NBA Playgrounds - Test, Sport, Switch, XboxOne, PlayStation4, PC

NBA Playgrounds
17.05.2017, Mathias Oertel

Test: NBA Playgrounds

Boomshakalaka (fast) wie früher

Die Zeit des coolen Arcade-Basketballs ist lange vorbei. EA hat die NBA-Street-Serie auf Eis gelegt. Und NBA Jam: On Fire ist es 2011 ebenfalls nicht gelungen, den Zauber der altehrwürdigen Serie zu reproduzieren. Doch vielleicht schafft es das bislang nur mit Shootern wie TimeShift oder Inversion in Erscheinung getretene Team von Saber Interactive mit NBA Playgrounds, dem siechenden Genre neues Leben einzuhauchen? Der Test gibt die Antwort.

In der Offensive gibt es eine Taste für den Pass und eine für den Wurf. Ach ja, sprinten darf man auch noch kurzzeitig. Und wenn einem die Gegner auf den Pelz rücken, kann man sie durch Ellenbogenbewegungen abwehren. In der Verteidigung ist es ebenso eingängig. Man kann blocken oder versuchen, den Ball zu klauen. Und man kann die Gegner schubsen. Mit diesen simplen Mitteln hat das Anfang der 90er Jahre von Midway veröffentlichte NBA Jam nicht nur in der Spielhalle, sondern auf allen möglichen Heimsystemen begeistern können. Die Zwei-gegen-Zwei-Duelle wurden über gut zehn Jahre hinweg mit zahlreichen Fortsetzungen versorgt, bevor es die erste große Pause gab.  

Früher war alles besser?

"He's on Fire": Playgrounds versteht sich als moderne Interpretation von NBA Jam.
Erst 2010 versuchte EA angestachelt vom Erfolg, den man mit der ähnlich gelagerten NBA-Street-Serie feierte, die Arcade-Klassiker wiederzubeleben. Doch der Funke wollte nicht mehr überspringen. Anno 2017 hat sich zwar die Spielelandschaft geändert, doch Saber Interactive hat sich genau angeschaut, was seinerzeit den Erfolg ausgemacht hat und sich vor allem hinsichtlich der eingängigen sowie einsteigerfreundlichen Steuerung von den Klassikern inspirieren lassen. Soll heißen: Man hat sie fast 1:1 übernommen, so dass die ersten Schritte ungemein unkompliziert sind und man schnell Erfolgserlebnisse feiern kann. Auch beim Design der großköpfigen Basketball-Superstars, mit denen man die Courts unsicher macht, ist die Inspiration der guten alten Zeit deutlich spürbar. Beim Drumherum jedoch geht man ganz deutlich moderne Wege, die zwischen Erfahrungspunkten und Sammelkarten liegen.

Denn im Gegensatz zur Ursprungsserie ist man bei seinem Duo nicht auf Spieler aus einem Team festgelegt (im Ur-Jam habe ich vorzugsweise mit den Sonics Detlef Schrempf und Shawn Kemp egspielt), sondern kann aus dutzenden NBA-Stars und –Legenden frei wählen. Man muss sie allerdings erst freigespielt haben. Dies wiederum geht nur über Sammelkartenpakete. Fünf Spieler bekommt man pro Packung, zum Start erhält man ein paar davon. Weitere bekommt man z.B. bei einem Aufstieg in eine höhere Stufe. Dementsprechend benötigt man vor allem anfangs etwas Glück, damit man sowohl bei den Spielen gegen die KI als auch bei den lokalen oder Internet-Duellen mit einem halbwegs potenten Team antreten kann. Dieser Glücksfaktor ist etwas störend, aber immerhin muss ich Saber ein Lob aussprechen, dass man hier gänzlich auf Mikrotransaktionen verzichtet – obwohl es sich durchaus

Die Dunks sind spektakulär, doch trotzdem will der Spaß nicht so richtig durchstarten.
angeboten hätte. Man findet aber keinen Menüpunkt, der in den jeweiligen Store führt, um sich neue Kartenpakete, XP-Booster oder ähnliches kaufen zu können. In NBA Playgrounds muss Zeit investiert werden, wenn man sich mit neuen Spielern ausstatten will bzw. die Fähigkeiten der vorhandenen stufenweise erhöhen möchte.

