Outcast - Second Contact - Test, Action-Adventure, XboxOne, PC, PlayStation4
Ich habe mich auf Outcast - Second Contact (ab 5,97€ bei
Sag mir, wo die Voxel sind?
Auch wenn die Landschaft dieser Neuauflage gut aussieht, auch wenn es je nach Region fruchtbar oder verschneit, sumpfig oder sandig sein kann, das Wasser schön glitzert und die zwei Monde in der Ferne für außerirdisches Flair sorgen, ist die
Kulisse trotz intensiver Farben nichts Besonderes mehr, zumal es auch auf PlayStation 4 Pro nicht komplett flüssig läuft. Es gibt eine fast schablonenhafte, weil exakt dem Original nachempfundene Topographie, nur sporadisch Tiere und nicht mal einen Tag- und Nachtwechsel. Auch wenn man den Einwohnern bei der Arbeit zusehen kann: Man fühlt sich zu schnell wie an einer bunten Oberfläche, die mit jedem Kontakt mehr Risse bekommt und einen komplett veralteten Kern offenbart. Wenn die Talaner lippenasynchron reden, sich wie Roboter drehen oder hüftsteif bewegen versinkt Outcast im Zeitalter von Destiny 2 oder Horizon Zero Dawn nicht nur stilistisch und technisch im grafischen Mittelmaß.Wüste, Schnee und Sumpf
Viel schlimmer als die erwartbare visuelle Ernüchterung ist nämlich, dass auch die Story sowie das Spieldesign so ernüchtern. Cutter Slade hat sich zwar seinen rauen Charme mit der Stimme von Manfred Lehmann (Bruce Willis) bewahrt, aber er ist als Charakter ein plumper Klotz der 80er, wiederholt sich viel zu oft in seinen Ansprachen wie "Hey Zwerg, komm mal her!" und seine Sprüche wirken genauso wie die Gespräche mit den immer gleich aussehenden Talanern im besten Fall eher unfreiwillig komisch als interessant. Und man muss leider sehr viel mit den meist nervig vertonten Aliens quatschen. Das Dialogsystem ist ohne rhetorische Interaktionen auf eine simple Auswahl an Begriffen beschränkt, aber lebt wie schon der Klassiker vom Reiz des Fremden: Was haben Ulukaï, Krakit, Sankaari oder Magwa zu bedeuten? Warum werden Schmiede hier Fühler genannt?
Sobald man Cutter in der zunächst viel zu nahen, dann automatisch etwas entfernteren Schultersicht bewegt, hat man das Gefühl, einen übergewichtigen Rentner zu steuern. Vieles an der "modernisierten" Steuerung ist nicht mehr zeitgemäß. Selbst die hakelige Kamera scheint ihm in Räumen nur unfreiwillig zu folgen - anders sind die seltsamen Schwenks und Perspektivprobleme dort nicht zu erklären; mitunter kam sogar ein Schwindelgefühl auf, das ich sonst nur von VR kenne. Da ist man fast froh, dass man sich nicht bücken muss und aus der Ferne blinkende Rohstoffe sowie Munition wie in einem Arcade-Spiel aufnimmt, indem man einfach drüberläuft. Trotzdem ist dieses beiläufige Einsammeln natürlich ein stilistischer Fremdkörper, der eher zu einem Top-Down-Shooter passen würde. Zudem sorgt die sofort zugängliche Karte, die alle Feinde zeigt (!) für eine Entzauberung - das kann man immerhin in den Optionen abschalten.
Miese Kamera, steife Bewegungen
Den Tiefpunkt erreicht die Motivation dann in den Kämpfen. Über die schrecklich inszenierten Nahkämpfe und ihr Puppentheater verliere ich lieber keine Worte. Aber wenn man mit einer der sechs komplett überarbeiteten Feuerwaffen über
die Distanz kämpft, fühlt man sich wie in einem billigen Moorhuhn-Shooter: Selbst mit der einfachen Pistole ohne Aufrüstungen kann man die Feinde über gefühlt zwei Kilometer treffen, selbst simpel ausweichen und über schnelle Feuerstöße töten. Und wie verhalten sich die Gegner? Dämlich. Einfach nur dämlich. Sie flankieren nicht, sie laufen wie blöde um Häuser und lassen sich nacheinander aufreiben. Zwar versuchen sie auch mal in Deckung zu gehen und nutzen z.B. so etwas wie Mörser, aber man kann selbst eine Übermacht in einer Festung oder eine Meute tigerartiger Gamor kinderleicht ausmerzen, indem man sie alle immer wieder rauslockt. Wir haben die viel zu leichten Gefechte und KI-Probleme in Far Cry Primal oder Horizon Zero Dawn kritisiert - das hier ist Steinzeit dagegen, obwohl die Lead Designer noch betonten "viel Arbeit in die künstlichen Intelligenz" investiert zu haben. Ja wo denn?Dumme Gegner, banale Aufgaben
Zwar wird man in den über Teleporter erreichbaren anderen Gebieten etwas stärker gefordert, so dass auch mal ein Granat- oder Flammenwerfer nützlich sein kann, aber die KI bleibt ein Graus, so dass auch das von Beginn an mögliche Schleichen oder andere subtile Manöver nahezu sinnlos sind. Trotzdem gibt es immerhin dank Minen, Fernzündern und Bewegungsmeldern alternative Methoden, die Dumpfbacken oder die umher krabbelnden Monster auszumerzen. Weil Cutter auch darauf sofort Zugriff hat und einfach zu schnell mächtig ist, torpediert das natürlich auch den einzigen Reiz der Charakterentwicklung. Er kann ja keine Fähigkeiten erlernen, sondern lediglich weitere Gadgets wie die temporäre Unsichtbarkeit oder Waffen finden und diese in drei Stufen aufrüsten, um z.B. Magazin, Feuerrate oder Giftdosis zu erhöhen. Immerhin gibt es keine unbegrenzte Munition, so dass man Materialien sammeln und beim Schmied in Auftrag geben muss. Trotzdem herrscht kein Mangel an Magazinen, weil man überall viel zu viel findet.
