WRC 7 - The Official Game - Test, Rennspiel, PlayStation4, PC, XboxOne

WRC 7 - The Official Game
28.09.2017, Michael Krosta

Test: WRC 7 - The Official Game

Die WRC im Aufwärtstrend?

Der Einstieg von Kylotonn in die WRC begann mit einer Katastrophe, doch schon mit WRC 6 konnten sich die Franzosen steigern. Gelingt den Nachfolgern von Milestone bei WRC 7 jetzt endlich der große Schritt nach vorne, mit dem das offizielle Spiel zur Rallye-Weltmeisterschaft endlich wieder Fahrspaß versprüht? Wir haben uns für den Test dem rasanten Kampf gegen die Uhr gestellt...

Na, schon mal ein Rallye-Spiel gespielt? Diese Eingangsfrage muss zusammen mit dem gewünschten Schwerpunkt zwischen Fahrspaß und Simulation erst beantwortet werden, bevor man in den anschließenden Fahrtest entlassen wird, bei dem die Hilfen und Physik entsprechend angepasst werden. Dieser dient nicht nur als kleines Tutorial, sondern stuft auch das eigene Können ein und gibt am Ende Empfehlungen hinsichtlich der Verwendung von Fahrhilfen und dem Schwierigkeitsgrad für die KI. Da die Erklärungen zur Steuerung aber weiterhin während der Fahrt eingeblendet werden, ist der Test als Einführung in die Spielmechanik immer noch genauso sinnlos und unbrauchbar wie im Vorgänger. Wer soll sich bei der kurvigen Strecke und hohen Geschwindigkeiten denn bitte noch Texte zu Knopfbelegungen durchlesen?

Willkommen zur Aufnahmeprüfung

Spektakuläre Sprünge dürfen nicht fehlen.
Apropos Vorgänger: Bei den Spielmodi und selbst der Menügestaltung setzt Kylotonn überwiegend auf die Vorlage aus dem vergangenen Jahr. Man darf im Solospiel also erneut einzelne Etappen oder komplette Rallyes absolvieren und sich neben der offiziellen Weltmeisterschaft auch wieder einen eigenen Rennkalender zusammenstellen. Die Karriere ist als Herzstück ebenfalls genauso und damit auch genauso langweilig aufgebaut wie in WRC 6: Man startet erneut in der Junior WRC und steigt mit guten Leistungen über die WRC 2 schließlich zur Königsklasse WRC auf. Dabei hat man erneut die Wahl zwischen Vertragsangeboten von Teams, die jeweils andere Schwerpunkte legen. Während es einem Teamchef vor allem wichtig ist, dass der Bolide so wenig Schaden wie möglich nimmt, setzen andere vor allem auf Geschwindigkeit oder eine gute Balance. Mit seinen Leistungen trägt man zur Motivation innerhalb der Truppe bei und beeinflusst dadurch u.a. die Zeit, die Mechaniker im Service für die Reparatur von Schäden benötigen. Klar, dass ein gut gelauntes Team eifriger zur Sache geht, was angesichts der eingeschränkten Reparaturzeit von Vorteil ist. Darüber hinaus kann man jedoch im Vergleich zu Dirt Rally oder Dirt 4 keinen Einfluss auf Personalentscheidungen nehmen. Folglich spielt der Faktor „Team“ einmal mehr kaum eine Rolle. Schön dagegen, dass man neben den aktuellen Rallye-Boliden der laufenden Saison auch in Modellen aus dem letzten Jahr Platz nehmen darf. Unter den Bonuswagen findet sich u.a. der WRC-Polo, nachdem sich Volkswagen trotz der großen Erfolge zum Ende der vergangenen Saison überraschend aus der FIA-Rennserie zurückgezogen hat. Allerdings vermisst man erneut die Möglichkeit, vor den Wertungsprüfungen in einem Shakedown die Streckenbedingungen der jeweiligen Rallyes kennenzulernen.   

Bei dem fordernden und gelungenen Streckendesign wird es häufiger mal eng.
Die großen Fortschritte bei WRC 7 findet man ganz sicher nicht in den Spielmodi und der weiterhin biederen Präsentation, wohl aber in zwei zentralen Bereichen: Zum einen hat man das Streckendesign für die einzelnen Etappen weiter verfeinert und fordert mit engen Straßen, fiesen Haarnadelkurven, variierenden Bodenbelägen sowie Hindernissen die volle Konzentration des Fahrers. Das gilt vor allem für die neuen Epic-Stages, die sich teilweise über mehr als 20 Kilometer erstrecken und dadurch mitunter bis zu 15 Minuten dauern. Zudem gibt es als Alternative zu den normalen Wertungsprüfungen vereinzelt auch wieder die Super Special Stages, in denen man sich auf einem Rundkurs mit einem anderen Fahrer duelliert. Schade nur, dass sich die Anzahl der Etappen innerhalb der einzelnen Schauplätzen in Grenzen hält und sich dabei sogar manche Abschnitte wiederholen. Die großartigen Epic-Stages bestehen tatsächlich auch nur aus einer Kombination der normalen Wertungsprüfungen. Immerhin hat man auf den meisten Pisten wieder die Wahl zwischen verschiedenen Witterungsbedingung und darf auch zu unterschiedlichen Tageszeiten (inklusive Nachtrennen) Gas geben.

