Gran Turismo Sport - Test, Rennspiel, VirtualReality, PlayStationVR, PlayStation4

Gran Turismo Sport
26.10.2017, Michael Krosta

Test: Gran Turismo Sport

Das iRacing für die PlayStation 4?

Gran Turismo Sport (ab 17,89€ bei kaufen) markiert einen neuen Anfang für die Serie: GT-Schöpfer Kazunori Yamauchi und Polyphony Digital verabschieden sich vom gigantischen Fuhrpark, dem Tuning und der klassischen Karriere, sondern richten ihren Fokus auf kompetitives Online-Racing mit dem offiziellen Segen der FIA. Ob diese Neuausrichtung gelingt, analysieren wir im Test...

Für Offline-Rennfahrer hat der Ableger nicht besonders viel zu bieten: Das, was im Spiel als Kampagne bezeichnet wird, stellt im Prinzip nur eine Aneinanderreihung von überwiegend kurzen Herausforderungen und Lektionen dar. Für Anfänger dürfte diese virtuelle Fahrschule willkommen sein, doch Veteranen werden gelangweilt abwinken, obwohl die Anforderungen für den Gewinn der Goldmedaille durchaus knackig ausfallen können und der direkte Vergleich mit Freunden trotz des mageren Informationsgehalts auf den Bestenlisten hinsichtlich der verwendeten Fahrhilfen oder der verwendeten Steuerung durchaus motiviert.

Zurück in die Fahrschule

In den Fahrschul-Lektionen lernt man u.a., wie man Sportgeschosse von Porsche & Co beherrscht.
Zwar lernt man im Rahmen der Kampagne angesichts der zahlreichen Veranstaltungen die Fahreigenschaften unterschiedlicher Boliden und Klassen genauso gut kennen wie die Streckenführung der einzelnen Pisten, doch ist das gebotene Programm als Ersatz für den klassischen GT Modus enttäuschend: Man vermisst die altbekannten Cups und auch das Tuning spielt bis auf simple Leistungs-Upgrades und die Möglichkeit zu einer dreistufigen Gewichtsreduktion hier keine Rolle mehr. Neben der Kampagne haben Offline-Fahrer noch die Chance, sich in Arcade-Rennen mit einer auffälligen Gummiband-KI zu messen, beim Zeitfahren neue Rundenrekorde aufzustellen oder in Drift-Wettbewerben lässig durch die Kurven zu schlittern.

Zudem darf man in Benutzer-Rennen eigene Rahmenbedingungen definieren, darunter Rundenanzahl bzw. Rennzeit, Starttyp (stehend oder fliegend) und wie genau das Strafsystem in festgelegten Bereichen greifen soll. Zudem lässt sich auf Wunsch ein volles Schadenssystem aktivieren, das zwar visuell mit seinen leichten Kratzern massiv enttäuscht, sich aber trotz mancher Inkonsequenzen spürbar auf die Fahrphysik auswirkt. Selbst Reifenverschleiß und Benzinverbrauch lassen sich optional aktivieren und sogar bis zu einer zehnfachen Geschwindigkeit skalieren. Klar, dass auch Boxenstopps nicht fehlen dürfen, die nicht nur taktische Möglichkeiten bei der Reifenwahl und dem Spritverbrauch eröffnen, sondern auch klasse inszeniert werden. Zwar darf man seine Crew nicht manuell ansteuern und auch Faktoren wie das Überfahren der weißen Linie spielen hier keine Rolle, doch wird die Zeit während der automatischen Anfahrt sinnvoll dafür genutzt, um die gewünschte Mischung der neuen Pneus und die Treibstoffmenge festzulegen.

