Gran Turismo Sport - Test, Rennspiel, VirtualReality, PlayStationVR, PlayStation4
Für Offline-Rennfahrer hat der Ableger nicht besonders viel zu bieten: Das, was im Spiel als Kampagne bezeichnet wird, stellt im Prinzip nur eine Aneinanderreihung von überwiegend kurzen Herausforderungen und Lektionen dar. Für Anfänger dürfte diese virtuelle Fahrschule willkommen sein, doch Veteranen werden gelangweilt abwinken, obwohl die Anforderungen für den Gewinn der Goldmedaille durchaus knackig ausfallen können und der direkte Vergleich mit Freunden trotz des mageren Informationsgehalts auf den Bestenlisten hinsichtlich der verwendeten Fahrhilfen oder der verwendeten Steuerung durchaus motiviert.
Zurück in die Fahrschule
Zudem darf man in Benutzer-Rennen eigene Rahmenbedingungen definieren, darunter Rundenanzahl bzw. Rennzeit, Starttyp (stehend oder fliegend) und wie genau das Strafsystem in festgelegten Bereichen greifen soll. Zudem lässt sich auf Wunsch ein volles Schadenssystem aktivieren, das zwar visuell mit seinen leichten Kratzern massiv enttäuscht, sich aber trotz mancher Inkonsequenzen spürbar auf die Fahrphysik auswirkt. Selbst Reifenverschleiß und Benzinverbrauch lassen sich optional aktivieren und sogar bis zu einer zehnfachen Geschwindigkeit skalieren. Klar, dass auch Boxenstopps nicht fehlen dürfen, die nicht nur taktische Möglichkeiten bei der Reifenwahl und dem Spritverbrauch eröffnen, sondern auch klasse inszeniert werden. Zwar darf man seine Crew nicht manuell ansteuern und auch Faktoren wie das Überfahren der weißen Linie spielen hier keine Rolle, doch wird die Zeit während der automatischen Anfahrt sinnvoll dafür genutzt, um die gewünschte Mischung der neuen Pneus und die Treibstoffmenge festzulegen.
Racing á la carte
Aber die anpassbaren Rennen sind immer noch tausendmal besser als das, was man sich bei der VR-Tour erlaubt: Hier warten neben einem oberflächlichen Showroom, der mangels Interaktionen bei weitem nicht an die Qualitäten eines ForzaVista heran reicht, lediglich Duelle gegen einen einzigen Gegner über eine vorgeschriebene Distanz. Neben diesem lächerlichen Starterfeld ist es eine riesige Enttäuschung, dass man hier abgesehen von der Wahl von Fahrzeug und Strecke inklusive einer abgespeckten Auswahl an Tageszeiten keinerlei Rennbedingungen festlegen darf. Selbst die KI-Stufe wird hier vorgegeben! Dabei hätte man mit wenig Aufwand so viel mehr aus der VR-Tour herausholen können, wenn man nur ähnliche Anpassungsmöglichkeiten wie bei den Benutzer-Rennen oder zumindest ein Zeitfahren als Alternative angeboten hätte. Dem schwachen Angebot steht nämlich wieder eine großartige Immersion gegenüber, wenn man in VR hinter dem Steuer sitzt und dabei die Höhenunterschiede der Strecken sowie das famose Mittendrin-Gefühl viel besser zur Geltung kommen als vor dem Fernseher. Es ist gemessen an der riesigen Faszination eine Schande, dass die Entwickler nicht mehr aus dem Potenzial von VR geschöpft haben.
Enttäuschende VR-Erfahrung
Wenig Streckenvielfalt
Elemente wie ein Tag-/Nachtzyklus oder wechselnde Witterungsbedingungen bleiben ebenfalls außen vor, doch wird man zumindest mit einer Auswahl an Tageszeiten und unterschiedlichem Bewölkungsgrad entschädigt, bei der die grandiose Beleuchtung innerhalb der sehenswerten Kulissen voll zur Geltung kommt – sei es mit oder ohne HDR. Negativ fallen nur vereinzelte Flimmerkanten sowie die geringe Zeichentiefe auf, bei der nicht nur Texturschichten, sondern teilweise sogar komplette Objekte wie Baumstämme oder Schilder ins Bild ploppen. Auf der PS4 Pro hat man übrigens die Wahl, ob man mehr Wert auf die visuelle Qualität und 4K legt oder der Bildrate eine höhere Priorität bei einer maximalen Auflösung von 2K einräumt. Ein Blick auf die Reifenauswahl nährt allerdings die Hoffnung, dass in dieser Richtung noch etwas nach passieren könnte: Hier finden sich neben verschiedenen Mischungen für Straßen-, Sport- und Rennreifen auch Intermediates und sogar Pneus für Starkregen. Neben der überzeugenden Technik, die neben den schicken Lichteffekten auch aufwändig modellierte Boliden und eine flüssige Darstellung garantiert, glänzt GT Sport aber vor allem in zwei Bereichen: der Fahrphysik und den Online-Qualitäten.
