Pizza Connection 3 - Test, Taktik & Strategie, Linux, PC, Mac

Pizza Connection 3
03.04.2018, Marcel Kleffmann

Test: Pizza Connection 3

Das verbuggte Pizza-Imperium

Lange ist es her, dass man in Pizza Connection und Pizza Syndicate sein eigenes Pizza-Imperium hochziehen konnte. Das kleine Studio Gentlymad und Assemble Entertainment haben sich nun an einer modernen Version der skurrilen Wirtschaftssimulation versucht. Wir haben Pizzerien eröffnet, Ameisen als Zutaten verwendet und uns mit Bugs herumgeschlagen. Aber letztendlich fragen wir uns, warum Pizza Connection 3 (ab 1,70€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) nicht als Early-Access-Titel veröffentlicht wurde ...

In Pizza Connection 3 übernimmt man die Geschicke eines aufstrebenden Pizza-Unternehmens, versorgt die virtuelle Bevölkerung mit mehr oder weniger leckeren Pizza-Kreationen und breitet sein Imperium allmähnlich über die ganze Stadt aus. Nicht zu vergessen: Den computergesteuerten Mitbewerbern kann man mit mafiösen Methoden das Leben schwer machen.

Rechts unten sieht man die Bevölkerungsgruppen, die diese Pizzeria besuchen werden - sowie die Stoßzeiten. Die meisten Touristen tauchen in der Nacht bzw. am frühen Morgen auf.


Die eigene Pizzeria

Alles beginnt mit einer gepachteten Pizzeria, die aus einem Gastraum, einer Küche, einem Lager und später einer Lieferdienstgarage besteht. Toiletten braucht man übrigens nicht. Der Grundriss des Gebäudes lässt sich nicht verändern, man kann lediglich einige vorgefertigte Gebäudemuster durchschalten und festlegen, welcher Raum welche Funktion haben soll. In die leeren Räume darf man im Anschluss die Inneneinrichtung (Stühle, Tische, Lampen, Öfen und Co.) platzieren, wobei ziemlich schnell auffällt, dass die Auswahl an Einrichtungsgegenständen recht bescheiden ist. Es fehlt an Vielfalt und Auswahlmöglichkeiten, um eine wirklich individuelle Pizzeria zaubern zu können. Tapeten und Böden lassen sich beispielsweise gar nicht modifizieren.

Hat man keine Lust auf die eigenhändige Einrichtung, kann man den Innenarchitekten bestellen, der die Gestaltung automatisch übernimmt. Es lässt sich sogar festlegen, für welche Personengruppen das Mobiliar des Restaurants optimiert werden soll. Nur irgendwie schafft der Innenarchitekt es immer wieder, Stühle so zu platzieren, dass sie von Kunden nicht erreichbar sind oder vergisst, einen Ofen in die Küche zu stellen.

Läuft die erste Pizzeria gut, können weitere Gebäude in der Stadt gepachtet werden. Alternativ zur stationären Pizzeria gibt es den Pizzawagen, dessen Position an vorgegebenen Standorten in der Stadt platziert werden kann.

Nur selten ist die Wirtschafssimulation so transparent: "Da ein Tag im Spiel 60 mal schneller vergeht als in Echtzeit, bestellt jeder Gast gleich 20 Pizzen statt nur einer".

Nun muss eine Menükarte festgelegt werden, die ausschließlich aus Pizzen bestehen darf. Bei der Auswahl oder Gestaltung der Gerichte sollte man möglichst die Vorlieben der sechs Bevölkerungsgruppen (Teenager, Bonzen, Grufties, Arbeiter, Touristen und Studenten) an den Standorten berücksichtigen, die je nach Stadt/Land verschiedene Vorlieben an Pizzabelägen haben. Manche finden Fleisch toll, andere zum Beispiel Grünzeug oder Früchte.