Racing á la carte

Es finden sich wieder einige Konzeptfahrzeuge im Fuhrpark.
Bei der KI hat man nicht nur die Wahl zwischen drei Schwierigkeitsgraden: In Einzelrennen darf man zusätzlich die Intensität des Gummibands bzw. der Boost-Funktion einstellen oder die Funktion zum Glück sogar komplett deaktivieren. Insgesamt hinterlässt die KI vor allem ohne die künstliche Unterstützung einen guten Eindruck: Sie verteidigt ihre Linie und weiß auch zu attackieren, falls sich eine Gelegenheit ergibt. Gleichzeitig ist sie aber darauf bedacht, nicht zu aggressiv zu Werke zu gehen und Kollisionen möglichst zu vermeiden. Auch unseren Crash-Test besteht sie mit Bravour und weicht Hindernissen auf der Strecke geschickt und geordnet aus. Vorwerfen kann man ihr lediglich, dass sie ohne den Boost selbst auf der höchsten Stufe noch etwas zu gemütlich unterwegs ist und mitunter fast schon ein wenig zu zahm agiert. Tatsächlich gibt sie durch Blinker-Signale sogar zu erkennen, wenn sie sich überholen lassen will. Eine Möglichkeit, von der man übrigens auch als Spieler Gebrauch machen kann. Umgekehrt darf man den Vordermann mit einer Lichthupe weiter unter Druck setzen oder die Warnblinker anschalten, falls man irgendwelche Probleme hat. Vielleicht hätte man trotzdem mehr vorgefertigte Abstufungen beim Schwierigkeitsgrad zur Verfügung stellen sollen anstatt sich für enge Duelle vor allem auf die Boost-Funktion zu verlassen. Schade auch, dass man lediglich Einzelrennen absolvieren und keine eigenen Mini-Meisterschaften erstellen kann. Eine solche Option hätte zumindest im Ansatz für den Verlust der Karriere entschädigen können.

Aber die anpassbaren Rennen sind immer noch tausendmal besser als das, was man sich bei der VR-Tour erlaubt: Hier warten neben einem oberflächlichen Showroom, der mangels Interaktionen bei weitem nicht an die Qualitäten eines ForzaVista heran reicht, lediglich Duelle gegen einen einzigen Gegner über eine vorgeschriebene Distanz. Neben diesem lächerlichen Starterfeld ist es eine riesige Enttäuschung, dass man hier abgesehen von der Wahl von Fahrzeug und Strecke inklusive einer abgespeckten Auswahl an Tageszeiten keinerlei Rennbedingungen festlegen darf. Selbst die KI-Stufe wird hier vorgegeben! Dabei hätte man mit wenig Aufwand so viel mehr aus der VR-Tour herausholen können, wenn man nur ähnliche Anpassungsmöglichkeiten wie bei den Benutzer-Rennen oder zumindest ein Zeitfahren als Alternative angeboten hätte. Dem schwachen Angebot steht nämlich wieder eine großartige Immersion gegenüber, wenn man in VR hinter dem Steuer sitzt und dabei die Höhenunterschiede der Strecken sowie das famose Mittendrin-Gefühl viel besser zur Geltung kommen als vor dem Fernseher. Es ist gemessen an der riesigen Faszination eine Schande, dass die Entwickler nicht mehr aus dem Potenzial von VR geschöpft haben.

Enttäuschende VR-Erfahrung

Eine Fahrt auf der Nordschleife ist zwar immer wieder schön, aber die Streckenauswahl bietet zu wenig Umfang.
Nein, die Stärken von GT Sport liegen nicht im Offline-Angebot oder dem VR-Modus. Sie liegen auch nicht im mageren Streckenangebot, das trotz Ausflügen auf bekannte Kurse wie die Nordschleife, Brands Hatch oder Suzuka nur wenige lizenzierte Schauplätze beinhaltet, sondern vornehmlich auf fiktive Original-Pisten setzt, die aber immerhin klasse designt wurden. Aber man vermisst einfach attraktive Klassiker wie Le Mans, Spa, Monza, Silverstone oder Monte Carlo. Selbst auf ein Wiedersehen mit Kult-Pisten der Reihe wie Trial Mountain oder Deep Forest hätte ich mich gefreut, doch diese sind ebenfalls kein Bestandteil des Angebots, das lediglich knapp 20 Schauplätze und nur wenige Layout-Variationen umfasst. Besonders ärgerlich: Einen Großteil der Strecken muss man für die Verwendung in Offline-Veranstaltungen erst noch mühsam durch Rangaufstiege freischalten.

