Nintendo Labo: Toy-Con 03: Fahrzeug-Set - Test, , Switch

Nintendo Labo: Toy-Con 03: Fahrzeug-Set
14.09.2018, Jan Wöbbeking

Test: Nintendo Labo: Toy-Con 03: Fahrzeug-Set

Pappe zum Dritten

Wer hätte das gedacht: Bei Nintendo Labo: Toy-Con 03: Fahrzeug-Set (ab 119,90€ bei kaufen) handelt es sich im Kern um The Crew 2 mit selbstgebastelten Papp-Controllern! Ähnlich wie in Ubisofts offenem Rennspiel erkundet man eine (deutlich kleinere) Welt voller Querfeldeinrennen und Minispiele – allerdings erst nachdem man stundenlang Pappbögen gefalzt und gefaltet hat. Im Test klären wir, ob sich der Aufwand lohnt und ob diesmal neben dem relativ hochwertigen Material auch das Geschehen auf dem Bildschirm überzeugt.

Robust sind sie ja, das muss man ihnen lassen! Wir haben die Papp-Controller zwar nicht unter Kinderzimmer-Bedingungen mit wutentbrannten Racheakten getestet. Bei normaler Bedienung halten die bizarren gebastelten Pappkonstrukte aber wieder richtig gut, von einer kleinen Delle in der Fußablage des Pedals mal abgesehen.

Basteln

So sieht das Geschehen auf dem Schirm aus...
Enthalten sind diesmal außerdem ein Lenkrad, ein analoger Flightstick sowie ein obskurer U-Boot-Controller. Mit ihnen startet man später diverse Rennen, Erkundungstouren und Minispiele. Vorher steht allerdings eine ausgedehnte Bastelstunde auf dem Programm. Oder besser gesagt „Bastelstunden“, denn allein mit den drei Stunden fürs Lenkrad (mit Pausen noch mehr) kann man schon einen ausgiebigen Nachmittag oder Abend einplanen. Bevor die Tour beginnen kann, sind zusätzlich noch Pedale (60-90 Minuten) und ein Multifunktions-Schlüssel (15 – 30 Minuten) nötig. Nicht gerade wenig, wenn ein ungeduldiges Kind (oder ein ungeduldiger Redakteur) lieber schon früher loslegen würde.

Hinzu kommen noch stark in die Länge gezogene Menüs, inklusive Smalltalk mit Professor Papp und seinen Schülern. Ein Vorteil an der Liebe zum Detail ist, dass man dank der hervorragend präsentierten, drehbaren 3D-Anleitung wenig falsch machen kann. Manchmal wird die Ausführlichkeit und Behäbigkeit aber etwas zu viel, zumal ich mich beim pedantischen Falzen, Falten und Montieren ohnehin schon früh wie am Fließband fühlte. Im Gegenzug lernt man dabei immerhin, wie jedes einzelne Detail der Mechanik funktioniert.

...und so davor.
Das kann später beim kreativen Bastlern durchaus hilfreich werden, wenn man im Editor auch andere Kartons oder Alltagsgegenstände in verrückte Spielzeuge mit HD-Rumble verwandelt. Kreativ werden kann man auch bei der späteren Verzierung mit Mal-Utensilien oder den separat erhältlichen Stickern (auch im Spiel selbst gibt es ein „Farbstudio“). Mehr dazu im Test des ersten Kits, denn in der Werkstatt hat sich nicht allzu viel geändert. Leider wird nach wie vor keine Online-Tauschmöglichkeit geboten. Neuerdings gibt es aber immerhin eine Extra-Werkstatt für die Belegung und Kalibrierung selbstgemachter Controller.

„Lässt sich das wirklich als Lenkrad benutzen?“ Diese Frage fiel gestern immer wieder, wenn verwunderte Kollegen am Konsolenbüro vorbeispazierten. Die Antwort lautet: Ja, es lässt sich. Mit einem vollwertigen Force-Feedback-Lenkrad aus Michas Hardware-Tests kann das frei drehende Papprad natürlich nicht mithalten, der in der Mitte versenkte Joycon-Controller registriert die Bewegungen aber sehr feinfühlig und verlässlich (die leichten Rumble-Vibrationen fallen übrigens kaum auf). Mit den aufgeklebten Gummifüßen steht das Gerät nicht ganz so sicher auf dem Tisch wie eine Montage-Lösung.

