Bullet Witch - Test, Action-Adventure, 360, PC

Bullet Witch
25.04.2018, Jens Bischoff

Test: Bullet Witch

Rückkehr der Ballerhexe

Auf der Xbox 360 hatte Bullet Witch (ab 42,13€ bei kaufen) 2007 keinen guten Eindruck hinterlassen. Trotzdem schickt Marvelous die Hexe elf Jahre später noch einmal auf Dämonenjagd. Ob sie auf dem PC eine bessere Figur macht, verrät der Test.

An der mittlerweile in der Vergangenheit statt in der Zukunft verorteten Story, in der die Menschheit kurz vor ihrer Auslöschung steht, hat sich nichts verändert: Eine Armee von Dämonen fällt über die Erde her und überall herrschen Naturkatastrophen, Hungersnöte und Seuchen. Die wenigen Überlebenden kämpfen auf verlorenem Posten, das Ende scheint nur noch eine Frage der Zeit. Doch dann erscheint aus dem Nichts eine Hexe namens Alicia, die den Invasoren aus der Unterwelt die Stirn bietet und für einen Hoffnungsschimmer sorgt.

Tatsächlich? Story und Dialoge sind Trash pur.


Weltenrettung in sechs Akten

Schade nur, dass die Dämonen nach gerade einmal sechs Einsätzen bereits vernichtend geschlagen sind, ohne dass Alicias Fähigkeiten auch nur annähernd ihren Zenit erreicht haben. Zwar kann man in bis zu fünf Schwierigkeitsgraden immer wieder auf Dämonenjagd gehen, um seine Waffen und Fertigkeiten weiter aufzustufen oder einzelne Levels gezielt wiederholen, um ein besseres Ergebnis für die Online-Ranglisten zu erreichen, aber immer wieder dieselben linearen Areale zu durchstreifen, um dieselben hirnlosen Gegner zu plätten, ist nicht sonderlich prickelnd. Schließlich gibt es nicht einmal einen Mehrspielermodus, für den wiederholtes Aufpowern lohnen würde...

Anfangs verfügt Alicia zwar nur über ein besenähnliches Maschinengewehr und ein paar grundlegende Zaubersprüche, aber von Einsatz zu Einsatz wird ihre Zauberkraft immer verheerender und ihr Waffenarsenal immer tödlicher.

Auf dem PC sind sämtliche Zusatzinhalte wie alternative Outfits und Bonusmissionen zwar schon mit an Bord, den mickrigen Spielumfang wertet das aber auch nur geringfügig auf. Die KI der Feinde und gelegentlicher Verbündeter ist teils ebenfalls unter aller Kanone: Figuren bleiben an Schutthäufen hängen, versinken im Boden, beginnen in der Luft zu schweben oder feuern stoisch auf massive Mauern sowie Felsvorsprünge. Na ja, manchmal haben sie Glück und landen trotzdem Treffer, denn die Kollisionsabfrage ist nach wie vor alles andere als genau.

Fatales Chaos

Ärgerlich ist das Ganze vor allem, wenn man durch einen Spalt im Gemäuer einen Dämon aufs Korn nimmt, aber aus unerklärlichen Gründen nicht trifft, während einem ein gegnerischer Scharfschütze oder Panzer durch meterdickes Gestein hindurch einen tödlichen Treffer verpasst. Überhaupt sind tödliche Gegentreffer recht häufig. Unfair platzierte Scharfschützen oder umherfliegende Trümmer sorgen oftmals schneller für ein Ableben als man die Gefahr überhaupt erkennt. Ansonsten sind die Gegner jedoch nur Kanonenfutter, das höchstens in Massen oder durch Überraschungsangriffe gefährlich wird.

Damals okay, heute völlig indiskutabel: Technisch gehört die Hexe auf dem PC ins Museum.

Selbst die haushohen und Unmengen an Blei schluckenden Gigas werden nie wirklich zur Gefahr, so lange man sie auf Distanz hält. Imposant anzusehen sind sie aber trotzdem - vor allem wenn sie in einer meterhohen Blutfontäne rücklings umkippen und alles unter sich begraben.

