The American Dream - Test, Shooter, OculusRift, VirtualReality, PlayStationVR, HTCVive
In The American Dream werden Waffen für alle Lebenslagen verwendet. Zum Füttern von Babys oder dem Wechseln der Windeln. Zum Kochen. Als Besteck anstelle von Messer, Gabel und Löffel. Zum Säubern von Wäsche oder dem Reinigen von Autos. Für Gartenarbeit. Zum Angeln. Bei der Geburtshilfe. Zum Öffnen von Getränke-Dosen. Beim Sex. Um Jagd auf Kommunisten zu machen. Und natürlich sind sie in der merkwürdigen Welt, die die Australier von Samurai Punk zeichnen, auch bei der Arbeit unerlässlich. Sei es nun, um Burger auf dem Grill zu wenden oder um Löcher in Bagles zu schießen. Es wird von Anfang an kein Zweifel daran gelassen, dass sich das ungewöhnliche VR-Abenteuer nicht ernstnimmt.
Das ultimative Werkzeug
Als Teilnehmer einer Art Rundfahrt durch ein interaktives Museum zum Thema „The American Dream“ oder auch: ‚Waffen und ihr Nutzen für Gesellschaft und Familie‘ befindet man sich die ganze Zeit über in einem Wagen einer Einschienenbahn, dessen Bewegung ähnlich wie der Lore in Until Dawn: Rush of Blood vorgegeben ist.
Im Vergleich zu den mitunter achterbahnhaften Fahrten im Horror-Shooter ist hier alles sehr langsam und beschaulich, so dass selbst bei empfindlichen VR-Mägen kein flaues Gefühl entstehen sollte – mit Ausnahme vielleicht der sich leicht drehenden Ladesequenzen, bevor man durch die Tür des nächsten Kapitels fährt. Ein steter Begleiter in jedem Zimmer ist der Golden Retriever Buddy, genauer gesagt: eine Statue, deren Stimme über einen Lautsprecher mit einem spricht und die sich als absurder Reiseführer versteht. Ein weiterer Unterschied zu Rush of Blood: Hier nehmen Sequenzen, in denen man mit Waffen wild um sich ballern kann, maximal drei Fünftel der insgesamt geschätzt etwa drei bis vier Stunden langen Spielzeit ein, die sich auf 22 Kapitel verteilt.Zwischen Ballerbude und Erzählepos
Den Rest der Zeit verbringt man u.a. damit, Buddy zuzuhören (der auch vor modernen Anspielungen, z.B. auf Videospiele nicht halt macht), sich Propagandafilme der American Rifle Association anzuschauen und die Kulisse in sich aufzusaugen. Die ist zwar auf den ersten Blick nicht besonders aufwändig. Doch die Entscheidung, den Spieler als Passagier durch weitgehend realistisch gestaltete Räume zu schicken, in denen auf Holz geklebte Figuren im Stile von Film- oder Werbeplakaten der 50er Jahre als Sinnbild der ach so heilen Welt mit einem interagieren oder kommunizieren, war ein Glücksgriff. Nicht nur, weil er leicht an das erinnert, was Bethesda mit Fallout 4 zu neuen Ufern geführt hat. Sondern auch, weil es ungemein hilft, die Karikatur des amerikanischen Lebensstils in ein überzogenes Licht zu setzen. Andererseits gibt es trotz dieser Abstraktion eine enorme Immersion, sobald man diese Spielwelt akzeptiert hat – was bei mir bereits nach wenigen Minuten der Fall war.
Immersive Minispielballereien
Fazit
Mechanisch sind die Baller-Minispiele, denen man in The American Dream begegnet, allenfalls durchschnittlich. Doch dieses VR-Experiment ist mehr als die Summe seiner Einzelteile, zu denen auch ein beträchtlicher Erzählanteil gehört. Denn was anfangs wie von der National Rifle Association in Auftrag gegebenes Promo-Material wirkt, entpuppt sich alsbald als bitterböse Satire mit zielsicher gesetzten Pointen und Anspielungen, die auch Videospiele nicht außen vor lassen. Das australische Team von Samurai Punk lässt kein gutes Haar am Waffenwahn, der in dieser vollkommen überzogenen Darstellung des amerikanischen Lebenstraumes in alle Bereiche des gesellschaftlichen und familiären Daseins eingreift und zum Allheilmittel wird. Hier werden Burger mit Waffengewalt auf dem Grill gewendet, die Löcher in Bagles geschossen oder Fische mit einem Repetiergewehr gefangen. Hochzeitsringe werden auf den Lauf einer Pumpgun gesteckt und selbst Sex ist ohne die Knarren nicht mehr vorstellbar. Gelegentlich schrammt der Humor zwar scharf an der Grenze des guten (oder schlechten) Geschmacks entlang, wird aber immer im entscheidenden Moment eingebremst, bevor er diese überschreitet. Das gelungene Artdesign mit seinem „Heile-Welt“-Aussehen, das von Kino und Werbung der 50er Jahre inspiriert wurde, tut sein Übriges, um einen in diese absurde Welt zu ziehen. In dieser Form machen VR-Erzählexperimente einen Heidenspaß.
Pro
- satirische Ballerbude mit hohem Erzählanteil
- akkurate Bewegungs- und Zielerkennung
- sehr gute englische Sprachausgabe
- gelungener, sehr breit gestreuter Humor
- starkes Artdesign
Kontra
- simple Minispiele ohne mechanische Überraschungen
- kleinere Bugs
- Humor mitunter sehr grenzwertig
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