Fortschritte beim Streckendesign und Fahrphysik

Auf Schotter und Sand fällt das Driften deutlich leichter als auf Asphalt.
Zum anderen geht es auch bei der Fahrphysik einen Schritt nach vorne: Die Wagen fühlen sich authentisch an und ihr Verhalten auf den verschiedenen Streckenoberflächen von Schotter über Asphalt bis hin zu Eispisten wirkt nachvollziehbar – sei es bei den Front-Antrieblern mit ihrem typischen Untersteuern oder den driftfreudigeren Allrad-Geschossen der WRC. Allerdings spürt man kaum einen Unterschied zwischen trockenen und nassen Bedingungen. Zudem wirken sich Bodenwellen hier selbst unter Simulations-Einstellungen schwächer auf das Fahrverhalten aus als bei der DiRT-Konkurrenz und werden aufgrund des enttäuschenden Force Feedbacks bzw. der schwachen Controller-Vibrationen auch kaum erfasst oder überzeugend an den Fahrer weitergeleitet. Generell spürt man zwar die stärkere Tendenz zur Simulation, die mit einer kleinen Auswahl an Fahrhilfen selbstverständlich abgeschwächt werden kann. Trotzdem erreicht man hier  noch nicht das Niveau, das die Rallye-Titel aus dem Hause Codemasters auszeichnet. So kommt mir die Bremse selbst ohne die Unterstützung überraschend stark vor und die Räder blockieren viel zu selten, obwohl ABS bei der WRC eigentlich verboten ist. Beim Setup fahrt man ebenfalls hinterher: Zwar kann man auch hier fleißig am Fahrwerk, den Bremsen sowie dem Getriebe schrauben und hat die Wahl zwischen verschiedenen Reifenmischungen, aber der Detailgrad eines DiRT Rally wird nicht erreicht, zumal auch die Abstufungen bei den Schiebereglern vergleichsweise grob ausfallen. Das stößt übrigens auch bei den Detaileinstellungen der Steuerung sauer auf, wenn sich z.B. der gewünschte Lenkwinkel aufgrund der großen Schritte nicht präzise festlegen lässt.

Zwar sieht die Kulisse auf der PS4 trotz verwaschener Texturen bei Umgebung und Fahrzeugen recht ansehnlich aus, aber auf der Konsole hält man weiter an der Darstellung von 30 Bildern pro Sekunde fest. Dabei wird man das Gefühl zwar nicht los, dass sich die Engine selbst auf der PS4 Pro konstant am Limit bewegt und die Bildrate jederzeit einbrechen könnte, doch bleibt alles im grünen Bereich. Angesichts der Tatsache, dass sich bei Rennspielen mit simulativem Anspruch auf den aktuellen Konsolen die doppelte Bildrate als Standard etabliert hat und man hier keine bzw. kaum KI-Fahrzeuge berechnen muss, ist die Beschneidung auf 30fps trotzdem nicht nachvollziehbar. Im Gegensatz zum Vorgänger hat man die Performance aber spürbar verbessert. Trotzdem sollten sich die Entwickler für die Zukunft vielleicht überlegen, lieber eine höhere Bildrate zu realisieren und dafür vielleicht bei grafischen Details zu sparen, auch wenn ich z.B. auf die teilweise schicken Lichteffekte nur ungern verzichten würde. Aber hey: Wenn es selbst Milestone mittlerweile schafft, bei seinen Motorradspielen eine Darstellung von 60fps zu ermöglichen, dann bekommt Kylotonn es vielleicht ja auch irgendwann hin.       

Ausbaufähige Technik

Die durchaus ansehnliche, im Detail jedoch nur durchschnittlicheKulisse zeigt sich hin und wieder von ihrer besten Seite.
Allerdings gibt es noch viele weitere Baustellen, um die man sich kümmern muss: So lässt der Klang der Motoren immer noch zu wünschen übrig und die Kollisionsabfrage gibt manchmal ebenfalls noch Rätsel auf, wenn die Karosse in Deutschland z.B. von einer Weinrebe aus Adamantium oder einem unzerstörbaren Holz-Zaun gestoppt wird. Mit dem Beifahrer werde ich ebenfalls nicht warm: Er hört sich immer noch an wie ein Roboter, legt bei seinen Ansagen trotz möglicher Anpassungen mitunter ein seltsames Timing an den Tag und verplappert sich manchmal sogar bei seinen Richtungsangaben. Ich habe mich irgendwann mehr auf die Anzeigen konzentriert als dem unverlässlichen Mr. Robot neben mir weiter zuzuhören.

