Birthdays the Beginning - Test, Simulation, PlayStation4, PC

Birthdays the Beginning
26.05.2017, Mathias Oertel

Test: Birthdays the Beginning

Knuddel-Darwinismus

In Birthdays - The Beginning darf man sich gottgleich als Herrscher über die Entwicklung des Lebens vom Einzeller bis hin zur menschlichen Zivilisation austoben. Ob das neue Spiel von Harvest-Moon-Schöpfer Yasuhiro Wada eine ähnliche Faszination ausüben kann wie seinerzeit Will Wrights Klassiker SimEarth, klären wir im Test.

Eines vorweg: Birthdays - The Beginning versteht sich nicht als Lernsoftware. Zwar hangelt man sich grob an bestehenden Evolutionswegen entlang, die vom Einzeller im Wasser schließlich zu Pflanzen, der Besiedlung von Landmassen und schließlich der menschlichen Zivilisation führen. Doch wenn man clever ist und bei der Entwicklung in seinem "Evolutions-Würfel" entsprechende Schritte ergreift, kann man auch Dinosaurier und Menschen koexistieren lassen. Sprich: Man kann sich als Schöpfer in eingeschränktem Rahmen über die Entwicklungsgeschichte hinweg setzen. Allerdings hat man auch keine Option, bisher unbekannte Lebensformen oder neue Hybridwesen zu erschaffen. Auch die im Wesentlichen einzige Option, auf den Lebensraum Einfluss zu nehmen, ist nicht wissenschaftlich als Ursache von Evolutionsstufen verbürgt: Man kann nur Gelände heben und senken.

Evolutions-Puzzle

Aller Anfang ist flach: Erst wenn man als Schöpfer Gebirge, Ebenen und Wasserflächen anlegt, wird sich Leben entwickeln.
Unter der Nulllinie entstehen Gewässer, darüber Anhöhen und Gebirge. Über das Verhältnis von Land zu Wasser sowie die Höhen und Tiefen werden Temperatur sowie Luftfeuchtigkeit bestimmt. Je höher ein Gebirge ist und je mehr Land vorhanden ist, desto niedriger ist die Temperatur des Biotops. Die Herausforderung besteht nun darin, die im unübersichtlichen Evolutionsbaum angezeigten Grundlagen zu schaffen, damit diese oder jene Entwicklung stattfindet und man schließlich von Einzellern zu Mehrzellern, von dort zu Pflanzen und den ersten Landlebewesen usw. kommt. Manchmal muss nur eine bestimmte Temperatur erreicht werden. Dann wiederum kann es auch sein, dass bestimmte Lebensformen mit einer Mindestanzahl vorhanden sein müssen, damit sich eine Nahrungskette entwickeln kann. Sprich: Man ist gefordert, innerhalb des begrenzten Lebensraumes Voraussetzungen zu schaffen, damit so viele Lebensformen wie möglich gedeihen können. Dass es dabei auch zum Aussterben anderer Lebewesen kommt, ist zwangsläufig und muss in Kauf genommen werden - wobei niemals ausgeschlossen ist, dass sie mit entsprechenden Voraussetzungen nicht wieder erscheinen können.

Der Evolutionsbaum ist weit verzweigt.
Als Belohnung für bestimmte Errungenschaften gibt es u.a. Hilfsmittel, mit denen man entweder die Umgebung schlagartig verändern und z.B. ein Flussystem entstehen lassen kann. Aber es gibt auch Gegenstände, mit denen man eine Evolution oder Mutation forcieren kann, ohne dass entsprechende natürliche Umstände gegeben sind. Doch trotz dieses vermeintlichen Vorteils, mit dem man hier und da eine Entwicklungs-Abkürzung nehmen kann, müssen dennoch für ein nachhaltiges Dasein der entsprechenden Lebensform die Umstände gegeben sein. Und auch mit dem Einsatz dieser Hilfen muss man mitunter lange warten, bis die nächste Entwicklungsstufe erreicht ist. Dies wiederum findet in der "Mikro-Ansicht" statt. Hier kann man das Geschehen, das in Zyklen (nicht vergleichbar mit Jahren) stattfindet, schneller ablaufen lassen, während man die Statistiken an der rechten Seite verfolgt, die über den aktuellen "Bestand" der wichtigsten Lebensformen aufklären und wo neue Geburtstage entsprechend gefeiert werden. Da man in diesem unspektakulären Bildschirm relativ viel Zeit verbringt und abseits der rotierenden Spielwelt nur der Avatar und der helfende Oktaeder "Navi" Gesellschaft leisten, braucht man mitunter viel Geduld.

