Defender's Quest: Valley of the Forgotten DX - Test, Taktik & Strategie, XboxOneX, PlayStation4Pro, PlayStation4, XboxOne

Defender's Quest: Valley of the Forgotten DX
01.03.2018, Mathias Oertel

Test: Defender's Quest: Valley of the Forgotten DX

Storylastige Turmverteidigung

Manchmal dauert es etwas länger, bis ein PC-Geheimtipp auch den Weg auf Konsolen findet. Doch knappe sechs Jahre wie bei diesem Rollenspiel-Tower-Defense-Mix sind doch eher ungewöhnlich. Dennoch waren wir neugierig, wie sich das ungewöhnliche Defender’s Quest im Test präsentieren würde.

Wirklich neu ist die Idee nicht, Rollenspiel-Aspekte mit Elementen der Tower-Defense zu verknüpfen. Ein prominentes Beispiel ist z.B. das 2010 veröffentlichte Crystal Defenders, das die Echtzeitstrategie in die Welt von Final Fantasy setzte und vorrangig auf Figuren aus dem Ableger "Tactics A2" baute. Dementsprechend war Defender’s Quest bei seiner PC-Veröffentlichung im Jahr 2012 nichts Außergewöhnliches mehr. Dennoch konnte es sich seinerzeit einen Ruf als ansprechende Tower Defense erarbeiten. Sechs Figuren- (bzw. Turm-) Klassen mit einem eigenen Fähigkeitenbaum, dazu eine sowohl interessante als auch liebevoll erzählte Geschichte sorgten für eine schnell wachsende Fangemeinde. Und während das Team von Level Up Labs an einem zweiten Teil arbeitet, dürfen nun auch Konsolenspieler auf PS4 und Xbox One mit dem Original versuchen, den immer gefährlichen Wellen Einhalt zu gebieten.

Magische Verteidigung

Die Geschichte wird nicht nur durch Comic-Sequenzen, sondern vor allem durch das ausführliche Tagebuch erzählt.
Die Geschichte beginnt dramatisch: Die Bibliothekarin Azra (genauer gesagt: Zauberin, die ihre Kraft aus Büchern zieht), wird von einer geheimnisvollen Seuche dahingerafft, findet sich jedoch in einer Art Zwischenwelt wieder und entdeckt besondere Fähigkeiten. Denn hier kann sie mit anderen Figuren Kontakt aufnehmen und sie quasi befehligen, um ihr in den Kämpfen zu helfen, die sie ausfechten muss, um das Land von einer alles einnehmenden Plage zu befreien. Der erste, den sie in ihre Gruppe aufnimmt, ist der Kämpfer Slak, der ein Bilderbuch-Schwertschwinger zu sein scheint: Pralle Muskeln, dafür nichts im Kopf.  Auf ihrer Reise lernt sie noch fünf weitere Archetypen kennen, die nicht nur helfen, die spannende sowie gut erzählte Story weiterzuführen, sondern sie auch auf den immer komplexer werdenden Schlachtfeldern unterstützen. So lassen sich Bogenschützen, Heiler, Ritter, Eismagier sowie Drachen einsetzen, um die auf vorgegebenen Wegen heranrückenden Wellen aufzuhalten.

Mitunter kann es auf den 16-Bit-Schlachtfeldern sehr hektisch werden. Zum Glück kann man die Geschwindigkeit bis auf eine Pause mit Befehlsfunktion herunterschrauben.
Die Erzählung wird allerdings nicht nur mit comichaften Standbildern weitergeführt. Azra führt ein Journal, in dem sie teils ausführlich schildert, was mit ihr, ihren Gefährten und vor allem der Welt um sie herum passiert. Wer sich die Mühe macht und sich die Zeit nimmt, die Einträge nachzulesen, bekommt ein sehr stimmungsvolles Bild der Fantasywelt von Defender’s Quest – erst recht, sobald Slak beginnt, sich über gekritzelte Kurzkommentare in Azras Tagebuch zu verwegigen, was immer wieder für komödiantische Elemente genutzt wird. Doch das Hauptaugenmerk liegt natürlich auf der Verteidigungsstrategie. Bis zu sechs Einheiten jeder Klasse kann Azra mitnehmen und einsetzen. Dabei sollte man allerdings vor allem bei den Fernkämpfern darauf achten, dass die Gegner, die aus verschiedenen Eingängen die Weg betreten, im Einzugsbereich der Pfeile oder Zauber liegen. Die Psi-Energie, die nötig ist, um die Figuren zu beschwören, sie zu verbessern, aber auch, um sofortige Zauber wie Blitz oder Heilung zu verwenden, wird mit jedem getöteten Feind wieder etwas aufgefüllt – auch hier erfindet Defender’s Quest das Tower-Defense-Rad nicht neu. Doch in diesem Fall bin ich sogar froh, dass man bei Level Up Labs sparsam mit Innovationen umgeht. Die Ausrüstung, die man für die Spielwährung "Kram" (im englischen Original: Scrap, also quasi Schrott) erstehen kann, was allerdings auch für die Rekrutierung neuer Türme/Kämpfer verwendet wird, sowie die passablen Fähigkeitenbäume samt späterer Spezialisierungen nach Figurenaufstieg, reichen, um eine Sogschleife aufzubauen.

