I am Not a Monster - Test, Taktik & Strategie, PC

I am Not a Monster
19.10.2018, Benjamin Schmädig

Test: I am Not a Monster

Retrofuturistisches Versteckspiel

Und was, wenn du doch ein Monster bist? Behältst du dann deine menschliche Form, um Zivilisten in einem unbeobachteten Moment totzuschlagen? Infizierst du sie, um sie in deinesgleichen zu verwandeln? Oder rettest du gar einige von ihnen, damit deine menschlichen Mitspieler deine Identität nicht erkennen? I’m not a Monster ist ein interessantes Versteckspiel, von dem ich mir im Test einiges versprochen hatte...

Murderous Pursuits macht es, SpyParty tut es: Multiplayer-Verstecken ist im Kleinen durchaus in. Es hat schließlich einen großen Reiz, wenn man zur Abwechslung nicht mit gezückter Waffe auf alles ballert, das dem gegnerischen Team angehört, sondern erst mal herausfinden muss, welche als Zivilisten oder gar Mitglieder des eigenen Teams getarnte Spieler überhaupt die Bösewichte sind.

Touristen in Not

I’m not a Monster packt das Ganze in ein für sich schon außergewöhnliches Szenario, denn in einer Science-Fiction-Welt, die der Mitte des vergangenen Jahrhunderts entsprungen scheint, überfallen außerirdische Echsenwesen die Raumschiffe friedlich reisender Weltraum-Touristen. Und so müssen sechs besonders tatkräftige Menschen Zivilisten in Sicherheit bringen – nur dass zwei dieser Helden eben als Menschen getarnten Aliens sind.

Wer welche Rolle übernimmt, erfährt man dabei erst nach einigen Zügen, sodass nicht in der ersten Runde schon heilloses Chaos ausbricht. Es gibt außerdem einen Modus, in dem Monster und Helden schlicht gegeneinander antreten. Der ist

Schockschwerenot! Das Monster hat sich einen Menschen gekrallt, um seine Eier zu legen.
ebenfalls unterhaltsam, aber längst nicht so sehr wie das Tauziehen um die Zivilisten, wo jede Partei eine bestimmte Anzahl an Menschen töten bzw. retten soll.

Spielerisch erinnert I’m not a Monster auf den ersten Blick an XCOM, zumal man hier auf ganz ähnliche Weise eine Figur bewegen, mit ihr in Deckung gehen sowie schießen oder eine andere Aktion ausführen kann. Hier ziehen die Beteiligten aber nicht nacheinander, sondern gleichzeitig, also ähnlich wie in Frozen Synapse. Man legt also eine Handlungsreihenfolge fest und muss dabei bedenken, was sämtliche Mit- und Gegenspieler tun könnten, sobald für alle die Aktionsphase beginnt. Das ist klasse und sorgt in Frozen Synapse für packende Mehrspieler-Partien. Und auch hier funktioniert das vor allem deshalb, weil man ja nicht länger als bis zum Ablauf der gemeinsamen Planungsphase darauf warten muss, dass auch die Anderen ihre Züge getätigt haben.

Rundentaktik mit Echzeit-Einfluss

Aus einem Grund funktioniert das allerdings längst nicht so gut wie in dem Vorbild: Während der Aktionsphase werden sämtliche Handlungen nicht etwa parallel abgespult, sondern in einer festen Reihenfolge. Vielmehr heben wie Menschen aussehende Außerirdische ihre Tarnung als erstes auf, dann feuern Helden ihre Waffen und erst danach bewegen sich angreifende Monster auf ihr Ziel zu, um es zu schlagen.

Vielleicht liegt das daran, dass die Charaktere während der Aktionsphase nicht in ihren Aktionen unterbrochen werden. Sterben Aliens etwa, weil Menschen schießen, bevor sich die Echsenwesen bewegen, dann laufen die rechnerisch längst toten Außerirdischen trotzdem auf ihr Ziel zu, schlagen es mit voller Stärke und fallen dann erst tot um. Auf einem Brettspiel mag eine derart „abstrahierte Echtzeit“ funktionieren – in einem Videospiel wirkt sie bestenfalls verwirrend...

... oft genug ist es sogar regelrecht frustrierend. Da Aktionen von Helden und als Helden getarnten Außerirdischen immer vor dem Bewegen ausgeführt werden, kann man sich ja nicht bewegen, um dem erwarteten Beschuss zu entgehen und später vielleicht aus neuer Position zu feuern. Stattdessen weiß man immer schon vor dem Zug, wenn man die nächste Runde nicht überleben wird. Und das fühlt sich einfach nicht gut an. Der angerichtete Schaden wird ja nicht einmal vom Zufall berechnet. Jeder Schuss sitzt und richtet eine ganz bestimmte Menge Schaden an.

Eine interessante Rolle spielt der Zufall nur beim Verteilen der Waffen, denn während alle Charaktere mit einer Handfeuerwaffe starten, befinden sich in zahlreichen Kisten u.a. bessere Laser sowie Ausrüstungsgegenstände, zu denen Heilmittel, Teleporter und

An diesem Terminal aktivieren Monster das Belüftungssystem, um Menschen zu infizieren. Dabei verraten sie allerdings, wer sie sind.
Aufklärungsgeräte zählen. Außerdem lassen sich Schalter aktivieren, mit denen man je nach Funktion Überwachungskameras anschaltet, Türen schließt oder infizierte Luft aus Lüftungsschächten freisetzt. Letzteres ist natürlich nur für Monster interessant – die darüber aber selbstverständlich ihre Identität preisgeben.