Wenig Streckenvielfalt

Elemente wie ein Tag-/Nachtzyklus oder wechselnde Witterungsbedingungen bleiben ebenfalls außen vor, doch wird man zumindest mit einer Auswahl an Tageszeiten und unterschiedlichem Bewölkungsgrad entschädigt, bei der die grandiose Beleuchtung innerhalb der sehenswerten Kulissen voll zur Geltung kommt – sei es mit oder ohne HDR. Negativ fallen nur vereinzelte Flimmerkanten sowie die geringe Zeichentiefe auf, bei der nicht nur Texturschichten, sondern teilweise sogar komplette Objekte wie Baumstämme oder Schilder ins Bild ploppen. Auf der PS4 Pro hat man übrigens die Wahl, ob man mehr Wert auf die visuelle Qualität und 4K legt oder der Bildrate eine höhere Priorität bei einer maximalen Auflösung von 2K einräumt. Ein Blick auf die Reifenauswahl nährt allerdings die Hoffnung, dass in dieser Richtung noch etwas nach passieren könnte: Hier finden sich neben verschiedenen Mischungen für Straßen-, Sport- und Rennreifen auch Intermediates und sogar Pneus für Starkregen. Neben der überzeugenden Technik, die neben den schicken Lichteffekten auch aufwändig modellierte Boliden und eine flüssige Darstellung garantiert, glänzt GT Sport aber vor allem in zwei Bereichen: der Fahrphysik und den Online-Qualitäten.

Die Fahrphysik ist großartig und nachvollziehbar. Gleichzeitig bildet sie einen guten Kompromiss aus Anspruch und Zugänglichkeit.
Yamauchi will die Spieler nicht mit einer Hardcore-Simulation verschrecken, sondern will dem Slogan „Fahren ist für Jedermann“ gerecht werden. Das erreicht er zum einen durch eine Auswahl an üblichen Hilfen wie ABS und Traktionskontrolle, doch auch eine aktive Lenkunterstützung und ein erhöhter Grip abseits der Piste dürfen hinzu geschaltet werden. Dazu gesellen sich visuelle Unterstützung wie Orientierungsmarker im Scheitelpunkt von Kurven oder die Einblendung der Ideallinie. Zum anderen wirkt das Fahrverhalten der Fahrzeuge zwar jederzeit nachvollziehbar, zeigt sich im Grenzbereich aber etwas gutmütiger als Simulationen vom Schlag eines Project Cars oder Assetto Corsa. So fällt es hier spürbar leichter, ein ausbrechendes Heck doch noch mit einem behutsamen Gegenlenken abzufangen oder sich mit den Boliden dank einer höheren Bodenhaftung etwas mutiger in die Kurven zu legen. Gleichzeitig bleibt ein gewisser Anspruch vorhanden, wenn man sich ohne Hilfen ans Limit heran tastet und beim umfangreichen Setup an den idealen Anpassungen für Fahrwerk, Getriebe und Aerodynamik tüftelt.

Zwischen Anspruch und Zugänglichkeit

Auf Offroad-Pisten überzeugt die Fahrphysik dagegen weniger.
Praktischerweise darf man nicht nur für jedes Fahrzeug bis zu zehn getrennte Setups für Drift- und Renneinsätze anlegen, sondern seine Einstellungen auch mit anderen Nutzern teilen oder deren Vorlagen übernehmen. Egal ob mit Lenkrad oder Controller: GT Sport versprüht Fahrspaß pur! Die individuellen Eigenschaften der Wagen kommen prima zur Geltung. Vor allem in Kombination mit dem ordentlichen Force Feedback fühlt man sich hier einfach wohl, auch wenn diesbezüglich weder das Niveau von Assetto Corsa noch die Einstellungsvielfalt eines Project Cars 2 erreicht wird, obwohl man nach einem Update mittlerweile sowohl die Empfindlichkeit als auch das maximale Drehmoment in zehn Stufen anpassen darf. Nur das Rallye-Feeling enttäuscht: Zwar bekommen die Motoren innerhalb des Lenkrads angesichts der Holperpisten ordentlich was zu tun, doch verdirbt hier die übertrieben niedrige Bodenhaftung und die Beschränkung auf lediglich einen Gegner den Fahrspaß. Selbst in einem Rallye-Boliden, der für solche Bedingungen prädestiniert ist, fühlt man sich fast wie mit Slicks auf einem Eissee, der zusätzlich mit Schmierseife eingerieben wurde.  