Spaß für Leseratten

Denn zusätzlich zur Herausforderung, auf jedem der clever gestalteten Schlachtfelder die ideale Position für seine Figuren zu finden und so vielleicht zu einer perfekten Bewertung zu kommen, gibt es noch ein paar andere Elemente, die sorgsam ineinander greifen. Bessere Ausrüstung und gesteigerte Fähigkeitswerte sorgen für erhöhte Effektivität, die vor allem auf den höheren der vier Schwierigkeitsstufen pro Abschnitt nötig sind. Im Gegenzug bekommt man hier nicht nur mehr Erfahrung oder mehr Kram. Von Zeit zu Zeit springt sogar Ausrüstung heraus, die ansonsten teuer gekauft werden müsste. Sehr schön: Hat man seine Figuren platziert, ist man nicht zum tatenlosen Zuschauen verdammt. Zum einen ist es relativ problemlos und mit nur geringem Psi-Aufwand möglich, sie an einen anderen Ort zu versetzen, an dem sie effektiver ihren Auftrag verrichten können. Und nicht zuletzt kann man die ebenfalls Psi verwendenden Zauber sprechen, um sich auf dem Schlachtfeld einen Vorteil zu verschaffen. Dass dies alles ohne Hektik stattfindet, da man das Geschehen jederzeit in acht Geschwindigkeitsstufen vom absoluten Stillstand (bei dem man aber weiterhin Befehle geben darf, um sich z.B. auf bestimmte Gegner zu fokussieren) bis zum Hyperturbo betrachten darf, rechne ich Level Up Labs ebenfalls hoch an.

Jede Figur hat ihre eigene Ausrüstung und kann hinsichtlich des Fähigkeitenbaums individuell aufgebaut werden. Dennoch hält sich das Mikromanagement in Grenzen.
Dabei zeigt sich der Schwierigkeitsgrad im Allgemeinen als sehr moderat. Mitunter sollte man zwar „grinden“, um seine Figuren aufsteigen zu lassen oder genug Kram zu sammeln, damit man seine Armee aufstocken kann. Doch letztlich kann man die Geschichte auch mit nur minimalem Anforderungsprofil genießen, wenn man die unterste Stufe wählt. Oder aber man passt entscheidende Einstellungen wie ausgeschüttete Erfahrung, Kram usw. an, um es sich etwas leichter zu machen. Die audiovisuelle Umsetzung hingegen hat nur wenig Anteil daran, einen zum Weiterspielen zu motivieren. Der 16-Bit-Ansatz, der noch verstärkt wird, wenn man den „HD-Modus“ zum Glätten der Spriteränder abschaltet, ist zwar charmant, doch unter dem Strich recht generisch. Und die Schlag bzw. Schussgeräusche oder das auf Dauer nervige „Pling“ der Heiler beim Wirken eines Gesundheitszaubers schrammen irgendwann an der Nervgrenze entlang – wie auch die Musik, die zwar beim ersten Hören stimmungsvoll wirkt, aber mit ihren Endlosloops vor allem in den Gefechten schließlich negativ auffällt.

