Butcher - Test, Shooter, PC, XboxOne, Linux, PlayStation4, Mac

Butcher
10.05.2017, Mathias Oertel

Test: Butcher

Brachiales 2D-Quake

Der klassische Shooter alter Schule steht nicht nur dank Doom oder Shadow Warrior wieder voll im Saft. Auch die "kleinen" Projekte bedienen sich immer wieder bei Titeln von id Software oder 3DRealms. Wie z.B. die jüngst auf PS4 und One veröffentlichte Pixelkunst-Ballerei Butcher, die mit einer düsteren Atmosphäre, einem hohen Anforderungsprofil und Gore den Schulterschluss zu den Klassikern sucht. Welchen Eindruck die 2D-Action hinterlässt, klären wir im Test.

Weiß noch irgendjemand, wieso man bei Probotector (aka Contra) die Welt retten musste? Erinnert sich noch ein Spieler, wieso man in Doom oder Quake Jagd auf die Bösen machte? Wichtig war doch letztlich nur eines: Mit einer effizienten Kugel-vs-Kill-Ratio die Feinde auszulöschen. Auf ein ähnliches Konzept setzt auch Butcher, das bislang letzte Projekt des Indie-Teams von Transhuman Design (King Arthurs Gold). Man hat eigentlich keine Ahnung, wieso man als durchgeknallter Cyborg einen Krieg gegen die Menschheit führt. Man weiß nicht, wer ihn begonnen hat oder was der Auslöser war. Man weiß nur, dass man ihn zu Ende bringen wird. Koste es, was es wolle. Oder, dass man auf dem Weg dorthin selbst ausgelöscht wird.

Story? Braucht keiner...

Auf den ersten Blick hat Butcher gar nicht so viel mit den Action-Klassikern aus den 90ern wie Quake zu tun - doch schon bald werden die Einflüsse spürbar.
Und das wird in dieser als 2D-Shooter mit Twinstick-Steuerung konzipierten Action häufig passieren. Man wird abgeschossen. Man schätzt einen Sprung falsch ein und landet in der Lava. Man wird abgeschossen. Man wird von Fallen in der Umgebung geröstet, zerquetscht oder zersägt. Man wird abgeschossen. Und in die Luft gesprengt. Wieder und wieder. Es sei denn, man entscheidet sich für den "Casual"-Schwierigkeitsgrad ("I Cry When I Die"), bei dem man deutlich weniger Gesundheit bei Treffern verliert oder die Gegneranzahl leicht verringert ist. Doch selbst in diesem Puschel-Modus wird man auf die eine oder andere Situation treffen, in der man sich nur mit einem herzhaften Fluchen zu helfen weiß, bevor man einen neuen Versuch unternimmt. Und auf den Stufen "Hard" (Standard), "Harder", "The Hardest" und dem erst freizuschaltenden "Impossible" sieht man zunehmend kein Land mehr - selbst und gerade weil jeder der sorgsam von Hand gestalteten Abschnitte samt Arenen und Sprungsequenzen theoretisch im Schnitt in etwa zwei bis dreieinhalb Minuten erledigt sein kann.

Neben düsteren Farben dominiert Zinnoberrot die Palette. Und Gegner als "Farbeimer" gibt es genug...
Doch die Minimalzeit von etwa einer Stunde, die man für einen erfolgreichen Durchlauf veranschlagen sollte, ist (auf jeder Stufe abseits von Casual) utopisches Wunschdenken. Trotz minimaler Respawn-Zeit habe ich über zwei herzhaft schimpfende Stunden vor dem Bildschirm verbracht, bis ich den letzten Abschnitt mit Müh und Not hinter mich gebracht habe. Und nachdem sich die Ratio Fluchen gegenüber Spielzeit mit den höheren Schwierigkeitsstufen deutlich Richtung Ersterem verschiebt, habe ich irgendwann die Segel gestrichen. Doch bis dahin konnte ich mich an der aufs Wesentliche reduzierte Visualisierung der Daueraction erfreuen, die mit ihrer graubraunen, gelegentlich mit grünen Einsprengseln versehenen Farbgebung an ids Quake erinnert. Aber es gibt noch eine andere dominierende Farbe: Zinnoberrot. Ausgeschüttet in pixeligen Hektolitern sorgen die Waffen von Schrotflinte über den Flammenwerfer bis zur Railgun dafür, dass die Gegner nicht nur vollkommen übertrieben in Fontänen oder wie eine getroffene Wassermelone das Zeitliche segnen. Der Abschnitt wird durch die eisenhaltige Farbe nachhaltig eingefärbt. Und ja: Natürlich gibt es auch eine Kettensäge…

Gorefest wie in der guten alten Zeit

Und das alles passiert zu einem treibenden Soundtrack, der ebenfalls als Hommage an die Quake-Musik gesehen werden dürfte, die ja bekanntlich von Nine –Inch-Nails-Frontmann Trent Reznor stammte und die Basis für die düstere Atmosphäre legte. Zusammen mit den mitunter ins Mark gehenden Schreien der Opfer sowie den knackigen Ballergeräuschen verfehlt die Akustik auch hier nicht ihren Zweck: Sie unterstützt eingehend die bedrückende Atmosphäre, die sich auch bedingt durch die unklar bleibende Motivation des Protagonisten entwickelt. Schade ist allerdings, dass sich mechanisch trotz cleveren Leveldesigns und konventionellen Schalterrätseln relativ schnell eine gewisse Routine einstellt, die zu selten aufgebrochen wird - so etwa, wenn man vor einem Sägeblatt fliehen muss, das alles in seinem Weg zerlegt. Oder wenn man in einer Arena nicht nur mit den Gegnern, sondern auch mit einer Mischung aus Kreissäge und Cyberspinne fertig werden muss.

Fazit

Butcher ist das Ergebnis, wenn sich die Eltern Quake und Contra für Marcus Fenix als Kindermädchen entscheiden. Es ist laut. Es ist blutig. Es ist bockschwer. Zwar kann man sich bei dem 2D-Actionplattformer mit seiner punktgenauen Twinstick-Steuerung und dem 8-Bit-Design auch für den Schwierigkeitsgrad „Casual“ entscheiden.  Doch damit dürfte jeder Actionspieler, der etwas auf sich hält, Schwierigkeiten bekommen, sich guten Gewissens im Spiegel betrachten zu können. Dann doch lieber sterben, fluchen, einen Neuanfang unternehmen, wieder sterben, fluchen, usw. Bei dem zweidimensionalen Pixel-Aussehen sorgt sowohl die graubraune Farbgebung als auch der treibende Soundtrack umgehend für Quake-Assoziationen, wobei generell das gesamte Projekt als Retro-Hommage an die id-Shooter der 90er Jahre betrachtet werden kann. Auf Dauer vermisse ich zwar Abwechslung ebenso wie Highscore-Listen, doch die gut 20 Abschnitte bieten ebenso brachiale wie solide Unterhaltung zu einem fairen Preis.

Pro

  • punktgenaue Steuerung
  • düsteres Pixeldesign
  • treibende Hommage an Trent Reznors Quake-Soundtrack
  • knackige Soundeffekte

Kontra

  • mitunter frustrierend hohes Anforderungsprofil
  • zu wenig Abwechslung im Spieldesign
  • keine Highscore-Listen

Wertung

XboxOne

Solide sowie gleichermaßen brachiale Plattform-Action, die ihre Inspiration bei Shootern der 90er Jahre zieht.

PlayStation4

Solide sowie gleichermaßen brachiale Plattform-Action, die ihre Inspiration bei Shootern der 90er Jahre zieht.