Online darf man lediglich einzelne Etappen oder eine Rallye austragen – komplette Meisterschaften sind leider nicht möglich. Neben direkten Auseinandersetzungen gegen Live-Geisterwagen besteht aber auch die Möglichkeit, sich asynchronen Community-Herausforderungen zu stellen, die regelmäßig aktualisiert werden. Im Gegensatz zu DiRT Rally, wo man lediglich einen Versuch hat, darf man die Herausforderung hier unendlich oft wiederholen. Allerdings wird der erste Lauf hinsichtlich der möglichen Maximal-Punktzahl höher eingestuft als die folgenden und hat entsprechend eine größere Bedeutung für das Endergebnis.

Keine Online-Meisterschaft

Ausflüge in den Schnee stehen ebenfalls im Rallye-Kalender.
Enttäuschend sind dagegen wieder die Online-Bestenlisten für die einzelnen Etappen, da die Filteroptionen arg zu wünschen übrig lassen. Zwar darf man sich alternativ zur Weltspitze auch mit den Leistungen der Freunde vergleichen, aber Abstufungen bei Fahrzeugklassen existieren hier genauso wenig wie Angaben zu verwendeten Fahrhilfen. Aber warum ständig den Blick auf das Online-Angebot richten, wenn man sich auch lokal messen kann? WRC 7 bietet zum einen direkte Duelle für zwei Fahrer am geteilten Bildschirm und zum anderen einen Hotseat-Modus, bei dem bis zu acht Spieler nacheinander um die Bestzeit auf der gleichen Piste kämpfen – eine schöne Sache, die man bei der Konkurrenz vermisst. Die Bildrate ist am geteilten Bildschirm zwar trotz reduzierter Details grenzwertig, aber es bleibt trotzdem spielbar und erträglich.

Fazit

Es gibt Hoffnung für die virtuelle WRC! Entgegen meiner Befürchtungen hat sich Kylotonn mit WRC 7 spürbar gesteigert: Neben der verbesserten Fahrphysik, die hier trotz der starken Bremskraft mehr zur Simulation tendiert, zählen vor allem die anspruchsvollen sowie prima designten Etappen zu den großen Stärken, auch wenn es innerhalb der einzelnen Schauplätze gerne noch mehr Variationen abseits des Wetters und der Tageszeit sowie weniger Recycling geben dürfte. Aber man erlebt hier nach Jahren endlich mal wieder ordentlichen Fahrspaß in einem offiziellen Rennspiel zur WRC! Und das nicht nur alleine bei Solo-Läufen, sondern auch online oder lokal in Mehrspieler-Duellen, obwohl ich mir auch dort das Austragen kompletter Meisterschaften wünschen würde. Bei Technik und Präsentation gibt es allerdings weiterhin viel Luft nach oben: Die Engine scheint sich trotz der Beschränkung auf 30 Bilder pro Sekunde am Limit zu bewegen, die mitunter seltsame Kollisionsabfrage wirft Fragen auf und die Klangkulisse kommt nicht über mageren Durchschnitt hinaus. Dazu gesellen sich das inkonsequente Strafsystem und ein Beifahrer, der mit seiner nervigen Roboterstimme sowohl beim Timing als auch den Richtungsangaben nicht immer richtig liegt. Trotzdem macht das diesjährige WRC Mut, dass sich Kylotonn in Zukunft weiter steigern wird. Ich kann es nach dem verkorksten Start kaum glauben, aber ich freue mich jetzt sogar auf WRC 8 und bin gespannt, ob man den positiven Trend fortsetzt.

Pro

  • offizielle FIA-Lizenz für drei Klassen
  • ordentliche, durchaus anspruchsvolle Fahrphysik
  • hervorragend designte Etappen...
  • volles Schadensmodell...
  • ansehnliche Kulisse
  • optionale Fahrhilfen
  • diverse Setup-Optionen
  • verschiedene Witterungsbedingungen
  • regelmäßige Online-Herausforderungen
  • eigene Meisterschaften möglich
  • verschiedene Tageszeiten inkl. Nachtrennen
  • überwiegend flüssige Darstellung
  • Bonuswagen aus vergangener Saison enthalten
  • lokale Splitscreen-Rennen und Hotseat

Kontra

  • magere Präsentation
  • gewöhnungsbedürftiger Beifahrer
  • ...aber mitunter zu häufiges Recycling von Abschnitten
  • ...das mitunter sehr inkonsequent wirkt
  • schwaches Tutorial mit Einstufungstest
  • nur durchschnittliche Soundkulisse
  • Regen wirkt sich kaum auf Fahrphysik aus
  • fehlende Filter bei Bestenlisten
  • mitunter merkwürdige Kollisionsabfrage
  • enttäuschendes Force Feedback
  • schwankende KI-Leistungen
  • keine Bildrate von 60fps (PS4)
  • keine Shakedowns
  • extrem oberflächliches Team-Management
  • sehr rudimentäres Angebot an Online-Modi (keine Meisterschaften)

Wertung

PlayStation4

WRC 7 überzeugt mit fordernden Etappen und einem überwiegend gelungenen Fahrgefühl. Technik, Force Feedback und die mager präsentierte Karriere lassen jedoch zu wünschen übrig.