DiRT Rally 2.0 - Test, Rennspiel, XboxOneX, HTCVive, OculusRift, ValveIndex, PlayStation4Pro, VirtualReality, PC, XboxOne, PlayStation4

DiRT Rally 2.0
21.02.2019, Michael Krosta

Test: DiRT Rally 2.0

Anspruchsvolle Rallye-Simulation

War der Vorgänger ein Überraschungshit, der aus dem Nichts kam und die Herzen der anspruchsvollen Offroad-Raser erst schrittweise durch positive Mundpropaganda erobern konnte, sind die Erwartungen an Dirt Rally 2.0 (ab 4,99€ bei kaufen) schon im Vorfeld hoch. Ob Codemasters sie erfüllen und dabei neue Maßstäbe setzen kann, klären wir im Test…

Am Grundkonzept halten die Engländer fest: Im Zentrum steht erneut der Rallye-Motorsport, bei dem man im Stil der WRC auf diversen Wertungsetappen rund um den Globus im Zeitfahren gegen die Uhr antritt. Die offizielle Lizenz gibt es hier zwar nicht, dafür aber einen stattlichen Fuhrpark aus klassischen und modernen Flitzern, der dank seiner Vielfalt weit mehr zu bieten hat als es die Beschränkung auf die FIA-Rennserie erlauben würde. Die knapp 40 Rallye-Boliden erstrecken sich über zehn Klassen, die von Frontantrieblern wie dem Golf 2 GTI 16V über Heckschleudern wie den BMW E30 M3 Rally bis zu furchteinflößenden Gruppe-B-Monstern wie dem Audi Sport Quattro S1 E3 reichen. Doch auch moderne Vertreter aus der R5-Klasse wie der VW Polo GTI sind mit an Bord, deren Spezifikationen schon nah an die der World Rally Cars heranreichen. Allerdings vermisst man auch ein paar Modelle, darunter z.B. die Kit Cars, hinter deren Steuer man sich im Vorgänger noch klemmen durfte. Neu hinzugekommen ist dafür die Kategorie Rally GT, bei der Sportwagen wie der Porsche 911 oder Aston Martin V8 ihr gewohntes Terrain verlassen und für Rallye-Einsätze umgebaut werden. Trotzdem eignen sich die leistungsstarken GT-Flitzer nur bedingt für Ausflüge auf holprige Schotterpisten, auf denen man sie selbst mit viel Fingerspitzengefühl auf dem Gaspedal kaum zähmen kann. Entsprechend wirkt die neue Wagen-Kategorie nicht selten wie ein

Die Flitzer aus der Kategorie R-GT fühlen sich vor allem auf Asphaltstrecken wohl.
Fremdkörper und deplatziert. Diese Modelle fühlen sich eigentlich nur dort wohl, wofür sie in erster Linie konzipiert wurden: auf dem Asphalt!

Eine bewährte Formel

Zum Glück erfüllen zumindest die Ausflüge nach Spanien diese Voraussetzungen und so macht es dort besonders viel Spaß, mit den R-GT-Autos durch die weitläufige Landschaft und kleine Ortschaften zu brettern. Das südeuropäische Land ist einer der sechs neuen Schauplätze in DiRT Rally 2.0. Darüber hinaus warten Etappen in Neuseeland, Polen, Australien, New England (USA) und Argentinien. Besonders das Heimatland von Fußball-Ikone Lionel Messi hat es in sich: Die Straßen sind extrem eng und verwinkelt, während große und kleine Felsen am Streckenrand zusammen mit tiefen Abgründen regelrecht darauf lauern, selbst hochkonzentrierte Piloten in fatale Unfälle zu verwickeln. Diese kniffligen Etappen stellen ohne Zweifel die größte Herausforderung dar! Vergleichsweise entspannt geht es dagegen in Polen zu, das mit seiner ländlichen Kulisse und vielen relativ gut befestigten Geraden vornehmlich den Bleifuß bedient. Es ist klasse, wie gut der jeweils eigene Charakter der Schauplätze zur Geltung kommt und für Abwechslung sorgt – seien es die staubtrockenen Schotterpisten Australiens, die steilen Abhänge Neuseelands oder die dichten Laubwälder von New England.

