Raiden 5 - Test, Arcade-Action, PC, XboxOne, PlayStation4
Obwohl die klassischen Arcade-Shooter à la R-Type oder Thunder Force, bei denen man mit einem Raumschiff entweder horizontal oder vertikal scrollend Unmengen an Feinden pulverisiert, ideal für zwischendurch sind, gehören sie zu einer aussterbenden Art. Wenn überhaupt, trifft man zumeist auf die Unterkategorie der Bullet Hell wie DoDonPachi oder Sine Mora. Und erscheinen tatsächlich mal klassische Shoot-em-ups, liegt deren Kaufpreis selbst in digitaler Form meist exorbitant hoch. Das ist bei Dariusburst Chronicle Saviours auf der PS4 der Fall, das immer noch mit knapp 60 Euro zu Buche schlägt. Und das ist auch bei Raiden 5 so, für das man etwa 35 Euro hinblättern muss. Wahrscheinlich sind die Entwickler bzw. Publisher der Meinung, dass die Nische so klein ist und die Fans so überzeugt sind, dass diese Preise abgerufen werden können.
Stolze Einstiegshürde
Bewegungskrank auch ohne VR-Brille
Ebenfalls interessant sind die Tempowechsel, die von Raiden 5 inszeniert werden. Während bei den meisten Shoot-em-ups die Scroll- und damit Spielgeschwindigkeit zumeist gleich bleibt, wird hier häufig die Ballerdramaturgie angepasst. Mal wird sie strategisch entschleunigt, um einen daraufhin vielleicht sogar mit einem kurzen Scrollwechsel von vertikal zu horizontal zu überraschen oder noch mehr Gegner auf dem Bildschirm zu platzieren, die einen unter Beschuss nehmen. Dazu wird allerdings auch gelegentlich das Herauszoomen verwendet, dessen dadurch gewonnener Platz ebenfalls mit Feinden gefüllt wird. Dann wiederum rast die Landschaft so schnell unter einem hinweg, dass einem beinahe schwindelig werden kann. Beinahe? Oh nein! Raiden 5 ist das erste Spiel, bei dem in mir tatsächlich so etwas wie Vertigo oder Anflüge von Bewegungskrankheit aufkamen – und das ohne VR-Brille. Das mag daran liegen, dass die Entfernung zum Bildschirm nicht allzu hoch war (etwa eineinhalb bis zwei Meter). Doch als die Kulisse eine leichte Linkskurve suggerierte, indem die Landschaft etwas drehend mit einer Mordsgeschwindigkeit durchrauschte, ist mir tatsächlich schwindelig geworden, während ich nebenbei die auftauchenden Gegnerschiffe samt abgeschossener Projektile im Auge zu behalten versuchte und die gleißenden Explosionen der erledigten Gegner ausfilterte. Nach einer kurzen Pause konnte ich allerdings weitermachen. Und auch wenn ich weiß, was mich erwartet, sorgt dieser Abschnitt bei mir immer wieder für ein flaues Gefühl im Magen.
Gruppenjubel
Doch egal wie viele Effekte abgefeuert werden und wie viele Projekte sich auf dem Schirm befinden, zeigt sich die Spielgeschwindigkeit und noch viel wichtiger die Kontrolle des eigenen Schiffs davon unbeeindruckt. Alles andere wäre angesichts der engen Toleranz der sauberen Kollisionsabfrage sowie der unter dem Strich zwar blitzschnellen, aber eher zweckmäßigen Kulisse auch eine Enttäuschung. Doch das Zusammenspiel von Dauerfeuer, das man allerdings im richtigen Moment verlassen sollte, damit die „Aufsaugfunktion“ für zurückgelassene Medaillen (Highscore!!!) aktiviert wird, sorgt mit dem Jubeln für einen interessanten Rhythmus, der sogar den anspruchsvollen sowie mehrphasigen Bosskämpfen eine pikante Note hinzufügt – schließlich kann eine Cheer-Attacke das Zünglein an der Waage ausmachen.
Fazit
Raiden 5 beweist: Es muss nicht immer "Bullet Hell" sein. Zwar sorgen die Angriffe der spannend inszenierten Bosse auch dafür, dass der Bildschirm mit Projektilen gefüllt ist, die man gleichermaßen sorgsam wie schnell navigieren muss, während man selber den Gegner unter Dauerbeschuss nimmt. Doch zusammen mit den Spezialattacken und des "Medaillen-Saugers", der nur aktiv ist, wenn man nicht feuert, kommt es zu einem interessanten Rhythmus innerhalb der meist auf die Vertikale festgelegten Ballerei alter Schule, bei der man nicht von hunderten Kugeln bedroht wird. Die Kulisse ist blitzsauber, hat in einigen Abschnitten mit ihrer Geschwindigkeit bei mir Anflüge von Schwindel bewirkt und sorgt zusammen mit der gut reagierenden Steuerung sowie akkurater Kollisionsabfrage für ein sich ständig steigerndes Anforderungsprofil. Dass man die drei Waffensysteme allerdings nicht manuell durchschalten kann, sondern auf das Aufsammeln von Power-Ups angewiesen ist, bleibt aber eine Mechanik, die für mich zu sehr in der Shooter-Steinzeit hängt. Gelungen sind hingegen die Tempo- und sporadischen Richtungswechsel sowie die Einbindung der Cheer-Attacken, die für einen interessanten Rhythmus innerhalb des Arcade-Stakkatos sorgen. Der Preis ist jedoch nicht ganz ohne. Schade, denn eigentlich wäre Raiden 5 gut geeignet, um einer neuen Generation die Vorzüge klassischer Shooter-Kunst schmackhaft zu machen. Wer sich in dieser immer kleiner (und teurer) werdenden Nische wohl fühlt, macht mit dem neuesten Ableger der 25 Jahre alten Serie nichts verkehrt – zumal der Director’s Cut nicht nur frische Abschnitte, sondern auch die Option zur Verfügung stellt, mit einem zweiten Spieler offline gemeinsam gegen die Feinde anzutreten.
Pro
- Arcade-Ballerei alter Schule...
- neun Waffensysteme sowie drei Schiffe zur Auswahl
- Levelauswahl passt sich an Fähigkeit an (basierend auf Leistung im vorgehenden Abschnitt)
- blitzsaubere, mitunter rasend schnelle Grafik
- sehr gute Steuerung
- akkurate Kollisionsabfrage
- interessante Tempowechsel innerhalb der Action
- fordernde Bosse
- "Cheer"-Mechanik samt Attacke als interessanter Rhythmus-Impuls, um das Dauerfeuer zu unterbrechen
- Directors Cut bringt neue Abschnitte sowie Offline-Koop für zwei Spieler
Kontra
- ... ohne nennenswerte Überraschungen
- Bildschirm rechts und links der Action überfrachtet mit Infos
- schwache Story
- die drei mitgeführten Waffensysteme lassen sich nicht manuell umschalten