Rogue Trooper Redux - Test, Shooter, Switch, PC, XboxOne, PlayStation4
Wenn man über Comics redet, bleibt man zwangsläufig bei den großen Publishern wie Marvel, DC oder Image Comics (Todd McFarlane, Robert Kirkman) hängen. Doch auch in Großbritannien gibt es einen Verlag, der seit gut 40 Jahren publiziert und dessen größter Star der skrupellose Mega-City-Cop Judge Dredd ist: 2000AD. Eine weitere recht erfolgreiche Serie der Briten ist Rogue Trooper, die allerdings in den letzten Jahren in Vergessenheit geraten ist. Seinen letzten namhaften Auftritt außerhalb von Comics hatte der blauhäutige genetische Infanterist (GI) im Jahr 2006, damals noch auf PS2 und Xbox. Entwickler und Publisher in Personalunion war damals Rebellion, die sich zuvor u.a. mit Aliens vs. Predator oder BattleZone einen Namen gemacht haben und danach vor allem mit Zombie Army und Sniper Elite auf sich aufmerksam machten. Was nur wenige Spieler wissen: Rebellion ist seit einigen Jahren auch stolzer Besitzer von 2000AD. Doch zurück zu Rogue Trooper: Das Ergebnis der ungewöhnlichen Third-Person-Action waren seinerzeit 83% (zum Test), die drei Jahre später auf Wii veröffentlichte Adaption Rogue Trooper: Quartz Zone Massacre konnte sich immerhin noch 79% verdienen (zum Test).
Unbekannte Kampfschlümpfe
Ein-Mann-Armee mit Persönlichkeitsspaltung
Gunner z.B. kann in Rogues Waffe nicht nur mit verschiedenen Aufsätzen wie Pumpgun etc. aufgerüstet oder zum Scharfschützen-Gewehr umfunktioniert werden. Er lässt sich auch als Geschütz platzieren und sogar über größere Entfernungen aktivieren, um Gegner auch ohne Rogues Zutun unter Beschuss zu nehmen. Helmet wird nicht nur genutzt, um Türen zu knacken, sondern kann auch Hologramme aktivieren, mit denen man die Feinde ablenken kann. Und Bagman hingegen sorgt dafür, dass man nicht nur Minen legen, sondern mit den Rohstoffen, die man in den Arealen finden oder von getöteten Feinden recyceln kann, sowohl seine Ausrüstung upgraden als auch Munition, Granaten oder Gesundheitspacks herstellen kann. Schade ist allerdings weiterhin, dass man nur selten taktische Entscheidungen treffen und sich entscheiden muss, ob man nun lieber Munition oder einen Erste-Hilfe-Kasten herstellt. Im Normalfall hat man immer genug Rohstoffe zur Verfügung.
Interessant ist nach wie vor, dass die drei immer wieder das aktuelle Geschehen kommentieren und an bestimmten Stellen geskriptete Zwiegespräche halten. Im letzten Drittel verliert sich der bis dahin vorherrschende Sprachwitz etwas, der allerdings auch in Deutsch dank der nach wie vor ordentlichen Lokalisierung zündet.