Reise um die Welt

Zwar merkt man der Ego-Engine ihr Alter stellenweise an und sowohl manche Texturen, Schatten als auch Objekte wirken etwas grob, doch gibt es im Gegenzug neben spektakulären Wettereffekten eine stimmungsvolle Beleuchtung mit sehenswerten Licht- und Blendeffekten sowie wunderschönen Farbenspielen am Himmel, die mit HDR noch einen Tick eindrucksvoller ausfallen. Und das alles mit einer flüssigen Darstellung, die sich in manchen Situationen aber selbst auf der Xbox One X am Limit bewegt und die hohe Bildrate unter 4K nur durch vereinzeltes Tearing aufrechterhalten kann. Die Wagenmodelle erreichen trotz des ansehnlich visualisierten Schadensmodells und zunehmender Verschmutzung dagegen leider nicht ganz die Qualität und den Detailreichtum, den mittlerweile viele andere Rennspiele bieten. Dafür hören sie sich fantastisch an: Vor allem in den Außenansichten zaubern die röhrenden Motoren ein Lächeln ins Gesicht. Im Cockpit sind die Motorenklänge bei manchen Modellen allerdings etwas zu leise, doch helfen hier Anpassungen in den Audio-Optionen. Wenn

Die langen Geraden in Polen laden zum Rasen ein.
man ganz genau hinschaut, erkennt man aber kleine Unstimmigkeiten: Ein Wolfsburger Kennzeichen auf einem 2er-Golf passt zwar im Prinzip wunderbar, aber das bayerische Wappen hat auf diesem Nummernschild einfach nichts verloren.

Vorsprung durch Technik?

Traditionell hat der PC in Sachen Technik Vorteile gegenüber den Konsolen, die auch hier wieder zum Vorschein treten, auch wenn sich die Unterschiede in Grenzen halten. Grafisch werden allerdings mehr Details geboten und mit einem potenten System lässt sich nicht nur die Auflösung, sondern auch die Bildrate weiter nach oben schrauben als auf PS4 (Pro) und One (X).  

Zudem leidet Dirt Rally 2.0 am gleichen Problem wie sein Vorgänger: Es gibt zu wenige Strecken! Zwar ist es schön, dass man im Gegensatz zum lieblosen Baukasten aus Dirt 4 die Pisten jetzt wieder mit voller Hingabe am Zeichenbrett designt und viele Etappen mit mehr als zehn Kilometern erfreulich lang ausfallen, aber oft werden immer noch Teilstücke recycelt und separat als verkürzte Varianten verwurstet oder man fährt sie einfach umgekehrt. Die überschaubare Auswahl wird zwar mit verschiedenen Tageszeiten und dem gelungenen Wettersystem zunächst gut kaschiert, aber das Déjà-vu kommt oft schneller als es einem lieb ist. Immerhin sorgt die Deformation der Oberfläche für eine Neuerung und gleichzeitig einen Schuss Dynamik: Je nach Startposition wird man nicht nur von der verzweigten Streckenführung gefordert, sondern muss auch ein Auge auf die Furchen und Spurrillen haben, die andere Fahrer hinterlassen haben und sich auf das Fahrverhalten auswirken können. Doch so schön die neuen Schauplätze und Features auch sind, vermisst man nicht selten die alten. Vor allem das Fehlen von Schnee- und Eispisten wird hartgesottene Rallye-Fans schmerzen, weil sie einfach in jeden Rennkalender gehören. Zwar hat Codemasters bereits Nachschub versprochen, aber zumindest ein rutschiger Eis-Ausflug wäre zum Start Pflicht gewesen. Bedauerlich außerdem, dass auch die Bergrennen vorerst verbannt wurden. Bye bye, Pike's Peak.

Viele Etappen, aber viel Recycling

Stattdessen wird die Disziplin RallyCross als zweites Standbein gestärkt, bei der bis zu sechs Piloten in direkten Positionsduellen auf kleinen Rundkursen um den Sieg kämpfen. Während Anfänger erste Gehversuche in der S1600-Klasse mit Opel Corsa & Co wagen dürfen, klemmen sich die Profis hinter das Steuer der PS-starken RX Supercars wie Subaru WRX STI oder Audi S1 EKS RX. Dank FIA-Lizenz finden sich nicht nur die offiziellen Strecken, sondern auch echte Teams und Piloten,

Das Schadensmodell wirkt sich nicht nur kosmetisch, sondern auch auf die Fahrphysik aus.
zu denen z.B. auch große Namen wie der WRC-Rekordhalter Sebastien Loeb oder Altmeister Mattias Ekström zählen.

