FlatOut 4: Total Insanity - Test, Rennspiel, PC, PlayStation4, XboxOne

FlatOut 4: Total Insanity
22.03.2017, Benjamin Schmädig

Test: FlatOut 4: Total Insanity

Spurtreu

Ich habe nicht gerade Luftsprünge gemacht, als der Test zu Flatout 4: Total Insanity (ab 18,00€ bei kaufen) bei mir gelandet ist. Zum einen hatte der Vorgänger – ich habe ihn nie gespielt – offenbar sein Bestes gegeben, um mit einem Schlag die komplette Serie zu ruinieren. Zum anderen kommt Teil vier zwar von einem anderen Entwickler, doch dessen Vita strotzt auch nicht gerade vor spielerischen Highlights...

Eines muss man dem französischen Studio Kylotonn ja lassen: Es ist hartnäckig. Und lernfähig. Nachdem Truck Racer bei uns im einstelligen Bereich versackte, bedeuteten sowohl WRC 5 als auch sein Nachfolger immerhin einen qualitativen Schritt nach vorn. Und jetzt kommt Flatout 4.

Fehlstart

Vergleichsweise behäbig schieben sich da Vehikel verschiedener Bauart nicht nur über die Strecke, sondern ohne Schaden zu nehmen auch über Zäune, durch Werbetafeln und Scheunentore. „Behäbig“ deshalb, weil die schwammige Steuerung ein hartes Einlenken nur mit Verzögerung erlaubt, man im Gegenzug aber so schwer vom Weg abkommt, dass es sich immer ein wenig anfühlt, als schwimme man durch dieses Meer der Zerstörung. Die

Flatout 4: Total Insanity sieht nicht überragend, in Bewegung aber durchaus berauschend aus.
seichten Kurven der meisten Strecken verlangen wenig fahrerisches Können und leichte Berührungen der Streckenbegrenzung bremsen die schnelle Fahrt praktisch kaum ab.

Ganz unspaßig ist es ja nicht, wenn ein volles Fahrerfeld direkt voraus die Umgebung zerreißt, so dass Holz, Heu und viel Staub den kompletten Bildschirm bedecken. Und so ganz blöd ist es auch nicht, dass man in der Karriere immer verschiedene Turniere fahren kann, insgesamt aber nur den jeweils dritten Platz belegen muss und einige Wettbewerbe sogar ausfallen lassen darf. Auf das gelegentliche Deathmatch habe ich z.B. dankend verzichtet – mein Fall war es nie, wenn sich ein Dutzend Boliden in einer kleinen Arena so lange in die Seite fahren, bis nur noch einer übrig ist.

Flatout 4 ist wie Burnout ohne den Kick spektakulärer Takedowns, mit anderen Worten: nichts für mich!

Oder?

Etwas besser gefällt mir da schon die Variante, bei der man über einen der normalen Kurse rast, Kontrahenten aber mit explosiven Werkzeugen das Rennen schwermacht. Weil man jede der etwa zehn Strecken nicht nur zu verschiedenen Tageszeiten, sondern auch in beide Richtungen befährt, ist insgesamt außerdem für ein ordentliches Maß an Abwechslung gesorgt. Nein, so schlecht ist dieses Flatout gar nicht!

Dann steckt man das Preisgeld noch in zusätzliche Fahrzeuge, um auch in den Turnieren der zwei höheren Geschwindigkeitsklassen zu rasen, investiert in Upgrades für Geschwindigkeit, Beschleunigung, Panzerung und Turbo, dreht die Lautstärke des rockigen Soundtracks auf – und auf einmal zieht Total Insanity richtig an!

Adrenalin und Altholz am Limit

Immerhin ist das Geschwindigkeitsgefühl ab der mittleren Klasse angenehm adrenalinfördernd. Und weil man immer erst dann boosten kann, wenn der Turbo durch Rempler oder Zerstörungen der Umgebung aufgeladen wurde, donnert

Wer braucht schon Reifenstapel? Immerhin heizen selbst die Sicherheitsgummis den wichtigen Turbo an!
man spätestens mit einem etwas schnelleren Vehikel sowie ein wenig Streckenkenntnis durch einen motivierenden Rausch aus Altholzverarbeitung und Blickwinkelverzerrung.

Klar, das war in Flatout 2 schon ganz genauso und tatsächlich fügt die vierte Ausgabe dem kaum etwas Neues zu. Sogar die separaten Herausforderungen kennt man im Wesentlichen: Da kickt man den Fahrer direkt aus dem Wagen in übergroße „Jenga“-Steine oder in riesige Getränkebecher, während man in anderen Herausforderungen so lange Checkpunkte abklappert, bis die Zeit abläuft, oder beim Rempeln und Zerstören möglichst viele Punkte sammelt. Eine Bereicherung ist dieser Flatout-Modus allemal.