Rechtzeitig für Nachschub sorgen! 

Doch selbst wenn sie entdeckt werden, ist das ja nicht das Ende. So lange es nämlich mindestens einen infizierten Zivilisten gibt, übernimmt man diesen einfach im folgenden Zug. Stirbt ein Held, rafft sich auf ähnliche Weise ein Zivilist zu einem neuen Helden auf – auf diese Art entsteht ein vielseitiger Ablauf, bei dem es um mehr als bloße Pflichterfüllung geht, dann vor allem Monster sollten sich quasi immer um „Nachschub“ kümmern, indem sie Unschuldige infizieren. Tun sie das eigenhändig, dürfen sie ihre Opfer nicht töten, sondern müssen zwei Runden lang ungestört ihre Eier legen.

Mehr noch: Helden laden durch erfolgreiche Aktionen Energie für eine Spezialfähigkeit auf. Dazu zählen Geschütztürme, starke Heilfähigkeiten sowie die Gedankenkontrolle anderer Figuren. Diese Fertigkeiten laden sich allerdings deutlich langsamer auf, wenn man Aktionen ausführt, die nicht im Interesse der Heldentruppe sind. Verletzt man etwa einen Mitspieler, wirkt sich das negativ auf die Moral aus. Und das kommt erstaunlich häufig vor, da man sich vor einem Schuss wie gesagt nicht bewegen kann und in den engen Räumen häufig ein „Kollege“ in der

Leider findet man häufig nicht einmal fünf Mitspieler und tritt daher gegen Bots an. Nur abends stehen die Chancen halbwegs gut.
Schusslinie oder dem Explosionsradius einer Granate steht. Hier sorgt der eigenwillige taktische Verlauf also zumindest dafür, dass man überlegt abwägen sollte.

So motivierend I’m not a Monster durch das gelungene Hin und Her aber sein kann – alleine das Offenbaren der echsenhaften Identität, weil man nur als Monster mit mächtiger Pranke zuschlagen kann, bevor man wieder die Gestalt eines Menschen annimmt, ist klasse –, so schnell hat man sich an den gerade mal drei Leveln auch sattgesehen. Die sind zu allem Überfluss nicht einmal sehr groß – und trotzdem ist es besonders in den ersten Stunden schwierig die Übersicht zu behalten. Immerhin passiert vieles gleichzeitig, sodass viele wichtige Informationen in der nur kurz sichtbaren Ereignisliste untergehen.

Wer spielt mit?

Man muss auch wissen, dass sehr wenige Spieler überhaupt nach einer Partie suchen. Am Abend findet man schon mal ein volles Match, sehr häufig übernehmen Bots allerdings die Rolle menschlicher Mitspieler. Wie immer fließt das nicht in die Wertung ein, da kein Programmfehler das Zusammenkommen verhindert. Den Unterhaltungswert schränken die geringen Teilnehmerzahlen aber natürlich empfindlich ein.

Fazit

Mal fühlt es sich klasse an, als Monster im Körper eines infizierten Zivilisten aufzuwachen, um klammheimlich brutales Chaos anzurichten - danach ärgert man sich aber, dass der seltsame Verlauf der rundentaktischen Ereignisse ein cleveres Eingreifen in schwierigen Situationen praktisch verhindert. Das Versteckspiel als Monster auf der einen und die Angst auf der anderen Seite, das Treiben eines Außerirdischen zu übersehen, ist ein spannendes Katz-und-Maus-Spiel! Die wenigen Level, mangelnde Übersicht und spielerische Ungereimtheiten bremsen den Spaß aber stark aus. Experimentierfreudige Taktiker sollten I’m not a Monster auf ihre Wunschliste setzen. Sie sollten sich nur darüber bewusst sein, dass das hervorragende Artdesign mehr verspricht als das Spiel einlöst.

Pro

  • unterhaltsames Versteckspiel um zwei zunächst geheime Bösewichte
  • zufällig verteilte Ausrüstung sowie interaktive Anlagen sorgen für Abwechslung
  • Menschen und Monster können nach Tod oft wiedereinsteigen
  • tolles Artdesign samt stimmiger Musik und passendem Sprecher
  • grundsätzlich schnelles Matchmaking und Partien gegen Bots zum Üben

Kontra

  • trotz Ereignisliste schlechte Übersicht, was wann wo passiert
  • sinnvolles Taktieren schlecht möglich, weil Menschen nach Bewegung keine Aktion ausführen können
  • unlogische, nicht nachvollziehbare Reihenfolge vieler ausgeführten Aktionen
  • Karten sind sehr klein
  • schnelle Langeweile: wenige Karten und Ausrüstungsgegenstände
  • schwerer Einstieg: Tutorial erklärt längst nicht alle Besonderheiten
  • ein einziges Musikstück während laufender Partie

Wertung

PC

Außergewöhnliche Rundentaktik, die sowohl spielerisch als auch inhaltlich nicht ausgereift ist.

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