Beulen und Frust

Wie in der Realität geht es auch im Spiel ziemlich ruppig auf den Pisten zu: Es wird erbarmungslos gedrängelt, geschubst und abgedrängt. Schon auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad agiert die KI vom Start weg äußerst aggressiv und lässt gefühlt keine Gelegenheit aus, um den direkten Kontakt zu suchen. Der Leidtragende ist dabei meist der Spieler, wenn sein Fahrzeug schon kurz nach dem Start durch einen Rempler gedreht oder in den nächsten Betonblock am Straßenrand gedrängt wird. Statt Spaß zu bieten endet das RallyCross-Erlebnis daher meist im Frust, einem kaputten Auto und entweder dem genervten Neustart oder einem entnervten Abbruch. Vielleicht wäre es nicht die schlechteste Idee, diesen Modus in Zukunft in ein komplett eigenes Spiel auszulagern und sich stattdessen voll auf die klassische Rallye zu konzentrieren. Zeit und Ressourcen, die in RallyCross geflossen sind, wären in der Erstellung weiterer Etappen und Schauplätze eventuell besser investiert gewesen. Für Fans der Disziplin ist es natürlich klasse, dass der Modus wieder mit an Bord ist. Doch für andere ist RallyCross nur ein überflüssiges Anhängsel, das man nicht unbedingt gebraucht hätte.

Die Fahrphysik zählte schon im Vorgänger zu den ganz großen Stärken und bescherte Dirt Rally schnell den Ruf des neuen Champions unter den Rallye-Simulationen, nachdem Richard Burns Rally mittlerweile doch einige Jahre auf dem Buckel hat. Daran hat sich nicht geändert: Auch der zweite Teil begeistert mit einem authentischen Fahrgefühl, das Simulations-Fans jubeln lässt und Anfängern trotz Hilfen wie ABS, Traktion- und Stabilitätskontrolle sowie einer automatischen Bremsunterstützung schonungslos die Grenzen aufzeigt. Der individuelle Charakter jedes Boliden kommt hervorragend zur Geltung und man kann die Unterschiede im Fahrverhalten sowie den jeweiligen Bodenbelägen sehr gut spüren. Die vielen Unebenheiten sowie die wechselnde Bodenhaftung auf der Strecke werden glaubhaft von Reifen und Fahrwerk übertragen. Zwar funktioniert die Steuerung auch überraschend gut mit einem Controller, doch der ganz große Fahrspaß entfaltet sich erst mit einem Force-Feedback-Lenkrad, auch wenn die Standardeinstellungen für die Rüttelkräfte zumindest mit Modellen von Fanatec zu wünschen übrig lassen und nachjustiert werden sollten.

Anspruchsvolle Fahrphysik

Generell wirkt das Fahrmodell einen Tick anspruchsvoller als im Vorgänger. Vor allem das Untersteuern ist ausgeprägter und die Handbremse wird umso wichtiger, um die Karossen mit Schwung durch die engen Kurven zu bugsieren. Zudem ist nicht nur viel Feingefühl im Gasfuß, sondern auch auf der Bremse nötig. Geht man zu stark in die Eisen, reagieren viele Wagen nervös und die Balance wird beeinträchtigt. Kurzum: Man sollte sowohl Gas als auch Bremse mit Bedacht dosieren. Selbstverständlich wird auch Peripherie wie externe Handbremsen und Shifter unterstützt. Wer will, kann sich auch mit Kupplung und H-Schaltung auf die Pisten wagen. Wer die maximale Authentizität will, darf sogar die Scheibenwischer und Lichtanlage manuell bedienen. Obwohl dem Fahrer mehr abverlangt wird als früher, hat man gleichzeitig das Gefühl, mehr Kontrolle über seinen fahrbaren Untersatz zu haben – vor allem das Abfangen eines ausbrechenden Hecks geht hier etwas leichter und natürlicher von der Hand als im Vorgänger.

Reagieren die Boliden zu zickig, kann man einem unerwünschten Fahrverhalten in einem gewissen Rahmen durch Veränderungen am Setup entgegenwirken. Mit Feineinstellungen an der Ausrichtung, den Bremsen, am Differenzial, Fahrwerk und Getriebe begibt man sich auf die langwierige Suche nach der perfekten Abstimmung für die Schotter- und Asphaltpisten. Gab es im Vorgänger noch eine vereinfachte Variante der Setup-Optionen, gibt es hier nur das volle Programm, das mit seinen Details durchaus eine abschreckende Wirkung auf Anfänger ausstrahlen kann. Immerhin gibt es kleine Texterläuterungen, was die einzelnen Einstellungen bewirken. Davon abgesehen gibt es allerdings keine Tutorials im Spiel – weder in Videoform

Das Setup erlaubt detaillierte Einstellungen.
wie beim Vorgänger noch im Stil von interaktiven Lektionen in einer Fahrschule, wie man sie damals z.B. bei Richard Burns Rally vorgefunden hat.