Das Runde muss auf die Karte

Hier kommt der Pizza-Creator ins Spiel, mit dem man seine "Traumpizza" zusammenklicken kann. Auf den mit der Maus zurechtgezogenen Teig können über 70 Zutaten auf die Pizza verteilt werden. Hierbei gibt es typische, exotische und bescheuerte Zutaten - wie zum Beispiel Ameisen aus der Kategorie "Fleisch", aber den Fleischliebhabern ist es egal, ob Salami, Schinken oder Ameisen; Hauptsache es ist irgendwie Fleisch drauf. Wie die jeweilige Kreation in der Gunst der potenziellen Käuferschicht steht, lässt sich mit virtuellen Nachrichten in einem sozialen Netzwerk ablesen.

Will man die manuelle Pizza-Gestaltung umgehen, kann der Chefkoch angerufen werden, der gegen Geld die Knallerpizza für Bonzen und Co. schneidert. Menge, Art und Anzahl der Zutaten kosten natürlich Geld und daher muss am Ende die gewünschte Gewinnspanne festgelegt werden, die durchaus hoch sein kann, da viele Stadtbewohner kein Problem damit haben, astronomische Preise für eine Pizza zu bezahlen - selbst für Pizzen ohne Kaviar.

Eine 'leckere' Pizza zum Wucherpreis.

Das Gestalten der Pizzen ist ganz nett, verliert nur schnell seinen Reiz. Oftmals hatte ich keine Lust auf das zeitaufwändige Zusammenklicken der Zutaten - zumal das Pizzabild meist nicht wirklich appetitlich aussieht. Auf die Speisekarte dürfen maximal zehn Gerichte - und je mehr Zutaten gebraucht werden, umso größer werden die Herausforderungen an die chronisch überforderten Zutatenlieferanten.

Die „leckere“ Pizza Patricia mit Ameisen, Kaviar und Knoblauch verkauft sich zum Preis von 42,73 Euro überraschend gut. Einkaufspreis ist 8,72 Euro.

Zur Erinnerung: Die Speisekarte des Restaurants darf ausschließlich aus Pizzen bestehen. Keine Getränke, keine Pommes, kein Döner, kein Salat, kein wasauchimmer. Die Menschen in Pizza Connection 3 essen nur Pizza und fertig. Schade, mehr Optionen hätten nicht geschadet.

Bevor die Pizzeria eröffnet werden kann, muss Personal eingestellt und der Schichtbetrieb geplant werden. Idealerweise passt man die Schichten und die Stärke des Personals an die Stoßzeiten der Besucher an, die praktischerweise in einem Diagramm angezeigt werden. Eingestellt werden müssen Köche, Servicepersonal und Lieferanten. Köche machen die Pizza, das Servicepersonal bringt das Essen zu den wartenden Kunden und die Lieferanten kümmern sich um Zutatennachschub. Später kommen außerdem die Lieferdienstmitarbeiter ins Spiel.

Immer Sorgen mit dem Personal

Jeder Mitarbeiter verfügt über zwei Werte - einmal die Qualität im jeweiligen Metier und die Geschwindigkeit, die jeweils in einem Balkendiagramm dargestellt werden. Je "besser" ein Mitarbeiter, desto mehr Geld verlangt dieser. Nur leider fehlt hier jegliche Transparenz, da man aufgrund der Balkendarstellung nicht ablesen kann, wie effizient zum Beispiel ein Koch arbeitet. Schafft er drei Pizzen in einer Stunde oder weniger? Das erschwert letztlich die Personalplanung. Angestellte lassen sich des Weiteren nicht weiterbilden und gewinnen bei der Arbeit auch nicht an Erfahrung. Es ist alles statisch.

Mit Werbung lässt sich Einflusskreis der Pizzeria erhöhen.

Die Geldformel lautet also: An das Klientel angepasste Pizzeria + auf die Zielgruppe zugeschnittene Menükarte voller Pizzen + halbwegs kompetentes Personal = Mega-Erfolg mit Geldregen. Klingt einfach, dennoch hapert es in Pizza Connection 3 oft irgendwo im Wirtschaftskreislauf, zumal Informationen, Rückmeldungen sowie Transparenz ohnehin Mangelware sind.