Schade zudem, dass der Fuhrpark im Vergleich zu früheren Teilen nicht nur massiv auf etwa 160 Modelle gestutzt wurde, sondern ihm im Vergleich zu Forza oder Project Cars mit dem großen Fokus auf GT-Boliden eine gewisse Breite fehlt. Die eingestreuten Konzept-Studien und vereinzelte Rallye-Wagen können den Mangel an historischen Rennmaschinen oder Formel-Wagen leider kaum kompensieren. Trotzdem finden sich immer noch genug attraktive Modelle im Sortiment und durch die kleinere Auswahl hat die unsinnige Aufteilung zwischen Standard- und Premium-Varianten jetzt endlich ein Ende. Und nicht nur das: Nach Jahren der Ohrenfolter und dem gefühlten Recycling von Sounds aus den ersten GT-Teilen von der PlayStation 1 hören sich die Motoren nicht länger wie generische Staubsauger an, sondern überzeugen mit kernigen Klängen, die deutlich näher an den realen Vorbildern angesiedelt sind. Bei den übrigen Soundeffekten hat man ebenfalls zugelegt, denn vor allem die Kollisionsgeräusche wirken authentischer und differenzierter als der furchtbar monotone „Bong-Sound“ bei Gran Turismo 6. Selbst der lizenzierte Soundtrack kann überzeugen, falls man während des Renngeschehens oder im Hintergrund der speicherbaren Wiederholungen Musik hören will. In den Menüs ertönen dagegen wieder Arrangements, die eher Erinnerungen an Aufzüge wecken.

Kleinerer Fuhrpark

Die Fahrzeuge wurden aufwändig modelliert - sowohl innen als auch außen.
Vorbildlich zudem, dass man nicht nur für jeden Hersteller, sondern auch die einzelnen Modelle interessante Infotexte bereitstellt. Und nicht nur das: Wie in einem Museum kann man die Firmengeschichte der jeweiligen Autobauer anhand von Bildern Revue passieren lassen. Gleichzeitig wird die gelungene Präsentation der Automobilgeschichte von Einträgen zu mehr oder weniger kulturhistorisch bedeutsamen Ereignissen wie der Russischen Revolution im Jahr 1917, der Erfindung des Lasers 1960 oder der Einführung der Apple Watch 2015 prima umrahmt – was für eine gelungene und kurzweilige Mini-Enzyklopädie, deren Themen einen Zeitraum von etwa 1830 mit der Geburt von Gottlieb Daimler bis heute abdecken! Darüber hinaus bekommen Hersteller im Brand Central die Möglichkeit, ihre Fahrzeuge mit Video-Clips zu präsentieren und Fans über Neuigkeiten rund ums Unternehmen zu informieren. Damit erfüllt GT Sport sogar den Zweck eines Infokanals und fungiert als direkte Schnittstelle zwischen Spielern und Autoherstellern.

Viele Hintergrundinformationen

Die täglichen Online-Veranstaltungen teilen sich auf drei Rennklassen auf.
Um völlig spaßfreie Crash-Orgien im Stil von Forza Motorsport 7 bei Online-Rennen zu unterbinden, orientiert man sich an einem System von iRacing, das Spieler nicht nur hinsichtlich ihrer Fahrleistungen, sondern auch ihrer Fairness beurteilt und entsprechend einstuft. Dabei werden nicht nur Berührungen zwischen den Autos registriert, denn auch Ausflüge ins Kiesbett oder ein anderweitiges Verlassen der Strecke wirken sich negativ auf die Bewertung aus und ziehen nach Abkürzungen sowie rüden Rempel-Attacken sogar Zeitstrafen nach sich. Schön, dass Warnsignale nicht nur simpel eingeblendet werden, sondern die animierten Marshalls am Streckenrand tatsächlich die entsprechenden Flaggen schwingen und Warnlichter aufleuchten. Das System ist sicher nicht perfekt und auch auf den Online-Pisten von GT Sport tummeln sich hin und wieder Chaoten, die lieber ein Destruction Derby veranstalten anstatt Rennen zu fahren. Deren Fahrzeuge werden aber nach Abflügen oder bei Geisterfahrer-Ambitionen in der Regel automatisch ausgeblendet und stellen dank deaktivierter Kollisionsabfrage keine Gefahr mehr dar. Überwiegend wird man jedoch feststellen, dass hier bei Online-Wettbewerben generell sauberer und fairer gefahren wird als man es von vielen anderen Rennspielen auf Konsolen kennt. Vielleicht zeigen die Tutorial-Videos zur Renn-Etikette ja doch Wirkung, obwohl sie leider nur deutsch untertitelt und nicht vollständig lokalisiert wurden? Dank des gelungenen Matchmakings und des strengen Reglements, das in Zusammenarbeit mit der FIA erarbeitet und umgesetzt wurde, liefert GT Sport zusammen mit Project Cars 2 die besten Online-Rennen, die man derzeit auf einer Konsole erleben kann. So muss virtueller Motorsport aussehen: spannend, authentisch, fair!