Umfangreiche Setup-Optionen

Einen Unterschied können auch die aufgezogenen Reifen ausmachen: Erstmals hat man bei der Dirt-Reihe die Wahl zwischen verschiedenen Gummimischungen, die sich hinsichtlich Bodenhaftung und Strapazierfähigkeit voneinander unterscheiden. Bietet die mittlere Variante einen guten Kompromiss, sorgen die weichen Pneus für optimale Haftung, bauen im Gegenzug aber schneller ab. Harte Reifen sind dagegen widerstandsfähig, bieten aber nicht den besten Grip. Sollte ein Reifen platzen oder anderweitig beschädigt werden, darf man ihn neuerdings während der Etappe wechseln, sofern man das Zusatzgewicht in Kauf genommen und bis zu zwei Ersatzreifen mitgeschleppt hat. Übrigens bleibt auch die KI nicht von Problemen und Defekten verschont: Ab und an schlagen sogar Streckenposten Alarm und winken panisch, um auf ein Pannenfahrzeug an Straßenrand hinzuweisen. In der Ergebnisübersicht wird außerdem aufgeführt, mit welchen technischen Schwierigkeiten und Schäden die Konkurrenz zu kämpfen hatte.  

Ungewollte Ausflüge abseits der Piste oder Berührungen mit Bäumen, Leitplanken, Felsen oder anderen massiven Objekten am Streckenrand gehen auch am eigenen Geschoss nicht spurlos vorbei. Neben visuellen Auswirkungen wie abfallenden Spiegeln, verflüchtigten Motorhauben oder unschönen Beulen wirken sich die Schäden auch auf die Fahrphysik aus – vor allem dann, wenn man in den Optionen die Empfindlichkeit des Schadensmodells noch optional erhöht hat. Trotz vieler Faktoren und einer überzeugenden Darstellung gibt es aber auch Grund zur Kritik: Vor allem Überschläge enden oft viel zu

Wer es mit der Geschwindigkeit übertreibt, bremst auch schon mal auf dem Dach.
harmlos. Wo Unfälle im Vorgänger noch in einem Totalschaden geendet hätten, geht es hier vergleichsweise unbeschwert weiter.    

Ausgefeiltes Schadensmodell

Schäden lassen sich wie gewohnt im Servicebereich reparieren. Da die Zeit begrenzt ist und längeres Herumschrauben Zeitstrafen nach sich zieht, hat man bei manchen beschädigten Komponenten die Wahl, sie einfach nur schnell halbwegs zusammenzuflicken, ordentlich mit einem normalen Zeitaufwand zu reparieren oder bei einem entsprechend großen Puffer sogar komplett zu ersetzen. Achtung: Sind Besuche in der Werkstatt zu Beginn noch umsonst, fallen schon bald Kosten für die nötigen Arbeiten an, die an am Kontostand nagen, der in den ersten Stunden nur langsam wächst. Abgesehen von den finanziellen Auswirkungen sind es aber vor allem die Beeinträchtigungen im Rennen, die weh tun: Mit einem platten Reifen oder angeschlagenem Fahrwerk fährt es sich halt ähnlich schlecht wie mit kaputten Lampen durch eine finstere Nachtetappe.

Der schnelle Weg vom Start zum Ziel ist und bleibt eine gewaltige Herausforderung, die dem Spieler volle Konzentration und enorme fahrerische Fähigkeiten abverlangt. Wertvolle Unterstützung liefert der Beifahrer, der den Streckenverlauf mit seinen Notizen aus dem „Gebetbuch“ ansagt. Während Phil Mills auf Englisch einen hervorragenden Job macht, der nur durch die schwankende Qualität der Aufnahmen und Abmischung leicht beeinträchtigt wird, hat man für die deutschen Ansagen Tanja Geilhausen vor das Mikrofon gezerrt, die auch in der realen Rally-Welt hin und wieder auf dem Beifahrersitz Platz nimmt und die Kommandos gibt.

