Football Manager Touch 2018 - Test, Sport, Switch

Football Manager Touch 2018
25.04.2018, Mathias Oertel

Test: Football Manager Touch 2018

Trainerspaß im Kleinformat

Lässt man die PSP-Versionen des Football Manager Mobile außen vor, ist es gut zehn Jahre her, dass Sports Interactive mit ihrer Trainer-Simulation auf Konsole für Furore sorgte. Damals konnte man auf Xbox 360 ein nahezu identisches Spielgefühl wie am PC erleben. Für die überraschend veröffentlichte Switch-Version hat man sich auf die abgespeckte Variante Football Manager Touch als Basis konzentriert. Wir sind für den Test in den englischen eShop gestiefelt und haben auf der Trainerbank Platz genommen.

Nicht erst seit der Demission des deutschen Fussball Managers aus dem Hause Bright Future steht der britische Football Manager von Sports Interactive bei Couchtrainern und Sofazockern hoch im Kurs. Was das Team um Miles Jacobson alljährlich im Herbst vom Stapel lässt, ist nicht nur ein Zeitkiller sondergleichen, sondern hat sich mit seinem Umfang und seinem Realismus einen Platz vor allem in der britischen Popkultur erarbeitet. Zwar schneidet man wie zahlreiche andere Spiele mit einem Jahresturnus mitunter zu wenig der alten Zöpfe ab. Doch unter dem Strich liefert der Football Manager Jahr für Jahr ab. Und seit einigen Ausgaben bekommen die PC-Spieler auch gratis die Touch-Variante mitgeliefert. Diese wurde, wie der Name milde suggeriert, in erster Linie für Geräte mit Berührungsbildschirmen konzipiert und ist inhaltlich eine stark gestutzte Version. Hier ging es Sports Interactive um eine optimierte, schneller spielbare Erfahrung, die sich auf die Kernaufgaben des Trainers konzentriert.

Touch vs. vollwertiger Manager

Auch wenn es mitunter schmerzt: Die Match-Berechnung scheint höchst akkurat, wie diese Statistiken zeigen.
Und was bedeutet dies für den Nachwuchs-Manager vor dem Bildschirm? Das erste, was auffällt: Gespräche wurden nahezu komplett entfernt. Das betrifft aber nicht nur die Ansprachen vor oder nach dem Spiel bzw. die Pausenmotivation für Team oder Einzelspieler. Auch Vertragsgespräche mit Fußballern oder Beratern gibt es keine mehr. Man kann über Interviews keinen Einfluss mehr auf eigene Spieler bzw. die der nächsten Gegner Einfluss nehmen oder ihren Trainer herausfordern. In Krisensituationen, so etwa, wenn ein Spieler mehr Spielzeit im ersten Team für sich wünscht, da er sonst z.B. aus der Nationalmannschaft fliegen könnte, gibt es zwar Anfragen. Doch diese lassen sich mit einer einsätzigen Antwort abarbeiten. Ich habe dem „großen“ Football Manager zwar in den letzten Jahren immer wieder vorgeworfen, dass die auf Dauer (sprich: nach zig Saison) gleichförmigen Gespräche ihr Potenzial nie ausschöpfen. Doch erst, wenn sie (wie hier) fehlen, wird einem bewusst, wie sehr sie einen in die fiktive Fußballwelt ziehen und die eigentlich auf Statistikwerte und auf dem Platz mal mehr, mal weniger gut animierte Spieler reduzierten Athleten mit virtuellem Leben versehen. Ganz abgesehen davon, dass die Unterhaltungen relevante Auswirkungen nach sich ziehen – sowohl positiver als auch negativer Natur, wenn man sich unklug verhält. Dementsprechend gibt es auch keine Team-Dynamik mehr, die sich auf dem Spielfeld auswirken könnte.

Die Match-Darstellung lässt sich an die verfügbare Zeit anpassen und ist bis auf einige krude Animationen gleichermaßen spannend wie überzeugend.
Doch auch in anderen Bereichen muss man leichte Kompromisse eingehen. So wurde zwar die Anzahl an den in drei Bereichen vorhandenen Statistikwerte pro Spieler nicht verringert, doch bei weiterführenden Informationen gibt man sich deutlich sparsamer als bei der ausgewachsenen PC-Version. Für die Hauptaufgabe, die sich nach wie vor um die Mannschaftszusammenstellung (Scouting, Transferaktivitäten) und vor allem das Finden einer Taktik dreht, mit der man im Kampf um Punkte eine Chance hat, werden allerdings mehr als genug Statistiken sowie Informationen angeboten. Dass man in der Touch-Version nur noch minimale Berührungspunkte mit dem Nachwuchs hat und quasi nur noch Spieler zwischen erster und zweiter Mannschaft hin und her schieben kann, war für mich in den zahlreichen Sessions sowohl zuhause vor dem Bildschirm als auch unterwegs kein Problem. Unterm Strich spielt sich die in vielen Punkten reduzierte Version wie das Original vor einigen Jahren, als der Football Manager die Puristen noch nicht mit dem enormen inhaltlichen Umfang erschlagen hat. Man stellt sich über seinen Nachwuchs oder den Umweg Transfermarkt sein Team zusammen, gibt ihnen individuelle Trainingsanweisungen sowie Mannschaftsübungen und überlegt sich Woche für Woche, mit welcher Aufstellung und welcher Taktik man dem Gegner die Stirn bieten kann.