Es hakt manchmal einfach …

Beispiel: In der Touristen-Hochburg soll eine Pizzeria auf Touristen abgestimmte Super-Lecker-Pizzen verkaufen. Das halbwegs kompetente Personal ist zu den Stoßzeiten vor Ort. Das volle, externe Lagerhaus mit hochqualitativen Zutaten aus dem Großhandel ist mit der Pizzeria verbunden. Und dann... passiert mehrere Tage nichts. Manchmal sind Gäste in der Pizzeria, werden aber nicht bedient, obwohl Personal und Vorräte da sind. Warum? Keine Ahnung! In der allgemeinen Tagesübersicht werden nur vage und allgemeine Hinweise gegeben (mehr Personal einstellen, Lager vergrößeren etc.).

Anderes Beispiel: Der Koch beschwert sich, dass er seiner Arbeit nicht nachgehen kann, weil keine oder nicht die passenden Zutaten vorhanden sind. Das Lager in der Pizzeria ist gut gefüllt und die Lieferanten laufen fleißig hin und her - jedenfalls wirkt es so. Es hakt in der Lieferkette und genau an dieser Stelle wären Texte oder Statusmittelungen bei den betroffenen Mitarbeitern hilfreich, da sie sich ohnehin anklicken lassen. Stattdessen bekommt man auch hier lediglich allgemeine Hinweise um die Ohren gehauen. Apropos Lager: Es ist symptomatisch für fehlende Eingriffsmöglichkeiten. Man kann zwar betrachten, was eingelagert ist, aber keine Einlagerungs- oder Lieferungsprioritäten festlegen oder gar einen Boten manuell losschicken, der die Engpassware kaufen soll.

Für eine Wirtschaftssimulation sind die Informationen/Rückmeldungen vom Spiel zu dürftig und zu eingeschränkt, um die nötigen Optimierungen vorzunehmen. Erschwerend kommt hinzu, dass das Spiel nicht fehlerfrei ist und der Lieferengpass häufig einem fehlerhaft funktionierenden Lieferanten anzukreiden ist.

Bug: In der Piatto Caldo werden vier Probleme angezeigt. Allerdings funktioniert in der Pizzeria alles problemlos.

Dass so einige Sachen bei Pizza Connection 3 im Argen liegen, kann man bereits den Patch-Notes für den dritten Patch entnehmen, der aktuell im Betabereich bei Steam getestet wird. In den Probepartien war es häufig Glückssache, ob die Mechaniken funktionierten oder nicht  - sowohl in der Kampagne als auch im Endlosspiel. Manchmal werden zudem Fehlermeldungen angezeigt, die nicht korrekt sind. Es wäre wesentlich besser und sinnvoller gewesen, Pizza Connection 3 in diesem Zustand in den Early Access zu schicken. Vor dem Hintergrund wundert man sich, warum ein funktionierendes Verkehrssystem (Zebrastreifen, Ampelschaltung) und eine minimalistische Avatar-Erstellfunktion überhaupt eingebaut wurden, obwohl der Kern des Spiels nicht optimal läuft. Allem Anschein nach fehlte es dem kleinen Entwicklerteam (Gentlymad) an Zeit zum Testen und zum Optimieren.

In den Städten treiben nicht nur inkompetente Zulieferer ihr Unwesen. Bis zu drei andere Pizza-Ketten wollen ebenfalls ein Stück vom Pizzamarkt abhaben. Ihnen kann man mit Ganoven zu Leibe rücken. Ganoven werden wie Maskottchen manuell durch die Stadt gesteuert und können bei ihrer Ankunft am Ziel Ungeziefer aussetzen bzw. Chaos in der Pizzeria anrichten.

Mit vorgelesenen Briefen wird man durch die Kampagne geleitet.


Die Konkurrenz bekämpfen

Das war es. Bei der Sabotageplanung müssen die Gangster den patrouillierenden Polizisten aus dem Weg gehen, deren Aufmerksamkeitsradius durch rote Kreise dargestellt wird. Auch auf die Einhaltung der Straßenverkehrsordnung müssen die Kriminellen achten.