Scharf links, dann Vorsicht Sprung

Leider hinterlässt sie im Spiel einen zwiespältigen Eindruck. Einerseits überzeugen die Ansagen schon auf der Standardeinstellung mit einem guten Timing und fallen dank genauerer Angaben noch etwas präziser aus als im Vorgänger. So wird z.B. ein besserer Eindruck vermittelt, wie stark man eine Kurve schneiden sollte oder wie sehr sie sich zieht. Andererseits nervt die Mischung aus Deutsch und Englisch gewaltig, denn auch in der deutschen Sprachspur fallen ständig Begriffe wie „Cut“ oder „Maybe“, die im ersten Teil noch übersetzt wurden. Warum also nicht hier? Dazu gesellen sich die Sprüche am Ende der Etappe, die nicht nur lustlos heruntergeleiert werden, sondern sich auch ständig wiederholen. Besser wäre es gewesen, komplett darauf zu verzichten. Lustigerweise wechselt auf einer Strecke die Stimme plötzlich für zwei Kommandos zu einem männlichen Ko-Piloten. Das nährte zumindest kurz meine Hoffnung, vielleicht doch noch meine ungeliebte Beifahrerin austauschen zu können. Sie wurde nicht erfüllt. So dauerte nicht lange, bis ich das nervige Denglisch satt hatte und mich seitdem lieber auf die deutlich besser artikulierten sowie authentischeren Ansagen von Phil Mills verlasse. Allerdings geht ohnehin nichts über die eigene Streckenkenntnis, wenn man sich ans Limit und die Bestzeiten herantasten will. In diesem Zusammenhang gefällt mir die neue Dashboard-Cam, die mittlerweile in vielen Rennspielen Einzug hält und meiner geliebten Cockpitansicht aufgrund der besseren Übersicht langsam den Rang abläuft. Diese steht zusammen mit zwei Außenperspektiven sowie Stoßstangen- und Motorhaubenkamera selbstverständlich ebenfalls noch zur Wahl. Schön ist es in diesem Zusammenhang, dass sich nicht nur das Sichtfeld und die Sitzposition, sondern sogar die Wackel-Intensität der

Die deutsche Ko-Piloten Tanja Geilhausen hinterlässt im Spiel einen zwiespältigen Eindruck.
Kamera nach eigenen Wünschen anpassen lässt.  

Bei den Spielmodi steht die Karriere „Mein Team“ im Mittelpunkt. Hier warten nicht nur Meisterschaften für Rallye und RallyCross, sondern auch die täglich und wöchentlich wechselnden Community-Herausforderungen, die man schon aus dem Vorgänger kennt. Warum man deshalb aber der kompletten Karriere inklusive der Offline-Veranstaltungen einen Onlinezwang verpassen und sich mit dem Racenet verbinden muss, weiß wohl nur Codemasters. Etwa für das aufgesetzte Team-Management, bei dem man die Fähigkeiten seiner Truppe in einem lieblosen Talentbaum gegen die Investition von Credits verbessern kann? Wohl kaum! Wahrscheinlicher ist die ziemlich dumme Entscheidung, das Angebot an verfügbaren Wagen bei den Händlern in regelmäßigen Abständen auszutauschen. Der Sinn dahinter erschließt sich mir dagegen nicht: Warum muss ich jetzt fünf Minuten bis zur nächsten Aktualisierung warten, bis ich mir einen gebrauchten Golf 2 GTI 16V anschaffen kann? Das ist nicht hipp und modern, sondern einfach nur überflüssig und nervig. Fragwürdig wirkt auch die Entscheidung, dass man im Rahmen der Karriere nicht nur für Upgrade-Optionen zur Kasse gebeten wird, mit denen man z.B. die Strapazierfähigkeit der Aufhängung oder Bremsen erhöhen kann. Auch für jedes einzelne Fahrzeug sind stattliche Beträge fällig, wenn man auf die

Hin und wieder trifft man auf Pannenfahrzeuge am Streckenrand.
Setup-Optionen zugreifen will. Man kann es auch übertreiben – vor allem auch deshalb, weil man früher oder später kaum darauf verzichten kann, am Auto herumzuschrauben, wenn man konkurrenzfähig bleiben will.    

Überflüssiger Onlinezwang und aufgesetztes Team-Management

Fährt man in „Open-Meisterschaften“ die Konkurrenz noch problemlos in Grund und Boden, zieht der Schwierigkeitsgrad schon auf der Clubman-Stufe massiv an und konfrontiert den Spieler mit starken KI-Zeiten, an denen man sich teilweise die Zähne ausbeißt. Da hätte man noch mindestens eine Zwischenstufe einschieben können, um die extrem steile Lernkurve etwas abzumildern. Umgekehrt wäre es schön gewesen, die ersten Meisterschaften für Rallye und RallyCross überspringen zu dürfen, weil sie schlichtweg zu einfach ausfallen und dadurch schnell langweilig werden,  