Auf den Spuren von iRacing

Dafür sorgt auch das BoP-System (Balance of Power), das die Leistungen und das Gewicht der Boliden anpasst, damit alle unahängig von der Wahl ihres Fahrzeugs unter ähnlichen Voraussetzungen um den Sieg kämpfen. Zuvor entscheidet die Leistung beim Qualifying über die Startposition innerhalb der per Matchmaking zugewiesenen Spielergruppe. Wer sich spontan zurückzieht oder ein Rennen vorzeitig beendet, muss übrigens mit Konsequenzen rechnen: Solche Aktionen werden genauso als unsportlich betrachtet wie Rempeleien und führen zu Abzügen in der Sportgeistwertung. - gut so! Ich bin schon sehr gespannt auf die drei Meisterschaften, an denen man ab Anfang November zusätzlich zu den täglichen Rennen teilnehmen kann, bei denen die Schauplätze rotieren. Dabei handelt es sich zum einen um den Nations Cup, bei dem man vor allem sein Heimatland vertritt. Zum anderen gibt es eine separate Meisterschaft, in der man sich in erster Linie für seine Lieblings-Automarke ins Zeug legt. Den größten Reiz dürfte jedoch der Gewinn der GT Sport Meisterschaft ausüben – immerhin wird der Sieger am Ende der Saison zusammen mit den Champions anderer FIA-Rennserien in Paris mit der begehrten Trophäe ausgezeichnet.

System für Chancengleichheit

Die Rallye-Ausflüge enttäuschen mit einem übertrieben niedrigen Grip-Niveau und kleinem Starterfeld.
Doch auch abseits des internationalen Racing-Parketts gibt es in privaten oder öffentlichen Lobbys genug Möglichkeiten, kompetitiven Rennspaß mit bis zu 16 Teilnehmern zu genießen. Dabei überzeugt GT Sport mit seinen vielfältigen Einstellungsmöglichkeiten für das Aufsetzen von Veranstaltungen. Zusätzlich zu den Optionen, die man bereits bei den Offline-Rennen vorfindet, darf man für die Online-Lobbys zusätzlich das Strafsystem noch weiter verschärfen, den Zugang von der Spieler-Einstufung abhängig machen und auch die Angleichung der Boliden via BoP aktivieren. Darüber hinaus lässt sich auch der Einsatz von Fahrhilfen beschränken, die Ghosting-Stärke bestimmen und sogar die Benzinmenge beim Rennstart festlegen, wodurch man quasi einen Pflichtboxenstopp vorschreiben kann. Sehr schön: Für die Lobby-Einstellungen lassen sich getrennte Profile abspeichern, damit man nicht jedes Mal erneut viel Zeit mit den präferierten Anpassungen verbringen muss.

Eigene Lobbys

Die Online-Rennen laufen nicht nur dank des Einstufungssystems, sondern auch durch die gute Technik überwiegend sauber und ohne störende Lags ab.
Die guten Server sind ebenfalls eine wichtige Säule dafür, warum die Online-Rennen so viel Spaß machen: Lags oder Verbindungsabbrüche traten während unserer Testfahrten kaum auf – nur selten konnte man aufgrund einer suboptimalen Netzqualität unnatürliche Bewegungen der Fahrzeuge beobachten. Allerdings hatte Sony seit dem Start mit vereinzelten Server-Problemen zu kämpfen: Diese führten z.B. dazu, dass Qualifikationszeiten nicht anerkannt wurden oder privat aufgesetzte Mehrspieler-Lobbys trotz Raum-ID und Suchoptionen nicht gefunden werden konnten. In den ersten Stunden waren die Server zeitweise sogar überhaupt nicht zu erreichen. Das ist vor allem deshalb besonders ärgerlich, weil ohne eine bestehende Verbindung der Funktionsumfang des Spiels stark eingeschränkt wird. Dass der Sport-Modus mit seinen Online-Rennen in diesem Fall nicht funktioniert, ist klar. Dass aber sogar die Prüfungen in der Kampagne nicht weiter zugänglich sind, weil der Spielstand nicht länger lokal, sondern nur noch online gespeichert wird, ist ein schlechter Witz. Selbst der Zugang zum Museum oder zu Funktionen wie Design-Editor und Fotomodus wird unter diesen Umständen verwehrt. So bleiben lediglich die wenigen Spielmöglichkeiten innerhalb des Arcade-Modus übrig, falls es Probleme mit den Servern gibt – ein Umstand, den man weder nachvollziehen noch gutheißen kann.

