The Witcher Tales: Thronebreaker - Test, Taktik & Strategie, PC, Switch, PlayStation4, Android, XboxOne, iPhone, iPad

The Witcher Tales: Thronebreaker
18.10.2018, Jörg Luibl

Test: The Witcher Tales: Thronebreaker

Gwent mit Story

Am 23. Oktober erscheint Thronebreaker: The Witcher Tales zunächst für PC, ab 4. Dezember auch für PS4 sowie One. Und dieses Spiel hat eine kuriose Geschichte hinter sich. Schließlich war es zunächst nur als Erweiterung für das kostenlose Kartenspiel Gwent geplant, wuchs dann aber im Laufe der Entwicklung über sich hinaus, so dass CD Projekt RED jetzt ein vollwertiges Taktik-Rollenspiel für Solisten präsentiert. Ob das Abenteuer in der Welt von The Witcher 3 für 25 Euro überzeugen kann, verrät der Test.

Fast fühlt man sich ein wenig an die Anfänge von The Witcher aus dem Jahr 2007 erinnert, wenn man mit Königin Meve in der schrägen Draufsicht durch sein von Banditen bedrohtes Königreich Lyrien wandert. Aber wirklich nur fast, denn das Artdesign ist nicht nur deutlich bunter und stilistisch malerischer, sondern inszeniert auch mehr Kulisse als Spielwelt. Sprich: Man grast eine hübsch illustrierte Oberfläche ab, indem man hier Holz, dort Gold oder da Rekruten einsammelt, bis es zu einem Dialog oder der nächsten Schlacht mit Karten kommt. Was im Tutorial noch wie ein nerviges Wimmelbild-Abenteuer anmutet, bei dem man sich irgendwann einen Wolf klickt, entwickelt aber einen überraschend epischen Charme.

Die isometrische Welt des Hexers

Alle Dialoge sind komplett vertont und mit sehr guten deutschen Sprechern besetzt.
Das liegt zum einen daran, dass CD Projekt RED dieses kleine Taktik-Rollenspiel hinsichtlich der erzählerischen Hintergründe scheinbar so ernst nimmt wie The Witcher 3: Wild Hunt - freut euch z.B. auf eine komplette deutsche Lokalisierung aller Dialoge samt stimmungsvollem Erzähler und vielen Sprechern. Man wird in eine glaubwürdige Fantasywelt mit mittelalterlichem Flair und politischen Machtkämpfen entführt, deren Story vor dem ersten Witcher angesiedelt ist. Kenner des Hexers werden über 25 bis 30 Stunden einige neue Gebiete erkunden und vor allem auf viele Déjà-vus treffen, was Freunde, Feinde, Wappen, Orte und Gebräuche betrifft - wer Schwarzkittel und Wasserweiber vermisst hat, wird sie hier wiedertreffen.

Manchmal hat man fast das Gefühl, als hätten die Entwickler die bekannten Landschaften und Charakteristika des großen Rollenspiels einmal schräg gekippt, durch einen Gemäldefilter gepresst und mit waberndem Nebel besprüht. Die Artdesigner haben sich viel Mühe gegeben, die Hügel, Wälder, Höfe und Siedlungen lebendig zu gestalten - hier qualmt ein Feuer, da plätschert ein Fluss oder ein Falke zieht vorbei.

Die Kulisse ist malerisch und es gibt viel zu sammeln - Holz, Gold und Rekruten kann man per Mausklick horten.
Noch wichtiger als die gelungene künstlerische Umwandlung des 3D-Vorbildes ist aber, dass das Spiel inhaltlich mehr bietet als Geklicke und Sammelei. Neben plötzlichen Ereignissen wie Überfällen, verschlossenen Grüften oder versteckten Geheimnissen gibt es kleinere Dialoge mit der Bevölkerung, die zu lokalen Quests führen, aber auch ernstere Gespräche mit Entscheidungen und Konsequenzen. Beschützt man die Anderlinge vor dem Lynchmob? Richtet man den Spion der Nilfgaarder hin? Nimmt man einen Verräter in sein Gefolge auf? Schön ist auch, dass sich kleine Veränderungen in der Landschaft bzw. Dörfern ergeben, wenn man Aufgaben löst oder Feinde vernichtet.

Quests, Dialoge & Entscheidungen

Auch wenn mich das Schicksal von Königin Meve sowie die Charaktere hier bei weitem nicht so fesseln können wie jene im großen Rollenspiel mit Geralt oder in The Banner Saga, weil die Präsentation doch einen Tick zu distanziert ist und das Bedrohliche der Story sowie die Inszenierung eines vom Krieg gebeutelten Landes vom ständigen Aufsammeln der Ressourcen konterkariert wird, wird man hinsichtlich der Regie an einigen Stellen an die Fantasy von Stoic Studio erinnert, die ja auch eine Reise durch ein vom Krieg gebeuteltes Land inszenierte. Z.B. wenn man mit seinen eigenen Gefährten im Lager quatscht oder auf der Reise entscheiden muss, ob man ein Monster verfolgt, einer Hochzeit beiwohnt, eine Barrikade beseitigt oder Schreine weiht, zumal das nicht nur Rohstoffe kostet, sondern die Moral des Gefolges je nach Antwort steigen oder sinken kann - die wirkt sich dann auf die Kampfkraft der Karten aus.

