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Moss
18.06.2018, Jan Wöbbeking

Test: Moss

Märchenhaftes VR-Diorama

Auf der PS4 hat sich Moss (ab 99,95€ bei kaufen) zum Liebling vieler PSVR-Besitzer gemausert. Im Action-Adventure steuert man mit dem linken Stick ein Mäuschen durch seine Märchenwelt, während man per Bewegungssteuerung Brücken und Fallen durch die Kulisse schiebt. Wir haben uns die Umsetzung für Rift und Vive angeschaut, in der man neuerdings sogar mit beiden Händen in der Welt hantiert.

Seltsam, dass sich Entwickler Polyarc für eine derart kindgerechte Präsentation entschieden hat – Spieler unter zwölf Jahren dürfen schließlich noch gar kein VR-Headset benutzen, doch auch ältere Nutzer sind nicht immun gegen den Niedlichkeitsfaktor von Moss. Wir zumindest haben der kleinen Heldin Quill immer mal wieder mit dem leuchtenden Cursor über den Kopf gewuschelt - einfach weil es möglich ist und weil die kleine Maus so unheimlich niedlich animiert ist. Die Interaktion mit dem Headset-Träger hat auch einen spielerischen Nutzen: Weiß man mal nicht weiter, rudert Quill z.B. wild mit den Armen, um einen Hinweis zu geben. Zudem lässt sie sich mit bloßem Handauflegen heilen – oder besser gesagt mit der Berührung der blau leuchtenden Kugeln, die man per Bewegungssteuerung durch die Kulisse schweben lässt.

Mit Schwert und Trippelschritten

Der mysteriöse maskierte Spieler bzw. "Leser" des magischen Buchs hilft Quill mit seinen blauen Cursor-Kugeln, mit denen sich Hindernisse, Toren oder Brücken bewegen lassen.
Auf der PS4 wurden die Move-Controller nicht unterstützt, stattdessen setzten die Entwickler voll und ganz auf den Dualshock-Controller. Mit dem linken Stick und einigen Knöpfen hüpfte man ganz klassisch über Plattformen, schwang das Schwert oder legte Schalter um. Gleichzeitig bewegte man mit Hilfe der Controller-Leuchte eine blau glühende Kugel durch die Luft, mit der sich allerlei glänzende Mechanismen in der Welt manipulieren ließen – und genau hier haben PC-Spieler einen Vorteil. Dank der Unterstützung von zwei Vive-Stäben bzw. Touch-Controllern kann man mehr Dinge gleichzeitig bewegen, um Quill den Weg freizumachen: Mal zerrt man eine Plattform nach vorne, damit Quill eine Abgrund überqueren kann, später zieht man ganze Metallzylinder mit kleinen Treppen oder Durchgängen aus dem Boden. Viele Mechanismen müssen gleich mehrmals bewegt werden, damit die Heldin schließlich sicher ans Ziel trippeln kann. Das Prinzip erinnert ein wenig Sonys PS3-Spiel Sackboy's Prehistoric Moves.

Im Bereich dieser Puzzles ist es ein willkommener Vorteil, mit den verlässlich erfassten Controllern von Rift und Vive Rädchen und Geräte zu bewegen. Ein Nachteil ist allerdings, dass sich Quill selbst sich nicht ganz so intuitiv steuern lässt wie mit dem Dual-Shock-Stick. Der Mini-Stick auf dem Touch-Controller der Rift ist nur einen Deut weniger präzise, mit dem Touch-Pad der Vive-Controller wird es gelegentlich aber etwas fummelig.