Gute Server, schlechte Server

Dazu gehören auch lokale Duelle am geteilten Bildschirm. Es ist zwar immer schön, wenn eine solche Option angeboten wird, aber genau wie bei Forza Motorsport 7 wurde sie auch hier nur halbherzig umgesetzt. Zum einen darf man keine KI-Fahrer hinzuschalten, zum anderen vermisst man die meisten der Einstellungen, die man bei den anderen Einzelrennen vornehmen kann. Schadensmodell? Boost-Funktion? BoP? Nichts! Lediglich Rundenanzahl, Strecke und Fahrzeuge dürfen festgelegt werden. Damit wirkt der Splitscreen-Modus nur wie ein liebloses Anhängsel, das man nur eingebaut hat, damit es irgendwie vorhanden ist. Immerhin bleibt die Darstellung auch am geteilten Bildschirm überwiegend flüssig. Trotzdem schade drum, denn genau wie bei der VR-Tour wäre auch hier deutlich mehr drin gewesen, wenn man nur ein paar mehr Optionen angeboten hätte...

Halbherziger Splitscreen-Modus

Im Design-Editor darf man sich eigene Aufkleber basteln und auf der Karosserie anbringen.
Erstmals enthält ein Titel aus der GT-Reihe auch einen Design-Editor. Offensichtlich hat man sich in Japan ganz genau angeschaut, was Forza & Co in dieser Hinsicht bieten. Entsprechend darf man auch hier mit vertrauten Handgriffen diverse Schichten auf der Karosserie platzieren und sich mit der großen Auswahl an Form-Vorlagen eigene Logos, Schriftzüge oder gar kleine Kunstwerke erschaffen. Alternativ bekommt man aber bereits einige fertige Aufkleber bekannter Unternehmen und darf auch hier die Lackierungen von Künstlern nutzen, die ihre Designs hochgeladen und zum Teilen freigegeben haben.

Künstler statt Rennfahrer

Hier darf man nicht nur seinen Wagen mit individuellen Lackierungen verschönern, sondern auch Farben und Designs von Helmen sowie Rennanzügen anpassen. Genau wie bei Forza 7 darf man auch hier seine Ausrüstung mit neuen Outfits aufpeppen, die sogar von Herstellern wie Puma lizenziert wurden. Sie erhält man meist als Belohnung für Rangaufstiege oder darf sie im Shop gegen Meilen eintauschen.

Einen dynamischen Tag-/Nachtzyklus gibt es genauso wenig wie ein Wettersystem. Unterschiedliche Tageszeiten dagegen schon.
GT Sport schüttet gleich vier Belohnungen nach Rennen aus: Preisgelder gibt es in Form von Credits, die man vor allem in den Kauf von neuen Wagen investiert, die man übrigens auch wieder mit Verlust verkaufen kann. Meilen sind dagegen eine separate Währung, die man im dazugehörigen Shop gegen besagte Ausrüstung, schicke Felgen, die minimalen Tuning-Upgrades oder Automodelle eintauschen kann, die ausschließlich dort zur Verfügung stehen. Ich hoffe nur, dass die Meilen kein Vorbote für zukünftige Mikrotransaktionen darstellen, mit denen man sein Meilenkonto gegen die Investition von echtem Geld aufstocken kann.

Meilen, Credits, Erfahrung und Kilometer

Darüber hinaus gibt es die üblichen Erfahrungspunkte nach jedem Rennen, mit denen man im Fahrerrang aufsteigt, was wiederum Belohnungen mit sich bringt und zumindest bis Stufe 20 auch weitere Strecken freischaltet. Schade allerdings, dass sich vor allem die Wahl der KI-Schwierigkeit auf die möglichen Erfahrungspunkte auswirkt, der Verzicht auf Fahrhilfen dagegen nicht. Außerdem werden täglich die gefahrenen Kilometer in den umfangreichen Profilstatistiken vermerkt. Erreicht man die minimale „Trainingsdistanz“, wird man mit einem neuen Wagen belohnt, der per Zufall zwischen vier Möglichkeiten ausgelost wird. Muss das denn schon wieder so ein blödes Glücksspiel sein? Warum stellt man die vier Modelle nicht einfach zur Wahl und lässt dann den Spieler entscheiden, welches von ihnen er am liebsten in seiner Garage haben will? Mit diesem Glücksrad-Prinzip, das auch gewisse Parallelen zu Beutekisten aufweist, kann aus der Belohnung schnell eine kleine Enttäuschung werden.    