Noch spektakulärer sind die seltenen Bossfights, bei denen auch Schwachpunktsuche und Stellungsspiel gefragt ist. Schade, dass die Gegnervielfalt insgesamt eher mau ist und man die meiste Zeit nur schnöde Dämonensöldner vor die Flinte bekommt. Neben dem Standard-MG darf man Alicia im weiteren Spielverlauf auch mit einer Schrotflinte, einer Scharfschützenkanone und einer Gatling-Gun ausrüsten, denen man mit verdienten Fertigkeitspunkten zudem diverse Upgrades spendieren kann. Auch Gesundheit, Mana und Zaubersprüche lassen sich schrittweise verbessern. Das Angebot an Zaubern ist zwar nicht allzu üppig, aber durchaus facettenreich. So kann man zum Beispiel schützende Mauern heraufbeschwören, mittels Telekinese lose Objekte durch die Gegend schubsen, Feinde mit einem Schwarm angriffslustiger Krähen ablenken, verletzte Zivilisten und Soldaten heilen oder verheerende Angriffszauber wie Blitzschlag, Tornado und Meteoritenschauer vom Stapel lassen.

Mit seinem MP-Vorrat sollte man allerdings klug haushalten, da sich verbrauchtes Mana nur mit dem Erschießen von Gegnern wieder auffüllen lässt. Das ist prinzipiell keine schlechte Idee, da man dadurch die konventionellen Waffen nicht vernachlässigt. Wer allerdings in einem ungünstigen Moment keine Magiereserven mehr hat, um beispielsweise einen kugelresistenten Panzer aus dem Weg zu räumen, wird dieses System schnell verfluchen. Spätestens, wenn er merkt, dass keine für die MP-Wiedergewinnung nötigen Söldner mehr da sind. Aber egal, notfalls muss man halt die Flucht nach vorn antreten, was dank effektiver Ausweich-Flickflacks kein allzu großes Problem darstellt, sofern man nicht von unsichtbaren Barrieren aufgehalten wird oder genau im Schussfeld eines gegnerischen Scharfschützen landet, der sich von solchen Akrobatikeinlagen überhaupt nicht beeindrucken lässt.

Wehrlose Momente: Die Auswahl der Zauber in Echtzeit ist nach wie vor ein echtes Handicap.


Zirkusreif

Sobald man einen Checkpoint erreicht hat, bleiben die bis dahin erreichten Fortschritte erhalten. Gespeichert werden sie trotz aktivierbarer Auto-Save-Funktion aber erst nach einem regulären Spielausstieg. Wer stirbt und aufhört oder einen Spielabsturz erleidet, muss die aktuelle Mission nochmals ganz von vorn beginnen. Um vor Spielstandsverlusten gefeit zu sein, muss man das Spiel also immer wieder beenden und neu laden - ein vernünftiges Speichersystem sieht definitiv anders aus. Ein weiteres Manko ist das Wirken von Zaubersprüchen, das in Echtzeit über eine Reihe von Auswahlscheiben abläuft, die einen Großteil des Bildschirms bedecken.  Gerade anfangs ist diese Prozedur nervtötend und vor allem riskant, da man beim Blättern durch die Zauberscheiben quasi wehrlos ist und nur hoffen kann, dass sich das Ziel des Zaubers beim Aktivieren überhaupt noch an derselben Stelle befindet.

Ansonsten kann man mit dieser Zirkusnummer aber teils ganze Levelabschnitte passieren ohne getroffen zu werden.

