World of WarCraft: Battle for Azeroth - Test, Rollenspiel, PC, Mac

World of WarCraft: Battle for Azeroth
02.10.2018, Marcel Kleffmann

Test: World of WarCraft: Battle for Azeroth

Das gebrochene Herz von Azeroth

13 Jahre nach dem Start von World of WarCraft in Europa hat Blizzard Entertainment mit Battle for Azeroth die siebte Erweiterung für das erfolgreiche Online-Rollenspiel veröffentlicht. Diesmal steht schon wieder der Konflikt zwischen der Allianz und der Horde im Vordergrund. Für den Test haben wir Dungeons und Schlachtzug ausprobiert, Inselexpeditionen gestartet und uns über das Herz von Azeroth und andere Macken geärgert.

In der mittlerweile siebten Erweiterung für World of WarCraft steht der Konflikt zwischen der Allianz und der Horde wieder einmal im Vordergrund, der schon zu Legion-Zeiten im Untergrund köchelte, aber da galt es ja eine höhere Bedrohung zu bekämpfen. Ausgangspunkt der Geschichte ist, dass die Horde-Anführerin Sylvanas mit zweifelhaften Absichten den Weltenbaum und die Heimatstadt der Nachtelfen abgefackelt hat. Danach reagierte die Allianz mit einem Gegenangriff auf Unterstadt, der irgendwie nicht so richtig gefruchtet hat. Obwohl dieser Auftakt massiven Eindruck in der WoW-Spielerschaft hinterlassen hat (wir berichteten), wurde die brandheiße Geschichte nicht wirklich gut inszeniert und präsentiert, da sie crossmedial erzählt wurde und man sich Videos, Comic und Bücher abseits des Spiels zu Gemüte führen musste, um die Beweggründe von Sylvanas besser verstehen zu können. Verließ man sich nur auf die im Spiel verfügbaren Videos, Dialoge und Zwischensequenzen könnte man fast meinen, dass sich Sylvanas von einer sterbenden Nachtelfe provozieren ließ und dann die Nerven verlor …

Crossmedial brennende Bäume

Beim Weltdesign übertrifft Battle for Azeroth locker die Vorgänger.

Auslöser für das ganze Chaos ist das Azerit, quasi das Blut des Planeten selbst, das an die Oberfläche trat, seit Sargeras sein Schwert in Silithus versenkte. Das mächtige Azerit könnte als Waffe genutzt werden und deswegen möchten es sowohl Allianz als auch Horde horten, gerade Sylvanas glaubt, dass es der Schlüssel zum Überleben der Horde sei. Aber auch der alte Gott N’Zoth könnte seine Tentakeln im Spiel haben - sowie Königin Azshara und die Naga.

Das Blut des Planeten

Um möglichst viel Azerit zu bekommen, starten die beiden Fraktionen allerlei Expeditionen auf hoher See und versuchen ihre Reihen durch alliierte Völker (Unterrassen als eigene Rassen) zu verstärken. Die Allianz verschlägt es nach Kul'Tiras und die Horde nach Zandalar. Diese beiden Inselkontinente bestehen jeweils aus drei Gebieten. Das neue Stufenlimit auf 120 erreicht man in der Regel nach zwei Arealen (mit Erholtbonus).

An und für sich ist die Level-Up-Phase eine der großen Stärken von Battle for Azeroth, obwohl sie für meinen Geschmack zu flott geht und man zu schnell in der Grind-Rotation um Azerit, Ausrüstung und Ruf ist. Selbst wenn man sich Zeit lässt, ist man in zehn bis zwölf Stunden auf Stufe 120.

Gelegentliche Fahrzeugquests lockern den Questalltag auf. Hier wird ein Schiff von Venture Co. bombardiert.
Möchte man alle Quests in allen Gebieten absolvieren, steigt die Spielzeit deutlich. Bis zur Maximalstufe erkundet man sowohl liebevoll als auch aufwändig gestaltete Regionen, die vom Weltdesign zu dem besten gehören, was man bisher in World of WarCraft zu Gesicht bekommen hat. Überall gibt es viel virtuelles Leben zu beobachten (dank mehr Animationen) und selbst die in Brauntönen strahlende Allianz-Hauptstadt Boralus versprüht mehr als Charme als zum Beispiel alles in Warlords of Draenor.

