Cities: Skylines - Test, Taktik & Strategie, Mac, Switch, XboxOne, PlayStation4, PC

Cities: Skylines
25.09.2018, Mathias Oertel

Test: Cities: Skylines

Großer Städtebau mit schwacher Technik

Es ist über drei Jahre her, dass Colossal Order für Paradox Interactive mit Cities Skylines einen richtig guten Städtebau abgeliefert hat, der mit den nachfolgenden kostenpflichtigen sowie kostenlosen Inhalten nur noch besser wurde. Etwas mehr als zwei Jahre später folgten gelungene Versionen für One sowie PS4. Und jetzt, kurz nach der überraschenden Ankündigung, dürfen sich auch Switch-Spieler als Bürgermeister versuchen. Im Test klären wir u.a., ob Nintendos Hybrid die Aufbau-Strategie technisch stemmen kann.

Wie schon bei den Fassungen für PS4 sowie One wurde für die Switch-Konvertierung  das australische Team von Tantalus beauftragt. Das australische Studio blickt auf über 20 Jahre Berufserfahrung zurück und hat u.a. auch schon im Auftrag Nintendos dafür gesorgt, dass The Legend of Zelda: Twilight Princess auf Wii U in HD in neuem Glanz erstrahlt. Und die Jungs und Mädels aus Down Under haben vor allem hinsichtlich der Steuerung ordentliche Arbeit geleistet, wobei sie natürlich von den Erfahrungen der PS4- bzw. One-Umsetzungen profitieren. Die großflächig angeordneten und nicht skalierbaren Menüleisten lassen sich in ihren verschiedenen Ebenen entweder über die Schultertasten oder die linken Digi-Tasten durchschalten. Mögliche Modifikationen, z.B. bei der Größe der zu markierenden Fläche bei der Auszeichnung von Baugebieten oder beim Straßenverkehr lassen sich über die Radialmenü-Taste erreichen, die auch für diverse andere kontextsensitive Menüs oder Statistikbildschirme genutzt wird.

Mobile Städteplaner

Das Anlegen neuer Bauzonen ist einfach und komfortabel - auch wenn im mobilen Betrieb keine Berührungs-Funktionen unterstützt werden.
Und den Cursor bewegt man einfach und unkompliziert über den linken Stick, während der rechte für die Kameraposition und per Klick für eine inhaltsabhängige Hilfefunktion genutzt wird. Auch das HD-Rumble der Joy-Cons wird unterstützt: Hier wird dem Spieler über die Intensität der Vibration eine Hilfe gegeben, wo Dienstleistungs-Gebäude wie Polizei, Feuerwehr etc. bestmöglich platziert werden können und einen entsprechend optimierten Arbeitsradius besitzen. Schade ist hingegen, dass es im mobilen Betrieb keinerlei Berührungs-Funktionalität gibt. Straßenzüge durch Zeichnung oder Fingergesten zu verlegen ist ebenso wenig möglich wie andere Komfortfunktionen, die einem als „Städteplaner unterwegs“ unter die Arme greifen könnten.

Auch ohne Touch-Funktionen funktioniert die Steuerung nach kurzer Eingewöhnungszeit beinahe so gut wie mit Maus- und Tastatur am Rechner, wobei im Detail natürlich der PC immer noch die Feinjustierungs-Nase vorn hat. Durch zahlreiche gelungene Automatismen an den richtigen Stellen wie z.B. beim Andocken von Straßen ist auch das Verlegen von Brücken oder Unterführungen weitgehend problemfrei. Man baut in den großräumig angelegten Karten seine Infrastruktur und legt Zonen fest, die in den bekannten Farben Gelb (Industrie), Blau (Handel/Gewerbe) und Grün (Wohnraum) markieren, welche Häuser an welcher Stelle entstehen können. Im Gegensatz zu jahrelangen SimCity-Konventionen gibt es aber z.B. nur noch

Die Kulisse ist trotz später Detailtexturen ansehnlich - theoretisch. Denn mit zunehmender Stadtgröße geht die Bildrate immer weiter in die Knie.
eine Bebauungsdichte für Industrie, nur zwei für Gewerbe/Handel sowie Wohnraum. Dazu gibt es noch Türkis für Büro-Gebäude. Der Clou: Zusätzlich gibt es in jeder Bebauungsdichte auch noch unterschiedliche Abstufungen, die sich danach richten, wie gut die Infrastruktur im Umfeld ist.