Steile Lernkurve

Mehr Freiheiten genießt man beim freien Spiel, wo man den Anspruch in 100 KI-Stufen feinjustieren kann. Das gilt zum einen für selbst erstellte Meisterschaften mit bis zu 12 Stationen, die man auch als Vorlage abspeichern und als offene oder private Online-Lobby für bis zu acht Teilnehmer konzipieren kann. Zum anderen aber auch für die offizielle FIA-RallyCross-WM und die unterhaltsame History-Kampagne. Angefangen bei den frühen Rallyewagen der 60er und 70er über die wilden 80er und moderne Klassiker bis hin zu Modellen der Gegenwart kann man hier in diversen Veranstaltungen die Geschichte sowie Tradition des beliebten Motorsports Revue passieren lassen, begleitet von kleinen Videosequenzen. Trotzdem erlebt man je nach gewählter Klasse mitunter starke Schwankungen beim Schwierigkeitsgrad: Unterbietet man z.B. in einem H1-Wagen die KI-Zeiten auf Stufe 70 relativ leicht, sieht man bei gleichen Einstellungen in anderen Fahrzeug-Kategorien plötzlich kein Land.

Eigene Meisterschaften und spielbare Rallye-Geschichte

Neuerdings muss man nicht länger nur auf Zwischenzeiten am Ende der Sektoren warten, sondern sieht die Position des aktuellen Klassenführenden auch anhand eines kleinen Icons auf der linken Seite, das aber nicht immer repräsentativ ist. Manchmal konnte ich beobachten, wie das Icon den Abstand zu mir plötzlich wie mit Lichtgeschwindigkeit verkürzte, obwohl ich meinen Vorsprung dennoch ausbauen konnte. Eines darf man aber nie vergessen: Eine gute Platzierung nach der Zieldurchfahrt bedeutet nicht unbedingt eine erfolgreiche Etappe. Je nach Startposition können noch viele Fahrer mit besseren Zeiten folgen, so dass man trotz einer vermeintlich guten Leistung auf der finalen Ergebnisliste noch deutlich nach unten rücken kann.

Wer lieber die Zeiten echter Spieler als Maßstab und Ansporn nimmt, wird beim Zeitfahren fündig: Hier misst man sich in asynchronen Läufen mit anderen Fahrern, um sich in den Online-Bestenlisten zu verewigen. Cool: Auf Wunsch werden jetzt plattformübergreifende Ergebnisse geliefert. Schade ist in diesem Zusammenhang nur, dass bei Teilnehmern von anderen Systemen statt des Profilnamens nur die Bezeichnung „DIRT-Spieler“ angezeigt wird und es nicht ersichtlich ist, auf welcher anderen Plattform die Zeit aufgestellt wurde. Schön wäre es auch gewesen, wenn man zusätzlich die Steuerungsmethode darstellen würde, wie es z.B. bei Project Cars der Fall ist. Dort wird durch ein kleines Icon gekennzeichnet, ob die Zeit mit

Kann keine Verbindung zum Racenet hergestellt werden, wird der Zugang zur Karriere gesperrt.
einem Controller oder Lenkrad aufgestellt wurde. Immerhin lassen sich bis zu drei Geisterwagen laden, um einen direkten Vergleich zu haben oder Nachhilfeunterricht zu nehmen.

Plattformübergreifende Bestenlisten

Neben Online-Duellen hätten außerdem auch lokale Mehrspieler-Optionen eine willkommene Ergänzung dargestellt. Es müssen ja nicht unbedingt Rennen am geteilten Bildschirm sein, obwohl sich RallyCross sicher dafür angeboten hätte. Ein einfacher Hotseat-Modus würde bereits reichen, in dem mehrere Spieler hintereinander eine Etappe meistern, um anschließend ihre Zeit samt Namen auf einer lokalen Bestenliste festzuhalten. Es gibt bekanntlich nicht viele Dinge, bei denen die mittelprächtigen WRC-Spiele von Milestone oder Kylotonn eine bessere Figur abgeben als Dirt Rally. Doch beim lokalen Multiplayer-Angebot haben die beiden Mitbewerber tatsächlich die Nase vorn. Schade auch, dass von den Ligen jede Spur fehlt, die man im Vorgänger noch selbst aufsetzen und mit individuellen Zeitplänen gestalten konnte.

Ausbaufähig erscheint zudem der magere Fahrer-Editor, bei dem man sein Alter Ego nur aus einer überschaubaren Anzahl an vorgefertigten Figuren erstellen kann. Immerhin gibt es in der kleinen Auswahl sowohl männliche als auch weibliche Vorlagen und man darf neben Namen auch seine Nationalität samt bevorzugter Startnummer festlegen.