Schöne neue Welt

In den Gebieten rückt der Krieg zwischen Allianz und Horde jedoch in den Hintergrund. Es geht vielmehr darum, sich mit den Problemen der Einwohner zu beschäftigen, um sie als Verbündete zu gewinnen. Auf Hordenseite stattet man zum Beispiel dem Sumpfgebiet Nazmir einen Besuch ab. Trolle, Wilde Götter (Loa), der Blutgott, seltsame Rituale, Experimente und untote Zombie-Dinosaurier sind nur einige Überraschungen in diesem Areal. Schlangenwesen, unterdrückte Völker, viel Sand und eine Insel voller Gold lassen sich in Vol'dun entdecken.

Viele Quests sind witzig bis bescheuert, wie zum Beispiel der Angriff der Landhaie.
Bei der Allianz schlägt man sich in Drustvar mit einem, meiner Ansicht nach, eher mittelprächtigen Fluch und Hexen herum, wobei die Atmosphäre dort trotzdem gut eingefangen wurde. Noch besser gelungen sind da das Sturmsangtal, wo man sich auf die Suche nach einer verschollenen Flotte begibt oder der Tiragardesund, in dem es vor Piraten und anderen Gefahren aus dem Meer nur so wimmelt. Zudem fällt auf, dass viele Quests überraschend humorvoll oder anderweitig bekloppt sind - zum Beispiel wenn man touristische Selfies vor einem Wasserfall machen muss, man sich vom alkoholisierten Finn Schönwind einmal im Kreis leiten lässt oder eine Quest aus drei völlig abstrusen Sichtweisen spielt.

Dabei setzt World of WarCraft: Battle for Azeroth (ab 44,99€ bei kaufen) stärker auf die Geschichte und die Charaktere als andere WoW-Erweiterungen, was man u. a. bei Prinzessin Talanji, Bwonsamdi, Finn Schönwind und der Prachtmeer-Familie merkt. Gerade zu Beginn wird man förmlich mit Zwischensequenzen bombardiert. Die Anzahl der Cutscenes nimmt im weiteren Verlauf der Geschichte ab. Die Dialoge zwischen den Charakteren (auch im normalen Spiel) sind allesamt vertont, stellenweise mit hervorragenden Sprechern, wenn man sich an den norddeutschen Dialekt gewöhnt hat. Insgesamt sind die Geschichten in diesen sechs neuen Gebiet ganz ordentlich, kommen aber nicht an die Story aus Val'sharah oder Hochberg (Legion) und schon gar nicht an Suramar (ebenfalls Legion) heran.

Etwas mehr Geschichte

Die eigentlich wichtigste Geschichte, also der Krieg zwischen der Allianz und der Horde, gerät nicht nur beim Questen, sondern auch in der sogenannten Kriegskampagne jeder Fraktion ins Hintertreffen. Nachdem man in den feindlichen Gebieten kleinere Brückenköpfe aufgeschlagen hat, startet man Spähermissionen, Expeditionen und Gegenangriffe -

Am Ende der Story-Questreihe des Sturmsangtals zeigt sich erstmals Königin Azshara. Ihre Geschichte wird wohl mit den kommenden Patches fortgesetzt.
nur ist alles, was mit der Kriegskampagne zu tun hat, nicht vertont (keine Sprachausgabe; nur Sprechblasen), was der Atmosphäre enorm schadet. Schon seltsam, warum ausgerechnet die zentrale Kriegskampagne so stiefmütterlich behandelt wird - vielleicht wurde dieser Teil nicht rechtzeitig fertig …

Bei den Questaufgaben wiederholt sich und wiederholt sich das etablierte WoW-Rad. Hauptsächlich darf man Gegner töten, Sachen sammeln, Dinge benutzen oder Gegenstände anklicken - wie immer halt. Zwischendurch lockern kleine Events oder „Fahrzeugquests“ das Geschehen auf, wenn man auf einem übergroßen Frosch reitet und Gegner mit seiner dicken Wampe zerquetscht, Artillerie spielt, die Geisterwelt besucht, Erntemaschinen steuert, einen Greif zureitet usw. Es wird der gewohnte Standard gehalten, wobei Sammelquests in Gruppen weiterhin leicht ätzend sind, da der Quest-Fortschritt nicht immer geteilt wird.