Keine Probleme

Hat man in seinen schwach bebauten Wohngebieten z.B. unkomplizierten Zugang zu Bildungs-Institutionen, eine gut funktionierende Müllabfuhr und weitere städtische Dienste wie Krankenversorgung, Feuerwehr oder Polizei geschaffen, werden die Gebäude irgendwann von den Bewohnern „aufgerüstet“. Umso schneller, wenn man auch an Parks etc. zur Freizeitgestaltung gedacht hat und natürlich Zugang zu Wasser und Elektrizität gewährt. Ähnlich lassen sich auch die Industrie- und Gewerbegebiete zum „Aufrüsten“ bewegen, so dass eine ständige Dynamik das Gesicht der Stadt verändert. Mit den integrierten Add-Ons „After Dark“ sowie „Snowfall“ bietet man zudem genug Inhalte. Ersteres bringt Tag-/Nachtwechsel sowie Tourismus mit sich, Letzteres Wetter sowie Kältebedingungen, die man beachten sollte, wenn man seine Bürger nicht in kalten Wohnungen sitzen lassen möchte.

Es bleibt auch dabei, dass  man hier deutlich mehr Freiheiten hat, was die Straßenführung (bis hin zu vielspurigen Einbahnstraßen) oder das unkomplizierte Anlegen der Bebauungszonen (bis hin zu einem Pinsel-Werkzeug) betrifft. Doch erst in der zweiten Ebene werden die Unterscheidungsmerkmale zu älteren Städteplanern deutlich. Nicht nur, dass man wie üblich die einzelnen Bebauungs-Bereiche in der Budgetplanung unterschiedlich besteuern kann. Natürlich kann man auch in der Planung bestimmten zivilen Dienstleistungen ein höheres Budget zuweisen, um so z.B. den einzelnen Polizeistationen mehr Streifenwagen zu ermöglichen. Doch wo andere Städteplaner sich spätestens jetzt zurücklehnen, gibt Skylines weiter Vollgas. Denn zusätzlich stellt man ein einfach zu bedienendes Tool zur Verfügung, um Stadtviertel zu markieren. Das wiederum kann man nutzen, um über Verordnungen weiter Einfluss auf das Stadtbild zu nehmen. So kann man auf Kosten des eigenen Kontos die Bürger animieren, Strom oder Wasser zu sparen, Nichtraucher-Verordnungen zu erlassen und sogar den Schwerverkehr im Viertel  oder den Hochhausbau zu untersagen. Und das alles auf stadtweiter Ebene oder haarklein für jeden definierten Bezirk – klasse! Der Clou liegt hier im vorsichtigen Balancieren zwischen Steigerung des Steuereinkommens und Annehmlichkeiten für die Bürger. Vor allem in der Anfangsphase ist man ständig dabei, sein Konto im Auge zu behalten, während man abwägt, wo man eine Schule, einen Park oder eine Feuerwehrstation errichtet.

Teuflische Details

Es gibt haufenweise informative Filter.
Und die Erfahrung, die Colossal Order seinerzeit mit dem Nahverkehrs-Aufbau Cities in Motion hatte, fließt in Skylines ein, sobald es an das Anlegen von öffentlichen Nahverkehrslinien geht: Sowohl Busse als auch U-Bahn- oder Zuglinien lassen sich komfortabel anlegen und helfen, um den vor allem mit Industriespezialisierungen wie Fokus auf Öl oder Erze aufkommenden Verkehrsknotenpunkten ein Schnippchen zu schlagen. Und wenn alle Stricke reißen sollten, kann man den Straßen mit entsprechendem Spielraum problemlos Upgrades verpassen.  Später kann man auch noch Häfen bauen, um seine Rohstoffe oder Touristen besser transportieren zu können. Wie die Autobahnen führen auch Zuglinien aus der Karte heraus. Allerdings gibt es keinen aktiven Austausch zwischen dem eigenen und fremden Großräumen. Stattdessen werden nur passiv Waren und Touristen transportiert, die sich positiv auf die Einnahmen auswirken.

Dass man hinsichtlich Umfang und Funktionalität die Switch-Version auf Par mit den anderen Konsolen präsentieren will und dabei nicht nur zum Start ein Add-On mehr spendiert als bei den anderen Konsolenversionen, sondern auch von Beginn an eine Beschleunigungsfunktion für die Spielgeschwindigkeit zur Verfügung stellt, ist löblich. Doch Tantalus wäre besser beraten gewesen, evtl. Einschnitte im Umfang oder zumindest der Kartengröße in Kauf zu nehmen. Denn visuell macht Cities Skylines deutlich, wie weit die Switch technisch von PS4 und One entfernt ist – natürlich ungleich mehr, wenn man die Premium-Systeme PS4 Pro oder One X zum Vergleich verwendet. Die Kulisse wirkt mit ihrer massiv reduzierten und gefühlt nur auf 720p hochskalierten Auflösung sehr grob. Dass beim Zoomen sehr spät Detailtexturen z.B. bei Gebäuden und Baumkronen auftauchen, stört zusätzlich. Noch verstörender und hinsichtlich der Spielmechanik eine beeinflussende Rolle spielend ist der reduzierte Verkehr auf den Straßen und im Umland.