Zwischen Anspruch und Zugänglichkeit
Schade zudem, dass der Fuhrpark im Vergleich zu früheren Teilen nicht nur massiv auf etwa 160 Modelle gestutzt wurde, sondern ihm im Vergleich zu Forza oder Project Cars mit dem großen Fokus auf GT-Boliden eine gewisse Breite fehlt. Die eingestreuten Konzept-Studien und vereinzelte Rallye-Wagen können den Mangel an historischen Rennmaschinen oder Formel-Wagen leider kaum kompensieren. Trotzdem finden sich immer noch genug attraktive Modelle im Sortiment und durch die kleinere Auswahl hat die unsinnige Aufteilung zwischen Standard- und Premium-Varianten jetzt endlich ein Ende. Und nicht nur das: Nach Jahren der Ohrenfolter und dem gefühlten Recycling von Sounds aus den ersten GT-Teilen von der PlayStation 1 hören sich die Motoren nicht länger wie generische Staubsauger an, sondern überzeugen mit kernigen Klängen, die deutlich näher an den realen Vorbildern angesiedelt sind. Bei den übrigen Soundeffekten hat man ebenfalls zugelegt, denn vor allem die Kollisionsgeräusche wirken authentischer und differenzierter als der furchtbar monotone „Bong-Sound“ bei Gran Turismo 6. Selbst der lizenzierte Soundtrack kann überzeugen, falls man während des Renngeschehens oder im Hintergrund der speicherbaren Wiederholungen Musik hören will. In den Menüs ertönen dagegen wieder Arrangements, die eher Erinnerungen an Aufzüge wecken.
Kleinerer Fuhrpark
Viele Hintergrundinformationen
Auf den Spuren von iRacing
Dafür sorgt auch das BoP-System (Balance of Power), das die Leistungen und das Gewicht der Boliden anpasst, damit alle unahängig von der Wahl ihres Fahrzeugs unter ähnlichen Voraussetzungen um den Sieg kämpfen. Zuvor entscheidet die Leistung beim Qualifying über die Startposition innerhalb der per Matchmaking zugewiesenen Spielergruppe. Wer sich spontan zurückzieht oder ein Rennen vorzeitig beendet, muss übrigens mit Konsequenzen rechnen: Solche Aktionen werden genauso als unsportlich betrachtet wie Rempeleien und führen zu Abzügen in der Sportgeistwertung. - gut so! Ich bin schon sehr gespannt auf die drei Meisterschaften, an denen man ab Anfang November zusätzlich zu den täglichen Rennen teilnehmen kann, bei denen die Schauplätze rotieren. Dabei handelt es sich zum einen um den Nations Cup, bei dem man vor allem sein Heimatland vertritt. Zum anderen gibt es eine separate Meisterschaft, in der man sich in erster Linie für seine Lieblings-Automarke ins Zeug legt. Den größten Reiz dürfte jedoch der Gewinn der GT Sport Meisterschaft ausüben – immerhin wird der Sieger am Ende der Saison zusammen mit den Champions anderer FIA-Rennserien in Paris mit der begehrten Trophäe ausgezeichnet.
System für Chancengleichheit
Eigene Lobbys
Gute Server, schlechte Server
Dazu gehören auch lokale Duelle am geteilten Bildschirm. Es ist zwar immer schön, wenn eine solche Option angeboten wird, aber genau wie bei Forza Motorsport 7 wurde sie auch hier nur halbherzig umgesetzt. Zum einen darf man keine KI-Fahrer hinzuschalten, zum anderen vermisst man die meisten der Einstellungen, die man bei den anderen Einzelrennen vornehmen kann. Schadensmodell? Boost-Funktion? BoP? Nichts! Lediglich Rundenanzahl, Strecke und Fahrzeuge dürfen festgelegt werden. Damit wirkt der Splitscreen-Modus nur wie ein liebloses Anhängsel, das man nur eingebaut hat, damit es irgendwie vorhanden ist. Immerhin bleibt die Darstellung auch am geteilten Bildschirm überwiegend flüssig. Trotzdem schade drum, denn genau wie bei der VR-Tour wäre auch hier deutlich mehr drin gewesen, wenn man nur ein paar mehr Optionen angeboten hätte...
