Stern Pinball Arcade - Test, Geschicklichkeit, Switch, XboxOne, OculusRift, Android, VirtualReality, PC, iPhone, PlayStation4, PlayStation4Pro, iPad, XboxOneX

Stern Pinball Arcade
10.10.2018, Benjamin Schmädig

Test: Stern Pinball Arcade

Die erste echte virtuelle Spielhalle?

Das hat viel zu lange gedauert! Zwei Jahre lang gab es Stern Pinball Arcade (ab 32,99€ bei kaufen) schon – allerdings nur für Gear VR und auf verschiedenen Plattformen ohne Virtual Reality. Denn obwohl das Rift ebenfalls von Oculus gebaut wird, war die Flipper-Simulation lange nicht für das „große“ VR-Headset erhältlich. Seit einigen Tagen kicken aber endlich auch „Rifter“ die Silberkugel durch den virtuellen Raum und ich habe mich so schnell wie möglich auf diesen Test gestürzt!

Nun hätte ich in den vergangenen zwei Jahren natürlich Pinball FX 2 VR spielen können. Dort hat Zen Studios einige seiner zahlreichen für Nicht-VR-Plattformen erhältlichen Flipper immerhin auf technisch überzeugende Art in die virtuelle Realität verfrachtet. Dummerweise kann ich die von Zen erstellten Tische allerdings nicht mehr sehen. Obwohl das Studio in Sachen Grafik nämlich alle Register zieht und sogar interaktive Element verwendet, die in der Realität gar nicht machbar wären, ist die audiovisuelle Präsentation echter Tische um Welten einfallsreicher, schwungvoller, abwechslungsreicher und motivierender.

Flipper oder Videospiel?

Noch schwerer wiegt die Tatsache, dass sich Zen auch in Sachen Spieldesign kaum entwickelt hat. Die einzelnen Aufgaben, besonders schwer zu treffende Ziele sowie die Wege, die die Kugeln nehmen und vieles mehr ist bei realen Flippern um ein

Auch Kirk und Co. geben sich die virtuelle Kugel.
Vielfaches cleverer konzipiert und arrangiert. Mal abgesehen davon, dass man eine Partie nicht nach anderthalb Stunden abbrechen muss, weil das Halten der Kugel häufig viel zu einfach ist.

Warum ich das so ausführlich schreibe? Weil all diese Ärgernisse in Stern Pinball Arcade entfallen! Und weil es damit die erste Flipper-Simulation ist, die echtes Spielhallen-Flair in die Virtual Reality bringt. Während man sich in Pinball FX 2 VR aufgrund der ständig präsenten Kunstwelt immer darüber bewusst ist ein Spiel zu spielen, wirkt das Gefühl vor einem Automaten zu stehen in Stern Pinball Arcade viel intensiver. Natürlich fehlen auch hier das physische Aufstützen sowie das Erfühlen der fest verbauten, aufgrund von Altersschwäche oft wackeligen Knöpfe. Abgesehen davon ist der plastische Eindruck aber überzeugend.

Die erste echte Arcade

Entwickler FarSight Studios simuliert zudem nicht nur das interaktive Innenleben und emuliert sogar die tatsächlich verwendete Software, sondern stellt auch die Lackierung der Automaten nach. Dabei stehen verschiedene Verzierungen zur Wahl, meist in der Premium- sowie einer Limited-Variante. Besonders gut gefällt mir außerdem das voneinander unabhängige Einstellen des Strahlens der Lämpchen im Flipper und der Helligkeit des umliegenden Raums. Die Tische stehen zwar nur in einer Art teurem Aufenthaltsraum – eine Spielhalle wäre wesentlich stimmiger –, aber dreht man das Licht herunter, erzeugt man auch da eine tolle Atmosphäre.

FarSight Studios? Da klingelt doch was? Natürlich: Das Team simuliert seit inzwischen fast 15 Jahren namhafte Klassiker. Angefangen hat es mit Flippern der Hersteller Gottlieb und Williams, bevor The Pinball Arcade genau wie Pinball FX zu einer Plattform wurde, die mit den Jahren um zahlreiche Tische ergänzt wurde. Und vielleicht liegt es ja daran, dass man die Lizenz für von Williams und Bally gebaute Automaten an Zen Studios abgeben musste, auf jeden Fall ist Stern Pinball Arcade quasi die aktuelle Version dieses Pinball Arcade.

