Ride 3 - Test, Rennspiel, PlayStation4, PlayStation4Pro, XboxOne, PC

Ride 3
28.11.2018, Michael Krosta

Test: Ride 3

Sammlertraum für Biker

Nach den schmutzigen Ausflügen in MXGP und beim Supercross sowie klassischen Superbike-Rennen im Rahmen der MotoGP widmet sich Milestone mit Ride 3 (ab 25,00€ bei kaufen) jetzt seiner Eigenmarke, bei der selbstverständlich ebenfalls wieder Motorräder im Mittelpunkt stehen. Ob es relevante Veränderungen oder gar Fortschritte zu vermelden gibt, klären wir im Test.

Ride 3 setzt das Konzept seiner Vorgänger konsequent fort und orientiert sich daher einmal mehr an Rennserien wie Forza Motorsport oder Gran Turismo, tauscht dabei Autos gegen Motorräder aus: Damit punktet das Spiel erneut mit einer stattlichen Auswahl lizenzierter Maschinen namhafter Hersteller wie Agilia, BMW, Ducati, Suzuki, Triumph oder Yamaha. Dabei findet man unter den mehr als 200 Modellen sowohl Vertreter unterschiedlicher Epochen als auch diverser Klassen von Naked Bikes über Enduro-Zweiräder bis hin zu flotten Sport- und Racing-Varianten reicht. Selbst das eine oder andere SuperCustom-Exemplar hat es in den Fuhrpark geschafft. Biker-Fans werden eine wahre Freude an der Auswahl haben, zumal es auch noch zahlreiche interessante Informationen rund um die einzelnen Motorräder und Hersteller gibt. Darüber hinaus sehen die Polygon-Modelle vor allem im Showroom hervorragend aus und wurden mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Schade

Die Motorräder sehen klasse aus und wurden mit viel Liebe zum Detail gestaltet.
nur, dass die eingeschränkte Zoom-Funktion den Betrachter immer auf Abstand hält und keine Interaktionen im Stil von ForzaVista erlaubt.

Stolze Motorrad-Sammlung

Dafür darf man einmal mehr am Setup herumschrauben und individuelle Einstellungen an der Federung, dem Getriebe, der Steuerungskalibrierung und der Lenkung vornehmen. Für manche Optionen wie Anpassungen an Einzelstoßdämpfern, der Lenkkopf-Neigung oder der detaillierten Gangübersetzung sind jedoch im Vorfeld entsprechende Tuning-Maßnahmen nötig. Man findet erneut eine große Auswahl an Upgrades – sei es im Bereich Motor, Getriebe, Bremsen oder Federung. Und so verwandelt man selbst zahme Bikes mit neuen Teilen wie einem elektronischen Steuergerät, besseren Luftfiltern, einer leistungssteigernden Auspuff-Anlage, Rennkolben, Quickshifter, dicken Bremsscheiben und einer voll anpassbaren Federung schrittweise zu einer Höllenmaschine. Für manche Modelle wird sogar umgehend ein kompletter Rennumbau angeboten. Neben der Leistung lässt sich auch die Optik mit der Gestaltung von Spiegeln, Bremshebeln oder schicken Felgen lizenzierter Hersteller aufpeppen. Wer will, darf außerdem seiner künstlerischen Ader im Lackierungs-Editor freien Lauf lassen und auch sein virtuelles Abbild von Kopf bis Fuß bzw. vom Helm bis zu den Stiefeln mit lizenziertem Biker-Equipment einkleiden. Mit einer mageren Auswahl an vorgefertigten Gesichtern fällt der Fahrer-Editor dagegen wieder enttäuschend aus, selbst wenn man Details wie die Haltung bei Kurvenfahrten festlegen darf.   

Die gewonnenen Preisgelder steckt man nicht nur aus Spaß in neue Maschinen und Tuning-Teile. Die Investitionen sind oft bitter nötig, wenn man bei den zahlreichen Veranstaltungen der Kampagne vorne mit fahren will. Wie schon in den Vorgängern stoßen dabei erneut die extremen Schwankungen beim Schwierigkeitsgrad übel auf: Selbst innerhalb eines Kapitels passiert es häufig, dass man ein Rennen nur mit Mühe und Not auf dem dritten Platz abschließt, um das nächste unter den gleichen Bedingungen locker mit einem Vorsprung von mehr als zehn Sekunden nach Hause zu fahren. Zwar lässt sich für jedes Rennen neben der KI-Stufe auch ein optionaler Gummiband-Effekt einstellen, doch bemerkt man in der Praxis kaum Unterschiede. Auch der Leistungsindex für jedes Motorrad eignet sich kaum als Indiz, um das Starterfeld oder die Power des eigenen Modells einzuschätzen: Zum einen kommt man oft mit einem angeblich überlegenen Geschoss nicht

Auch bei Nacht geht es jetzt auf die Piste.
hinterher und zum anderen fährt man die Konkurrenz nicht selten mit einer vermeintlich unterlegenen Rappelkiste in Grund und Boden.

