Pokémon Tekken DX - Test, Prügeln & Kämpfen, Switch

Pokémon Tekken DX
22.09.2017, Mathias Oertel

Test: Pokémon Tekken DX

Deluxe-Prügler für unterwegs?

Aus Alt mach Neu: Nintendo bveröffentlicht einige der interessanteren Wii-U-Spiele in überarbeiteter Form als so genannte DX-Version (oder als Fortsetzung wie Splatoon 2) auch auf Switch. Wie gut die Deluxe-Umsetzung von Pokémon Tekken, auch bekannt als Pokken Tournament, auf dem Hybridsystem gelungen ist, verraten wir im Test.

Mit Pokémon Tekken hatte sich Nintendo auf Wii U vom strategischen Ansatz der erfolgreichen Taktik-Rollenspiele entfernt. Stattdessen zelebrierte man Echtzeit-Prügleien à la Street Fighter, bei denen sich die Monster gegenseitig bis zum K.O. die Hucke vollhauen. Unterstützt von einer eingängigen Steuerung, die ein unkompliziertes Erstellen effektiver Kombos erlaubte, sowie mit einem interessanten Kampfansatz, der zwischen Distanzduellen mit freier räumlicher Bewegung sowie Auseinandersetzungen auf einer klassischen "2D-Ebene" wechselte, konnten die Gefechte gefallen. Auch, weil man mit zwei Hilfs-Pokemon und ihren Spezialfähigkeiten eine zusätzliche taktische Komponente finden konnte, die zwar nur selten über Sieg oder Niederlage entscheiden, aber das Zünglein an der Waage sein konnte, um einen auf die Gewinnerstraße zu lotsen. Allerdings gab es einige Defizite, die schon mittelfristig die Motivation nach unten drückten. Solisten fanden sich irgendwann trotz täglich frischer Herausforderungen irgendwann in einer redundanten Kampfschleife wieder, in der man sich als Pokémon-Trainer über eine Handvoll Ligen hinweg beweisen musste.

Der Taschenmonster-Prügler

Silvarro (l.) gehört neben Darkrai, Impoleon, Glibunkel und Scherox zu den neuen Kämpfern.
Man kämpfte sich zuerst in der Rangliste nach oben, bis man schließlich das Turnier freischaltete und gewann, woraufhin der Liga-Obmann einem die Möglichkeit gab, die Lizenz für die nächste Liga zu erlangen – was letztlich nur zu noch mehr, vom Schwierigkeitsgrad her zunehmend erbarmungsloseren Kämpfen führte. Zwar konnte man sein(e) Pokémon  nach einem Figurenaufstieg in einer von vier Eigenschaften aufwerten, doch weder dies noch die Personalisierung des Trainer-Avatars konnten langfristig bei der Stange halten. Einzig die Kämpfe gegen menschliche Gegner hatten das Zeug, die Spieldauer signifikant zu verlängern. Doch selbst hartgesottene Pokémon-Fans hatten  mit  der nur 16 Taschenmonster umfassenden und damit sehr überschaubaren Kämpfer-Auswahl sowie den 15 Unterstützungs-Paaren, die man nicht modifizieren bzw. selbst zusammenstellen durfte, das Potenzial mittelfristig ausgeschöpft. Das Ergebnis im 4Players-Test vor etwa eineinhalb Jahren: 62% (zum Test).

Die Spezialangriffe werden meist effektvoll in Szene gesetzt.
Mechanisch bleibt sich die DX-Variante von Pokémon Tekken treu. Immer noch geht es darum, aus den überschaubaren, aber dennoch einige interessante Kombomöglichkeiten bietenden Angriffsoptionen zusammen mit Knopfdruck-Sprung und –Block die besten Schlagkombinationen zusammenzustellen. Jeder Kampf beginnt in der sogenannten Feldphase, in der man sich in den viel zu wenigen  Arenen frei bewegt, während man Fern- oder Nahkampfangriffe auf den Gegner jagt. Ziel ist es, so viel Schaden anzurichten, dass man in die Duellphase kommt, wo man deutlich klassischer auf einer Ebene kämpft, aber den Gegner auch wieder in die Feldphase zurückjagen kann. Hinter diesen Phasenwechseln stehen aber nicht nur unterschiedliche Bewegungs-Sets. Sie sind auch das wesentliche Element, um die so genannte Synergie-Leiste aufzuladen, die einen bei Aktivierung nicht nur temporär heftiger austeilen lässt, sondern auch den "Burstangriff" ermöglicht – eine Spezialattacke, die ungeblockt verheerenden Schaden anrichtet und ganz nebenbei auch nach dem x-ten Betrachten visuell beeindrucken kann.   

Alles Deluxe?

Man wählt vor jedem Kampf bzw. vor jedem Turnier immer noch sein Unterstützer-Duo und kann leider immer noch nicht frei entscheiden, von welchen zwei Pokémon man sich nach ihrer individuellen Aufladephase helfen lässt – wobei ohnehin nur eines pro Gefechtsrunde ausgewählt werden darf. Beim Aufbau der Karriere hat sich ebenfalls nichts getan. Und die täglichen Herausforderungen sind weiterhin nur schmückendes Beiwerk, damit man als Solist neben der Karriere zumindest noch einen weiteren Minimalanreiz hat, sich in die Ferrum-Region zu begeben. Im Vergleich zu Mario Kart 8 DX hat sich bei Pokémon Tekken deutlich weniger getan. Immerhin gibt es mit Flamiau und Robbal ein neues Unterstützungs-Duo, das ehemals in der Alola-Region aus Pokémon Sonne/Mond aktiv war. Und mit Glibunkel, Impoleon, Darkrai, Silvarro sowie Scherox gibt es im Vergleich zur Wii-U-Fassung fünf neue Kämpfer, von denen Silvarro auch nicht in der Spielhallen-Variante auftauchte. Damit kommt Pokemon Tekken in seiner DX-Version immerhin auf 21 spielbare Angreifer, was angesichts des prall gefüllten Pokèdexes  der mobilen Taschenmonster weiter eine verschwindend geringe Anzahl ist und auch im allgemeinen Vergleich der systemübergreifenden Beat-em-Up-Konkurrenz eher unterdurchschnittlich bleibt.