Neben Rangaufstiegen sowie dem Ansammeln von Credits und Meilen findet sich mit dem Erreichen von Zielen für die dreistufigen Meilensteinen ebenfalls ein weiterer Motivationsfaktor: Hier werden z.B. die Anzahl der Siege sowie Pole Positions bei Online-Rennen, saubere Läufe, die Gesamtspielzeit, aber auch der Treibstoffverbrauch oder die Menge an erstellten Designs und Fotos belohnt, sobald man bestimmte Marken knackt.

Motivierende Meilensteine

Apropos Fotos: Was Polyphony Digital hier mit Scapes geschaffen hat, ist der mit Abstand beeindruckendste Fotomodus, den man derzeit in einem Videospiel finden kann. Man bekommt hier hochprofessionelle Werkzeuge für Fotografen, mit denen man die virtuellen Boliden in über 1000 reale Bildvorlagen einbetten kann, die bereits Daten für die korrekte Beleuchtung und Tiefeninformationen enthalten. Dabei umfassen die Motive beeindruckende Schauplätzen rund um den Globus, darunter Stadt-, Land- und Natur-Szenerien aus Japan, den USA, Norwegen und Italien bis hin zur idyllischen Eifel. Jetzt bitte noch die traumhafte Burg Eltz als Vorlage nachreichen und ich bin endgültig glücklich!

Professionelles Foto-Shooting

Scapes beinhaltet professionelle Foto-Werkzeuge und liefert atemberaubende Ergebnisse.
Zusammen mit üblichen Foto-Einstellungen für Blende, Belichtung sowie einer Reihe an Effekten lassen sich kleine Kunstwerke erschaffen, die man anschließend in einer Qualität von bis zu 6K berechnen und abspeichern darf. Nur die Möglichkeiten für Standardaufnahmen mitten im Rennen kommen etwas kurz: Hier darf man nicht sofort über das Pause-Menü auf die Foto-Werkzeuge zurückgreifen, sondern muss dies nachträglich und damit etwas umständlich über das Ansehen der Wiederholungen nachholen, die man aber immerhin vor- und zurückspulen darf.

Fazit

Gran Turismo Sport ist das iRacing für die PS4! Ich hatte bei kompetitiven Online-Rennen an einer Konsole selten so viel Spaß und Spannung hinter dem Steuer wie hier. Verantwortlich dafür ist in erster Linie das Einstufungssystem für die Spieler, das nicht nur deren fahrerische Fähigkeiten, sondern auch den Sportsgeist bzw. faires Verhalten berücksichtigt und entsprechend belohnt. Doch auch die Fahrphysik weiß mit einem nachvollziehbaren Verhalten der Boliden zu überzeugen, präsentiert sich gleichzeitig aber zugänglicher als Simulationen vom Schlag eines Project Cars 2 oder Assetto Corsa und macht sowohl mit Controller als auch Lenkrad eine sehr gute Figur. Den großartigen Ausflügen auf die Online-Pisten, die mit dem Start der offiziellen Meisterschaften noch mehr an Schwung gewinnen dürften, stehen die mageren Inhalte für Offline-Fahrer gegenüber: Zwar gibt es im Rahmen der Kampagne zahlreiche kleine Herausforderungen und man genießt für das Aufsetzen von Rennen gegen angenehme KI-Fahrer enorm viele Freiheiten, doch ist dies kein Ersatz für den klassischen GT Modus mit seinen Cups und Tuning-Optionen. Enttäuschend fallen auch die lieblose VR-Tour und die Rennen am geteilten Bildschirm aus. Das größte Problem von GT Sport ist aber der Mangel an Inhalten: Mit dem zusammengestauchten Fuhrpark kann ich mich ja noch anfreunden, obwohl ich mir ein etwas breiter angelegtes Spektrum bei den Fahrzeugen gewünscht hätte. Immerhin gibt es jetzt nur noch aufwändig gestaltete Premium-Modelle, die nicht nur fantastisch aussehen, sondern endlich auch vernünftig klingen und sich damit prima in die ansehnlichen Kulissen mit ihrer grandiosen Beleuchtung einfügen. Das Streckenangebot fällt mir aber zu mau aus und lässt vor allem mehr reale Rennkurse vermissen. Angesichts des überwältigenden Foto-Modus und den aufwändigen Recherchen für das Museum stellt man sich unweigerlich die Frage, ob Polyphony die Zeit nicht besser in die Entwicklung weiterer Pisten und Offline-Modi investiert hätte. Und so sehr ich die Foto-Werkzeuge und die atemberaubenden Ergebnisse von Scapes oder Zusätze wie den Design-Editor auch zu schätzen weiß: Mehr Fahrzeuge und vor allem mehr Strecken wären mir lieber gewesen!