Echtes Free-to-play

In meist verschiedenen Versionen gibt es Star Trek, AC/DC, Ghostbusters, Starship Troopers, Harley Davidson, Mustang, Last Action Hero, Ripley's Believe It Or Not!, High Roller Casino, Phantom of the Opera erhältlich. Mary Shelley's Frankenstein ist kostenlos spielbar.

Welche Tische sind derzeit erhältlich?

Anders als bisher üblich verkauft FarSight allerdings keine Pakete, sondern ausschließlich einzelne Tische. Das eigentliche Programm ist dabei kostenlos, der Automat Mary Shelley’s Frankenstein ebenfalls. Zusätzlich ist einer der anderen immer wieder mal frei verfügbar. Will man einen Tisch dauerhaft freischalten, kostet das knapp fünf oder zehn Euro.

Gibt es diesmal also keine Demos, die man einige Minuten lang kostenlos spielen kann? Die hat FarSight in der Tat gestrichen – bietet im Gegenzug aber ein Freispiel-System an, das den Demos für mein Empfinden weit überlegen ist. Im Austausch für so genannte Tokens kann man jeden Tisch nämlich eine komplette Partie lang spielen. Einige hundert Token erhält man dabei mit dem Download des Programms, weitere erhält man durch erzielte Erfolge sowie regelmäßiges Einloggen.

Weitsichtiges Fairtriebsmodell

Tatsächlich habe ich Stern Pinball Arcade jetzt einige Tage lang gespielt und mein Tokenstapel ist in dieser Zeit nicht kleiner, sondern größer geworden. Mag sein, dass sich das irgendwann ändert. Doch selbst dann bliebe ein Tisch stets kostenfrei, ein weiterer wohl in der Rotation und ich empfinde zudem die Preise für einzelne Automaten als sehr angemessen, weshalb ich einige schon meiner Bibliothek hinzugefügt habe. Die limitierten Versionen kann man übrigens nicht kaufen; sie sind stets nur über den Einsatz von Token spielbar.

Es sei außerdem erwähnt, dass sich sämtliche Informationen ausschließlich auf die für Oculus Rift verfügbare Version beziehen. Die für Steam und Konsolen erhältlichen Fassungen enthalten zwar ähnliche Inhalte, unterscheiden sich aber sowohl preislich als auch technisch zum Teil deutlich.

Die Menüs werden einem modernen VR-Titel nicht gerecht. Steht man am Automaten, spielt Stern Pinball Arcade aber stark auf.

Die technische Seite ist ja der Aspekt, mit dem FarSight über die Jahre immer wieder mal zu kämpfen hatte; auf Steam kursierende Wertungen resultieren zu einem großen Teil aus entsprechenden Schwierigkeiten. In der virtuellen Realität sind mir aber noch keine Probleme untergekommen – was jedoch nicht bedeutet, dass die Interaktion durchweg gelungen sei. Vielmehr sind die Menüs (wie seit Jahren schon) seltsam unhandlich und zum großen Teil schrecklich unübersichtlich.

Ohne Standard in die Virtual Reality

In der Liste aller verfügbaren, wild durcheinander aufgeführten Flipper, gibt es z.B. einen Scrollbalken, den man mit dem Kopf anvisieren muss, um ihn dann per Tastendruck zu aktivieren. Dabei macht es nicht einmal einen Unterschied, ob man Touch-Controller oder herkömmliches Gamepad nutzt. Schlimmer noch: Spielt bloß nicht mit den Rift-eigenen Controllern! Mit denen ist es nämlich nahezu unmöglich ein Gefühl für den genauen Druckpunkt zu entwickeln. Dieses Gefühl ist für alle Techniken, bei denen man den Ball nicht mit voller Kraft in die Tiefe des Raums drischt, aber unerlässlich! Glück im Unglück: Mit Gamepad fühlt sich Stern Pinball Arcade so klasse

So unscheinbar manche Tische auf den ersten Blick wirken, so sehr überzeugen sie spielerisch.
wie eh und je an. Schade nur, dass man die Tasten nicht frei belegen darf.

Die grundsätzlich überzeugende Physik erlaubt zudem noch immer absurd einfache Live Catches – nach wie vor aber auch alle anderen Tricks, die für echte Wizards unverzichtbar sind (wohingegen ich selbst nach allen den Jahren noch immer Grundlagentraining betreibe).