Extrem schwankende Balance

Es ist einfach immer wieder ein Glücksspiel, ob man auf dem richtigen Sattel sitzt und wie die KI drauf ist, die generell immer noch ziemlich rabiat bei Positionsduellen ans Werk geht und oft realitätsfern mit fragwürdigen Lenkbewegungen über die Strecke eiert. Man lernt also wieder die optionale Rückspulfunktion zu schätzen, um nicht nur eigene Fahrfehler, sondern auch überambitionierte KI-Manöver auszubügeln. In den meisten Rennen setzen sich außerdem zwischen einem und drei Fahrern innerhalb kürzester Zeit deutlich vom Rest ab, was ebenfalls nicht für ein homogenes Starterfeld spricht. Zudem hat man sich offenbar die Drivatare aus Forza Motorsport / Horizon zum Vorbild genommen, denn ist die Konsole mit dem Internet verbunden, weichen die Fantasienamen der KI-Piloten plötzlich PSN-Profilen anderer Spieler. Die genannten Balance-Probleme und die Kritik am KI-Verhalten bleiben aber in beiden Fällen bestehen. Auffällig ist außerdem, dass bei Zeitfahr-Herausforderungen meist sehr leistungsfähige Maschinen benötigt werden, da die happigen Vorgaben nicht an die jeweiligen Modelle angepasst werden, wie es z.B. vor langer, langer Zeit beim Dreamcast-Klassiker MSR der Fall war.  

Bei der Karriere stehen die Zeichen ebenfalls auf Stagnation und es gibt sogar leichte Tendenzen zum Rückschritt. Man klappert also weiterhin die einzelnen Veranstaltungsserien ab, schafft sich die nötigen Exemplare für die Teilnahme an und schaltet mit Erfolgen den Zugang zu weiteren Kapiteln frei. Den im Ansatz durchaus interessanten Team-Aspekt des Vorgängers findet man hier allerdings nicht mehr. Auch Elemente wie ein klassisches Rennwochenende mit Qualifikation & Co sowie Siegerehrungen sucht man weiterhin vergeblich. Allerdings darf man sich als Alternative zum sonnigen Kaiserwetter auch über Regenrennen auf ausgewählten Pisten freuen, bei denen man die Auswirkungen auf das Fahrverhalten jetzt endlich etwas deutlich spürt als noch im Vorgänger. Dynamische Wetterwechsel fehlen aber genauso wie ein Tag-/Nachtzyklus, doch werden jetzt immerhin nächtliche Ausflüge auf manchen Rennstrecken geboten. Enttäuschend präsentiert sich wieder das inkonsequente Strafsystem, das gerade beim Zeitfahren extrem penibel erscheint, ansonsten aber auch gerne mal ein Auge zudrückt und rücksichtsloses Fahrern sogar überhaupt nicht ahndet. Insgesamt dreht man an 17 Schauplätzen seine Runden, wobei manche gleich mehrere Layouts bieten. Klassische Rennpisten wie der Nürburgring, Daytona, Monza oder die Road

Die Kulisse kann sich teilweise sehen lassen und überzeugt vor allem abseits bekannter Racing-Schauplätze mit schönen Landschaften. Auf der PS4 Pro darf man außerdem mit 60 Bildern pro Sekunde rasen.
America bilden zwar den Schwerpunkt, doch darf man auch durch Landschaften in Finnland, Nordirland, Teneriffa oder um den Gardasee herum brettern. Schade nur, dass es bis auf verschiedene Abschnitte der Nordschleife nur Rundstrecken und keine A-B-Kurse gibt.

Dröge Karriere

Einen guten Eindruck hinterlässt erneut die Fahrphysik, die sich dank diverser Hilfen wie gekoppelter Bremsen, Traktionskontrolle, Anti-Wheelie sowie automatischer Fahrerhaltung und dynamischer Ideallinie den eigenen Wünschen anpassen lässt, um sowohl Gelegenheitsfahrer als auch Profis anszusprechen. Dabei lernt man auch zu schätzen, wie unterschiedlich sich die einzelnen Modelle und Klassen anfühlen – und auch anhören, denn die Motorenklänge fallen ebenfalls herrlich differenziert aus, auch wenn konstantes Kreischen in höheren Drehzahlbereichen auf Dauer unangenehm in den Ohren dröhnt.

Ordentliche Fahrphysik und flotte Darstellung

Den größten Fortschritt verbucht man aber – man höre und staune – bei der Technik. Milestone bekommt die Unreal-Engine langsam aber sicher in den Griff und liefert zumindest auf der PS4 Pro endlich eine saubere Darstellung mit butterweichen 60 Bildern pro Sekunde, sofern man sich in den Grafikeinstellungen für die Performance-Variante entschieden hat, bei der man gegenüber der höheren Auflösung zudem kaum Abstriche in Kauf nehmen muss. Dabei profitieren das Geschwindigkeitsgefühl (vor allem in der immersiven Helmansicht) und die Reaktionsfreudigkeit der Steuerung enorm von der hohen Bildrate! Zudem wirken vor allem die Landschafts-Pisten grafisch längst nicht mehr so angestaubt wie früher und

Die Fahrerposition bei Kurvenfahrten lässt sich zwar anpassen, doch insgesamt hat der Editor nur wenig zu bieten.
sehen stellenweise sogar recht schick aus – auch dank der verbesserten Beleuchtung, wobei mittlerweile sogar HDR unterstützt wird und es entsprechend ein paar schöne Lichtstimmungen zu sehen gibt.

