Mario Tennis Aces - Test, Sport, Switch
Vor drei Jahren enttäuschte Entwickler Camelot mit Mario Tennis: Ultra Smash. Für ein paar lustige Matches auf der Party reichte das Comic-Gebolze allemal, für Online- oder Einzelspieler gab es aber sehr wenig zu tun. Diesmal spendieren das Studio und Publisher Nintendo etwas mehr Inhalte: Es gibt zwar leider keine vollwertige Sportler-Karriere wie in Virtua Tennis, Top Spin & Co. – man darf allerdings mit Mario auf eine Reise gehen, mit der man sich immerhin rund vier bis fünf Stunden beschäftigen kann. Ähnlich wie in Mario vs. Rabbids hat man sich dafür entschieden, dem Spiel einen Genre-untypischen Rahmen zu verpassen. Nachdem Wario und Waluigi sich den magischen Schläger aus der antiken Solarius-Ruine unter den Nagel reißen, muss Mario wieder einmal die Welt retten. Seine Widersacher haben schließlich den uralten violetten Dämon Luzius entfesselt, der zu seiner Terrortennis-Herrschaft nur noch die fünf heiligen Schätze benötigt. Also muss Mario ihm zuvorkommen. Auf seiner Reise an typische Schauplätze wie einen Wald, eine Gruselvilla oder verschneite Berge muss er sich gegen diverse Schergen behaupten, die unter Luzuis‘ Gedankenkontrolle stehen. Natürlich auf dem Tennisplatz – wie will man auch sonst die Weltherrschaft erlangen?
Endlich mehr Fleisch am Tennisknochen?
Um die Sache weiter aufzulockern, gibt es neben (mehr oder weniger) gewöhnlichen Tennis-Matches auch Bosskämpfe und Herausforderungen. Die Gefechte gegen einen Eisgiganten mit Riesenfäusten oder trickreiche Spiegel-Geister gestalten sich durchaus unterhaltsam, weil der Spieler immer wieder umdenken muss. Mal legt man mit dem Filzball eine Schwachstelle frei, um schließlich das Auge zu malträtieren, kurz danach weicht man auf dem Feld Trümmern aus, die der Boss auf Mario niederregnen lässt. Die Qualität der Übungs-Herausforderungen schwankt: Sie gestalten sich eine ganze Ecke kniffliger als die übrigen „Levels“, zwingen den Spieler aber meist schön dazu, die verschiedenen Schlagtechniken auszunutzen. Das Abräumen kleiner Gitterziele oder eine Squash-Prüfung mit übernatürlichen Spiegel-Rätseln kann schon mal die Nerven strapazieren, weil nur wenig erklärt wird. Sobald man erkennt, dass bestimmte Techniken gefragt sind, sorgen die Tests aber für einen schönen Trainings-Effekt: „Ach so – ich soll also den harten Schlag üben und möglichst effektiv Energie für noch härtere Zielschläge aufbauen“. Selbst wenn man scheitert, levelt man Mario und seine Statuswerte ein wenig hoch – was bei uns zum Glück nicht in zu viel Grind ausartete.
Bosskämpfe in einem Tennisspiel?
In unseren Matches spielte die Zerstörungswut keine allzu große Rolle, doch auch für Körpertreffer oder die allgemeine Demoralisierung des Gegenübers wirkt die kraftvolle „Attacke“ Wunder. Wer sich davor schützen möchte, darf eine begrenzte Zeitlupe einsetzen, die allerdings an der Energie zehrt und ebenfalls gutes Timing erfordert. Ähnlich gut gehen in brenzligen Momenten die Hechtsprünge von der Hand, mit denen die 16 putzig animierten Athleten sogar noch weit entfernte Superschläge erreichen. Der Kettenhund etwa fliegt als rotierende Kugel ans Ziel und Yoshi kann sich sogar in ein kullerndes Ei verwandeln. Allzu groß ist das Start-Aufgebot an Spielern nicht, es bietet aber genügend Raum für Experimente mit unterschiedlich großen und flotten Figuren. Auch die farbcodierten Konter starker Schläge sind erneut vertreten, was vor allem geübte Spieler freuen dürfte.
Gelungenes Schlagrepertoire
Schade, dass sich mit der drahtlosen Verbindung nur zwei Spieler duellieren dürfen, was wir mangels zweitem Testmuster nicht ausprobieren konnten. Im lokalen Multiplayer vorm TV für bis zu vier Teilnehmer hat Camelot dagegen ins Schwarze getroffen: Mario Tennis Aces dürfte auf unseren nächsten Spiel-Parties zur heftigen Konkurrenz für Mario Kart werden. Wir haben schon lange nicht mehr so viel bei einem Mehrspieler-Titel gelacht! Und obwohl meine ins Konsolenbüro geschleiften Kollegen angeblich gerade unheimlich viel zu tun hatten, wollten sie irgendwann fast gar nicht mehr gehen. Das kann nicht jedes Spiel von sich behaupten! Die eingängige Steuerung klappt auch auf den Joycons prima. Die wilden Spezial- und Rettungsmanöver sorgen vor allem im Doppel für lustige Missverständnisse oder turbulente Rettungsaktionen.