Die Probleme nehmen kein Ende

Schade, dass Tantalus die Technik nicht im Griff hat. Ansonsten hätte auch die Switch eine richtig gute Städtebau-Simulation.
In der Anfangsphase verlassen nahezu keine Fahrzeuge den Autobahnzubringer – obwohl schon erste Häuser gebaut werden und sich auch erste Industrien oder kommerzielle Gewerbe niederlassen. Erst mit einer Art „Verkehrs-Lag“ ist die zunehmende Bevölkerung auch auf den Straßen sichtbar. Unter dem Strich muss man das allerdings noch als positiv werten, denn wenn die Verkehrsbelastung ebenso früh erkennbar wäre wie am PC oder den anderen Konsolen, würde die Darstellung noch schneller an ihre Grenzen geführt werden. Ohnehin von einer stark schwankenden Bildrate geplagt, sorgt eine zunehmende Stadtfläche für zusätzliche Performance-Einbußen. Bis hin zu dem Punkt, wo man Glück haben muss, zweistellige Bildratenwerte zu erreichen. Und damit wird es zwar nicht komplett unspielbar, aber dennoch zu einer Tortur. Denn erst wenn die Städte eine entsprechende Größe erreichen und  einen mit ihren Wünschen und infrastrukturellen Problemen fordern, macht Cities Skylines richtig Spaß. Das ist auf Switch aber auch der Moment, wo die Kulisse eben diesen Spaß frontal zerbombt – und das sogar noch stärker im angedockten Modus. Das sind Tantalus-Qualen, wie sie das Team sicherlich nicht geplant hat.

Fazit

Inhaltlich kann man Tantalus keinen Vorwurf machen. Cities Skylines bietet auf Switch nicht nur das umfangreiche Hauptspiel, sondern hat auch gleich zwei Add-Ons integriert. So ist theoretisch genug Stoff für unterhaltsamen Städtebau sowohl mobil als auch auf dem Sofa vorhanden. Mit einer gelungenen Anpassung der bereits auf PS4 sowie One bewährten Steuerung  wird ebenfalls ein mehr als solides Fundament geboten, um Spaß beim Verlegen von Straßen oder Wasserrohren, der Markierung von Bebauungszonen sowie dem Platzieren von Dienstleistungsgebäuden zu haben – auch wenn man es verpasst hat, den mobilen Bürgermeistern Berührungs-Steuerung anzubieten. Doch die enorme Größe der PC-Vorlage, die auf den Standardsystemen von Sony und Microsoft bereits ab und an für Probleme bei einer flüssigen Darstellung sorgen konnte, wird dem Switch-Städtebau zum Verhängnis. Noch bevor es bedingt durch die Einwohnerzahlen, die Stadtgröße und die Anforderungen an die Infrastruktur an den Punkt kommt, wo der eher unten angesetzte Schwierigkeitsgrad endlich zulegt, scheint die Hardware von Nintendos Hybriden am Ende bzw. deutet an, dass Tantalus mit der Optimierung überfordert war. Obwohl die Darstellung der Verkehrslage bereits reduziert wurde und Detailtexturen beim Zoom sehr spät aufgelegt werden, nimmt die Bildrate analog zur Stadtgröße ab. Und das bis zu einem Bereich, der einem den Spaß verleiden kann – noch schneller, wenn man hauptsächlich im gedockten Zustand spielt. Paradox wäre gut beraten gewesen, mehr Zeit in die technische Optimierung zu stecken, anstatt auf die Schnelle zu versuchen, von der mittlerweile stattlichen Switch-Basis zu profitieren. Mit dieser Umsetzung hat man sich keinen Gefallen getan.

Pro

  • enorm große Gebiete
  • theoretisch detailreicher Modellbau-Look
  • Sondergebäude und Stadterweiterungen über Meilensteine freizuschalten
  • manuelle Stadtviertel-Einteilung
  • gute Joycon-Kontrolle mit HD-Rumble
  • pro Stadtviertel sowie global Verordnungen einstellbar
  • große Freiheit beim Straßenbau
  • einfacher Bau öffentlicher Verkehrsmittel
  • größtenteils logische Zusammenhänge zwischen Bedürfnissen und Stadtwachstum
  • Wuselfaktor
  • umfangreiche Statistiken
  • Add-Ons "After Dark" sowie "Snowfall" integriert

Kontra

  • enorme Bildraten-Probleme (analog zur Größe der Stadt)
  • Infrastruktur-Herausforderungen leiden unter reduzierter Verkehrs-Darstellung
  • reduzierte Auflösung mindert den visuellen Gesamteindruck
  • Verhalten im Kreisverkehr immer noch unrealistisch
  • Ampeln erst an großen Kreuzungen
  • insgesamt auf normalem Level zu leicht
  • Relation zwischen Einwohnern und beanspruchtem Gebiet stimmt nicht immer
  • Stadtviertel ähneln sich

Wertung

Switch

Inhaltlich hat Tantalus seine Hausaufgaben gemacht und bietet ein rundes Komplettpaket. Technisch jedoch wird der Städtebau mit zunehmender Metropolen-Größe zu einem Desaster.

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