Pro

  • großartige, nachvollziehbare Fahrphysik
  • ansprechender Fuhrpark...
  • überwiegend gelungenes Straf- und Flaggensystem
  • Fairness- und Skill-Einstufung
  • sehenswerte Kulisse mit fantastischer Beleuchtung
  • detailliert modellierte Fahrzeuge und Cockpits
  • überwiegend satte Motorenklänge und gelungene Soundeffekte
  • hervorragende Controller- und Lenkrad-Steuerung
  • optionale Fahrhifen
  • gutes Force Feedback
  • aufmerksame, anpassbare KI-Fahrer
  • volles Schadensmodell (optional)
  • skalierbarer Reifenverschleiß (optional)
  • skalierbarer Benzinverbrauch (optional)
  • stark inszenierte Boxenstopps
  • umfangreiche Setup-Einstellungen
  • optionale Boost-Funktion für enge Rennen
  • massig Hintergrundinfos zu Fahrzeugen, Herstellern und Weltgeschichte
  • zahlreiche Anpassungen bei benutzerdefinierten Rennen möglich
  • optionale Qualifikation möglich
  • klasse designte Original-Rennstrecken
  • überzeugendes Matchmaking
  • Sitzposition lässt sich frei anpassen
  • motivierende Meilensteine
  • immersive VR-Abstecher
  • lehrreiche Fahrschul-Lektionen mit knackigen Herausforderungen
  • überragende Foto-Werkzeuge (Scapes-Modus)
  • Design-Editor
  • anpassbare Fahrer-Ausrüstung
  • Setups, Designs und Fotos lassen sich mit Community teilen
  • private und öffentliche Lobbys mit zahlreichen Einstellungsmöglichkeiten
  • lokale Duelle am geteilten Bildschirm möglich
  • Belohnungen für tägliches Training
  • vorzeitiges Abbrechen wird bestraft (online)
  • speicherbare (und teilbare) Wiederholungen
  • angenehmer Soundtrack
  • Vorlagen für Online-Lobbys lassen sich abspeichern
  • optionale Host-Übertragung
  • zahlreiche Profilstatistiken

Kontra

  • magere Streckenauswahl
  • ...dem es an Variation mangelt
  • kein Wettersystem
  • keine dynamischen Tag-/Nachtwechsel
  • Tuning quasi nicht mehr vorhanden
  • Schäden an Fahrzeugmodellen kaum sichtbar
  • KI auch auf höchster Stufe etwas zu zahm und langsam
  • lange Ladezeiten
  • keine klassische Karriere mehr
  • starkes Gummiband im Arcade-Modus
  • KI lässt sich häufig als Bande und Stopper missbrauchen
  • keine eigenen Meisterschaften möglich
  • enttäuschende Rallye-Ausflüge
  • halbherzige VR-Tour ohne Anpassungsmöglichkeiten
  • vereinzelte Serverprobleme
  • Menüs z.T. sehr verschachtelt
  • sehr rudimentäre Bestenliste
  • Etiketten-Video nur mit deutschen Untertiteln
  • viele Strecken müssen für Offline-Rennen erst mühsam freigeschaltet werden
  • nur sehr rudimentäre Splitscreen-Rennen
  • normale Schnappschüsse nur innerhalb von Wiederholungen möglich
  • massiv eingeschränkter Funktionsumfang ohne Internetverbindung
  • KI lässt sich bei Online-Rennen nicht dazuschalten

Wertung

VirtualReality

VR sorgt zwar für eine fantastische Immersion, ist aber aufgrund mangelnder Optionen nur ein enttäuschendes Gimmick, bei dem zu viel Potenzial verschenkt wird.

PlayStationVR

VR sorgt zwar für eine fantastische Immersion, ist aber aufgrund mangelnder Optionen nur ein enttäuschendes Gimmick, bei dem zu viel Potenzial verschenkt wird.

PlayStation4

GT Sport ist das iRacing für die PlayStation 4 und bietet virtuellen Motorsport par excellance! Vor allem das magere Streckenangebot sowie die enttäuschenden Inhalte für Offline- und VR-Raser verhindern jedoch die Zieleinfahrt auf dem Award-Podest.

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