MegaMan 11 - Test, Action, Switch, PlayStation4, XboxOne, PC

MegaMan 11
02.10.2018, Mathias Oertel

Test: MegaMan 11

Die gute alte neue Zeit

Seit 30 Jahren hüpft Mega Man über die Bildschirme. Doch obwohl er mit Wiederveröffentlichungen der Legacy Collections in den letzten Jahren omnipräsent war, war er das letzte Mal vor über acht Jahren offiziell im Einsatz. Jetzt ist er mit Mega Man 11 wieder da und zeigt sich vor allem visuell runderneuert. Was sich sonst noch getan hat und ob der blaue Hüpfer seinen anspruchsvollen Schwierigkeitsgrad abgelegt hat, erfahrt ihr im Test.

Startet man Mega Man 11 das erste Mal, fällt vor allem eines auf: Abseits der statischen Story-Sequenzen hat die Kulisse das erste Mal in der Serienhistorie einen gewaltigen Schritt nach vorne gemacht. Hat man zuletzt in Mega Man 10 noch rigoros am 8-Bit-Design festgehalten, hat man den von Mighty No. 9 geworfenen Fehdehandschuh angenommen. Der 2016 veröffentlichte Action-Plattformer aus der Feder von Mega-Man-Co-Designer Keiji Inafune hatte sich der Retro-Mechaniken angenommen und diese in ein vergleichsweise modernes sowie farbenfrohes Gewand gesteckt. In die gleiche Kerbe schlägt nun auch Mega Man 11: Mit dem bunten 2,5D-Design wirkt der in weiterhin blauer Rüstung spazierende Held deutlich zeitgemäßer, wobei man allerdings zu keinem Zeitpunkt die neu gewonnene Tiefe der Abschnitte ausnutzt, sondern diese weiterhin ganz klassisch zumeist von links nach rechts, gelegentlich auch in die andere Richtung oder vertikal navigiert, um schließlich beim Zwischen- oder Endboss zu landen.

Tradition verpflichtet

In der Welt von Bounce Man wird die Koordination auf eine harte Probe gestellt.
Dass einige der traditionell acht Bosse, die man knacken muss, bevor man ihre Fähigkeiten übernehmen bzw. einsetzen darf, an ehemalige Endgegner erinnern, ist zwar schade, aber dank ihrer neuen Fähigkeiten sowie Angriffsmuster nicht so schwerwiegend, wie man vermuten möchte. Denn vor allem in einem Bereich bleibt sich der Action-Plattformer treu: Der Schwierigkeitsgrad ist so knackig, wie man es von der Serie gewöhnt ist. Fehler, Unachtsamkeit oder fehlende Aufmerksamkeit werden umgehend bestraft. Jede Selbstüberschätzung endet in einem kleinen Desaster samt Abzug von Lebensenergie sowie im schlimmsten Fall mit dem Bildschirmtod und einem Zurücksetzen an den letzten Kontrollpunkt - vor allem in den letzten Abschnitten der Gear-Fortress, in der sich Wily mit seinen letzten treuen Ergebenen verschanzt hat.

Mit vier Schwierigkeitsgraden können sowohl Veteranen als auch Neulinge in der Welt von Mega Man Erfolgserlebnisse feiern.
Allerdings bietet man mittlerweile vier Schwierigkeitsgrade, die sich an ausnahmslos alle Spielertypen richten: Veteranen finden mit dem „Langzeitfan“ genau die Herausforderung, die man seit 30 Jahren über zehn Spiele kennengelernt hat: hart, gelegentlich frustrierend, aber immer fair und mit nur wenigen Kontrollpunkten. „Rückkehrer“ freuen sich über einen reduzierten Gegnerschaden, mehr Gesundheitsorbs und Spezialmunition, großzügiger gestreute Checkpunkte oder weniger Schaden von Stacheln etc. „Anfänger“ wiederum ist perfekt geeignet, um die Mechaniken kennenzulernen oder sich mit dem abwechslungsreichen Leveldesign anzufreunden: Noch weniger Schaden, noch mehr Pickups, zudem unendliche Leben und ein Schutz vor dem Tod durch Absturz vereinfachen den Einstieg in die Welt von Mega Man 11. Und selbstverständlich findet sich mit „Superheld“ auch noch eine Abstufung, an der selbst erfahrene Megamänner verzweifeln dürften.

Für alle

Doch egal, mit welcher Stufe man spielt, kann man sich weitgehend darauf verlassen, dass sich die bewährten Mechaniken auch im Jahr 2015 schadlos gehalten haben. Angesichts moderner 360-Grad-Steuerung, die man auch bei 2,5D-Action wie z.B. in Rive erleben darf, wirkt die Restriktion auf horizontale Projektile, die Mega Man als Standard bietet, zwar etwas unzeitgemäß. Dem steht jedoch eine bis auf wenige Ausnahmen akkurate Kollisionsabfrage sowie zu jedem Zeitpunkt akkurate Steuerung gegenüber – auf allen Systemen von PC bis Switch, die übrigens auch hinsichtlich der visuellen Umsetzung keine großen Unterschiede offenbaren.