Nur vorgefertigte Lackierungen

Ähnlich enttäuschend wird das Thema Lackierungen behandelt. Zwar gibt es eine ordentliche Auswahl an vorgefertigten Varianten, die je nach Fahrzeug mehr oder weniger üppig ausfällt. Der Editor aus Dirt 4, mit dessen Werkzeugen man auch

Beim RallyCross wird mit harten Bandagen gekämpft.
selbst kreativ tätig werden konnte, hat es dagegen nicht ins Spiel geschafft. Zumindest auf dem PC dürften aber künstlerisch begabte Modder über den Steam Workshop diese Lücke füllen.  

Darüber hinaus können sich PC-Besitzer auf eine VR-Unterstützung freuen, die mittlerweile von Codemasters offiziell bestätigt wurde. Ärgerlich erscheint allerdings die Tatsache, dass man trotz des großen Interesses nicht schon zum Start mit Oculus Rift oder HTC Vive loslegen darf, sondern das Feature erst später nachgereicht werden soll. Aufgrund der positiven Resonanz hätte man sich denken können, dass es Bedarf an einer solchen Unterstützung geben wird – und das sowohl am PC als auch auf der PS4. Auf der Sony-Konsole sieht die Situation jedoch düster aus: Trotz des exzellenten VR-Modus im Vorgänger konnte sich Codemasters bisher nicht dazu durchringen, auch für PSVR-Besitzer eine Unterstützung in Aussicht zu stellen – und das ist einfach nur sehr, sehr schade.

VR wird nachgereicht

Fazit

Dirt Rally 2.0 hat sich am Ende nur knapp über die Ziellinie zum Gold-Award gerettet. Trotzdem hat es sich die Auszeichnung verdient: Die Rallye-Simulation begeistert vor allem mit ihrer exzellenten Fahrphysik und einem abwechslungsreichen Streckendesign samt XXL-Etappen, das mir als Fahrer viel abverlangt. Leider fällt der Sprung beim Schwierigkeitsgrad innerhalb der recht drögen Karriere einen Tick zu heftig aus - beim RallyCross weicht der Fahrspaß sogar dem Frust. Die auf den ersten Blick hohe Anzahl an Etappen erreicht Codemasters leider nur durch das Recycling von Teilstücken oder Rückwärts-Variationen, wobei immerhin das spektakuläre Wettersystem, Nachtrennen und die Abnutzung des Belags für ordentlich Abwechslung sorgen. Die sechs neuen Schauplätze besitzen alle ihren individuellen Charme und es gibt wunderschöne Landschaften mit tollen Lichtstimmungen. Ich vermisse allerdings Ausflüge in den Schnee, die zusammen mit der VR-Unterstützung am PC und weiteren Fahrzeugen erst nachgereicht werden. Aber Dirt Rally 2.0 begeistert bereits jetzt mit einem attraktiven und breit gefächerten Fuhrpark, der Rallye-Herzen höher schlägen lässt – und das, obwohl die etwas grob modellierten Boliden trotz des sehenswerten Schadensmodells nicht die Qualität manch anderer Rennspiele erreichen. Dirt Rally 2.0 mag zwar beim Inhalt nicht alle Wünsche erfüllen und die Schrauben beim Schwierigkeitsgrad etwas zu schnell anziehen. Aber was die authentische und fordernde Fahrphysik angeht, kann dieser famosen Rallye-Simulation derzeit niemand das Wasser reichen.

Pro

  • anspruchsvolle und authentische Fahrphysik
  • sechs abwechslungsreiche Schauplätze
  • verschiedene und wechselnde Bodenbeläge mit Abnutzungseffekten
  • attraktiver und breit gefächerter Fuhrpark
  • diverse Fahrhilfen (optional)
  • volles Schadensmodell, das optional erweitert werden kann
  • detaillierte Setup-Möglichkeiten
  • leichte Tuning-Ansätze in der Karriere
  • gute Controller-Steuerung
  • RallyCross-Meisterschaft mit offizieller FIA-Lizenz
  • verschiedene Reifenmischungen verfügbar
  • Pannen mit Reparaturmöglichkeiten
  • verschiedene Reparatur-Optionen im Servicebereich
  • diverse Witterungsbedingungen und Tageszeiten
  • unterhaltsamer Kampagnen-Modus Historische Rallye
  • ordentliches Force Feedback (nach Anpassungen)
  • diverse Ansichten, inklusive der übersichtlichen Dashboard-Cam
  • gut inszenierte Wiederholungen
  • stimmungsvolle Beleuchtung (vor allem mit HDR)
  • ansprechende Kulisse (inklusive schicker Staub- und Partikeleffekte)
  • kernige Motorenklänge
  • Zeitfahren mit bis zu drei Geisterwagen möglich
  • präzise Beifahrer-Ansagen (vor allem auf Englisch)
  • feinstufige KI-Abstimmung (im freien Spiel)
  • plattformübergreifende Bestenlisten (optional)
  • Sichtfeld, Sitzposition und Wackel-Intensität lassen sich anpassen
  • nette Auswahl an vorgefertigten Lackierungen