Beinahe so wie früher

Man kann seine Matchtaktik über zahlreiche Einstellungen anpassen.
Diese auf das Wesentliche reduzierte Form des Trainer-Daseins, das man auch im Rahmen einer Sofortberechnung an den Co-Trainer abgeben darf, für den man aber in einem passablen Editor eine Art Schlachtplan erstellt, sorgt für vergleichsweise schnell ablaufende Saisons. Beim Training, hier vor allem beim Mannschaftstraining vermisse ich zwar die Option, einen langfristigen Plan aufzustellen, so dass man sich hier mit unnötigem Babysitting und Micro-Management aufhalten muss. Und bei der Mannschaftsaufstellung auf dem kleinen Screen, dessen Inhalt auch bei Nutzung im Dock auf einem großen Bildschirm nicht erweitert wird, gibt es ebenfalls kleine Probleme mit der Benutzerführung. So ist es z.B. nicht mehr ohne etwas größere Klickwege möglich, Spieler außerhalb des nominierten Kaders (erste 11 plus Bank) zu integrieren. Daran kann man sich zwar bereits kurzfristig gewöhnen, doch störend bleibt es. Doch angesichts der komplexen Infos und Verknüpfungen der Inhalte hat man eine recht intelligente Benutzerführung auf die Beine gestellt – optional auch komplett ohne Einsatz von Gesten oder Berührungen.

Hat man schließlich seine erste Mannschaft und die Ersatzspieler definiert, ihnen eine Aufstellung verpasst sowie ggf. Feineinstellungen bei der allgemeinen Ausrichtung sowie für die Interpretation einzelnen Positionen mit auf den Weg gegeben, geht es auf das Spielfeld. Je nachdem, wie viel Zeit man hat, kann man sich bei der überzeugenden Berechnung nur auf die Anzeige von Schlüsselszenen konzentrieren, sich erweiterte Ausschnitte anschauen oder auch das ganze Spiel verfolgen – das alles in der Kameraperspektive seiner Wahl bis hin zur klassischen Draufsicht. Doch auch, wenn man sich nur für Schlüssel- oder erweiterte Szenen entscheidet, wird durch man durch Symboleinblendungen, Textfragmente und ständig auf den neuesten Stand gebrachte Statistiken über die Leistung der Teams auf dem Laufenden gehalten. Basierend auf der Engine, die auch in der ausgewachsenen Variante zum Einsatz kommt, bleibt es allerdings dabei, dass sich mitunter in bestimmten Kameraeinstellungen oder Animationsphasen ein nicht immer realistisches Bild ergibt. Das betrifft jedoch nur die Darstellung. An der im Hintergrund laufenden Berechnung hatte ich bei keinem Spiel einen Zweifel. Denn für den Fall, dass

Auch wenn die offizielle Lizenz dieses Jahr noch fehlt (weswegen man den FM Touch auch nur z.B. im UK-eShop findet), kann man dennoch mit den echten Spielern  antreten.
man entweder in einer selbst initiierten Pause oder während das Spiel läuft taktische Änderungen vornimmt, werden diese auch auf dem Spielfeld umgesetzt und zeigen Wirkung – sowohl positiv wie negativ.