Neue Zweihand-Steuerung

Auf Rift und Vive ohne Tracking-Probleme: Man dreht mit den eigenen Händen Zylinder, bewegt Bahnschranken oder schaut mit dem Headset in versteckte Winkel.
Vor allem auf schmalen Brücken sind wir öfter mal ins Straucheln gekommen – was aufgrund des niedrigen Schwierigkeitsgrades aber nicht wirklich den Spaß verderben kann. Apropos Schwierigkeitsgrad: Da man dank der Zweihand-Steuerung neuerdings gleichzeitig einen Gegner wegzerren und seine Maus heilen kann, werden die ohnehin schon einfachen Gefechte noch etwas leichter. Allzu tragisch wirkt sich aber auch das nicht auf den Spielspaß aus, da sich das Abenteuer primär um Rätsel und Erkundung dreht. Die Story bindet den Spieler schön in die Handlung ein. Als mystischer „Leser“ greift man wie in der Unendlichen Geschichte von außen in ein Märchenbuch ein, um Quill als auserwählte Kriegerin zu adeln. Beugt man sich am Ufer eines Sees über die Wellen, bekommt man sogar das eigene maskenhafte Spiegelbild zu Gesicht. Bei der Präsentation der Geschichte haben sich die Entwickler allerdings für eine Erzählform entschieden, die denkbar schlecht zum Medium VR passt: Immer wieder harrt man minutenlang vor den leicht animierten Seiten eines Buches aus, während die Erzählerin Einzelheiten über die Einwohner, Quills Verbündete und eine finstere Bedrohung herunterbetet. Wer möchte, kann aber immerhin schnell zum Spiel weiterblättern.

Der Fokus von Moss liegt klar auf den einsteigerfreundlichen Rätseln, die auch fortgeschrittenen Spielern schöne Aha-Momente bescheren. Zunächst hüpft und hantiert man nur direkt vor den eigenen Augen herum; später wechselt man auch mal zwischen verbundenen Grotten oder Tempeln, um versteckte Teile großer Maschinen aufzuspüren. Einer der größten Motivationsfaktoren ist die beeindruckende Kulisse: Schon auf dem Social-Screen (also dem Fernsehbild) sehen die verwunschenen Wälder, Schlösschen und Tempel richtig hübsch aus, doch unterm Headset fühlt man sich wie in einem geräumigen Diorama mit vielen feinen Details und hochaufgelösten Texturen. Manchmal muss man sich sogar zur Seite zu lehnen oder aufzustehen, um einen besseren Blick auf versteckte Gänge zu erlangen. Empfindliche Spieler brauchen sich dank der festen Perspektive nicht um Übelkeit zu sorgen: Das komplette Spiel bleibt sehr komfortabel und entspannend.



Kleine Maus, großer Helfer

Auf in den Kampf!
Vorbildlich ist auch die technische Umsetzung mit der Unreal Engine 4: Bereits auf beiden PlayStation-4-Modellen wirkte die Kulisse erstaunlich scharf und beinahe frei von Alias-Treppchen oder anderen VR-typischen Schwächen. Ähnlich wie auf der PS4 Pro wirkt das Gesamtbild auf einem Spiele-PC noch einen Deut sauberer und die Farben ein Bisschen kräftiger. Schön auch, dass das Spiel sogar mit einer Einsteiger-Grafikkarte wie der GeForce GTX 970 sehr sauber läuft. Sogar auf der besten der drei Grafik-Presets blieb es dort fast immer flüssig. Nicht ganz so gelungen wirken die gelegentlich eingestreuten Kämpfe gegen Metallkäfer und andere aggressive Wesen. Ihre Angriffsroutinen sind schnell durchschaut, so dass man die Gefechte gegen größere Grüppchen in Arenen irgendwann nur noch lustlos abarbeitet. Zudem wirkt Quills Schlagrepertoire mit nur einer Kombo ziemlich eingeschränkt. Schade auch, dass es fast keine größeren Bosskämpfe gibt.

Erstaunlich scharf und sauber

Gut gefallen hat uns allerdings, wie die herumwuselnden Käfer in die Rätsel einbezogen werden. Per Bewegungssteuerung und rechtem Stick kann man sie betäuben, an bestimmte Orte führen und sogar ihre Projektile einsetzen, um Schalter umzulegen.

