NBA 2K19 - Test, Sport, Switch, XboxOneX, XboxOne, PC, PlayStation4Pro, PlayStation4
Dass Visual Concepts und 2K Sports nicht aus reiner Menschenliebe ihre Basketballspiele entwickeln, ist klar. Auch dass die hohen Produktions- und Lizenzkosten wieder eingespielt werden müssen. Doch es muss andere Wege geben als diese penetrante Einbindung von VC (Virtual Currency, virtuelle Währung, Anm. d. Red.) in die Karriere. Es kann einfach nicht sein, dass man seine Werte nur dann aufbessern darf, wenn man die Spielwährung investiert, die man sich nicht nur über alle Spielmodi hinweg verdienen kann, sondern auch gegen bare Münze in den jeweiligen Stores erwerben kann. Sprich: Theoretisch darf man sich in der Karriere eine massive Abkürzung zum Erfolg erkaufen. Wenn man seine Kohle aus dem Fenster werfen möchte, um sich kosmetisch vom Rest der Spieler in der „Shared World“ abzuheben, habe ich kein Problem damit. Jedem das seine. Dass man mit seinem digitalen Alter Ego aber eben nicht nur in der Karriere, sondern auch den anderen Modi antreten kann, macht das System zu einem Paradebeispiel für „Pay-to-Win“.
Muss das sein?
Nehmen wir z.B. die Karriere: Diese hat in den letzten Jahren erzählerisch zunehmend abgebaut - nicht einmal Regie-Ikone Spike Lee konnte sich mit seinem Drehbuch zu „Livin‘ Da Dream“ in NBA 2K16 gegen die zunehmende Monotonie stemmen. Doch hier hatte ich nach dem Einstieg wieder richtig Lust, mich zum x-ten Mal mit einem Nobody hochzukämpfen, um schließlich einen der raren Plätze in einem NBA-Team zu ergattern. Vor allem die ersten Stunden, in denen man mit dem als ewiges Talent verschrienen A.I. in der chinesischen Liga spielt, nachdem man beim Draft von den Scouts geflissentlich ignoriert wurde, haben mich stärker in das Geschehen gezogen als in den Jahren zuvor. Alles wirkt hier aus einem Guss: Die Kommentatoren, die einen im kantonesischen Original begrüßen, bauen die Sprachbarriere, mit der sich A.I. befassen muss, auch vor dem Bildschirm auf. Das Drehbuch, das einen von China in die G-League führt, quasi das Gegenstück zur Minor League im amerikanischen Baseball oder der dritten bzw. Regionalliga für die Nachwuchsmannschaften der großen Vereine im deutschen Fußball, bietet eine erstaunliche emotionale Bandbreite von Humor und Drama über Intrigen oder Seitenhiebe auf Social-Media-Wahn bis hin zu Egozentrik vs. Teamgedanke wird die immer wieder von Matches unterbrochene Geschichte
filmreif sowie sehr unterhaltsam erzählt. Im Detail ist die Mimik zwar weiterhin das Problemkind der Engine. Doch die Qualität der Story und die (englischen) Sprecher wie z.B. Michael Rapaport (Atypical, True Romance), Anthony Mackie (Falcon in Avengers/Captain America) oder Haley Joel Osmont (The Sixth Sense) erledigen ihren Job außergewöhnlich gut.Das ewige Talent
Bis zum Aufstieg von A.I. in die NBA schafft Visual Concepts zudem die richtige Balance zwischen aktivem Einsatz auf dem Court sowie dem passiven Betrachten der Geschichte – im Gegensatz zu EA, die mit den Story-Modi bei Madden oder FIFA jeweils ins entgegengesetzte Extrem gehen. Doch auch wenn man vom NBA-Alltag eingeholt wird und der erzählerische Anteil an der Karriere zunehmend zurückgefahren wird, gibt es immer wieder überraschende Momente, die mit dafür verantwortlich sind, dass die Motivation oben gehalten wird. Dazu gehören Interviews, die sich auf die Teamchemie oder die Fans auswirken, aber auch Einspieler von A.I., in denen er wie auch andere NBA-Stars in vorproduzierter Dokumanier Fragen beantwortet. Dass zudem im Rahmen der erneut verbesserten Präsentation mit ihren teils fantastischen, aber sich mittlerweile auch schon früher wiederholenden Kommentatoren auch Gäste wie Kobe Bryant auftauchen können, um sich das Headset zu schnappen und nicht nur auf die eigene Karriere, sondern auch auf A.I.s eingehen, sorgt für ein nicht zu unterschätzendes Überraschungsmoment. Dass Visual Concepts aber auch immer noch alte Zöpfe in jeglicher Hinsicht mitschleppt, ist nicht nur an den Mikrotransaktionen, sondern auch der inhaltlich eigentlich gelungenen Pre-Game-Show abzulesen. Die drei Analysten, zu denen auch Shaquille O’Neal gehört, wirken unbewegter als Waldorf & Statler aus der Muppet-Show. Daher bin ich irgendwann dazu übergegangen, die zwar inhaltlich passenden, aber ermüdend vorgetragenen Analysen abzubrechen und gleich in die Kabine oder auf den Court zu gehen, damit das Match starten kann.