Halbherziger Splitscreen-Modus
Künstler statt Rennfahrer
Hier darf man nicht nur seinen Wagen mit individuellen Lackierungen verschönern, sondern auch Farben und Designs von Helmen sowie Rennanzügen anpassen. Genau wie bei Forza 7 darf man auch hier seine Ausrüstung mit neuen Outfits aufpeppen, die sogar von Herstellern wie Puma lizenziert wurden. Sie erhält man meist als Belohnung für Rangaufstiege oder darf sie im Shop gegen Meilen eintauschen.
Meilen, Credits, Erfahrung und Kilometer
Darüber hinaus gibt es die üblichen Erfahrungspunkte nach jedem Rennen, mit denen man im Fahrerrang aufsteigt, was wiederum Belohnungen mit sich bringt und zumindest bis Stufe 20 auch weitere Strecken freischaltet. Schade allerdings, dass sich vor allem die Wahl der KI-Schwierigkeit auf die möglichen Erfahrungspunkte auswirkt, der Verzicht auf Fahrhilfen dagegen nicht. Außerdem werden täglich die gefahrenen Kilometer in den umfangreichen Profilstatistiken vermerkt. Erreicht man die minimale „Trainingsdistanz“, wird man mit einem neuen Wagen belohnt, der per Zufall zwischen vier Möglichkeiten ausgelost wird. Muss das denn schon wieder so ein blödes Glücksspiel sein? Warum stellt man die vier Modelle nicht einfach zur Wahl und lässt dann den Spieler entscheiden, welches von ihnen er am liebsten in seiner Garage haben will? Mit diesem Glücksrad-Prinzip, das auch gewisse Parallelen zu Beutekisten aufweist, kann aus der Belohnung schnell eine kleine Enttäuschung werden.
Neben Rangaufstiegen sowie dem Ansammeln von Credits und Meilen findet sich mit dem Erreichen von Zielen für die dreistufigen Meilensteinen ebenfalls ein weiterer Motivationsfaktor: Hier werden z.B. die Anzahl der Siege sowie Pole Positions bei Online-Rennen, saubere Läufe, die Gesamtspielzeit, aber auch der Treibstoffverbrauch oder die Menge an erstellten Designs und Fotos belohnt, sobald man bestimmte Marken knackt.
Motivierende Meilensteine
Apropos Fotos: Was Polyphony Digital hier mit Scapes geschaffen hat, ist der mit Abstand beeindruckendste Fotomodus, den man derzeit in einem Videospiel finden kann. Man bekommt hier hochprofessionelle Werkzeuge für Fotografen, mit denen man die virtuellen Boliden in über 1000 reale Bildvorlagen einbetten kann, die bereits Daten für die korrekte Beleuchtung und Tiefeninformationen enthalten. Dabei umfassen die Motive beeindruckende Schauplätzen rund um den Globus, darunter Stadt-, Land- und Natur-Szenerien aus Japan, den USA, Norwegen und Italien bis hin zur idyllischen Eifel. Jetzt bitte noch die traumhafte Burg Eltz als Vorlage nachreichen und ich bin endgültig glücklich!
Professionelles Foto-Shooting
Fazit
Gran Turismo Sport ist das iRacing für die PS4! Ich hatte bei kompetitiven Online-Rennen an einer Konsole selten so viel Spaß und Spannung hinter dem Steuer wie hier. Verantwortlich dafür ist in erster Linie das Einstufungssystem für die Spieler, das nicht nur deren fahrerische Fähigkeiten, sondern auch den Sportsgeist bzw. faires Verhalten berücksichtigt und entsprechend belohnt. Doch auch die Fahrphysik weiß mit einem nachvollziehbaren Verhalten der Boliden zu überzeugen, präsentiert sich gleichzeitig aber zugänglicher als Simulationen vom Schlag eines Project Cars 2 oder Assetto Corsa und macht sowohl mit Controller als auch Lenkrad eine sehr gute Figur. Den großartigen Ausflügen auf die Online-Pisten, die mit dem Start der offiziellen Meisterschaften noch mehr an Schwung gewinnen dürften, stehen die mageren Inhalte für Offline-Fahrer gegenüber: Zwar gibt es im Rahmen der Kampagne zahlreiche kleine Herausforderungen und man genießt für das Aufsetzen von Rennen gegen angenehme KI-Fahrer enorm viele Freiheiten, doch ist dies kein Ersatz für den klassischen GT Modus mit seinen Cups und Tuning-Optionen. Enttäuschend fallen auch die lieblose VR-Tour und die Rennen am geteilten Bildschirm aus. Das größte Problem von GT Sport ist aber der Mangel an Inhalten: Mit dem zusammengestauchten Fuhrpark kann ich mich ja noch anfreunden, obwohl ich mir ein etwas breiter angelegtes Spektrum bei den Fahrzeugen gewünscht hätte. Immerhin gibt es jetzt nur noch aufwändig gestaltete Premium-Modelle, die nicht nur fantastisch aussehen, sondern endlich auch vernünftig klingen und sich damit prima in die ansehnlichen Kulissen mit ihrer grandiosen Beleuchtung einfügen. Das Streckenangebot fällt mir aber zu mau aus und lässt vor allem mehr reale Rennkurse vermissen. Angesichts des überwältigenden Foto-Modus und den aufwändigen Recherchen für das Museum stellt man sich unweigerlich die Frage, ob Polyphony die Zeit nicht besser in die Entwicklung weiterer Pisten und Offline-Modi investiert hätte. Und so sehr ich die Foto-Werkzeuge und die atemberaubenden Ergebnisse von Scapes oder Zusätze wie den Design-Editor auch zu schätzen weiß: Mehr Fahrzeuge und vor allem mehr Strecken wären mir lieber gewesen!