„Jenga!“

Ähnlich sinnvoll erweitern die Multiplayer-Möglichkeiten das Spiel. Schließlich geht man nicht nur bis zu acht an den Online-Start, wobei man entweder einer bestehenden Partie beitritt oder eine eigene erstellt. Es finden auch bis zu acht Kameraden vor einem Bildschirm Platz,

Langfristig fehlt der gewisse Kick, insgesamt findet die Serie aber zu alter Form zurück.
wo sie abwechselnd im Party-Modus um Punkte kämpfen. Ich sollte allerdings erwähnen, dass man derzeit kaum offene Partien findet, online also am besten ein paar Freunde am Start hat.

Auf Dauer fehlt Flatout aber nach wie vor die explosive Stärke der grundsätzlich ähnlichen Burnout-Serie: So unterhaltsam das Verschrotten auch ist, so wenig wird man etwa belohnt, wenn man Kontrahenten fies in eine Mauer schiebt. Wo Burnout die Takedowns mit Zeitlupen und Extrapunkten zelebriert, passiert hier… gar nichts. Abgesehen davon sieht selbst ein beinahe komplett zerlegter Bolide lediglich stark zerdrückt aus – an die eindrucksvollen Verwüstungen eines Burnout Paradise kommt Flatout selbst beinahe zehn Jahre später nicht ran.

Leicht wie eine Feder

Und auch das Fahrverhalten ist z.B. dort nicht überzeugend, wo ein Wagen nach einem Sprung so abrupt zum Stehen kommt, als würde eine unsichtbare Wand in der Strecke stecken. Im Zeitfahren und am Steuer leichter Fahrzeuge ärgert mich zudem das übertrieben leichte Gewicht der Vehikel. Selbst über einige winzige Hindernisse poltern die nämlich dermaßen leidenschaftlich, dass ein Unfall oder entscheidender Zeitverlust unvermeidbar ist.

Fazit

Ganz oben spielt Kylotonn noch nicht mit – dazu ist das Fahrverhalten zu schwammig und vor allem das insgesamt gleichförmige Kaputtfahren irgendwann verbraucht. Allzu weit ist Flatout 4 von der alten Klasse allerdings nicht entfernt! Mit Karacho rast man idyllischen Sonnenuntergängen entgegen oder donnert durch eine dichte Nebelwand, während das Fahrerfeld die halbe Umgebung in Einzelteile zerlegt. Man rauscht in einer abwechslungsreichen Karriere durch drei Geschwindigkeitsklassen, erweitert ständig den Fuhrpark, gibt online oder vor einem Fernseher mit bis zu sieben Kumpels Gas und entspannt sich mit absurden Stunts vom stressigen Rennfahreralltag. Das sieht nicht überragend, aber durchaus schick aus, findet auf mehr als genug Strecken statt und wird von einem rockigen Soundtrack angetrieben. Vergesst Flatout 3 und ärgert euch nicht, dass die ursprünglichen Flatout-Macher Bugbear schon eine gefühlte Ewigkeit an ihrem inoffiziellen Nachfolger Wreckfest arbeiten: Mit Total Insanity hat Flatout in die Spur zurückgefunden.

Pro

  • ansehnliche Zerstörung eines Großteils der Umgebung
  • Kollisionen laden Boost auf
  • motivierendes Turniersystem: Rennen und Turniere müssen nicht gewonnen und können teilweise übersprungen werden
  • alle Strecken in zwei Richtungen befahrbar
  • unterhaltsame Stunts und andere Herausforderungen im Flatout-Modus
  • Online- und Partyspiel für bis zu acht Teilnehmer
  • Erstellen öffentlicher und privater Sitzungen für Onlinespiele
  • druckvoller Hard Rock als Soundtrack

Kontra

  • Fahrzeuge heben mitunter zu leicht ab oder kommen nach Sprüngen abrupt zum Stehen
  • keine präzise Kontrolle durch schwammiges Fahrverhalten
  • geringer fahrerischer Anspruch auf den meisten Strecken
  • andere Fahrzeuge abzudrängen oder in Hindernisse zu schieben wird nicht belohnt
  • kostenpflichtige Fahrzeug-Upgrades strecken lediglich Spielzeit (kein Tuning des Fahrverhaltens)

Wertung

PlayStation4

Gelungene Wiederbelebung der Serie, die allerdings Flatout 2 stark ähnelt.

XboxOne

Gelungene Wiederbelebung der Serie, die allerdings Flatout 2 stark ähnelt.