Standard Quests

Hat man die Weltquests auf Stufe 120 freigeschaltet (freundlicher Ruf bei den Fraktionen der Gebiete erforderlich), können auf beiden Inseln wie in Legion zahlreiche Quests angegangen werden - in der Regel Wiederholungen von bereits absolvierten Aufgaben.

Der münzenbetriebene Meuteverprügler wartet im RIESENFLÖZ!
Es winken Kriegsressourcen, Azeritmacht, Ruf, Gegenstände, Gold und Co. - inkl. Abgesandtenkisten. Man kann also auf der eigenen Inselkette die Aufgaben lösen oder man dringt in das Territorium der gegnerischen Fraktion ein, um dort Aufgaben zu lösen, während die Spieler der anderen Fraktion dort selbst Quests und Aufträge angehen. Auf PvE-Servern ist das Aufeinandertreffen mit den anderen Spielern natürlich optional. Hat man Lust, sich mit dem Gegner anzulegen, was durch die Gestaltung der Kampagne natürlich forciert wird, kann man den Kriegsmodus anschalten, der das bisherige Open-World-PvP-System (Spieler gegen Spieler in der offenen Welt) ersetzt. In der Praxis und auf Maximalstufe sieht es jedoch so aus, dass sich Allianzler und Hordler eher in Ruhe lassen.

Mit Stufe 120 stellt sich das bekannte Endgame-Schema aus sich wiederholbaren Inhalten bzw. Ruf-Grinds ein, wobei sich die Ruf-Farmerei in diesem Add-on etwas nerviger anfühlt als bei den Vorgängern. Dafür sind die (zehn) Dungeons für fünf Spieler inkl. Mythisch-Plus-Modus und der erste Schlachtzug Uldur richtig gut geworden.

Erstklassige Dungeons

Der Tiefenpfuhl ist eines düsteren Dungeons für fünf Spieler.
Bei den Dungeons haben sich die Entwickler stellenweise selbst übertroffen, egal ob man im verrückten RIESENFLÖZ! gegen den münzenbetriebenen Meuteverprügler kämpft und als Jäger die Waffe P.A.Z.I.F.I.S.T. Mk7. erhalten kann oder sich im Freihafen mit allerlei Piraten auseinandersetzt - inkl. Kampf gegen einen Oger, der einen Hai an seinem Unterarm befestigt hat und dieser manchmal auf Spieler loslässt. In anderen Dungeons, wie zum Beispiel dem Tempel von Sethraliss (Schlangenthema), Tol Dagor (Gefängnis) oder Atal'Dazar (Trolltempel), geht es wiederum ernster zur Sache - sowohl beim Design des Dungeons auch bei den Bossgegnern. Hervorheben möchte ich hingegen den Tiefenpfuhl - eine finstere, fast schon in Schwarz-Weiß-Rot gehaltene Instanz, in der sich eine Verderbnis ausbreitet. Selten habe ich so eine düstere und gelungene Instanz-Atmosphäre in WoW erlebt. Auch die Bossgegner sind genauso gut gestaltet wie eklig. Und zum Glück führt Blizzard die mythischen Schlüsselstein-Dungeons aus Legion fort und bietet so fordernde Inhalte für hochstufige Spieler in Kleingruppen, obgleich ich nicht so der Freund das Zeitlimits bin, da gäbe es bestimmt besserer Alternativen.

Auch der erste Schlachtzug, der sich in einem Gefängnis für gescheiterte Titanen-Experimente rund um den Blutgott G'huun dreht, ist gut geworden. Die Bosskämpfe sind dynamisch und auf höheren Schwierigkeitsgraden ziemlich fordernd, obgleich die Mehrzahl der Mechaniken durchaus bekannt ist, wirkt die Abmischung durchaus frisch. So sind die unterschiedlichen Räume bei MUTTER inkl. Aufteilung des Schlachtzuges und der Kampf um die Reduktion der Vernichtung bei Mythrax ziemlich gelungen.

In Sachen Weltdesign und Dungeons macht World of WarCraft: Battle for Azeroth seine Sache sehr gut. Die Story-Integration ist weitgehend ordentlich, bevor letztlich das Endgame-Hamsterrad der stetigen Ausrüstungsverbesserung und Charakteroptimierung greift.