Aufs Wesentliche reduziert

Dazu steht eine überschaubare Anzahl an Modi zur Verfügung. Neben Freundschaftsspielen kann man Turniere an diversen Schauplätzen bestreiten, darunter New York, Paris oder Tokyo, oder sich mit der Online-Community messen. Letzteres ist aber nach gegenwärtigem Stand für mich nur zweite Wahl. Denn zum einen dauert die Spielersuche mitunter nervtötend lang. Und kommt dann mal ein Match zustande (eine intelligente Spielerzusammenführung scheint auch nicht integriert), läuft es nur selten lagfrei. Und es scheint, als ob auch bei Spielabbrüchen großzügig XP verteilt wird, was in den falschen Händen sicherlich ausgenutzt wird. Offline läuft zwar alles problemlos, doch so ganz will sich auch hier nicht das alte Jam-Gefühl einstellen. Während Animationen der leicht an Plastikfiguren erinnernden Athleten sowie die Effekte zwar durch die Bank in Ordnung gehen und die Kommentatoren abseits der zu frühen Wiederholungen ebenfalls einen sauberen Eindruck hinterlassen, zeigen sich ausgerechnet auf dem Platz ein paar Probleme.

Das Timing der Verteidigungs-Optionen ist mitunter schwer einzuschätzen.
Dabei gehört zwar keines zu der Kategorie "Gamebreaker", doch auf Dauer sorgen diese Kleinigkeiten in der Summe dafür, dass Playgrounds sich nicht an den Klassikern vorbeischieben kann. Es ist z.B. vor allem für Einsteiger nicht einfach, das Timing oder die Position für Blocks von Dunks oder normalen Sprungwürfen einzuschätzen. Auch das Klauen des Balls oder das Schubsen des Gegners ist nicht so intuitiv gelöst wie damals. Und bei Dunks oder einfachen Korblegern fragt man sich manchmal, wieso trotz Topfähigkeitswert der Ball einfach nicht ins Netz geht. Doch trotz dieser Mankos, die auch nach der Eingewöhnung nie komplett verschwinden, entfachen die Dunk-Duelle vor allem mit einem menschlichen Kontrahenten ihren Reiz.

Licht und Schatten

Denn mit dem Energiesystem kommt eine taktische Komponente auf den Platz. Die universell genutzte Leiste (u.a. auch für Sprints) wird bei einem Schubser fast komplett geleert und lässt auch nur wenige Klauversuche zu, während das komplette Aufladen etwa acht Sekunden dauert. So muss man dieses Stilmittel gezielt zum Ballgewinn einsetzen, wenn man nicht im Regen stehen will. Da man dementsprechend nur wenige Chancen hat, diese defensiven Spezialangriffe zu nutzen, wäre es aber sinnvoll gewesen, wenn der Spieler die Abstände der Figuren zueinander besser einschätzen könnte. Denn viel zu häufig verpuffen die Schubs- und Steal-Versuche im Niemandsland, während die KI-Basketballer naturgemäß keine Probleme damit haben.

Fazit

Es scheint nicht von ungefähr zu kommen, dass Arcade-Basketball eigentlich keine Rolle mehr spielt. Denn auch NBA Playgrounds schafft es nicht, das alte Spielgefühl und den Spaß der NBA-Jam-Serie adäquat in die Moderne zu hieven. Technisch und hinsichtlich der eingängigen Steuerung macht Saber Interactive vieles richtig. Einsteigerfreundlich und mit spektakulären Dunks ausgestattet, feiert man schnell erste Erfolgserlebnisse. Doch sobald es an die Feinheiten der Verteidigungsaktionen geht, wird Playgrounds ungenau. Und verpulvert damit das eigentlich interessante Konzept der sparsam und taktisch einzusetzenden Energie, die sich z.B. beim Schubsversuch beinahe komplett entleert. Dennoch: Trotz der Mankos motiviert die mit nur den nötigsten Modi ausgestattete sowie komplett auf Mikrotransaktionen verzichtende Dunkjagd  Solisten mit einem Sammelkartenprinzip. Und wer häufiger Freunde zu Besuch hat und daher gemeinsam mit den Defensivproblemen zu kämpfen hat, wird ebenfalls in kurzen Dosierungen Spaß haben. Online-Spieler hingegen werden sich über den unsauberen Netzcode ärgern, der die ohnehin diffizile Verteidigung noch problematischer macht.

Pro

  • keinerlei Mikrotransaktionen
  • eingängige Steuerung
  • über 150 aktuelle Spieler und Legenden
  • solides Arcade-Basketball à la NBA Jam
  • Figuren freischalten nach Sammelkarten-Prinzip

Kontra

  • nur wenige Spielmodi
  • Positionierung für erfolgreiche Defensiv-Aktionen schwer einzuschätzen
  • Online-Spiel nicht lagfrei

Wertung

XboxOne

Trotz guter Ansätze und einer einfachen Steuerung schafft es Playgrounds nicht, den unkomplizierten Spaß von NBA Jam wiederzubeleben.

PlayStation4

Trotz guter Ansätze und einer einfachen Steuerung schafft es Playgrounds nicht, den unkomplizierten Spaß von NBA Jam wiederzubeleben.