Und auch hier hat man endlich wieder das Gefühl, dass Visual Concepts nicht nur an Feinheiten feilt, sondern auch das Gesamtbild nicht aus dem Auge verliert. Nach wie vor deutlich in der Simulation verwurzelt, ist eine effektive Abwehr zwar immer noch fordernd. Das Timing bzw. die Erfolgschance für Steals oder Blocks ist immer noch relativ gering und deutlich kleiner als bei NBA Live. Dafür jedoch hat man mit einem besser umgesetzten Momentum-System, bei dem man z.B. durch seine Körpermasse versuchen kann, den Gegner aufzuhalten oder abzudrängen verbesserte Möglichkeiten, um Dribbler aufzuhalten oder das Aufposten deutlich zu erschweren. Die Passdynamik wurde ebenfalls verbessert und die Dunks krachen so herrlich wie eh und je. Sprich: Die Dynamik des Basketball-Sports wird gut bis sehr gut vermittelt. Zudem gibt es mit der Leiste des „Takeover“-System endlich visuelle Anhaltspunkte, wie sich Fehler und positive Aktionen auf den Spieler auswirken – bis er quasi auf Aktivierung des Spielers hin kurzzeitig „On Fire“ ist und für alle Aktionen eine erhöhte Erfolgschance besitzt. Später kann sich der Takeover sogar auf den Rest des Teams auswirken.
Gewichtige Argumente
Modi-Flut
Fazit
Dass der aktuelle Teil der NBA-2K-Serie erneut hauptsächlich wegen der Mikrotransaktionen, Lootboxen oder Pay-to-Win-Integration diskutiert wird und nicht wegen der inhaltlichen Qualität, ist sehr bedauerlich. Denn hätten 2K und Visual Concepts an einer anderen Lösung für die weitere wirtschaftliche Verwertung des Basketballspiels nach Veröffentlichung gearbeitet und die Virtual Credits nicht so omnipräsent wie schon letztes Jahr integriert, hätte man sich auf den spielerischen bzw. mechanischen Kern konzentrieren können. Dessen Fortschritte präsentieren sich nämlich (evtl. auch angeheizt durch die erstarkte Konkurrenz von Electronic Arts) als durchdacht, sinnvoll und den Spielspaß steigernd. Dass die Mimik der größtenteils erkennbaren Basketballprofis hier immer noch Nachholbedarf hat: geschenkt! Denn im Gegenzug zeigt sich das Geschehen auf dem Platz so dynamisch und motivierend wie schon lange nicht mehr. Akustisch und visuell ist die Präsentation zwar nicht immer über alle Zweifel erhaben (Stichwort: Shaq-Marionette in der Pre-Game-Show), doch sobald es in die Halle und auf den Court geht, macht NBA 2K19 verdammt viel richtig. Gleichzeitig schmeißt es sich in eigentlich jedem der variantenreichen Spielmodi für Solisten und Teamspieler, On- und Offliner immer wieder den optionalen Echtgeld-Knüppel zwischen die Füße. Die dadurch bei mir entstehende Hassliebe ist noch stärker ausgeprägt als im letzten Jahr. Da mir die diesjährigen Korbleger auch in der erzählerisch stark verbesserten Karriere deutlich mehr Spaß machen als mit 2K18, wächst der Gram angesichts der „In-Your-Face“-Einbindung von VC für die Steigerung von Fähigkeiten in gleichem Maße – obwohl Visual Concepts spürbar am Verhältnis von Bedarf und Ausschüttung geschraubt hat.
Pro
- Karriere so gut inszeniert wie schon lange nicht mehr
- recht hoher Wiedererkennungswert der lizenzierten Athleten
- aktuelle NBA-Teams, Legenden-Mannschaften, teambasierte All-Stars
- umfangreiche Modi-Auswahl
- größtenteils hochklassige Präsentation
- sehr gute Animationen
- klasse Soundtrack
- zumeist passende Kommentare und Analysen
- myTeam-Sammelkarten-Modus auch mit zahlreichen Solo-Spieloptionen
- hohe Dynamik auf dem Court
- krachende Dunks
- ordentlicher Spielereditor
Kontra
- VC (Virtual Currency) als allgegenwärtige Währung mit Pay-to-Win-Ambition
- Shared World nur visuell leicht umgestaltet, das Spieler-Penthouse ist identisch zu 2K18
- KI-Probleme in bestimmten Situationen an der Drei-Punkt-Linie
- Fähigkeiten einkaufen
- gelegentlich nicht nachvollziehbare Schiedsrichter-Entscheidungen
- Ladezeiten
Echtgeldtransaktionen
Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?
- Es gibt Käufe für Fähigkeiten, Karten, Figuren, Waffen, Geld, XP oder Spielmodi.
- Man kann sich Vorteile im Wettbewerb oder der Karriere verschaffen, Pay-to-win.
- Käufe können durch Zufallsfaktoren zum Glücksspiel werden.
- Käufe wirken sich nur in speziellen Spielmodi wie Ultimate Team oder GTA Online aus.