Dieses nicht allzu tiefgehende Spielgeschehen erlernt man zunächst in der zwölfphasigen Kampagne, die im Prinzip ein großes Tutorial darstellt. In der Geschichte, die mit drögen Hinterlassenschaftsbriefen, die von einem halbwegs motivierten Sprecher vorgelesen werden, errichtet man ein neues familiäres Pizza-Imperium und erfährt immer mehr von seinen Verwandten. Mäßig interessant. Sonstige Hilfen und Anweisungen werden in Textform präsentiert. Im Anschluss an die Kampagne, die über die halbe Weltkugel führt, darf man sich im Freien Spiel austoben und dort viele Spielparameter anpassen.

Kampagne und das freie Spiel

Fazit

Pizza Connection 3 ist, um bei der Spielthematik zu bleiben, wie eine nicht fertig gebackene Pizza, deren Belag zu wenig Abwechslung bietet. Da es in der grundsoliden und skurrilen Wirtschaftssimulation an vielen Ecken und Enden hapert, wäre das Spiel eigentlich der ideale Kandidat für einen Early Access gewesen, nur wurde die Chance vertan: Virtuelle Menschen laufen durch Wände anstatt durch Türen, Restaurant-Probleme werden angezeigt, obwohl sie behoben sind und Zutatenlieferanten schaffen es nicht, das Lager mit den notwendigen Sachen zu befüllen. Manchmal werden Gäste gar nicht bedient oder gehen nicht in die Pizzeria, obwohl ihre Bedürfnisse abgedeckt werden, Werbung läuft und Pizzen günstig sind. All diese Macken hätte man mit etwas mehr Testzeit in den Griff bekommen können. Erschwerend kommt hinzu, dass mit klaren Informationen und Rückmeldungen gegeizt wird, gerade bei den Mitarbeitern. Bleibt man von Bugs verschont, kann der Aufbau eines Pizza-Imperiums kurzfristig Spaß machen, denn das Konzept um die Bedürfniserfüllung mit unterschiedlichen Pizzen ist gut, nur fehlt es schnell an Abwechslung, Vielfalt und Dynamik in der Simulation. Selbst die Ganoven sind nur eine Randnotiz und die nette Kulisse mit der zunehmend nervtötenden Musik kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Spiel in einem Zustand erschienen ist, in dem es nicht hätte veröffentlicht werden dürfen. Es ist zwar denkbar, dass die Entwickler die Bugs und die Probleme mit der Zeit aus der Welt schaffen, aber ob sie inhaltlich noch eine Schippe drauflegen können, ist zum jetzigen Zeitpunkt ungewiss. Daher kann von Pizza Connection 3 im aktuellen Zustand nur abgeraten werden.

Pro

  • verständliches Bedürfnis- und Vorliebensystem
  • praktische Assistenten: Innenarchitekt und Chefkoch
  • Lieferdienste und Pizzawagen
  • viele Pizza-Zutaten
  • Kampagne dient als großes Tutorial
  • nette Stadtumgebungen
  • Optionen beim Freien Spiel

Kontra

  • Bugs, Fehler und Logikmacken (Pizzapreise)
  • ziemlich magerer Umfang
  • wenig Auswahl bei der Restaurant-Einrichtung
  • nur Pizzen; keine Getränke oder andere Gerichte
  • Personal kann nicht verbessert werden
  • kaum Dynamik im Wirtschaftssystem (keine Änderung der Vorlieben)
  • viele Details bleiben im Verborgenen (Effizienz der Mitarbeiter)
  • maue Informationen und Rückmeldungen (Mitarbeiter)
  • wenig direkte Eingriffsmöglichkeiten bei wirtschaftlichen Belangen
  • lieblose Texttafeln und nur vorgelesene Briefe in der Kampagne
  • schwache Charakter-Modelle und Klon-Einwohner
  • sinnlose Avatar-Erstellung
  • Assistenten am Anfang zu teuer
  • Performance auf maximaler Zeitbeschleunigungsstufe

Wertung

PC

Pizza Connection 3 leidet an Bugs, Ungereimtheiten und Macken in der Simulation der Wirtschaft. Auch der Umfang ist eher mager.

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