Aber auch hier grübelt man nicht so lange darüber, denn man kann die Moral sehr häufig wieder anpassen. Auch wenn man erzählerisch nicht so intensiv involviert wird: Spätestens wenn sich die Karte nach dem Tutorial öffnet, steigt der spielerische Anspruch. Es ist schön, dass man schon in den ersten Stunden von so manchen Gefechten richtig gefordert wird, die zwar auf der Spielmechanik von Gwent: The Witcher Card Game beruhen, aber hinsichtlich der Kartenfunktionen sowie Aufgaben einige exklusive Überraschungen bieten.

Kreative Rätsel und Kartengefechte

Kreative Aufgaben bereichern die klassische Gwent-Mechanik.
Das liegt vor allem an den kreativen Rätselsituationen, wenn man mit einem festen Kartenset z.B. nur eine Runde Zeit hat, spezielle Ziele zu erfüllen: Mal muss man eine wahnsinnige inmitten gesunder Kühe erlegen, alle Gegner auf genau einen Lebenspunkt herunter bringen oder drei Goldladungen abfangen, bevor sie verschwinden. Manchmal ist genau eine Zugreihenfolge von Karten notwendig, um das Rätsel zu lösen, so dass man angenehm ins Grübeln kommt. Hier gilt es, die Kartentexte genau zu studieren, um die Wechselwirkungen von Befehlen und Aufladungen zu verinnerlichen.

Von den drei Schwierigkeitsgraden würde ich selbst erfahrenen Gwent-Spielern zunächst den mittleren empfehlen. Gegen klassische Feinde wie etwa Banditen oder Nilfgaard kämpft man dann meist über die vollen drei Runden unter Einsatz seiner zufällig gezogenen Karten. Auch hier muss man CD Projekt RED ein großes Lob aussprechen, was die künstlerische sowie inhaltliche Vielfalt betrifft. Es gibt klasse designte Karten, wobei manche auch so animiert sind, dass

Sehr ansehnlich: Manche Helden bzw. Feinde sind auch in den Karten animiert.
sich der feindliche Held oder Drache z.B. im Bild räkelt. Hinzu kommen tolle Verstärkungs- und Kombinationseffekte, natürlich Feuer, Nebel, Regen & Co, die sowohl einzelne Reihen als auch Karten betreffen, so dass man gezielt Kettenreaktionen auslösen kann.

Das Motivierende ist natürlich auch der Deckbau, der sich im Laufe des Abenteuers immer komplexer darstellt. Zu Beginn hat man lediglich ein Standard-Repertoire mit lyrischen Helden, Bannern, Soldaten, Schätzen & Co, aber wenn man sein Lager ausbaut, Quests erledigt sowie Schätze findet, kann man nicht nur an die 20 exklusive Karten für den Online-Modus erhalten, sondern sein Kontingent an Karten für die Kampagne effizient erweitert. Und je mehr Auswahl man hat, desto größer ist natürlich die Qual der Wahl, welche letztlich in den Pool der 25 Karten für Gefechte kommen sollen. Innerhalb der vielfältigen sowie abwechslungsreichen Kartenduelle habe ich lediglich eine Funktion zum rückgängig machen der letzten Aktion vermisst, weil man sich doch schonmal vertut.

Fazit

Kann man mal machen: Statt eine kleine Erweiterung für Gwent zu veröffentlichen, präsentiert CD Projekt RED ein ausgewachsenes Taktik-Rollenspiel für Solisten, dessen epische Story über 25 Stunden samt aller Dialoge komplett auf Deutsch eingesprochen wurde. Hinzu kommen Entscheidungen mit Konsequenzen, die sich spürbar auswirken. Auch wenn mich die Sammelei von Holz, Gold und Rekruten irgendwann ein wenig nervte und mir die Charaktere nicht so ans Herz gewachsen sind wie jene in The Banner Saga, haben die Artdesigner der Polen hervorragende Arbeit geleistet: Die Spielwelt sieht einfach klasse aus, die Karten sind wunderbar animiert. Noch wichtiger ist, dass die auf Gwent beruhende Spielmechanik so viel Anspruch und Abwechslung bietet, dass man immer wieder in angenehme Rätselsituationen kommt. Und der Deckbau macht auch Spaß! Wer Trading-Card-Games, Fantasy im Allgemeinen oder natürlich The Witcher im Besonderen mag, wird richtig gut unterhalten.

Pro

  • sehr ansehnliche Kulisse
  • gelungene Transformation der Witcher-Welt
  • epische Story mit Entscheidungen
  • anspruchsvolle Rundentaktik mit Rätselflair
  • gute Sammelkartenmechanik
  • Lager ausbauen und Deck verfeinern
  • komplette deutsche Sprachausgabe und Texte
  • drei Schwierigkeitsgrade

Kontra

  • etwas viel Sammelei nervt auf Dauer
  • Charaktere bleiben blasser als in The Witcher 3
  • Moral nicht relevant genug, weil stets anpassbar
  • kaum Engpässe über Rohstoffe
  • keine Undo-Funktion

Wertung

PC

Die Spielwelt sieht klasse aus, die Karten sind wunderbar animiert. Wer Trading-Card-Games, Fantasy und Rundentaktik mag, wird richtig gut unterhalten.

PlayStation4

Die Spielwelt sieht klasse aus, die Karten sind wunderbar animiert. Wer Trading-Card-Games, Fantasy und Rundentaktik mag, wird richtig gut unterhalten.

XboxOne

Die Spielwelt sieht klasse aus, die Karten sind wunderbar animiert. Wer Trading-Card-Games, Fantasy und Rundentaktik mag, wird richtig gut unterhalten.

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