Mutation vs. Evolution

Das Artdesign ist niedlich, bietet aber auf lange Sicht kaum Anreize...
Interessanter ist die Makro-Ansicht, die man entweder aus einer frei drehbaren isometrischen oder in Ego-Perspektive mit dem Avatar erforscht und manipuliert. Nur hier kann man übrigens die frisch entstandenen Lebensformen scannen und seiner Sammlung hinzufügen. Vor allem in späteren Zyklen, wenn entsprechend viele und variantenreiche Landlebewesen entstanden sind, wird das Beobachten angeheizt - allerdings nur kurzzeitig. Zwar hinterlassen die auf niedlich getrimmten Viecher einen stimmungsvollen Eindruck, da sie gut in die an eine "abgerundete" Minecraft-Blockwelt erinnernde Umgebung eingepasst wurden. Doch der so genannte "Aquarium-Effekt", der Titel von Die Siedler bis Cities Skylines kennzeichnet und der einen dazu verführen kann, sich auch über einen längeren Zeitraum ohne einzugreifen und nur beobachtend in der Welt aufzuhalten, nutzt sich hier schnell ab. Dazu passiert hier letztlich zu wenig und eine authentische Interaktion innerhalb der Nahrungskette findet man auch nicht vor. So bleibt es bei einem visuell zwar stimmungsvollen, aber auch sehr oberflächlichen Aufbau-Puzzler, der zudem kaum Wiederspielwert bietet, wenn man einmal die menschliche Zivilisation hervorgebracht hat. Zwar kann man sich auch an der „Dino-Challenge“ versuchen, doch abgesehen davon, dass man sich hier auf die Entstehung von Dinosauriern konzentriert, unterscheidet sie sich nur kaum von der Kampagne.

Fazit

Auch wenn Birthdays The Beginning sich nur grob an evolutionäre Zusammenhänge hält und daher als Lernsoftware nur höchst eingeschränkt tauglich ist, kann man ein paar unterhaltsame Stunden mit diesem "Entwicklungs-Puzzler" verbringen. Vor allem, wenn man auf die zur Verfügung gestellten Hilfsmittel wie forcierte Mutation etc. verzichtet und versucht, nur über die eingeschränkten Möglichkeiten der Landschaftsgestaltung die Voraussetzung für die Entstehung sowie Weiterentwicklung bestimmter Lebensformen zu schaffen. Bis man die Auswirkungen seiner Anstrengungen sehen kann, muss man allerdings viel Geduld im spröden "Vorspul"-Bildschirm mitbringen.  Die Nahansicht ist stimmungsvoller, aber auch hier stellt sich nur selten das Bedürfnis ein, die auf niedlich getrimmten Lebewesen in Augenschein zu nehmen. Zudem mangelt es auf Dauer an Überraschung, da spontane Mutationen oder neue Wesen außerhalb von verbürgten Entwicklungsbäumen nicht möglich sind. Aber in späteren Stufen ist dennoch strategisches Fingerspitzengefühl gefragt ist, so dass die neue Vision von Harvest-Moon-Schöpfer Yasuhiro Wada zumindest grundsolide Puzzle-Strategie inszeniert.

Pro

  • niedlicher Grafikstil
  • spannende Suche nach den idealen Lebensräumen
  • logische Zusammenhänge
  • eingängige Steuerung

Kontra

  • spröder Vorspulbildschirm, in dem man viel Zeit verbringen muss
  • keine freien Mutationen oder neue Organismen möglich

Wertung

PlayStation4

Interessantes Evolutions-Puzzle, das auf Dauer aber wenig spielerische und visuelle Anreize bietet.