Pro
- großartige, nachvollziehbare Fahrphysik
- ansprechender Fuhrpark...
- überwiegend gelungenes Straf- und Flaggensystem
- Fairness- und Skill-Einstufung
- sehenswerte Kulisse mit fantastischer Beleuchtung
- detailliert modellierte Fahrzeuge und Cockpits
- überwiegend satte Motorenklänge und gelungene Soundeffekte
- hervorragende Controller- und Lenkrad-Steuerung
- optionale Fahrhifen
- gutes Force Feedback
- aufmerksame, anpassbare KI-Fahrer
- volles Schadensmodell (optional)
- skalierbarer Reifenverschleiß (optional)
- skalierbarer Benzinverbrauch (optional)
- stark inszenierte Boxenstopps
- umfangreiche Setup-Einstellungen
- optionale Boost-Funktion für enge Rennen
- massig Hintergrundinfos zu Fahrzeugen, Herstellern und Weltgeschichte
- zahlreiche Anpassungen bei benutzerdefinierten Rennen möglich
- optionale Qualifikation möglich
- klasse designte Original-Rennstrecken
- überzeugendes Matchmaking
- Sitzposition lässt sich frei anpassen
- motivierende Meilensteine
- immersive VR-Abstecher
- lehrreiche Fahrschul-Lektionen mit knackigen Herausforderungen
- überragende Foto-Werkzeuge (Scapes-Modus)
- Design-Editor
- anpassbare Fahrer-Ausrüstung
- Setups, Designs und Fotos lassen sich mit Community teilen
- private und öffentliche Lobbys mit zahlreichen Einstellungsmöglichkeiten
- lokale Duelle am geteilten Bildschirm möglich
- Belohnungen für tägliches Training
- vorzeitiges Abbrechen wird bestraft (online)
- speicherbare (und teilbare) Wiederholungen
- angenehmer Soundtrack
- Vorlagen für Online-Lobbys lassen sich abspeichern
- optionale Host-Übertragung
- zahlreiche Profilstatistiken
Kontra
- magere Streckenauswahl
- ...dem es an Variation mangelt
- kein Wettersystem
- keine dynamischen Tag-/Nachtwechsel
- Tuning quasi nicht mehr vorhanden
- Schäden an Fahrzeugmodellen kaum sichtbar
- KI auch auf höchster Stufe etwas zu zahm und langsam
- lange Ladezeiten
- keine klassische Karriere mehr
- starkes Gummiband im Arcade-Modus
- KI lässt sich häufig als Bande und Stopper missbrauchen
- keine eigenen Meisterschaften möglich
- enttäuschende Rallye-Ausflüge
- halbherzige VR-Tour ohne Anpassungsmöglichkeiten
- vereinzelte Serverprobleme
- Menüs z.T. sehr verschachtelt
- sehr rudimentäre Bestenliste
- Etiketten-Video nur mit deutschen Untertiteln
- viele Strecken müssen für Offline-Rennen erst mühsam freigeschaltet werden
- nur sehr rudimentäre Splitscreen-Rennen
- normale Schnappschüsse nur innerhalb von Wiederholungen möglich
- massiv eingeschränkter Funktionsumfang ohne Internetverbindung
- KI lässt sich bei Online-Rennen nicht dazuschalten
Echtgeldtransaktionen
Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?
- Man kann die Spielzeit über Käufe verkürzen, Pay-to-Shortcut.