Fähigkeitsstillstand und Rückschritte beim Herz von Azeroth

Doch bei den Klassen und ihren Fähigkeiten ist Stillstand angesagt, zumal mit der Entmachtung der Artefakte aus Legion klare Rückschritte zu beklagen sind. Die besagten Artefaktewaffen brachten den Klassen in Legion in der Regel neue aktive und passive Fertigkeiten, die stellenweise den Spielstil der Klasse ändern.

Am Ende des ersten Schlachtszugs wartet G'huun.
Viele dieser Fähigkeiten sind zusammen mit den Artefakten verschwunden oder wurden (selten) in die bestehenden Talente integriert. Wer sich aber auf neue Fähigkeiten oder Talente auf dem Weg bis 120 freut, wird enttäuscht.

Prinzipiell spielt sich die Klasse auf 120 genau wie auf 110. Aktuell sind Schattenpriester und Elementarschamanen von den Einschnitten so immens betroffen, dass das Spielen dieser Spezialsierungen kaum Spaß bereitet. Blizzard hat dahingehend Besserung gelobt. Und die Hoffnung, dass die neuen Azerittalente die Lücke füllen könnten, die das Artefakt hinterlassen ist, hat sich nicht erfüllt.

Nach der verbesserbaren Artefaktwaffe aus World of WarCraft: Legion darf in Battle for Azeroth die Halskette Herz von Azeroth mit gesammeltem Azerit stetig verstärkt werden - quasi ein Artefakt 2.0, wobei eigentlich Artefakt 0.4

Die meisten Azeritboni sind passiv und erreichen keinesfalls Qualität und Effektivität von Setboni oder von legendären Gegenständen.
die treffendere Bezeichnung wäre, denn der neue Supergegenstand ist eine Enttäuschung, da ein klassenspezifischer Talentbaum und neue Fähigkeiten wie bei Legion fehlen. Auch Spielstil-verändernde Talente/Fähigkeiten sucht man bislang vergebens.

Ein Herz aus Schmuckstücken

Stattdessen erhöht man die Stufe des Herzens von Azeroth durch Azerit (aber nicht das Gegenstandslevel) und diese Halsketten-Stufe schaltet die Azerittalente von anderen Ausrüstungsgegenständen frei, und zwar von Kopf, Schultern und Brust. Die Halskette selbst ermächtigt bloß andere Gegenstände. Abhängig von der Stufe des Herzens werden Boni freigeschaltet, die in Form mehrerer Ringe mit unterschiedlichen Talenten präsentiert werden. Oftmals ist es so, dass der äußerste Ring, auf den man als erstes Zugriff erhält, eine Fähigkeit der aktuellen Klasse bzw. Spezialisierung leicht modifiziert und ausschließlich passiv wirkt. Von außen nach innen folgen zusätzliche Stärkungseffekte wie man sie sonst auf Schmuckstücken findet, situative Boni (Laufgeschwindigkeit, Heilung) und am Ende winkt eine schnarchlangweilige Erhöhung des Gegenstandslevels.

Außerdem hat Blizzard sämtliche Schlachtzug-Sets mit ihren individuellen Boni, die meist einen Einfluss auf den Spielstil hatten, gestrichen und da es bisher keine legendären Gegenstände mit ähnlichen Auswirkungen gibt,

Zudem sind die Azeritboni schwer untereinander vergleichbar, da viele Dinge, wie zum Beispiel die Chance, nicht klar benannt werden.
sollten eigentlich die Azerittalente diese Lücke irgendwie füllen. Aber das ist nicht der Fall. Die meisten Azerittalente sind nette Effekte, die man zumeist von Schmuckstücken kennt. Mal ist ein stapelbarer Buff oder die Verlängerung eines Schaden-über-Zeit-Effekts oder ein Schutzzauber nach bewegungseinschränkenden Effekten. Die meisten Azerittalente sind tendenziell eher langweilig, passiv und schwer in Sachen Effektivität miteinander zu vergleichen, wobei Ausbalancierung der Effekte ohnehin ziemlich verunglückt. Die Entwickler schrauben schon seit Wochen mit Hotfixes an der Stärke mancher Effekte - und weil es über 300 unterschiedliche Azeriteffekte gibt, ist dies eine lange Geschichte. Es wurde bereits versprochen, dass die künftigen Azerittalente „besser“ werden sollen.