Auch Scherox gibt in der dritten Dimension eine gute Figur ab...
Visuell hat sich ebenfalls wenig getan, was allerdings auch nicht zu erwarten war. Schon die Wii-U-Version sah gut aus, überzeugte mit einem schicken 3D-Design der Hauptfiguren sowie ansehnlichen Effekten, allen voran die „Burst-Attacken“ der Synergieangriffe. Und daran hat sich auch auf Switch nichts geändert, wobei die Pracht auch im mobilen Betrieb gut zur Geltung kommt. Ebenfalls nichts geändert hat sich an der geschwätzigen Mentroin/Begleiterin. Zwar kann man die Frequenz, in der sie sich zu Wort meldet, regulieren. Doch in jedem Fall wird man ihr nach zig Matches überdrüssig – auch wenn sie mit ihren (einstellbaren) optionalen Aufmunterungen wie z.B. leichten Verstärkungen für Aufladezeiten der Synergie oder Unterstützungspokémon eine nicht zu unterschätzende Rolle für die nächste Kampfrunde einnimmt.

Alles beim Alten?

Wer die Burst-Angriffe effektiv einsetzt, hat gute Chancen, den Sieg für sich zu verbuchen.
Nachdem sich inhaltlich nur wenig und an den Strukturen für Solisten nichts geändert hat, wird es die Mehrswitcher freuen, dass Pokémon Tekken DX (ab 87,50€ bei kaufen) wenigstens in diesem Bereich zugelegt hat. Neben dem soliden Mehrspielermodus an einem System, bei dem man auch mit je einem Joycon gegeneinander antreten und optional auf eine Splitscreenansicht umschalten kann (die mobil allerdings einen sehr kleinen Ausschnitt für jeden Spieler bereit hält), kann man auch per WLAN gegen Spieler in der Umgebung sowie in reinen Online-Duellen sein Glück herausfordern. Diese bestechen nicht nur durch ein übersichtliches Lobbysystem, in dem man sich mit (s)einer Gruppe verabreden oder Ranglisten- bzw. freundschaftliche Kämpfe ausfechten kann. In der Phase vor Release ließen sich während der spannenden Auseinandersetzungen erfreulicherweise keinerlei Lags blicken. Und wer Lust auf ein visuelles Training hat, kann sich auch die in der Switch-Fassung neuen Wiederholungen anderer Kämpfe anschauen, um den einen oder anderen Trick im Umgang mit diesem oder jenem Pokémon zu lernen.

Fazit

In seiner DX-Version ist Pokémon Tekken besser als die Wii-U-Variante, die vor gut eineinhalb Jahren gerade noch befriedigend bewertet wurde. Doch „besser“ heißt nicht automatisch „gut“: Denn auch wenn die Mehrspieler-Modi erweitert wurden und man Wiederholungen der Duelle speichern bzw. online betrachten kann, bleiben wesentliche Mankos bestehen. Obwohl  die Anzahl sowohl der Kampf- als auch der Unterstützungs-Taschenmonster erhöht wurden, gibt es unter dem Strich zu wenig Auswahl, während Balance-Probleme immer noch ab und an für Frust sorgen können. Auch die Solo-Kampagne zeigt sich so redundant wie seinerzeit auf Wii U. Das Konzept mit dem Wechsel zwischen Distanz- und Nahkampfphasen ist jedoch nach wie vor interessant. Steuerung und Kollisionsabfrage geben keinen Grund zur Klage, während die Kulisse zwar hinsichtlich der (viel zu wenigen) Arenen imposanter sein könnte, aber dafür mit ansehnlichen Animationen und schicken Effekten punktet. Pokémon Tekken DX ist ein solides sowie in kurzen Häppchen unterhaltsames Beat-em-up für zwischendurch (und damit für den mobilen Einsatz prädestiniert), das allerdings eher Einsteiger in die Prügelwelten ansprechen dürfte.

Pro

  • fünf neue Kampf-Pokémon (jetzt 21), ein neues Unterstützungs-Team...
  • akkurate eingängige Steuerung
  • gute Kollisionsabfrage
  • interessantes Konzept mit Distanzwechseln und Unterstützungs-Pokémon
  • saubere Online-Kämpfe
  • speicherbare Replays
  • erweiterte Mehrspieler-Modi
  • umfangreiche Personalisierung

Kontra

  • ... dennoch bleibt die Auswahl relativ klein, zumal Pikachu und Mewtwo in zwei Varianten vorkommen
  • redundante Solo-Kampagne
  • unausgewogene Kämpfer-Balance
  • Splitscreen-Kämpfe im Mobilbetrieb mit zu kleinem Bildausschnitt
  • nur englische Sprachausgabe
  • wenige Arenen

Wertung

Switch

Die Kampfmechanik ist gelungen, während die Inhalte auch in der DX-Versionen immer noch zu mager ausfallen. Unter dem Strich ein solides Beat-em-up für Prügel-Einsteiger.