Überzeugende Berechnung, mitunter krude Darstellung

Denn natürlich habe ich wie in den letzten Jahren am PC auch auf Switch erneut versucht, den Abstieg des HSV zu verhindern. Es ging gut los: Zwei Siege zu Beginn der Saison. Danach begann eine Phase, an der ich trotz meiner langjährigen Erfahrung mit dem Football Manager an der Mannschaft verzweifelte. Nicht nur, dass ich eine Niederlagenserie hinnehmen musste. Auch das Verhalten auf dem Platz gab Grund zur Sorge. Dass man dem FC Bayern nahezu chancenlos mit einem Torschussverhältnis von 35:7 die drei Punkte überlässt, kann ich noch akzeptieren. Doch dass gegen andere Mannschaften trotz teilweiser Überlegenheit keine Punkte eingefahren und nur wenige Tore geschossen wurden, machte mich nachdenklich – auch wenn es auf erschreckende Weise die Realität des HSV in dieser Saison widerspiegelte. Es war egal, für welche Darstellungsform ich mich entschied und welche Schritte ich ergriff: Die Relegation war nicht zu verhindern. Und damit war ich vermutlich dennoch erfolgreicher als das Trainer-Trio, das die Rothosen dieses Jahr betreute. Langer Rede, kurzer Sinn: Mit anderen Mannschaften konnte ich ähnlich realistische Ergebnisse beobachten, die neben den diversen Kleinigkeiten auf dem Platz wie falschen Abseitsentscheidungen (hier gibt es glücklicherweise noch keinen Videoschiedsrichter) oder sonstigen Schiedsrichterfehlleistungen (die auch mal zu meinen Gunsten ausfielen) dafür sorgten, die Immersion hochzuhalten. Schade ist allerdings, dass man im gedockten Zustand mit merkwürdigen Bildratenproblemen zu kämpfen hat, die einem das Zuschauen verleiden können.

Fazit

Für viele Fans des erst mit der Herbstausgabe dieses Jahres auch offiziell in Deutschland erhältlichen Football Managers ist die auf das Wesentliche reduzierte Touch-Version interessanter als der große Bruder. Mit dem reinen Fokus auf Teamzusammenstellung und Taktik-Optimierung erinnert die Trainer-Simulation inhaltlich an die „gute alte Zeit“, bevor man als Spieler vom Umfang und den Möglichkeiten der aktuellen Versionen erschlagen wurde. Und dieser Kern schafft es auch auf Switch, Spannung und Emotionen zu erzeugen, von denen der Fußball lebt und über die er sich definiert. Dennoch vermisse ich die Gespräche mit Spielern, die Interviews und andere Interaktionen, die sich auf die Team-Chemie auswirken. Da hier zudem die Trainingsmöglichkeiten eingeschränkt sind und  keine effektive Nachwuchsarbeit möglich ist, fehlen mir wesentliche Bausteine, um die komplette Identifikation mit dem Team sowie einzelnen Spielern zu bekommen. Wo sich der Football Manager Touch schadlos hält, ist die überzeugende Match-Berechnung, deren 3D-Darstellung man hinsichtlich des Umfangs an seine zur Verfügung stehende Zeit anpassen kann. Wie bei der ausgewachsenen Variante am PC sind zwar nicht alle Animationen astrein, dennoch wird das Geschehen auf dem Platz überzeugend dargestellt. Schön auch, dass die kurzfristigen Taktik-Änderungen, die man während der Matches vornimmt, sofort umgesetzt werden und sich auch auf dem Platz zeigen. Weniger schön ist allerdings, dass die Match-Darstellung im gedockten Modus unsauber ist und mit Bildratenproblemen kämpft. Doch dessen ungeachtet und vor allem, wenn man sich mobil als Trainer betätigt, zieht einen  der Football Manager Touch 2018 beinahe so stark in den Bann wie das Komplettpaket, dem er entspringt.

Pro

  • diverse lizenzierte und nicht-lizenzierte Ligen
  • überzeugende Ergebnis-Berechnung
  • zahlreiche Match-Kameras bis hin zur klassischen Ansicht
  • enorme taktische Möglichkeiten
  • ordentliche Steuerung über Touchscreen
  • es lassen sich differenzierte Match-Pläne erstellen, die vom Co-Trainer umgesetzt werden
  • Ad-hoc-Änderungen wirken sich umgehend aufs Spiel aus und sind auf dem Platz zu erkennen
  • umfangreiche Statistiken
  • Daten nicht hochaktuell
  • gutes Zusammenspiel der reduzierten Mechaniken

Kontra

  • Match-Darstellung könnte filigraner sein
  • Team-Chemie spielt keine Rolle
  • gelegentlich frickeliges Mikro-Management
  • kein langfristiges Training einstellbar, sondern nur wochenweise
  • Gesprächs-Optionen auf ein absolutes Minimum in Krisensituationen reduziert
  • keine Ansprachen vor oder nach dem Match bzw. in Pausen
  • im Dock mit Bildratenproblemen

Wertung

Switch

Funktionen und Inhalte wurden für die Touch-Variante reduziert, doch Dramatik sowie Taktikoptionen bei der überzeugenden Match-Berechnung sowie -Darstellung sorgen für gute Unterhaltung.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • Es gibt keine Käufe.
  • Dieses Spiel ist komplett echtgeldtransaktionsfrei.