Kein Herz für Sets

Mit dem Herz von Azeroth kommen einige unschöne Effekte ins Spiel. So sollte man sich über neue und vermeintlich bessere Gegenstände freuen, aber im Zuge der Azeritgegenstände ist dies nicht immer der Fall. Beispiel: Mein Jäger (Stufe 120) erhielt in einem Dungeon einen blauen Helm und konnte alle Azerittalente freischalten, weil das Herz von Azeroth über genügend Level verfügte. Dann erhielt ich einen epischen Gegenstand mit Azeritboni, konnte aber nicht einen Bonus aktivieren, da das Herz von Azeroth zu niedrig (unter Stufe 17) war - und weil die positiven Azerit-Effekte fehlten, war im Prinzip der vorherige Gegenstand, obwohl dieser über eine niedrigere Seltenheitsstufe und weniger Item-Level verfügte, die letztendlich bessere Wahl. Die Freude über ein neues Item kann so schnell wieder getrübt werden.

Warum die Halskette je nach Stufe zum Beispiel nicht pauschal die Stärke der Azerittalente auf den Gegenständen verstärkt, anstatt sie freizuschalten, ist mir ein Rätsel. Zudem hätte man dem Herz selbst noch etwas zur manuellen Verbesserung geben können - idealerweise basierend auf der Klasse. Es hätte ja kein Talentbaum sein müssen, sondern irgendeine Form der permanenten Verbesserung oder sogar der Anpassung des Spielstils. Auch die Einbindung des Herzens in die Gesamtgeschichte ist eher mau und keinesfalls so gelungen wie bei den Klassenhallen aus Legion.

Maximal vier Azeritboni bieten die aktuell hochwertigsten Gegenstände.




Charakter-Stillstand

Das Herz von Azeroth wirkt nicht zu Ende gedacht und die Streichung der Sets sowie der Setboni halte für einen gewaltigen Fehler halte. Das Sammeln der Gegenstände, die optische Zusammengehörigkeit und die daraus resultieren Verbesserungseffekte auf die Klasse bzw. die Klassenspezialisierung waren elementar wichtige Anreize zur Charakter-Verbesserung, die nun fehlen. Natürlich verbaut man durch Setgegenstände die Platzierungsmöglichkeiten von anderen Items in diesen Slots, aber man hätte zum Beispiel die Anzahl der verfügbaren Setgegenstände erhöhen, aber die Voraussetzungen für die Setboni auf der gleichen Stufe halten können (Beispiel: sechs oder sieben verschiedene Setteile; aber nur vier Teile sind für den mächtigen Boni nötig).

Apropos legendäre Gegenstände: Ich begrüße es zwar, dass sie nicht mehr wie in Legion als Zufallsbeute hinterlassen werden, aber sie komplett wegzulassen ist ebenso unbefriedigend. Da fand ich die Umsetzungen in Warlords of Draenor und Mists of Pandaria mit den langen Questketten deutlich besser, die als mächtige Belohnung für aktive Spieler wirkten.

Das Champions- bzw. Gefolgsleutesystem wurde ebenso zusammengestrichen. Derzeit kann man die Gunst von fünf Champions erlangen und diese auf Missionen schicken, die Gold, Azeritmacht, Haustierschnickschnack, Außenpostenupgrades und Ruf einbringen. Die Champions sind sofort Stufe 120 und lassen sich nur minimal weiterentwickeln.

Champions, Gefolgsleute und ihre Missionen wurden drastisch zusammengestrichen.
Wenn man schon die Schere bei Setboni und Co. ansetzt, warum nicht auch hier.

Vertane Chancen

Generell wäre bei Battle for Azeroth so viel mehr drin oder möglich gewesen. Schließlich hätte man in einer Erweiterung, die auf Seefahrer zugeschnitten ist, nicht ein eigenes Schiff bekommen können? Ein eigenes Schiff, das man selbst hätte steuern können - mit eigener Crew, mit Kanonen, mit Missionen gegen Piraten, Attacken auf Seeungeheuer und mit der Möglichkeit, das Schiff auch alleine wegzuschicken, um Einsätze zu lösen - eine neue Aufgabe für Gefolgsleute. Und mit einem U-Boot im Rahmen der Content-Updates hätte man später N’Zoth unter Wasser in seinem Gefängnis einen Besuch abstatten können. Mit seinem Schiff hätte man übrigens die Inselexpeditionen in Angriff nehmen können.

