der Duelle und auf dem Ergebnis-Bildschirm gezeigt wird, schwankt zwischen lieblos, billig und peinlich. Teilweise bekommt man sogar nur ein mäßiges Standbild zu sehen.

Beim Tischtennis zuckelt dagegen lediglich ein kleiner Ball vor dem hässlichen Hintergrund von einer Seite zur anderen – selbst Pong hat da heute irgendwie noch mehr Stil. Immerhin müssen die Spieler nur selten auf den Bildschirm, sondern sich stattdessen mehr beim Gegenüberstehen in die Augen schauen und auf Audio-Hinweise verlassen. Ein gutes Beispiel dafür ist das Flaggenspiel, bei dem man die Kommandos der Frauenstimme genau so umsetzen, während man bei der Männerstimme das genaue Gegenteil der angesagten Bewegung ausführen muss. Und dann gibt es wieder Momente wie ein Sprint zur Flagge, in denen man einfach nur wild auf der Stelle laufen und dabei die Arme bewegen muss. Na, das hat irgendwie selbst bei Kinect Sports deutlich mehr Spaß gemacht. Wie gesagt: Bei manchen Disziplinen sind interessante Ansätze zu erkennen, aber der Großteil dieser Sammlung besteht schlichtweg aus witzlosem Minispiel-Schrott. Da ist es fast schon ein Segen, dass die meisten Duelle so extrem kurz ausfallen...

Bieten die meisten Minispiel-Sammlungen von Wii Sports über Nintendo Land bis hin zu den Rabbids oder Game & Wario auch die Möglichkeit, sich alleine mit ihnen zu beschäftigen oder einzelne Disziplinen in Solo-Manier zu üben, hat 1-2-Switch für Einzelspieler nichts zu bieten. Abseits der einzelnen Duelle gibt es aber immerhin noch einen Team-Modus, an dem bis zu 20 Leute teilnehmen können. Dabei geht es darum, welche Mannschaft sich auf einem Spielbrett zuerst bis zum Ziel vorkämpfen. Hier entsteht ein Hauch von Mario Party, denn zunächst wird gewürfelt, bis man auf das entsprechende Feld vorziehen darf, das bereits mit dem nächsten Minispiel markiert ist.  Wer Pech hat, zieht beim Würfeln aber die Niete und muss aussetzen. Je näher man der Ziellinie kommt, desto höher steigt zugunsten eines spannenden Finales die Anzahl dieser Nieten und damit die Wahrscheinlichkeit, bei einer solchen Nullnummer zu landen.



Nichts für Solisten

Und noch ein Beispiel für ein Reaktionsspiel: Der eine Spieler schlägt zu, der andere muss rechtzeitig abwehren.

Davon abgesehen ist aber auch dieser „Partymodus“ äußerst lieblos gestaltet. So kann man z.B. nicht einmal die Namen der einzelnen Mitspieler eintragen. Zudem vermisse ich zumindest lokale Bestenlisten bei manchen Disziplinen: Wäre es nicht cool gewesen, den schnellsten Revolverhelden  oder den erfolgreichsten Luftgitarristen in einer Hall of Fame zu verewigen? Pustekuchen! All die Ergebnisse, so beeindruckend sie auch sein mögen, sind lediglich kurze Momentaufnahmen und geraten anschließend in Vergessenheit – ein Schicksal, das vermutlich auch dieser Minispiel-Sammlung blühen dürfte.

Fazit

Seit dem unsäglichen Wii Music hat mich kein Spiel von Nintendo so sehr enttäuscht wie diese völlig überteuerte, spaßfreie und mitunter einfach nur peinliche Sammlung an oberflächlichen Tech-Demos, die als Minispiele getarnt werden. 1-2-Switch! ist kein Kaufargument für die neue Konsole, sondern stellt eher eine wirkungsvolle Abschreckung dar. Selbst im Partymodus für bis zu 20 Teilnehmer will man eher den Kopf statt die Joy-Cons schütteln, wenn man diese Tortur mitsamt der billigen Präsentation über sich ergehen lassen muss. So kann man dem Fehlen dieses Machwerks im Hardware-Paket doch noch etwas Positives abgewinnen, denn selbst geschenkt wäre mir 1-2-Switch! noch zu teuer. Bleibt die Hoffnung auf ein Comeback von Wario Ware oder den Rabbids, damit auf Switch vielleicht doch noch irgendwann echter Minispiel-Partyspaß aufkommt.

Pro

  • Demonstration des HD-Rumble und Joy-Con-Fähigkeiten im Ansatz gelungen

Kontra

  • überwiegend spaßfreie und extrem kurze Minispiele
  • miserable Präsentation
  • peinliche Tutorial-Videos
  • keine eigenen Spielelisten möglich
  • keine Bestenlisten
  • unverschämt hoher Verkaufspreis

Wertung

Switch

Schlimm, schlimmer, 1-2-Switch! Bei dieser peinlichen und völlig überteuerten Minispiel-Sammlung muss man Spaß mit der Lupe suchen - und wird selbst dann nur selten fündig!