Um den abwechslungsreichen sowie hinsichtlich des Designs an die Spezialisierung des Bosses angepassten Abschnitten und den sorgsam platzierten Gegnern die Stirn bieten zu können, muss man ständig seine Fähigkeit zur Anpassung unter Beweis stellen. Es gibt Bereiche, bei denen man sich vorsichtig vorantasten muss. An anderer Stelle muss man so schnell wie möglich in den nächsten Abschnitt gelangen. Hier muss man hauptsächlich hüpfen. Dort in erster Linie Gegner bekämpfen, nur um irgendwann auch alles gemeinsam unter einen Hut bringen zu müssen, damit man so wenig Energie wie möglich verliert. Im Rahmen der sich anbietenden Möglichkeiten eines Action-Plattformers zeigt sich Mega Man durchaus facettenreich, bleibt aber traditionell zufällig eingestreuten Elementen fern. Jeder Gegner, jede Falle, jede Plattform ist handplatziert und zumeist nur da, um den Spieler zur Weißglut zu treiben – bis man die Position beim x-ten Durchlauf endlich verinnerlicht hat.  Dabei

Die Kulisse zeigt sich erstmals in der Geschichte der "Ur-Serie" als zeitgemäß und extrem farbenfroh.
darf man aber niemals einen anderen Stützpfeiler der Mega-Man-Formel vergessen: Wartet man zu lang oder kommt durch fehlgeschlagene Sprünge etc. wieder in Bereiche zurück, die man eigentlich geleert hatte, sind die Gegner frei nach dem Motto „Strafe muss sein“ wieder quicklebendig.

Doppelt hält besser   

Mega Man 11 zeigt sich aber nicht in jedem Bereich der Tradition verhaftet und „nur“ als visuelles Update. Mit dem so genannten „Double Gear“-System, das man vor allem in der Anfangsphase oder in hektischen Situationen gerne mal einzusetzen vergisst, wird dem Spieler eine potente Mechanik in die Hand gegeben, um die zahlreichen schwierigen Momente besser meistern zu können. Einerseits darf man eine temporäre Zeitlupe aktivieren, in der man mit Mega Man z.B. schwierige Sprungpassagen bei gleichzeitigem Beschuss angenehmer gestalten kann. Andererseits kann man seinen Blaster verstärken und so bei den Feinden massiven Schaden anrichten. Allerdings sollte man haushalten: Beide Funktionen kosten Energie, die sich nur langsam wieder auflädt und bei kompletter Entleerung eine zusätzliche Abkühlphase verlangt. Dementsprechend sollte man nur in absoluten Ausnahmesituationen beide „Gears“ gleichzeitig nutzen. Da viele Abschnitte auch im Hinblick auf die Gear-Nutzung gestaltet wurden, wird das klassische Konzept durchaus aufgewertet. Apropos aufwerten: Zwischen den Abschnitten darf man sich im Labor von Dr. Lab für die aufgesammelten Schrauben Power-Ups besorgen, die temporär, einmal nutzbar oder permanent sein können. Auch damit kann man sich durchaus in kniffligen Situationen helfen. Switch-Spieler mit einem großen Amiibo-Archiv können sich zudem weitere  Vorteile verschaffen, da man mehrfach am Tag (allerdings nur einmal pro Amiibo) Boni wie aufgefüllte Gesundheits- oder Munitionsleisten und sogar Extraleben einkassieren darf.

Fazit

Ein Paradigmenwechsel war von Mega Man 11 mehr als acht Jahre nach seinem letzten offiziellen Auftritt nicht zu erwarten. Im mechanischen Kern ist der Action-Plattformer mit seinem starren horizontalen Schuss-System daher eigentlich gut 30 Jahre alt. Dass dieses Konzept allerdings immer noch richtig gut funktioniert, liegt an dem sorgsam von Hand gestalteten Leveldesign, das mit seinem herben Anforderungsprofil und seiner Abwechslung den zufällig generierten „Rogue-Likes“ zeigt, wo der Blaster hängt. Ebenfalls erwähnenswert: Das frische Double-Gear-System, das dem Spieler mit einer Zeitlupe sowie einer Waffenverstärkung temporär zuschaltbare Elemente in die Hand gibt, die der mitunter sehr klassisch inszenierten Action eine frische Facette hinzufügen. Obwohl man mit entsprechend abgeschwächten Schwierigkeitsgraden versucht, Anfänger in die Welt des blauen Hüpfers zu ziehen, richtet sich Mega Man 11 aber in erster Linie an Veteranen, die mit der Schusstechnik oder den Bildschirmwechseln mitsamt wieder auftauchender Gegner eine bessere Videospiel-Ära verbinden. Diese Fans werden nicht enttäuscht und dürfen sich zudem über eine zeitgemäße Kulisse freuen, die bei aller Buntheit und Verspieltheit nicht vergessen hat, wo sie ihren Anfang nahm. Eines jedoch sucht man vergebens: Frische Impulse.

Pro

  • klassische Plattform-Action alter Schule
  • größtenteils akkurate Kollisionsabfrage
  • Double Gear-Mechanik wertet die schnörkellose Action auf
  • gut reagierende Steuerung
  • abwechslungsreiches Leveldesign
  • spannende Bosse
  • simples Upgrade-System

Kontra

  • Schießen in erster Linie nur horizontal
  • Switch-Spieler können sich über Amiibos Vorteile verschaffen
  • auf Standard-Schwierigkeitsgrad mitunter sehr frustrierend
  • relativ eintönige Musikuntermalung

Wertung

Switch

Solide Plattform-Action alter Schule, die trotz visueller Modernisierung sowie frischen Elementen den Spagat zwischen Retro-Spielspaß und Moderne nicht komplett bewältigen kann.

PlayStation4

Solide Plattform-Action alter Schule, die trotz visueller Modernisierung sowie frischen Elementen den Spagat zwischen Retro-Spielspaß und Moderne nicht komplett bewältigen kann.

XboxOne

Solide Plattform-Action alter Schule, die trotz visueller Modernisierung sowie frischen Elementen den Spagat zwischen Retro-Spielspaß und Moderne nicht komplett bewältigen kann.

PC

Solide Plattform-Action alter Schule, die trotz visueller Modernisierung sowie frischen Elementen den Spagat zwischen Retro-Spielspaß und Moderne nicht komplett bewältigen kann.

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