Allerdings gibt es nicht nur Fortschritte bei der Technik: Die Ladezeiten sind immer noch sehr hoch und der nach kurzer Zeit ohnehin schon nervige Soundtrack gerät dabei immer wieder ins Stottern. Zudem erkennt man selbst mit 4K-Auflösung immer noch unschöne Flimmerkanten, die vor allem auf den eher tristen Rennstrecken ins Auge stechen. Auch scheint das höhere Grafikniveau einen Tribut zu fordern: Lokale Duelle am geteilten Bildschirm gibt es hier nicht mehr. Stattdessen dürfen sich die bis zu zwölf Teilnehmer jetzt nur noch online in Einzelrennen oder eigenen Meisterschaften messen, wobei das übersichtliche Feld auf Wunsch auch mit KI-Piloten aufgefüllt werden darf. Schön: Endlich darf man die Wartezeit mit einer Zuschauer-Funktion überbrücken, was besonders in öffentlichen Lobbys eine willkommene Funktion darstellt.

Fazit

Mit seinem vierten Motorrad-Rennspiel im Jahr 2018 liefert Milestone ohne Zweifel sein bestes ab! Aber das macht Ride 3 immer noch nicht zu einem guten Titel. So sehr ich mich auch über den attraktiven Fuhrpark und die beachtlichen Steigerungen bei der Technik sowie Bildrate auf der PS4 Pro freue, sind mir die extremen Schwankungen innerhalb der Balance, die fragwürdigen KI-Manöver, die langen Ladezeiten sowie die Schwächen bezüglich Präsentation und Design immer noch ein schmerzhafter Dorn im Auge, zumal das alles schon beim Vorgänger kritisiert wurde. Hinzu kommt die Streichung von lokalen Rennen am geteilten Bildschirm und der fehlende Teamaspekt innerhalb der dröge aufgemachten Karriere. Was am Ende neben dem Fuhrpark und den technischen Fortschritten doch noch für Ride 3 spricht, sind vor allem die solide Fahrphysik, die ansprechende Streckenauswahl, der enorme Umfang und der Tuningaspekt. So wandelt Milestone einmal mehr auf den Spuren von Gran Turismo oder Forza Motorsport und schafft es zumindest im Ansatz, eine brauchbare Alternative auf zwei Rädern abzuliefern. 

Pro

  • große Auswahl an lizenzierten Motorrädern verschiedener Epochen
  • gute Mischung aus fiktiven und realen Rennstrecken
  • flotte Darstellung mit 60fps (PS4 Pro, Performance-Einstellung)
  • zahlreiche Tuning-Optionen
  • eigene Setup-Einstellungen
  • diverse optionale Fahrhilfen / Fahrphysik-Modi
  • optionale Rückspulfunktion
  • verschiedene Witterungsbedingungen und Tageszeiten
  • aufwendig gestaltete Motorrad-Modelle (vor allem im Showroom)
  • ordentliche Motorenklänge
  • immersive Helmansicht
  • Lackierungs-Editor
  • umfangreiche Karriere
  • zahlreiche Outfit-Optionen
  • landschaftlich ansprechende Kulissen
  • viele Hintergrund-Infos zu einzelnen Maschinen
  • Online lässt sich das Feld mit KI-Piloten auffüllen
  • Wiederholungen und Fotomodus

Kontra

  • extrem schwankende Balance
  • fragwürdige, mitunter rabiate KI-Aktionen
  • keine klassischen Rennwochenenden
  • lange Ladezeiten
  • Konkurrenzfähigkeit extrem stark vom gewählten Modell und Tuning abhängig
  • dröge präsentierte Karriere
  • kein dynamisches Wettersystem
  • Strafsystem wirkt sehr inkonsequent
  • keine Siegerehrungen
  • Leistungsindex der Motorräder scheint irrelevant
  • optionaler KI-Leistungsausgleich zeigt kaum Auswirkungen
  • nur rudimentärer Fahrer-Editor
  • wenig Optionen bei der Bike
  • Anpassung
  • nerviges Musik-Stottern während des Ladens
  • keine Rennen mehr am geteilten Bildschirm möglich

Wertung

PlayStation4

Endlich schaltet Milestone zumindest auf der PS4 Pro bei der Technik einen Gang hoch. Inhaltlich lässt Ride 3 mit der mau präsentierten Karriere und einer enorm schwankenden Balance aber eine Weiterentwicklung vermissen.

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