The Hong Kong Massacre - Test, Arcade-Action, PC, PlayStation4, Switch
In einer blutigen Zeitlupe zerfetzt mein Schuss den letzten Gegner, der Level ist geschafft - und das fühlt sich richtig gut an! Denn den Weg hierher musste ich mit Leichen pflastern, ohne dass ich selbst einmal getroffen werde. Ich musste zig schwer bewaffnete Gangster in der Draufsicht eines verwinkelten Restaurants ausschalten, ohne dass mich ein einziges Projektil aus einer Uzi oder Schrotflinte erreicht. Es gibt für den Helden weder eine kugelsichere Weste noch andere Schutzmaßnahmen: Ein Treffer heißt immer Game Over!
Eine einfache Regel
Diese einfache Regel würde die morbide Faszination dieses Twinstick-Shooters noch nicht erklären, bei dem ich mein Fadenkreuz und meine Figur mit je einem Analogstick bewege. Hinzu kommt zum einen die stilsichere Inszenierung einer Spielwelt, die wie die Tabletop-Version des John-Woo-Films Hard Boiled anmutet: Ich tiger durch chinesische Bars und Hotels mit tückischen Schatten und greller Neonbeleuchtung, bevor in null Komma nichts Scheiben, Wände, Türen splittern und gleißende Projektile über den Bildschirm jagen; lediglich das gelegentliche Tearing stört die ansehnliche 3D-Kulisse.
Ein ganz spezieller Flow
Obwohl auch hier eine Kugelhölle entstehen kann, sorgen die relativ geringe Gegnerzahl, ihr realistisches Tempo sowie zwei spezielle Fähigkeiten des Helden für eine gewisse taktische Kontrolle: Ähnlich wie in Max Payne kann ich auf Knopfdruck eine begrenzte Zeitlupe einleiten, um einen Vorteil beim Anvisieren sowie beim Ausweichen zu bekommen. Zwar kann man das sehr lange ausnutzen, aber ohne diese Hilfe hätte man kaum eine Chance. Außerdem kann ich eine Hechtrolle ausführen, die ebenso wie finalen Kills alles andere als elegant animiert wurde, aber mich kurzfristig unverwundbar macht. Diese beiden Manöver lassen sich kombinieren, zumal man beim verlangsamten Sprung über die Theke auch noch feuern kann.
Auch wenn diese Arcade-Action richtig Laune macht, sind die Schweden noch ein gutes Stück von der Klasse eines Housemarque entfernt. Abgesehen von den Schwächen in der Inszenierung, was das Zerreißen von Bildern oder einige unbeholfen wirkende Bewegungen betrifft, gibt es mit Pistole, Schrotflinte, Uzi und Gewehr von Anfang an nur vier Waffen. Die kann man zwar aufrüsten, so dass man vollere Magazine, eine bessere Feuerrate oder ein erhöhtes Lauftempo bekommt, aber auf lange Sicht vermisst man die Abwechslung im stets identischen Ablauf, in dem es keinerlei Explosionen von Granaten oder Autos gibt. Das Leveldesign wiederholt sich auf Dauer, man bleibt stets auf einer Ebene und kann lediglich mal von Dach zu Dach springen. Immerhin gibt es trotz frühem Game Over und fehlender manueller Speicherung keinen all zu großen Wiederholungsfrust, denn die kompakten Missionen bieten überschaubare Areale. Immerhin gibt es ausführliche Statistiken mit weltweiter Rangliste und zusätzliche Belohnungen in Form von Sternen, wenn man einen Durchlauf besonders schnell, ohne Zeitlupe oder gar nur mit Treffern gegen Feinde meistert.
Zu wenig Abwechslung
Dass die als spielbarer Rückblick inszenierte "Story" bis hierher nicht erwähnt wurde, hat natürlich einen Grund. Obwohl die Schweden auf trashige Art den Ton des "Heroic Bloodshed" treffen, in dem meist Motive der Rache in eine Oper der Gewalt münden, können die ständigen Einblendungen des blutigen Gesichts des stoisch blickenden Helden sowie die englischsprachigen Textdialoge an Bars oder im Polizeirevier nur knapp an der totalen Belanglosigkeit vorbei schrammen. Schade auch, dass es keinen Multiplayer-Modus gibt, der sich aufgrund des Arena-Flairs durchaus anbieten würde.
Fazit
Pro
- Twinstick-Shooter als Hommage an John Woo
- Nervenkitzel: ein Treffer bedeutet Game Over
- kompakte Areale verhindern Wiederholungsfrust
- angenehmer Flow mit taktischer Kontrolle
- Zeitlupe und Hechtrolle à la Max Payne
- Waffen aufrüsten für mehr Mun, Tempo etc.
- normale Feinde werden mit Rüstung stärker
- tolle Beleuchtungseffekte, anesehnliche Kulisse
- ausführliche Statistiken und weltweite Rangliste
Kontra
- immer wieder Tearing
- nur vier Waffen, keine Granaten
- plump animierte Hechtrolle und finale Kills
- statische Bosskämpfe
- auf Dauer etwas monotone Abläufe
- schwache Story, nur englische Texte
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