Innerhalb der offenen Levelstrukturen hat man zahlreiche Möglichkeiten, an sein jeweiliges Missionsziel zu kommen. Man kann es schleichend versuchen, wobei die zur Verfügung stehenden Mechaniken eher rudimentär sind und vorrangig im Zusammenspiel mit den Ablenkungsmöglichkeiten oder als Versuch, die Gegner in die Gunner-Geschützturm-Falle zu locken reizvoll sind. Man kann versuchen, ballernd und sich von Deckung zu Deckung vorwärts bewegend die Gegner einen nach dem anderen auszuschalten. Und selbstverständlich kann man sich auch nur auf Gunner verlassen und die frontale Konfrontation suchen, die einem aber bereits auf dem normalen Schwierigkeitsgrad einiges abverlangt. Denn obwohl sich Rebellion auf die Redux-Fahne geschrieben hat, die Steuerung verbessert zu haben, wirkt vieles für heutige Verhältnisse erstaunlich träge. Das Verlassen des neuen Deckungssystems z.B., das Rogue automatisch in eine entsprechende Position bringt, wenn man sich in Richtung des Schutzwalls bewegt, den man nutzen möchte, wirkt zu hakelig für 2017.Viele Wege führen ans Ziel
Flucht oder Festung
Zwei in diversen Bereichen konfigurierbare Modi stehen hier auf einer Hand voll Karten zur Verfügung: Flucht und Festung. Während man bei erstgenanntem aus einem schwer verteidigten Gebiet entkommen soll, muss man bei Letzterem seinen Standort gegen nicht enden zu scheinende Wellen schützen. Man muss zwar sowohl auf PS4 als auch auf Xbox One erst einmal Geduld mitbringen, um Spieler zu finden. Und dann muss man sich immer noch mit den mechanischen Defiziten vor allem im Bereich des Deckungssystems herumschlagen, die sich auch online bemerkbar machen. Aber dafür laufen die Gefechte ohne nennenswerte Lags ab.
Fazit
Es wundert mich nicht, dass Rebellion sich für eine Redux-Neuauflage des PS2- bzw. Xbox-Geheimtipps Rogue Trooper entschieden hat. Der seinerzeit gekonnt verschiedene Elemente zu einem explosiven, aber im letzten Drittel etwas redundanten Action-Mix verbindende Titel hat inhaltlich viel seiner Faszination bewahrt. Man hat viel Freiheit, um seine Ziele sowohl wild um sich ballernd als auch schleichend oder als Mischform zu erreichen. Dass all dies mittlerweile nicht mehr ein Alleinstellungsmerkmal ist, schadet Rogue und seinen drei Kameraden auf ihrem hinsichtlich der Geschichte seinerzeit BAFTA-nominierten Rachefeldzug jedoch weniger, als die in manchen Bereichen halbherzige Modernisierung. Während die im Prinzip elf Jahre alte Kulisse mit all ihren Verbesserungen zwar immer noch nicht vollends zeitgemäß wirkt, aber über einen Großteil wenigstens hohe PS3- und 360-Standards erreicht, sorgen die überarbeiteten Steuerungs- und Deckungssysteme immer wieder für unnötigen Frust: Sei es durch Trägheit beim angelegten Zielen oder dem hakeligem Verlassen der ohnehin unzuverlässig und eher nach Zufallsprinzip ihren Dienst verrichtenden Deckung. Zudem hätte die KI, die schon beim Original ein Stein des Anstoßes war, ebenfalls Überarbeitung vertragen können, damit sich die Gegner auch abseits des Äußeren von Moorhühnern unterscheiden. Mit der ständig zwischen Run & Gun sowie Stealth & Kill hin und her tanzenden Mechanik kann man aber immer noch eine Menge Spaß haben. Unter dem Strich ist Rebellion und Tick Tock Games eine solide Umsetzung eines Klassikers gelungen.
Pro
- visuell aufbereitete Neuauflage eines Geheimtipps der PS2- bzw. Xbox-Ära
- interessante Story
- gelungenes Recycling-System für Upgrades, Munition und Gesundheits-Packs
- dynamisches Deckungssystem...
- interessante geskriptete "Team"-Gespräche
- zahlreiche Möglichkeiten, ans Ziel zu kommen
- explosive Soundkulisse
- gute Lokalisierung
- großräumige Abschnitte
- Koop-Modi für bis zu vier Spieler
Kontra
- wenig spontane Interaktion der Trooper
- schwache Kampf-KI der Gegner
- trotz Verbesserungen Kulisse nicht zeitgemäß
- ... das aber bei Trefferschutz und Verlassen der Deckung unsauber arbeitet
- rudimentäre Schleichmechanik
- Probleme mit Physik und Kollisionsabfrage
- Steuerung mitunter zu träge