16-Bit-Defense

Die Karte gibt eine gute Übersicht.
Dass Defender’s Quest nicht vorrangig für den Konsolen- und damit Pad-Betrieb konzipiert wurde, ist von Beginn an spürbar. Zwar hat man sich bemüht, die wesentlichen Elemente (Helden, Zauber) so unkompliziert wie möglich an die Controller anzupassen. Doch beim Durchschalten zwischen den einzelnen Klassen und ihrer Mitglieder springt man auch gerne mal einen Schritt zu weit. Da das Spiel jederzeit pausiert werden kann, wirkt sich dieses Manko allerdings nicht auf den Spielverlauf und damit auch nur sehr geringfügig auf die Wertung aus – zumal man in den Optionen auch Trägheit und Geschwindigkeit des Mauszeigers festlegen kann. Etwas nerviger hingegen ist ein kleiner Bug, der beim Durchschalten von Zaubern auftreten kann und der dafür sorgt, dass man zwar auf seine Einheiten schalten kann, diese aber von einem Text überdeckt werden. Dieser gelegentlich auftauchende Fehler lässt sich allerdings auch schnell über bestimmte Menüwege beheben, so dass er sich ebenfalls nur leicht auf die Wertung auswirkt.

Fazit

Man kann nachvollziehen, dass Defender’s Quest seinerzeit bei seiner Erstveröffentlichung auf dem PC zu einem Geheimtipp geworden ist. Die um leichte Rollenspiel-Elemente sowie eine spannende Geschichte ergänzte Tower Defense hinterlässt inhaltlich auch auf aktuellen Konsolen einen guten Eindruck. Bei der Pad-Steuerung machen sich allerdings trotz der konzeptionell richtigen Ansätze Detailschwächen bemerkbar, die jedoch nur minimale Auswirkungen auf die Motivation haben. Auch die einen gewissen Retro-Charme versprühende, aber dennoch sehr generische Kulisse oder die auf Dauer an den Nerven zehrende Akustik konnten mich nicht lange von den fordernden Verteidigungsmissionen abhalten. Selbst wenn man hier am ehesten merkt, dass die eingangs erwähnte PC-Premiere bereits über fünf Jahre zurück liegt und das Genre in dieser Zeit durchaus einige visuelle Fortschritte gemacht hat. Doch inhaltlich passt alles: Man ist beim ersten Durchlauf gut zehn bis zwölf Stunden damit beschäftigt, in zig Missionen die beste Kämpfer-Plazierung und –Zusammenstellung zu finden. Die Gegnerwellen wurden ebenso clever zusammengestellt wie das Layout der Schlachtfelder, so dass man auch langfristig immer wieder vor neue Aufgaben gestellt wird. Selbst den gelegentlichen Grind, der manchmal nötig ist, um seine Figuren eine Stufe zu verbessern oder um das nötige Kleingeld für bessere Ausrüstung zu bekommen, nehme ich gerne in Kauf. Ich bin gespannt, was sich das Team von Level Up Labs für die bereits in Arbeit befindliche Fortsetzung einfallen lässt. Mit dieser unterhaltsamen Basis kann theoretisch nicht viel schief gehen.

Pro

  • Tower Defense mit leichten Rollenspiel-Einschlägen
  • konzeptionell ordentliche Pad-Steuerung...
  • sechs Basisklassen, später kommen Spezialisierungen hinzu
  • ordentliche Fähigkeitenbäume und Ausrüstung für die Figuren
  • spannende, gut erzählte Geschichte
  • fordernde Gefechte
  • acht Geschwindigkeitsstufen von Pause mit Befehlsfunktion bis hyperschnell
  • vier Schwierigkeitsgrade (pro Gefecht verfügbar)
  • in entscheidenden Bereichen (Erfahrung etc.) anpassbar

Kontra

  • generisches Grafikdesign
  • ... die im Detail aber nicht ganz sauber arbeitet
  • Musikloops und schwache Soundeffekte nerven irgendwann
  • gelegentlicher Grindzwang (bei Standard-Einstellungen)

Wertung

PlayStation4

Gut inszenierte sowie spannend erzählte Tower-Defense mit interessanten Rollenspiel-Einflüssen. Auf Dauer zehrt die audiovisuelle Gestaltung an den Nerven.

XboxOne

Gut inszenierte sowie spannend erzählte Tower-Defense mit interessanten Rollenspiel-Einflüssen. Auf Dauer zehrt die audiovisuelle Gestaltung an den Nerven.

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