Celeste - Test, Plattformer, Mac, XboxOne, PC, PlayStation4, Switch
Klatsch, tot. Klatsch, tot. Hüpf, kletter, hüpf, klatsch, tot. Fans von Super Meat Boy kennen das Prozedere, das den Spieler auch in Celeste binnen Sekunden mehr fluchen lässt als den kompletten Rest des Jahres. Eines wird hier mehr als deutlich: Lead-Entwickler Matt Thornson besitzt eine gewaltige Vorliebe für Stacheln, die den Spieler auf Anhieb ins Jenseits befördern. Ganz ohne Energieherzchen oder ähnlich weichgespülten Krempel, Gott bewahre! Weiße Stacheln, krumme Stacheln, extrafies platzierte Stacheln, Stachelhecken. Und sogar Exemplare, die immer dort aus dem Boden wachsen, wo man gerade noch über sicheren Untergrund lief – jetzt bloß nicht umdrehen! Hat der Daumen doch noch in die falsche Richtung gezuckt, darf man aber sofort wieder am Anfang der Kammer einsteigen, um es so oft wie nötig erneut zu versuchen. Tief durchatmen!
Super Meat Girl?
Im Laufe des Aufstiegs trifft Madeline z.B. immer wieder auf eine alte Frau, die ihre Geschichten nur mit schnippischen Kommentaren und hämischen Stakkato-Lachern quittiert. Ein weiterer sporadischer Begleiter ist Hipster-Photograph Theo aus Seattle, der mich mit seinen ständigen nervigen Instagram-Selfies beinahe in den Wahnsinn getrieben hat. Angenehmere Zeitgenossen sind z.B. der untote Direktor eines verlassenen Hotels, das Madeline mit ihren Hüpfausflügen erkunden muss. Oder die finstere übernatürliche Gegenspielerin, von der sie immer wieder unter Zeitdruck verfolgt wird.
Sabotage!
Beim Design der Levels macht sich ebenfalls die Erfahrung bezahlt, die das Team mit dem Mehrspieler-Plattformer Towerfall gesammelt hat. Meist geht es darum, in der passenden Richtung durch geleeartige Kugeln oder eine Art Antimaterie zu flutschen. Nur wenn man im passenden Winkel hineinspringt, zerschellt man nicht an der Wand, sondern „surft“ elegant in Richtung Ausgang. So ergeben sich schöne kleine Puzzles, die den knallharten Hüpfalltag ein wenig auflockern. Und damit sind wir auch schon beim größten Problem des Spiels: Dem absolut unbarmherzigen Schwierigkeitsgrad. Wer schon in Oris Fluchtpassagen geflucht hat, sollte hier gar nicht erst sein Glück versuchen. Auch Cuphead ist der reinste Spaziergang gegen das, was einem Celeste in punkto Hand-Auge-Koordination abverlangt. Der Vergleich hinkt natürlich etwas, da es sich um verschiedene Genres handelt, trotzdem wollte ich es anmerken.
Unbarmherzig bis aufs Mark
Offenbar bemerkten auch die Entwickler irgendwann, dass sie es etwas übertrieben haben, so dass sie ihrem Spiel einige Hilfe-Optionen verpasst haben. Man kann z.B. die Ausdauer der Heldin beim Klettern erhöhen oder ihr unendlich viele „Sprints“ verpassen, so dass sie knifflig verwinkelte Passagen einfach „umfliegt“. Eine echte Alternative zum normalen Spiel sind die Hilfen aber nicht, weil man mit aktivierten Tricks einige spaßige Feinheiten des Level-Designs einfach links liegen lässt. Noch unpassender wirken die Optionen, mit denen man dauerhaft die Spielgeschwindigkeit senkt oder die Figur gleich komplett unbesiegbar macht.
Hilfe!
Mischmasch mit Pixeln
Fazit
Das kann doch nicht deren Ernst sein? Das kann doch nicht deren Ernst sein!!! Doch, ist es in Celeste leider viel zu oft. Ich habe nichts gegen eine ordentliche Herausforderung in einem Jump-n-Run, doch Entwickler Matt Makes Games übertreibt es in seinem Retro-Hüpfer vor allem zum Ende hin viel zu häufig. Die verwinkelten Höhlen am Rande des Todesberges sind derart flächendeckend mit Stacheln und Fallen zugepflastert, dass jeder noch so winzige Fehltritt auf Anhieb zum Tod führt. Wer Spaß daran hat, spätere Räume dutzend- oder hundertfach anzugehen, dürfte auf seine Kosten kommen. Ich empfand den übertriebenen Schwierigkeitsgrad aber irgendwann nur noch als nervig und ermüdend. Schade um die schönen Grundmechaniken mit ihrem Fokus auf Ausdauer bei Klettern und Sprints. Auch Tricks wie die magischen Kugeln und funkelnden Quader sorgen für einen schönen Mix aus Hüpfen und dem Austüfteln des passenden Wegs. Zudem schafft Celeste es nebenbei, eine erstaunlich vereinnahmend inszenierte Geschichte zu erzählen, welche die Protagonistin dazu zwingt, sich nicht nur dem Berg, sondern auch ihren eigenen Dämonen zu stellen. Letztendlich hat mich der übertrieben hohe Schwierigkeitsgrad aber wieder unsanft auf den Boden der Tatsachen befördert. Auch einige optionale Spielhilfen können das Problem nicht wirklich aus der Welt schaffen, da sie einige der gelungenen Spielmechaniken einfach umgehen.
Pro
- viele clevere Plattform-Mechaniken
- jederzeit aktivierbare Hilfen entschärfen bockschwere Passagen
- schön in die Levels eingeflochtene kleine Puzzles
- mitreißend dynamischer, gefühlvoller Soundtrack
- lustiges Synthie-Gequäke bei den Text-Dialogen
Kontra
- abartig hoher, oft frustrierender Schwierigkeitsgrad
- Hilfen untergraben aber mitunter coole Mechaniken
- peinliche Referenzen an hippe Phänomene wie ständige Instagram-Selfies
- seltsamer Design-Mix grober Pixel mit moderneren Elementen
Echtgeldtransaktionen
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