Auf der Vive werden auch Aktionen wie Schwert-Attacken oder Ausweichbewegungen mit dem Klicken aufs Touchpad ausgelöst - was nicht ganz so verlässlich funktioniert wie mit den Knöpfen der Konkurrenzsysteme. Achtet darauf, nicht auf den äußersten Rand zu klicken, der bei den Vive-Touchpads schlecht erfasst wird!
Oder man entführt einen der Metallkrabbler mit dem leuchtenden Cursor in eine andere Ecke des Raums und ballert wie in einem Zweistick-Shooter auf andere Feinde. Hat man sich erst einmal gründlich per Kopftracking umgeschaut, entdeckt man meist schnell die passenden Wege, so dass man die Biester nur noch zu den passenden Maschinen führen muss. Nach einem Lebensverlust steigt man schnell wieder an den großzügig verteilten Speicherpunkten ein. Tracking-Probleme wie auf der PS4 sind uns glücklicherweise nicht untergekommen. Ein wenig traurig war ich darüber, dass das Abenteuer schon nach knapp drei Stunden vorbei war. Der fette Boss beschert dem letzten Kapitel zwar einen würdigen Abschluss, doch das Ende der Geschichte hat mich ein wenig ratlos zurückgelassen. Insgesamt ist Moss aber eine schöne Rätselreise durch märchenhafte Dioramen, die noch viel Potenzial für einen Nachfolger besitzt.



Ein kurzes Abenteuer

Fazit

An realistisch animierte Menschen hat man sich im Zeitalter von Schauspiel-Capturing mittlerweile gewöhnt. Doch wenn eine Maus derart liebevoll animiert durch ihre Welt trippelt wie in Moss, sorgt das vor allem in VR für eine enorme Faszination! Heldin Quill hüpft, klettert und fuchtelt derart putzig mit dem Schwert, dass es seine echte Freude ist, sie durch ihre zauberhafte und erfreulich sauber dargestellte Märchenwelt zu lotsen. Auch spielerisch passt der Mix aus Puzzles, hüpfen und kämpfen bestens zu VR - vor allem, weil sich die Gegner so schön per Bewegungssteuerung durch die Dioramen führen lassen, um sie für eigene Zwecke zu benutzen. Ähnlich viel Potenzial besitzt die Manipulation beweglicher Plattformen und Maschinen, die auf Rift und Vive glücklicherweise nicht mehr von Tracking-Problemen gestört wird. Die neue zweihändige Steuerung ist ein zweischneidiges Schwert: Das Hantieren im Raum geht besser von der Hand, senkt damit aber auch den ohnehin relativ niedrigen Schwierigkeitsgrad noch etwas mehr. Zudem lässt sich die Heldin einen Deut weniger präzise steuern – vor allem mit den Touchpad der Vive-Controller. Auch andere Baustellen halten Moss davon ab, sein Potenzial voll zu entfalten, darunter die kurze Spielzeit von knapp drei Stunden, die schlecht für VR geeignete Präsentation der Story in Buchform oder einige simpel gestrickten Kämpfe. Unterm Strich steckt in Moss aber trotzdem ein bezauberndes und herrlich entspannendes Action-Adventure, dass dank seiner ruhigen, komfortablen Präsentation auch für VR-interessierte mit empfindlichen Mägen interessant ist.

Pro

  • unterhaltsame Rätsel mit vielen kleinen Aha-Effekten
  • zauberhafte Märchenwelt
  • unheimlich liebevolle, detailgetreue Animationen
  • Diorama-Perspektive weckt die Neugier und animiert zum Umschauen
  • viele urige Details in den Kulissen
  • sehr saubere, augenschonende Grafik
  • feste Perspektiven machen das Spiel auch für übelkeitsempfindliche Naturen sehr komfortabel
  • noch eleganteres, zweihändiges Manipulieren der Umgebung

Kontra

  • etwas fummelige Heldensteuerung per Touchpad (Vive)
  • Kämpfe aufgrund von Zweihand-Steuerung noch einfacher als in der zu leichten PSVR-Fassung
  • keine echten Zwischenbosse
  • Story-Sequenzen auf animierten Buchseiten ziehen sich nervig in die Länge
  • Potenzial wird in den knapp drei Spielstunden noch nicht genug ausgenutzt

Wertung

OculusRift

Moss verzaubert mit niedlichem Design und kreativen Puzzles - die simplen Kämpfe wirken aber noch nicht wirklich ausgereift.

HTCVive

Moss verzaubert mit niedlichem Design und kreativen Puzzles - trotz simpler Kämpfe und einer etwas fummeligen Heldensteuerung auf den Touchpads.

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