Von A(nfänger) bis W(izard)

Und das ist ohnehin das Wichtigste: Einige dieser virtuellen Nachbauten sind nicht umsonst Klassiker der interaktiven Unterhaltung! Natürlich unterscheiden sich die Automaten in Sachen Abwechslung, Anspruch, Größe und Inszenierung – allen gleich ist aber, dass man sich Dutzende Stunden in jeden einzelnen vertiefen kann. Während Star Trek etwa auf der Lizenz der aktuellen Filme basiert und spielerisch keine Offenbarung ist, schnippst man die Kugel dort angenehm flott über Bahnen und Rampen. Das auf dem ursprünglichen Film basierende Ghostbusters ist hingegen weniger schwungvoll, belohnt dafür aber vor allem Könner, AC/DC rockt mit seiner großen Auswahl lizenzierter Musikstücke sowie einer lauten Glocke in der Mitte des Spielfelds, auf dem Mustang-Tisch dreht sich wie in einem Autohaus ein strahlend beleuchtetes Fahrzeug und das ist längst nicht alles.

Das ist schließlich eine große Stärke dieser speziellen Version der Stern-Simulation: Die teils komplexen Bauteile wirken in der virtuellen Welt um einiges eindrucksvoller als auf dem flachen Bildschirm. Man kann die Wege der Kugel genauer einschätzen und erkennt deutlich besser, wann man die Kugel abschießen muss und wohin sie anschließend rollt. Man ist ja nicht an eine feste Perspektive gebunden ist und kann die Umgebung samt Tisch außerdem jederzeit neu zentrieren.

Fazit

Für mich ist dieser Test auch eine Liebeserklärung an Flipper im Allgemeinen. Immerhin befinden sich in guten Automaten nicht nur kleine Mini-, sondern ausgewachsene, clever konstruierte Geschicklichkeits-Spiele. Was Flippermacher sowohl im spielerischen als auch im audiovisuellen Bereich erschaffen, kann etlichen rein digitalen Effekten jedenfalls locker das Wasser reichen. Natürlich musste FarSight diese Vorlagen "nur" originalgetreu virtualisieren – so oder so sind sie aber nun mal das Herzstück dieser Sammlung. Deshalb und weil zusätzliche Tische abseits des einen kostenlosen nicht hinter stark beschränkten Demos versteckt, sondern tagelang frei spielbar sind, erhält Stern Pinball Arcade unseren Gold-Award. Trotzdem ist es natürlich ärgerlich, dass die Menüs meilenweit von dem entfernt sind, was in VR eigentlich längst Standard ist. Dazu kommt das umständliche Handhaben der ohnehin unübersichtlichen Navigation sowie die Tatsache, dass man mit den eigentlich für diese Hardware gedachten Controllern gar nicht vernünftig spielen kann – das hätten die Entwickler besser machen müssen. Entscheidend ist gerade hier aber aufm Tisch. Und sobald man einmal am Flippern ist, erlebt man eben große Spielekunst!

Pro

  • exzellente Flippertische einschließlich großer Klassiker
  • trotz kleiner Abstriche ausgezeichnete Physik
  • stimmungsvolle Umgebung mit einstellbaren Lichtverhältnissen von Umgebung und Tischen...
  • großzügiges Anspielen aller Tische ohne Zeitbegrenzung
  • detailgenaue Simulation der Originaltische einschließlich Originalsoftware
  • aufeinanderfolgende Herausforderungen motivieren zum Spielen evtl. vernachlässigter Flipper

Kontra

  • unübersichtliches und umständliches Menü, das typische VR-Standards ignoriert
  • Anschlag der Flipper mit Touch-Controllern viel zu ungenau kurze aufeinanderfolgende Anschläge kaum möglich
  • ... schade nur: Spielhallen-Umgebung wäre stärkeres Motiv gewesen
  • keine frei belegbare Steuerung

Wertung

OculusRift

Spielerisch und audiovisuell großartige Flippertische in überzeugender Virtual Reality.

VirtualReality

Spielerisch und audiovisuell großartige Flippertische in überzeugender Virtual Reality.

Echtgeldtransaktionen

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Leicht
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  • Tische können eine Zeitlang kostenlos gespielt oder gegen Bezahlung (je etwa 5 oder 10 Euro) dauerhaft freigeschaltet werden.
  • Käufe haben keine Auswirkungen auf das Spieldesign.