Man muss den Entwicklern bei aller Kritik zugute halten, dass sie sich um eine glaubwürdige Ökonomie bemüht haben, die z.B. die Versorgung oder Schlagkraft der Besatzer in Statistiken anzeigt, die man auch aktiv schwächen kann. Hinzu kommt gegenüber dem Klassiker ein neues System des Ansehens, das je nach Cutters Aktionen steigen oder fallen kann - man kann auch nachfragen, was die Bewohner über einen denken. Aber unterm Strich trägt gerade diese neue Transparenz der Werte und die Sichtbarkeit aller Dinge auch dazu bei, dieses Outcast weiter zu entzaubern. Die Entwickler haben, vermutlich um Einsteigern das Erlebnis zu erleichtern, einige faule Kompromiss gemacht.
Fazit
Outcast - Second Contact ist das beste Beispiel dafür, wie schlecht manche Spiele altern. Das Abenteuer, das mich 1999 noch so fasziniert hat, in dem ich mich wie ein Entdecker, Sprachforscher und Held gefühlt habe, sorgt heute in seiner modernisierten Neuauflage für komplette Ernüchterung. Das liegt nicht nur daran, dass die visuelle Magie der Voxel und damit das grafische Charakteristikum verflogen ist, sondern vor allem daran, dass die Spielmechanik im Zeitalter offener Welten mit Rollenspielflair so schrecklich veraltet ist. Obwohl Appeal erklärte, nahezu alles verbessert zu haben, fühlt sich nichts wirklich gut an: Steuerung und Kamera sind träge, das automatische Speichern ist verbuggt, der Kampf ist angesichts der dämlichen KI eher ein Moorhuhnschießen, die Dialoge nerven ebenso wie Cutters Sprüche und die meisten Quests inszenieren gewöhnliches Holen und Bringen. Ja, das Spiel sieht ansehnlich aus. Ja, das Fremdartige wird über die Sprache immer noch spürbar. Und ja, es gibt noch einige nostalgische Déjà-vus. Aber hinzu kommt, dass die Entwickler die außerirdische Parallelwelt über viel zu viele Informationen und Automatismen sowie überflüssige Statistiken aufgeplustert haben. Angeblich wollten sie für mehr Transparenz bei neuen Spielern sorgen, aber letztlich wurde Adelpha damit noch weiter entzaubert. Gerade durch das Angleichen an aktuelle Bedürfnisse wird das ehemals exotische Spielerlebnis nur gewöhnlicher. Genau die andere Richtung hin zu mehr Rätselhaftigkeit und weniger, dafür anspruchsvolleren Kämpfen wäre die bessere Designstrategie gewesen. Hätte man diesen Klassiker mal besser in Frieden ruhen lassen.
Pro
- im Ansatz interessante Parallelwelt-Story
- ansehnliche Landschaft
- schwimmen und tauchen
- exotisches Flair dank fremder Sprache
- komfortable Teleports
- keine Zielmarker für Quests
- viele Hilsanzeigen abschaltbar
- deutsche Sprachausgabe und Texte
- manuelles Speichern
Kontra
- schwaches Intro
- strunzdumme KI und banale Kämpfe
- Pistole zu Beginn viel zu mächtig
- zu viel Munition, Minen etc.
- nervige Kamera mit Perspektivfehlern in Räumen
- träge Steuerung beim Springen
- viele gewöhnliche Hol-und-Bring-Quests
- baukastenartige Topographie, kaum Leben
- hölzerne Mimik und Gestik
- nur simple Stichwort-Dialoge
- zu viele Informationen und Automatismen
- arcadiges Rohstoffsammeln
- verbuggtes automatisches Speichern
- einige skurrile neue Bugs (schwimmen in Erde etc.)
- nicht alle alten Bugs ausgemerzt
- keine Charakterentwicklung, nur neue Waffen
- kein Tag/Nachtwechsel