Spielen

Über den Wolken ist der Trip auch nicht viel spannender als mit dem Offroad-Vehikel oder unter Wasser.
Bei einem derart leichten Papp-Objekt kann man allerdings immerhin selbst relativ einfach eine Befestigung basteln. Des Weiteren verursachen die übereinander reibenden Pappbögen ein stetiges Knirschen. Schade, dass kein zweites Pedal für die Bremse dabei ist, stattdessen zieht man an einem der drei Hebel. Zwei von ihnen kommen z.B. im Box-Minispiel „Kampf“ zum Einsatz. Darin kloppt man sich ähnlich wie in Arms mit ausfahrbaren Roboterarmen. Hier flitzt man allerdings aus der Draufsicht mit kleinen Autos durch diverse Arenen. Ich hatte so gut wie keinen Spaß am chaotischen Geprügel mit kleinen Extras wie Schüssen, Bomben oder Blitzen. Im Couch-Multiplayer für bis zu zwei Spieler könnte es vielleicht immerhin kurzfristig lustig werden.

Ebenfalls dabei sind die recycelten Motorradrennen aus Kit 1 (zum Test). Mit ihrem generischen Design, Höhenunterschieden und nur einfach gestrickten Rennen auf Stadion-Rundkursen erinnern sie ein wenig an Trackmania, machen aber deutlich weniger Spaß. Die einfachen „Slotcar“-Rennen wiederum lassen sich freihändig spielen - nur mit dem Fuß auf dem Pedal. Die Dosierung beim Gasgeben entscheidet wie bei einer Carrera-Bahn, ob man aus der Kurve fliegt oder einen neuen Zeitrekord aufstellt. Im Fokus steht diesmal aber die neue offene Welt des Abenteuer-Modus. Ähnlich wie in The Crew 2 kann man seinen fahrbaren Untersatz jederzeit wechseln – zu einem Flugzeug oder U-Boot mit Greifhaken. Einfach den fetten „Schlüssel“ mit dem darin platzierten Joycon aus dem Lenkrad ziehen und stattdessen im Flight-Stick oder dem Unterwasser-Controller versenken: Schon verwandelt sich das Vehikel z.B. in ein U-Boot, mit dem sich in Tümpeln Geheimnisse aufspüren lassen. Mit einem zweiten Schlüssel lässt sich auch ein Co-Pilot auf die Abenteuerreise einladen.

The Crew 2 für Arme (und Beine)?

Im Karton stecken neben jeder Menge vorgestanzter Pappbögen auch ein Tütchen mit Gummibändern, Plastik-Ösen und Reflexions-Stickern fürs Tracking.
Der Trip durch die ziemlich kleine Welt ist ohnehin um Welten weniger unterhaltsam als in The Crew 2 oder gar Forza Horizon 3. Er führt durch wabenförmige Gebiete wie einen Sumpf, eine kleine Skyline (Frankfurt?) oder zu den Pyramiden. Die Aufgaben konzentrieren sich zu sehr auf fade Sammelaufgaben wie dem Durchfliegen oder Abschießen von Luftballons, dem Aufspüren bzw. Abliefern versteckter Objekte oder dem Jagen von flüchtenden Skorpionen. Herausforderung ist dabei kaum zu spüren, so dass nur die Kleinsten hier Spaß an ihrem neuen Bastelspielzeug haben dürften. Die Kulisse gibt sich dabei immerhin farbenfroh und flüssig. Grafisch wäre aber auch auf der Switch mehr drin gewesen als die eher grobschlächtig dargestellten Berge und Wiesen. Das Fahrgefühl fällt übrigens trotz Lenkrad extrem Arcade-lastig aus: Wer möchte, kann mit dem gutmütigen Offroad-Wagen beinahe senkrecht an Wänden empor fahren – und dabei einen Wheelie-Turbo zünden, damit es schneller geht oder man zu einem weiten Sprung ansetzen kann. Schön, dass der große Analogstick eine so feinfühlige Steuerung des kleinen Arcade-Fliegers ermöglicht. Die eckige Pappfeder zwischen Stick und Standfuß lässt sich zwar nicht ganz so gleichmäßig in alle Richtungen drücken wie bei einem echten Flightstick.

