Warriors Orochi 4 - Test, Action-Adventure, XboxOneX, Switch, PlayStation4Pro, PC, PlayStation4, XboxOne
Etwa zwei Wochen vor der Veröffentlichung von Warriors Orochi 4 hatte Tecmo Koei bekannt gegeben, dass der Massenprügler sich mit seinen 170 spielbaren Charakteren einen Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde sichern konnte. Abgesehen davon, dass angesichts von über 200 Wrestlern im aktuellen WWE 2K19 dieser Rekord schon faktisch auf schwachen Füßen steht, stellt sich natürlich die Frage, wie das traditionell für Koeis Musou-Spiele verantwortliche Team von Omega Force diese Rekord-Sammlung einsetzt? Das Ergebnis wird vor allem all diejenigen freuen, die sich bei Dynasty Warriors 9 darüber echauffiert haben, dass der eingeschlagene Weg Richtung offene Welt der falsche ist.
Mit Weltrekord zum Spielspaß?
Reduziertes Vergnügen
Nach dem finalen Kampf kehrt man mit haufenweise erbeuteten Waffen ins Lager zurück. Hier kann man gleiche Typen beim Schmied auseinandernehmen oder miteinander verschmelzen, wobei Elementarkräfte in die neue Waffe überführt werden dürfen. Doch auch dieses Element kennt man bereits aus älteren Orochis. Wie auch das Beziehungslevel der Figuren zu- sowie untereinander, das man durch Einsatz mit ihnen steigern kann. Neu und einem "Fremd-Musou" entliehen, das in den letzten Jahren entstanden ist (in diesem Fall Fire Emblem Warriors), können diese Beziehungen auch zu neuen Dialogen und Minimissionen führen. Die Fähigkeitenbäume, in denen man entsprechend bei Figurenaufstieg gesammelte Punkte ausgeben darf, erinnern in ihren Grundzügen ebenfalls an eine andere zum Massenprügler umgebaute Lizenz, nämlich Hyrule Warriors – im Gegensatz zu Link, Zelda & Co benötigt man hier allerdings keine zusätzlichen (natürlich wertige bzw. seltene) Gegenstände, sondern einzig die entsprechenden Fähigkeitspunkte. Und so kämpft man sich durch redundante Missionen, setzt redundante Attacken ein. Bis auf Offiziere (und selbst bei denen klappt es häufig) kann man mit einem gleichmäßigen Wechsel von starker Attacke und dem Figurenwechsel problemlos durch die gegnerischen Truppen pflügen und damit seinen Kombozähler unglaublich schnell in die Höhe schrauben.
Da auch die Kämpfe gegen Endbosse oder die übersinnlichen Gegner, denen man nur durch Magie, Musou oder Gemeinschaftsangriffe Schaden zufügen kann, eher früher als später nach Schema F ablaufen, verliert sich Warriors Orochi 4 in einer Beliebigkeit. Und das habe ich in meiner langjährigen Musou-Vergangenheit nur selten erlebt. Doch die Reduzierung auf die seit eigentlich Dynasty Warriors 2 unveränderten Kernelemente der Massenprügler, die sämtliche Fortschritte ignoriert, die Omega Force vor allem in den letzten fünf Jahren im Allgemeinen, aber auch im Rahmen der Orochi-Serie im Speziellen gemacht hat, sorgt dafür, dass ich mit den 170 Helden, zu denen sich auch Götter aus der griechischen bzw. nordischen Mythologie gesellen, nur sehr wenig Spaß habe. Da beschäftige ich mich lieber wieder mit Fire Emblem Heroes
oder Dynasty Warriors 9. Zumal sich auch die Kulisse zwischen alle Stühle setzt und unter dem Strich in erster Linie auf Nintendos Switch als technisch schwächste der Zielplattformen zugeschnitten wurde – womit sie sich niemals zeitgemäß präsentiert.Fortschritt: Mangelware
Ladezeiten, dazu teils fiese Bildratenprobleme auf den Standard-Systemen von Sony und Microsoft, die interessanterweise auf Switch kaum auffallen und im Splitscreen- bzw. Online-Modus (der unter dem Strich kaum mehr als ein biederes Capture-The-Base ist) noch stärker stören: Nicht nur inhaltlich kocht Warriors Orochi 4 auf Sparflamme. Natürlich weiß man bei einem Warriors-Titel um die Defizite, die man als Fan der Massenprügler-Unterhaltung in Kauf nehmen muss. Doch selbst auf PS4 Pro oder Xbox One X, wo man keine technischen Probleme wahrnimmt, verlieren die 3-gegen-1000-Gefechte zu schnell an Reiz. So weit zurück hätte der Abstecher in die mechanische Musou-Vergangenheit nicht sein müssen.
Fazit
Man kann vortrefflich über die vermeintlichen Fortschritte diskutieren, die Omega Force in den letzten Jahren mit den Massenprüglern gemacht hat. Doch sowohl die offene Welt in Dynasty Warriors 9 als auch die vielen mal kleinen, mal gewichtigeren Abwandlungen der seit Jahren bewährten „Musou“-Formel, die man in Spielen wie Hyrule Warriors, Fire Emblem Warriors oder Dragon Quest Heroes vorfand, haben geholfen, die ohnehin streitbare bzw. belächelte Arcade-Action vorwärts zu bringen. Davon verabschiedet sich Warriors Orochi 4 nahezu komplett. Mechanisch, technisch und bei den Kerninhalten nur wenig weiter als der erste Orochi-Titel aus dem Jahr 2007, fehlt mir die Vision und der verhältnismäßige Mut zum Risiko. Beides Punkte, die in den letzten Jahren sämtliche Musou-Titel geprägt haben, die man hier aber scheinbar zu Gunsten des Weltrekord-Eintrags von 170 spielbaren sowie frei zu einem Dreierteam formbaren Helden aufgegeben hat. Puristen werden trotz der Defizite, die man sowohl hinsichtlich der Kulisse als auch bei der sich zu schnell zeigenden Redundanz in den Gefechten wahrnimmt, sicherlich Spaß finden – Musou bleibt Musou. Doch wer nach Fire Emblem Warriors, den Warriors All-Stars oder Dragon Quest Heroes 2 Lust auf einen neuen Massenprügler hat, ist besser beraten, bei seinem bisherigen Favoriten zu bleiben.
Pro
- über 170 KämpferInnen
- durchaus spürbare Unterschiede bei den Charakteren
- Waffen können modifiziert und kombiniert werden
- frei zusammenstellbare Dreier-Teams
- eingängige Steuerung
- es können sich Freundschaften zwischen Figuren entwickeln
- Splitscreen-Modus: geteiltes Leid ist halbes Leid
- Online-Modus
Kontra
- technisch bieder
- Kulisse mit Problemen (Bildrate, v.a. Standard-One sowie PS4)
- keinerlei Spannung in den Kämpfen
- kaum Missionsvariation
- Ladezeiten
- nur rudimentärer Online-Modus
- inhaltlich massiver Rückschritt innerhalb der Musou-Spiele
- keine Umgebungsinteraktionen
- Online-Spiel auf simple Kompetitiv-Modi redzuiert
Echtgeldtransaktionen
Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?
- Es gibt Käufe nur für optionale Kosmetik wie Farben, Skins, Kostüme etc.
- Man kann sich keine Vorteile im Wettbewerb oder der Karriere verschaffen, kein Pay-to-win.
- Käufe haben keine Auswirkungen auf das Spieldesign.