Zur Gewinnung von Azerit für die Halskette kann man beispielsweise Weltquests absolvieren oder die neuen Inselexpeditionen starten. Maximal drei Spieler schippern zu einer "unentdeckten", instanziierten Insel und suchen dort nach Azerit. Diese Inseln werden zufällig zusammengewürfelt, weswegen man dort unterschiedliche Gegner, Ereignisse, Bonusquests und Buffs findet.

Inselerkundungen

Dabei bekämpft man die "normalen Feinde" und konkurriert zugleich mit computergesteuerten Gegnern, die versuchen, mehr Azerit zu sammeln als das eigene Team, weswegen es früher oder später zur Konfrontation kommt. Die computergesteuerten Feinde verhalten sich im Vergleich zu den normalen Gegnern überraschend vielseitig, greifen aggressiv an, nutzen Gruppen-Kontrollfähigkeiten und springen gerne wild durch die Gegend. Diese Inselexpeditionen gibt es auf vier verschiedenen Schwierigkeitsgraden, wobei die Feinde auf den ersten drei Stufen jeweils vom Computer gesteuert werden. Auf dem vierten Schwierigkeitsgrad warten menschliche Spieler der anderen Fraktion. Tanks, Heiler und Schadensverursacher werden beim Matchmaking übrigens in einen Topf geworfen.

Solch eine Inselexpedition dauert in etwa 15 bis 20 Minuten und wird mit Azerit belohnt, wobei ich mir die Ausflüge kürzer und knackiger gewünscht hätte. Trotzdem sind Aufwand und Belohnung in Relation zu den anderen Aktivitäten (wie zum Beispiel mythische Dungeons) ziemlich mäßig und unausgewogen und einseitig.

Das Sammeln von Azerit auf den Inseln hätte sowohl knackiger als auch abwechslungreicher ausfallen können.
Zumal die Expeditionen aufgrund der simplen Zielsetzung ohnehin schnell an Begeisterungskraft verlieren. Ohne solche Anreize ist schnell die Luft draußen.

Ähnlich geht es den Kriegsfronten, einer weiteren Neuerung, die nicht so richtig zünden kann. In einer Kriegsfront kämpfen 20 Spieler gemeinsam (kooperativ) in einer instanziierten Version des besagten Gebietes. Der Gegner wird hierbei vom Computer gesteuert. Es ist also ein PvE-Raid-Szenario. Aktuell gibt es nur eine Kriegsfront, und zwar im Arathihochland. Mit dem Patch 7.1 soll eine weitere Kriegsfront an der Dunkelküste eröffnet werden. An der Kriegsfront im Arathihochland bauen Spieler der Allianz oder der Horde zunächst ihre Basis auf, müssen Holz und Metall zum Bau von Gebäuden à la WarCraft 2 sammeln und Kontrollpunkte im Arathihochland erobern und halten, was der Feind mit stetigen Gegenangriffswellen versucht zu unterbinden. Je mehr Areale man erobert, desto mehr Einheitentypen werden freigeschaltet und wenn man gerne in Begleitung kämpft, kann man für Holz und Metall gleich einige Begleiter für sich und seine Zwecke rekrutieren.

Zusammenhanglose Kriegsfronten

Das anfängliche Chaos mag darüber hinwegtäuschen, dass die Kriegsfronten eher einfach gestrickt sind und sich zu schnell wiederholen.
Die Schlachten selbst sind für WoW-Verhältnisse ziemlich groß und aufwändig, da viele Einheiten auf dem Schlachtfeld herumwuseln. Sonderlich schwer oder komplex ist solch eine Warfront selbst mit Level-Up-Ausrüstung nicht. Am Ende der Kriegsfront winkt Bonusbeute auf Schlachtzugsbrowser-Niveau und wie schon die Inselexpeditionen werden die Gefechte mit der Zeit "ziemlich gewöhnlich" und verlieren an Reiz. Anfangs sieht es noch so aus, als hätte man mehrere unterschiedliche Möglichkeiten, was man alles tun und lassen kann, aber im Endeffekt ist alles sehr überschaubar. Darüber hinaus ist die Kriegsfront nicht immer verfügbar. Kriegsvorbereitungen (Quests abgeben), die Kriegsfront selbst und Weltquests im Arathihochland wechseln sich zwischen den Fraktionen in einem dreieinhalb Wochenzyklus ab. Für meinen Geschmack zu lang. Weitere Kriegsfronten könnte da Abhilfe versprochen. Und warum es nicht möglich ist, die Kriegsfronten mit den gleichen Schwierigkeitsgraden wie die Inselexpeditionen auszustaffieren, ist mir ein Rätsel. Gerade solch eine Kriegsfront hätte sich für PvP-Schlachten wie im Alteractal (WoW Classic) doch förmlich angeboten - natürlich mit entsprechend besseren Belohnungen.