Im Grunde spielt es aber gar keine Rolle, ob man sie überhaupt bewegt; wichtig ist nur das Tracking des oben eingebauten Joycons. Man kann den leichten Stick also auch einfach in der Luft halten und hin- und her neigen, wenn man in der „Rallye“ durch Ringe fliegt. In diesem Modus startet man verschiedene Zeitrennen auf Querfeldeinkursen (Auto, Luft und Wasser), die man zuvor in der offenen Welt entdeckt und freigeschaltet hat. Sie gehören zu den unterhaltsamsten Herausforderungen im Spiel, ihr Aufbau wirkt im Vergleich zu „ausgewachsenen“ Rennspielen aber ebenfalls ziemlich schlicht.

Wo ist der Checkpoint?

Durchaus nicht unkomplex...
Bei der Jagd auf die Bestzeit habe ich mich schnell nach Gegnern gesehnt. Außerdem sind die Checkpoints für meinen Geschmack etwas zu gut versteckt. Trotz Hinweispfeilen flog ich oft erstmal eine Weile um Felsnadeln herum, bis ich den nächsten Ring fand. Komplexere Veranstaltungen, Online-Rennen oder weltweite Bestenlisten sucht man in diesem Spiel übrigens vergeblich. Allgemein lassen die Mehrspielermöglichkeiten zu wünschen übrig: Nur manche Modi wie die Slotcars (zu viert) oder der Kampf mit Robo-Armen (zu zweit) unterstützen lokalen Multiplayer. Ein echtes Plus ist erneut, dass in den zusätzlichen Info-Videos jedes noch so kleine technische Detail sehr lehrreich erklärt wird.

Fazit

“Labora” steht im Lateinischen nicht umsonst für Arbeit: Auch im dritten Paket von Nintendo Labo steht erst einmal viel monotone Faltarbeit auf dem Programm, bevor man Lenkrad, Pedal, Flightstick und U-Boot-Controller vor sich stehen hat. Die Endergebnisse sind dann allerdings wieder erstaunlich robust und präzise – dank hochwertiger Bastelpappe, anschaulicher Bauanleitung und den feinfühligen Sensoren der darin versenkten Joycon-Controller. Nintendo versäumt es allerdings erneut, den kleinen Wunderwerken langfristig unterhaltsame Spiele zu spendieren. Ähnlich wie in The Crew 2 gibt es zwar eine offene Welt, in der man jederzeit zwischen Offroad-Flitzer, Flugzeug und U-Boot wechseln kann. Die Entwickler konzentrieren sich aber zu sehr auf öde Sammelaufgaben und einfach gehaltene Minispiele. Zudem wirken auch die größeren Querfeldein-Rennen mit ihren versteckten Checkpoints und ohne Gegner etwas wirr und fade. Schade – mit besseren Veranstaltungen hätte man durchaus etwas erschaffen können, woran nicht nur die Jüngsten, sondern auch ihre Eltern Spaß haben. So wirkt das Software-Programm erneut halbgar. Es wird zwar dadurch aufgewertet, dass man in der Toycon-Werkstatt mit Alltagsgegenständen eigene Ideen verwirklichen kann - allerdings schon wieder ohne Online-Tausch wie bei Sackboy oder dem Wii-U-Original von Super Mario Maker. Am 19. September erscheint übrigens ein Update, nach dem sich Lenkrad und das Gaspedal auch mit Mario Kart 8 Deluxe nutzen lassen.

Pro

  • präzise und verhältnismäßig robuste Controller für diverse Vehikel
  • sehr ausführliche und intuitive Anleitung
  • auf dem Bildschirm drehbare Modelle mit lehrreichen Einsichten
  • kreatives Dekorieren

Kontra

  • primär fade Sammelaufgaben in der offenen Welt
  • Rallys und Rennen zu simpel gestrickt
  • kein Tausch digitaler Werkstatt-Kreationen
  • fehlende Internet-Anbindung und mäßiges lokales Mehrspieler-Potenzial
  • massenhaft alberne Kommentare und langsames Freischalten von Texten sind etwas mühsam

Wertung

Switch

Weder die einfach gestrickten Rennen noch die Sammelaufgaben der offenen Welt können mit der hohen Qualität der Bastelcontroller mithalten.