Mit der Zeit lernt man zwar, wo und auf welcher Seite sich alle neun Zauber befinden, aber mit einer simplen Pausefunktion während der Spruchauswahl hätte man dieses Manko erst gar nicht entstehen lassen. Ähnliches gilt für die Orientierung in den teils recht weitläufigen Spielabschnitten, die besonders zu Beginn nicht immer leicht fällt. Eine Kartenfunktion gibt es nämlich genau so wenig wie ein Radar oder einen Kompass. Selbst Wegweiser zu bestimmten Schlüsselstellen werden meist nur dann eingeblendet, wenn es ohnehin klar ist, wo es lang geht. Grafisch wirkt Bullet Witch trotz besserer Auflösung, Bildrate und Lichteffekte fast schon museumsreif. Die Animationen sind nicht besonders flüssig, die Umgebungen steril und die flimmernde Darstellung der Schatten gehört nach wie vor mit zum Übelsten, was ich je gesehen habe. Vielleicht ist deswegen eine der wenigen Grafikoptionen die Deaktivierung der Schatten...

Viel Platz für Verbesserungen

Auch die Soundkulisse ist eher spärlich. Musik gibt es fast gar keine und die englische Sprachausgabe ist meist genauso mies wie die trashigen Storysequenzen. Auch der eigentliche Spielverlauf fällt ziemlich monoton aus. Es gibt keine feindlichen Hinterlassenschaften, keine Interaktionsmöglichkeiten mit der Spielwelt und auch das Bewegen von Gegenständen via Telekinese beschränkt sich auf bestimmte Objekte. Die Wege sind ebenfalls meist strikt vorgegeben. Weicht man zu weit vom Pfad ab, trifft man meist auf rote Energiebarrieren.

Keine Um- und Sonderlaute: Die deutsche Lokalisierung liefert teils haarsträubende Resultate.

Manchmal sind die Barrieren auch andersfarbig. Dann muss man irgendwo ein überdimensionales Flughirn wegpusten und es geht weiter. Wo es jeweils weiter geht, ist trotzdem nicht immer ersichtlich, so dass man beim ersten Durchgang viel planloses Umherirren in Kauf nehmen muss, was sich in den großen Arealen mangels Sprintfunktion ganz schön ziehen kann.

Ansonsten hat man Alicia aber gut unter Kontrolle. Sie geht auf Knopfdruck in die Hocke, führt mittlerweile eher steif wirkende Ausweichmanöver aus, wechselt fliegend zwischen den mitgeführten Schießeisen oder zieht Gegnern aus nächster Nähe mit dem Gewehrkolben eins über. Gesteuert werden kann sie sowohl mit Controller als auch Maus und Tastatur, wobei die Menü-Navigation nicht wirklich an PC-Bedürfnisse angepasst wurde. Auch die Lokalisierung ist durchwachsen, Um- und Sonderlaute werden zum Teil völlig haarsträubend ersetzt, die Duck-Funktion als Sprint-Funktion verkauft...

Fazit

Ich weiß nicht, was Marvelous geritten hat, das schon auf der Xbox 360 nur leidlich unterhaltsame Bullet Witch nach elf Jahren nochmals hervorzukramen und ohne nennenswerte Anpassungen für den PC umzusetzen. Höhere Auflösung und Bildrate hin oder her, die Technik wirkt heute noch antiquierter, die Inszenierung noch armseliger, die KI noch rückständiger. Auch der mickrige Umfang wird durch die Implementierung ehemaliger DLC-Kostüme und -Missionen kaum aufgewertet. Zudem wird man noch immer durch tödliche Trümmerflüge und unfair platzierte Scharfschützen jäh aus dem Spielfluss gerissen, während man über die ungenaue Kollisionsabfrage nur den Kopf schütteln kann. Hinzu kommen gravierende Orientierungsprobleme, eine teils harsträubende deutsche Lokalisierung und eine noch immer unterirdische Schattendarstellung. Und auch die Auto-Save-Funktion hat nach wie vor eklatante Macken. Nicht einmal bei der Sicht versperrenden Echtzeitauswahl der Zaubersprüche wurde nachgebessert. Dieses Comeback hätte man sich sparen können...

Pro

  • imposante Bossgegner
  • verbesserbare Waffen & Fertigkeiten

Kontra

  • geringer Umfang
  • eintöniger Spielverlauf
  • miese KI & Kollisionsabfrage
  • antiquierte Technik & Inszenierung

Wertung

PC

Lieblos hingeschluderte Konvertierung aus der Action-Trash-Mottenkiste.

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