Fazit

World of WarCraft: Battle for Azeroth gelingt es nicht, an die Stärken der vorherigen Erweiterung (Legion) anzuknüpfen. Trotz eines hervorstechenden Weltdesigns, einer besseren Story-Integration, teilweise sehr gelungenen Quests und den mitunter besten Dungeons für fünf Spieler seit dem WoW-Launch, sind es gerade die Neuerungen, die nicht richtig zünden wollen, allen voran das Herz von Azeroth. Der Nachfolger des Artefakts versagt nahezu auf ganzer Linie, da die uninspiriert und langweiligen wirkenden Azerittalente nicht den Verlust der aktiven Artefakt-Fähigkeiten und die den Spielstil beeinflussenden Auswirkungen von Setboni und legendären Gegenständen auffangen können. Hier haben die Entwickler an den falschen Stellen den Rotstift angesetzt, denn im Prinzip spielen sich die Charaktere auf Stufe 120 genau wie auf Stufe 110 - nur ohne Artefakt, ohne Sets und mit ausbaubarer Balance. Auch die Inselexpeditionen und die Kriegsfronten finden ihren Platz in der Hamsterradwelt zwischen Nützlichkeit, Aufwand und Belohnungen nicht. Beide Elemente verlieren schnell an Reiz - zum Glück sind es nur Nebenschauplätze. Der Absturz in die Mittelmäßigkeit wird bei Battle for Azeroth nur geradeso dadurch verhindert, dass sich die altbekannten Inhaltstypen so stark zeigen und die Spielwelt trotz der Zweiteilung und der ausbaufähigen Kriegskampagne weiterhin vor Atmosphäre und Detailverliebtheit sprüht, bevor im Endgame der Charakter-Verbesserungsgrind startet.

Pro

  • aufwändig gestaltete Spielwelt und tolles Weltdesign
  • stärkerer Story-Fokus und gute Präsentation
  • viele witzige bis bescheuerte Quests
  • unterschiedliche Gebiete und Aufgaben pro Fraktion
  • hervorragenden Dungeons für fünf Spieler
  • überraschend guter, erster Schlachtzug
  • dynamische Skalierung der Gebiete
  • Herausforderung durch Bosskämpfe in Instanzen
  • viele Schwierigkeitsgrade
  • fast alle Dialoge sind mit Sprachausgabe versehen
  • gute Überarbeitung der Berufe

Kontra

  • Herz von Azeroth wirkt nicht zu Ende durchdacht
  • Herz von Azeroth kann fehlende Setboni und leg. Gegenstände nicht kompensieren
  • maue Inselexpeditionen und Kriegsfronten
  • inhaltlich deutlich schwächer als WoW: Legion
  • Champions und Mission massiv zusammengestrichen
  • Seefahrer-Thematik hätte viel mehr Stoff geboten
  • viele Klassen spielen sich beim Questalltag zu simpel
  • nicht alle Texte sind vertont, vor allem bei der Kriegskampagne
  • Balance aktuell nicht optimal, nicht nur bei den Azerittalenten
  • zu wenig PvP-Inhalte für eine Erweiterung mit Kriegsthematik
  • Weltquests wiederholen sich
  • etwas zu viel Ruf-Grind (Zugangsbeschränkung von Inhalten)

Wertung

PC

Eine tolle Spielwelt und herausragende Dungeons trösten über müde Neuerungen und das vergeigte Herz von Azeroth hinweg.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • Es können Charakter-Aufwertungen auf Stufe 110 (Maximalstufe 120) gekauft werden.
  • Es gibt Käufe nur für optionale Kosmetik wie Farben, Skins, Kostüme etc.
  • Man kann sich keine Vorteile im Wettbewerb oder der Karriere verschaffen, kein Pay-to-win.