Kontra

  • Schwierigkeitsgrad steigt sprunghaft an und schwankt
  • Team-Management wirkt aufgesetzt und trägt zum Grind-Zwang bei
  • viel Recycling innerhalb der Etappen
  • Schadensmodell nicht immer nachvollziehbar und teilweise zu gnädig
  • extrem aggressive KI beim RallyCross
  • nervige Rotation beim Wagen-Angebot (Karriere)
  • Online-Zwang bei Karriere-Veranstaltungen (My Team)
  • relativ grob modellierte Fahrzeuge
  • (noch) keine VR-Unterstützung
  • keine Schnee
  • und Eis-Etappen
  • keine Bergrennen
  • keine Tutorials / Rallye-Fahrschule
  • mäßiger Fahrer-Editor
  • deutsche Ko-Pilotin mischt deutsche und englische Ansagen
  • überflüssige, wiederholungsanfällige und lustlos vorgetragene Sprüche am Ende der Etappen (deutsch)
  • keine lokalen Mehrspieler-Modi (Hot Seat, Splitscreen)
  • kein Lackierungs-Editor (in DiRT 4 noch enthalten)
  • keine Angaben zu Plattformen und Steuerungsmethoden in Bestenlisten
  • keine individuellen Ligen mehr

Wertung

PC

Inhaltlich ist zwar noch Luft nach oben, aber keine andere Rallye-Simulation bietet eine derart ausgefeilte, anspruchsvolle und großartige Fahrphysik wie Dirt Rally 2.0!

XboxOne

Inhaltlich ist zwar noch Luft nach oben, aber keine andere Rallye-Simulation bietet eine derart ausgefeilte, anspruchsvolle und großartige Fahrphysik wie Dirt Rally 2.0!

PlayStation4

Inhaltlich ist zwar noch Luft nach oben, aber keine andere Rallye-Simulation bietet eine derart ausgefeilte, anspruchsvolle und großartige Fahrphysik wie Dirt Rally 2.0!

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
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Extrem
  • Season Pass mit weiteren Inhalten geplant (Strecken, Fahrzeuge, Lackierungen); Store-Reiter im Hauptmenü vorhanden;
  • Season Pass, dessen Inhalte keine bzw. nur minimale Auswirkungen auf das Spieldesign haben.
Kommentare
Pentanicks

Hat hier im Forum eigentlich jemand die Master-Serie erreicht bei den Rallys? Oder diese sogar unter den Top 3 beendet? Wenn ja: Schraubengschlüsselgenie UND Fahrerass? Oder einfach seit klein auf täglich trainiert?
Edit: Konnte endlich, endlich! die Meisterklasse freischalten. Musste dafür nur einige Wochen auf alle andere Spiele verzichten.
Uuund ich fliege, fliege, fliege immer höher in den Baum, in die Zuschauer, in den Fels... Grüsse aus dem virtuellen Finnland.

Zuletzt bearbeitet vor 3 Jahren

vor 3 Jahren
Civarello


Das ist doch mal ne Aussage ! Danke !

@Skippo

Alles klar
Kein Ding. Wenn ich mich recht erinnere benutzt Codemasters diese Bezeichnungen (Open, Clubman etc.) bereits seit den guten alten Colin McRae-Spielen.

vor 5 Jahren
Ernesto Heidenreich

In der normalen Rally heißen die Stufen Open, Clubman, Professional, Elite, Masters. Im deutschen dann dementsprechend Anfänger, Herausforderer, Profi, Elite, Meister. Ist wie gesagt die normale Rally-Bezeichnung, aber wie ich das bis jetzt gesehen habe unterscheiden sich die Namen eh nicht (zwischen Standard-Rally und Rally-X; war ja in Teil 1 schon so).
Das ist doch mal ne Aussage ! Danke !

@Skippo

Alles klar

vor 5 Jahren
Civarello

In der normalen Rally heißen die Stufen Open, Clubman, Professional, Elite, Masters. Im deutschen dann dementsprechend Anfänger, Herausforderer, Profi, Elite, Meister. Ist wie gesagt die normale Rally-Bezeichnung, aber wie ich das bis jetzt gesehen habe unterscheiden sich die Namen eh nicht (zwischen Standard-Rally und Rally-X; war ja in Teil 1 schon so).

vor 5 Jahren