Gaudi vorm Fenseher
Auf Online-Spieler wartet ebenfalls eher ein Sparprogramm. Nintendo plant Turniere, bei denen man sich in einer begrenzten Zeitspanne in der Rangliste nach oben arbeiten kann – ähnlich wie am zweitägigen Demo-Wochenende Anfang Juni. Die Turnier-Option soll laut Hersteller aber erst am Starttag freigeschaltet werden. Bislang lassen sich in unserer Testfassung nur simpel gestrickte Einzel-Matches bestreiten, bei denen es sich ebenfalls um einen verkürzter Satz oder ein Tiebreak handelt. Dabei wird dem Spieler nicht einmal ein Rang oder ähnliches zugeordnet. Das Programm zählt lediglich die Siege oder Niederlagen gegen den aktuellen Gegner – nicht gerade fortschrittlich. Eine überschaubare Menge an Konfigurationsmöglichkeiten legt z.B. Details zur (etwas umständlichen) Platzwahl oder zur Deaktivierung von Special-Moves fest. So darf man auch entscheiden, ob es zu KO-Niederlagen kommt, wenn sämtliche Schläger zerschmettert wurden.
Mageres Online-Programm
Wer in gewöhnlichen Internet-Duellen mehr Einfluss auf die Verbindungsqualität (und den Spielstil) nehmen möchte, muss sich also Freunde in eine selbst angelegte Runde einladen. Schade, dass schon wieder ein Online-Modus aus dem Hause Nintendo von künstlichen Einschränkungen und einem Mangel an Optionen heruntergezogen wird. Im Grunde sorgen das ausgefeilte Repertoire an Schlagtechniken und die sehr unterschiedlichen Plätze nämlich für spannende Duelle mit enormem Suchtpotenzial. Nach und nach wird man immer sicherer beim Einsatz der Spezialschläge und Rettungsaktionen, so dass die verbissenen Ballwechsel immer länger werden.
Eigentlich spannend
Fazit
Mit Freunden vorm Fernseher ist Mario Tennis Aces eine echte Spaßbombe: Mario Kart 8 dürfte in ernsthafte Gefahr geraten, auf den nächsten Spieleabenden von der Konkurrenz aus eigenem Hause abgelöst zu werden! Der Arcade-Mix aus klassischen Schlägen und Spezialtechniken ist einfach genug für Einsteiger, bietet Könnern aber genügend Potenzial für verbissene, lange Ballwechsel. Mit echtem Tennis hat das bunte Gewusel nur wenig zu tun, dafür umso mehr mit viel Abwechslung und angenehm albernen Störfaktoren wie Schiffsmasten oder ballfressenden Pflanzen mitten auf dem Netz. In Sachen Umfang und Modi-Vielfalt schneidet das Spiel deutlich besser ab als sein viel zu sparsamer Vorgänger; ideal wirkt das Angebot aber auch diesmal nicht. Der kurze aber ungewöhnliche Story-Modus mit Bossen ist durchaus unterhaltsam und zwingt den Spieler zum Erlernen wichtiger Aktionen. Doch bei der Internet-Anbindung hinkt Nintendo der Sportspiel-Konkurrenz nach wie vor weit hinterher: Es mangelt nicht nur an grundlegenden Optionen wie einer Regionswahl oder wenigstens einfachen Chat-Symbolen, sondern auch an einem motivierenden Rangsystem. Ob die angekündigten Turniere die Lücke füllen können, wird sich zeigen. Da der Turnier-Modus laut Nintendo erst zum offiziellen Start nachgepatcht wird, behalten wir uns vor, die Wertung anzupassen, falls sich die Änderung positiv oder negativ auf das Online-Erlebnis auswirkt. Für unsere Wertung gehen wir erst einmal davon aus, dass die Umsetzung ähnlich abläuft wie am Demo-Wochenende Anfang Juni.
Pro
- griffig-präzise Arcade-Steuerung
- nützlicher, toll abgestimmter Mix aus gewöhnlichen und albernen Spezial-Schlägen
- lokal zu viert auf dem TV ein Riesenspaß
- albern animierte Nintendo-Stars
- lustige Besonderheiten und Störenfriede auf manchen Plätzen
- flüssige, farbenfrohe und weitgehend saubere Kulisse
- abwechslungsreiche Bosse im Einzelspieler-Abenteuer
- gelegentliche zeitlich begrenzte Online-Turniere
- Eigenheiten der Steuerung werden in den Story-Herausforderungen meist schön gefordert
Kontra
- Online-Einzelmatches ohne Rangsystem oder Herausforderungen
- weder Sprach-Chat noch Symbole zur Online-Verständigung
- online gelegentlich kurze Lags
- Spielersuche bietet keine Möglichkeit, die Region zu begrenzen
- Mitunter nervige Zwangs-Herausforderungen in der Story wie Squash
- hässlich unscharfer hoher Rasen und unsaubere Schattenkanten
- lokal mit drahtloser Verbindung nur zu zweit möglich
- ungenaue Gesten-Steuerung im Realmodus
- nur kurze Matches möglich
Echtgeldtransaktionen
Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?
- Es gibt keine Käufe.
- Dieses Spiel ist komplett echtgeldtransaktionsfrei.